§ 184b StGB und Gruppenchats?
Gruppenchats können schnell zur strafrechtlichen Falle werden – besonders, wenn verbotene Inhalte wie Kinderpornografie (§ 184b StGB) ungefragt geteilt oder automatisch heruntergeladen werden. Doch wann macht man sich wirklich strafbar? Welche Rolle spielt die aktuelle Gesetzesänderung 2024? Und wie kann man sich vor rechtlichen Konsequenzen schützen?

Messenger-Dienste wie WhatsApp, Telegram oder Signal sind aus dem Alltag nicht mehr wegzudenken. Doch was viele nicht wissen: Wer in einem Gruppenchat strafbare Inhalte wie Kinderpornografie (§ 184b StGB) erhält oder weiterleitet, kann sich schnell strafbar machen – oft sogar ohne es zu beabsichtigen. Besonders problematisch ist das automatische Abspeichern von Dateien auf dem Smartphone, da dies bereits den Tatbestand des Besitzes erfüllen kann. Doch wo genau liegen die rechtlichen Risiken? Und wie kann man sich im Falle einer Anzeige verteidigen?
§ 184b StGB: Verbotene Inhalte und Strafrahmen
Was regelt § 184b StGB?
§ 184b StGB stellt den Besitz, die Verbreitung und den Erwerb kinderpornografischer Inhalte unter Strafe. Dazu gehören Bilder, Videos oder andere Darstellungen, die sexuelle Handlungen von oder an Minderjährigen zeigen. Die Strafbarkeit erstreckt sich auch auf digitale Inhalte, die über Messenger-Dienste verbreitet werden.
Welche Strafen drohen?
Die Gesetzesverschärfung in den letzten Jahren hat die Mindeststrafe für den Besitz kinderpornografischer Inhalte auf ein Jahr Freiheitsstrafe angehoben. Eine Geldstrafe ist nicht mehr möglich. Für das Verbreiten oder den gewerbsmäßigen Besitz können sogar noch höhere Strafen verhängt werden.
Gesetzesänderung 2024: Anpassung der Strafen für § 184b StGB
Warum wurde das Gesetz geändert?
Die 2021 eingeführte Verschärfung des § 184b StGB hatte zur Folge, dass selbst geringfügige Verstöße als Verbrechen eingestuft wurden. Dies führte dazu, dass auch Fälle ohne pädokriminelle Absicht – etwa bei Jugendlichen oder Personen, die unbewusst strafbare Inhalte erhielten – mit hohen Freiheitsstrafen geahndet wurden.

Welche Änderungen traten 2024 in Kraft?
Seit dem 27. Juni 2024 gilt eine Reform, die insbesondere die Mindeststrafen für den Besitz und die Verbreitung kinderpornografischer Inhalte gesenkt hat:
- Verbreitung: Mindeststrafe von 12 auf 6 Monate Freiheitsstrafe gesenkt
- Erwerb und Besitz: Mindeststrafe von 12 auf 3 Monate Freiheitsstrafe gesenkt
- Einstufung als Vergehen: Diese Taten werden wieder als Vergehen und nicht mehr als Verbrechen betrachtet
Damit können Staatsanwaltschaften nun flexibler auf Einzelfälle reagieren und gegebenenfalls Verfahren einstellen oder durch Strafbefehl erledigen. Besonders in Fällen, in denen eine Person unabsichtlich oder ohne pädokriminelle Absicht mit solchen Inhalten in Kontakt kommt, ermöglicht die Reform eine differenziertere Behandlung.
Gruppenchats und strafrechtliche Risiken
Wie gelangen strafbare Inhalte in Gruppenchats?
In Gruppen mit vielen Teilnehmern kann es vorkommen, dass eine Person strafbare Inhalte teilt. Dies kann absichtlich oder unabsichtlich geschehen – etwa durch das Weiterleiten von Dateien, deren Inhalt nicht überprüft wurde.
Wer haftet für illegale Inhalte in Gruppenchats?
Die Strafbarkeit richtet sich nach dem individuellen Verhalten. Wer ein solches Bild oder Video aktiv weiterleitet, macht sich strafbar. Doch auch das bloße Besitzen solcher Dateien ist strafbar – selbst wenn sie unbeabsichtigt heruntergeladen wurden.
Ein besonders kritischer Punkt ist die Rolle des Administrators eines Gruppenchats. Zwar ist der Admin nicht automatisch für alle Inhalte verantwortlich, doch kann er unter Umständen belangt werden, wenn er wissentlich illegale Inhalte in der Gruppe duldet.
Aktuelle Urteile und Fallbeispiele zu § 184b StGB
Fallbeispiel 1: Unbewusster Besitz durch Browser-Cache
Ein Mann kaufte ein gebrauchtes Smartphone, auf dem sich im Browser-Cache kinderpornografische Dateien befanden. Da er keine Kenntnis von den Dateien hatte und sie nie öffnete, wurde er nicht verurteilt. Das Gericht stellte fest, dass kein Besitzwille nachgewiesen werden konnte.
Fallbeispiel 2: Besitz durch automatische Downloads
Ein WhatsApp-Nutzer war Mitglied in einer großen Chatgruppe, in der eine andere Person kinderpornografisches Material teilte. Aufgrund der automatischen Download-Funktion speicherte sein Smartphone die Dateien in der Galerie. Obwohl er die Inhalte nie bewusst wahrnahm, wurde er verurteilt, da das bloße Vorhandensein der Dateien als Besitz gewertet wurde.
Fallbeispiel 3: Verbreitung ohne Kenntnis des Inhalts
Ein Nutzer erhielt ein Video von einem Bekannten und leitete es weiter, ohne den Inhalt zu prüfen. Später stellte sich heraus, dass das Video kinderpornografisches Material enthielt. Obwohl er sich keiner Schuld bewusst war, wurde er wegen Verbreitung kinderpornografischer Inhalte verurteilt, da allein das Weiterleiten ohne Prüfung als Straftat gewertet wurde.
Fallbeispiel 4: Besitz durch Dateiaustauschprogramme
Ein Nutzer lud über eine Tauschbörse eine Datei mit einem harmlosen Namen herunter. Erst nach dem Download stellte er fest, dass sich darin illegales Material befand. Obwohl er die Datei sofort löschte, wurde er wegen vorübergehenden Besitzes verurteilt, da der bloße Download den Straftatbestand erfüllte.
Fallbeispiel 5: Besitz durch E-Mail-Anhänge
Eine Person erhielt eine E-Mail mit einem verdächtigen Anhang. Beim Öffnen stellte sich heraus, dass es sich um illegale Inhalte handelte. Da der Anhang nur angezeigt, aber nicht aktiv gespeichert wurde, wurde das Verfahren eingestellt.

Prävention: Schutz vor strafbaren Inhalten in Gruppenchats
Einstellungen in Messenger-Apps anpassen
Um sich vor ungewolltem Besitz illegaler Inhalte zu schützen, sollten automatische Downloads deaktiviert werden. In WhatsApp lässt sich dies unter „Speicher und Daten“ in den Einstellungen anpassen.
Verdächtige Inhalte sofort melden
Sollte man eine fragwürdige Datei erhalten, ist es ratsam, sie sofort zu löschen und den Vorfall gegebenenfalls an die Polizei zu melden. In keinem Fall sollte man sie weiterleiten, um sich nicht selbst strafbar zu machen.
Fazit
Die Gesetzesänderung 2024 hat zu einer differenzierteren Strafverfolgung geführt, doch bleibt § 184b StGB ein hochsensibles Thema mit erheblichen Konsequenzen. Gruppenchats bergen das Risiko, dass strafbare Dateien ungewollt auf das eigene Gerät gelangen – insbesondere durch automatische Downloads. Eine schnelle Reaktion und präventive Maßnahmen können helfen, strafrechtliche Konsequenzen zu vermeiden. Wer mit einer Anzeige konfrontiert wird, sollte umgehend einen spezialisierten Strafverteidiger konsultieren.
FAQs
Was passiert, wenn ich ungewollt strafbare Inhalte in einem Chat erhalte?
Sie sollten die Datei sofort löschen und keine weitere Verbreitung zulassen. Falls Zweifel bestehen, ob eine Strafbarkeit vorliegt, sollten Sie einen Anwalt konsultieren.
Wie kann ich verhindern, dass mein Gerät Dateien automatisch speichert?
Deaktivieren Sie automatische Downloads in den Einstellungen Ihres Messengers, um sich vor unbeabsichtigtem Besitz strafbarer Inhalte zu schützen.
Wann haftet der Admin eines Gruppenchats für strafbare Inhalte?
Ein Gruppen-Admin kann haftbar gemacht werden, wenn er illegale Inhalte duldet oder bewusst verbreiten lässt.