Ausbeutung von Prostituierten, § 180a StGB
Die Grenze zwischen legaler Prostitution und strafbarer Ausbeutung ist oft schmal – und der Vorwurf nach § 180a StGB kann schwerwiegende Konsequenzen haben. Doch wann liegt tatsächlich eine „Ausbeutung von Prostituierten“ vor? Welche Strafen drohen, und wie kann eine effektive Verteidigung aussehen?

Prostitution ist in Deutschland unter bestimmten Bedingungen legal. Doch die Grenze zur Strafbarkeit ist schnell überschritten, wenn wirtschaftliche oder persönliche Abhängigkeiten geschaffen werden. Sobald Prostituierte nicht mehr frei über ihre Tätigkeit entscheiden können oder ausgebeutet werden, greift § 180a StGB.
Der Tatbestand der „Ausbeutung von Prostituierten“ ist komplex und unterscheidet sich von anderen Straftaten wie Zuhälterei (§ 181a StGB) oder Menschenhandel (§ 232 StGB). Wer sich einem solchen Vorwurf ausgesetzt sieht, muss sich nicht nur mit erheblichen strafrechtlichen Konsequenzen auseinandersetzen, sondern oft auch mit einer schwierigen Beweisführung.
Doch was genau gilt als „Ausbeutung von Prostituierten“? Welche Strafen drohen, und welche Verteidigungsstrategien gibt es?
Gesetzliche Grundlage: § 180a StGB im Detail
Tatbestand und Schutzgedanke des Gesetzes
§ 180a StGB dient dem Schutz der Selbstbestimmung und wirtschaftlichen Unabhängigkeit von Prostituierten. Ziel ist es zu verhindern, dass Prostituierte durch Betreiber von Bordellen, Vermieter oder andere Personen in eine Zwangslage geraten, aus der sie sich nicht ohne weiteres befreien können.
Der Gesetzgeber geht davon aus, dass Prostitution in einem Abhängigkeitsverhältnis besonders anfällig für Ausbeutung ist. Deshalb gibt es strenge Vorschriften, die sicherstellen sollen, dass die Tätigkeit freiwillig und selbstbestimmt ausgeübt wird.
Unterschied zu anderen Straftatbeständen
Es gibt eine klare Abgrenzung zwischen verschiedenen Straftaten im Bereich der Prostitution:
- Zuhälterei (§ 181a StGB): Eine Person bezieht finanzielle Vorteile aus der Prostitution einer anderen Person und beeinflusst deren Tätigkeit.
- Menschenhandel (§ 232 StGB): Eine Person wird unter Gewalt, Drohung oder Täuschung zur Prostitution gezwungen.
- Förderung der Prostitution (§ 180 StGB): Begünstigung der Prostitution Minderjähriger.
Die „Ausbeutung von Prostituierten“ nach § 180a StGB liegt zwischen Zuhälterei und Menschenhandel. Der entscheidende Unterschied ist, dass keine direkte Gewalt oder Täuschung notwendig ist – allein das Schaffen einer wirtschaftlichen oder persönlichen Abhängigkeit kann bereits strafbar sein.

Wann ist die „Ausbeutung von Prostituierten“ strafbar?
Tatobjekt: Wer kann Opfer sein?
Der Tatbestand kann nur gegenüber Prostituierten verwirklicht werden. Als Prostituierte gelten alle Personen, die gegen Entgelt sexuelle Handlungen mit wechselnden Partnern ausüben. Dabei ist es unerheblich, ob die Tätigkeit auf der Straße, in einem Bordell oder online erfolgt.
Wichtig: Nicht jede sexuelle Dienstleistung ist automatisch Prostitution. Striptease oder erotische Tänze fallen nicht unter den Begriff der Prostitution, solange es nicht zur Vornahme sexueller Handlungen kommt.
Tathandlung: Arten der Ausbeutung
Der Gesetzgeber unterscheidet zwei zentrale Formen der strafbaren Ausbeutung:
1. Ausbeutung in einem gewerblichen Betrieb (§ 180a Abs. 1 StGB)
Ein Bordellbetreiber oder eine andere Person macht sich strafbar, wenn er Prostituierte in wirtschaftliche oder persönliche Abhängigkeit bringt. Dazu zählen u. a.:
- Festlegen der Arbeitszeiten oder Kunden
- Einschränkung der Bewegungsfreiheit
- Überhöhte Abgaben oder Mietkosten
- Drohungen oder Druck, um die Tätigkeit fortzusetzen
2. Bereitstellung von Wohnraum zur Prostitution (§ 180a Abs. 2 StGB)
Nach § 180a Abs. 2 StGB macht sich strafbar, wer einer Person Wohnraum zur Prostitution überlässt und sie dabei entweder zur Prostitution anhält oder wirtschaftlich ausbeutet.
Beispielhafte Fälle:
- Ein Vermieter verlangt von einer Prostituierten überhöhte Miete für ein Zimmer, das sie zur Prostitution nutzt.
- Ein Hotelbesitzer duldet Prostitution in seinen Räumen, verlangt aber überhöhte Gebühren oder kontrolliert die Prostituierten.
- Eine Person zwingt ihre Partnerin, die gemeinsame Wohnung für die Prostitution zu nutzen, und kassiert einen Großteil der Einnahmen.
Besonders problematisch ist, dass auch legale Vermietungen schnell in den Bereich der Strafbarkeit geraten können, wenn überhöhte Preise oder Abhängigkeiten bestehen.
Vorsatz und Strafbarkeit des Versuchs
- Der Täter muss vorsätzlich handeln, also wissen und wollen, dass er eine Prostituierte ausbeutet.
- Fahrlässigkeit reicht nicht aus – wer ohne Wissen über die Tätigkeit der Person Wohnraum vermietet, macht sich nicht strafbar.
- Der Versuch der Tat ist nicht strafbar, da er im Gesetz nicht ausdrücklich erwähnt wird.
Welche Strafen drohen bei Ausbeutung von Prostituierten?
Die Strafe für eine Verurteilung nach § 180a StGB kann bis zu drei Jahre Freiheitsstrafe oder eine Geldstrafe betragen.
Strafzumessung: Welche Faktoren beeinflussen die Strafe?
Die konkrete Strafe hängt von mehreren Faktoren ab:
- Schwere der Ausbeutung: War das Opfer in einem totalen Abhängigkeitsverhältnis oder hatte es noch eine gewisse Entscheidungsfreiheit?
- Dauer der Tat: Hat die Abhängigkeit über einen langen Zeitraum bestanden?
- Opferanzahl: Gab es mehrere betroffene Prostituierte?
- Minderjährige Opfer: Wurde eine minderjährige Person ausgebeutet, können härtere Strafen drohen.
Neben der Freiheits- oder Geldstrafe sind auch Berufsverbote oder Vermögensabschöpfungen möglich.
Strafverteidigung bei Vorwürfen nach § 180a StGB
Beweislast und typische Ermittlungsfehler
In Strafverfahren trägt die Staatsanwaltschaft die Beweislast. Doch gerade in Fällen von Prostitution gibt es häufig problematische Beweismittel:
- Zeugenaussagen sind widersprüchlich oder ungenau.
- Prostituierte fühlen sich unter Druck gesetzt, gegen den Angeklagten auszusagen.
- Es gibt keine objektiven Beweise für Abhängigkeit oder Zwang.

Verteidigungsstrategien
Ein erfahrener Strafverteidiger kann verschiedene Ansätze verfolgen:
- Infragestellen der Beweise: Sind die Aussagen der Zeugen glaubwürdig und konsistent?
- Fehlende Abhängigkeit: Gab es wirklich eine wirtschaftliche oder persönliche Abhängigkeit?
- Fehlender Vorsatz: War dem Angeklagten bewusst, dass eine strafbare Ausbeutung vorliegt?
Gerade in Fällen, in denen es keine klaren Beweise für Zwang oder Abhängigkeit gibt, kann ein erfahrener Anwalt die Vorwürfe oft erfolgreich entkräften.
Fazit: Rechtliche Risiken und Verteidigungsmöglichkeiten
Die „Ausbeutung von Prostituierten“ ist ein komplexer Straftatbestand mit erheblichen strafrechtlichen Konsequenzen. Während der Schutz der Selbstbestimmung von Prostituierten wichtig ist, zeigen viele Fälle, dass es auch zu ungerechtfertigten Vorwürfen kommen kann.
Eine frühzeitige anwaltliche Beratung ist daher entscheidend, um eine sachgerechte Verteidigung zu gewährleisten.
Häufige Fragen (FAQs)
1. Ist Prostitution in Deutschland erlaubt?
Ja, solange sie freiwillig und selbstbestimmt ausgeübt wird.
2. Wann ist Prostitution strafbar?
Sobald wirtschaftliche oder persönliche Abhängigkeiten geschaffen werden.
3. Welche Strafe droht bei Ausbeutung von Prostituierten?
Bis zu drei Jahre Freiheitsstrafe oder eine Geldstrafe.
4. Wie kann man sich gegen den Vorwurf verteidigen?
Durch das Anfechten von Beweisen, Zeugenwidersprüchen und der Klärung, ob wirklich eine Abhängigkeit bestand.
5. Was tun, wenn man beschuldigt wird?
Sofort einen Strafverteidiger kontaktieren und keine Aussagen ohne rechtliche Beratung machen.