Was ist „Bigamie“?
Bigamie liegt vor, wenn der Täter vorsätzlich eine weitere Ehe oder Lebenspartnerschaft eingeht, obwohl bereits eine wirksame Ehe oder Lebenspartnerschaft besteht.
Wann ist „Bigamie“ strafbar?
Der Straftatbestand schützt die staatliche Ehe- bzw. Lebenspartnerschaftsordnung.
Um sich nach § 172 StGB strafbar zu machen, müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein.
Tatsubjekt: Eheleute bzw. Lebenspartner
Täter kann nur sein, wer sich in einer gültigen Ehe bzw. Lebenspartnerschaft befindet.
Im Falle einer weiteren Eheschließung – trotz bereits bestehender Ehe – macht sich nicht nur der bereits verheiratete Partner strafbar. Auch der bislang noch nicht verheiratete Partner, der mit einem bereits verheirateten Mann oder einer bereits verheirateten Frau die Ehe eingeht, macht sich strafbar.
Tathandlung: Eingehen weiterer Ehe / Lebenspartnerschaft
Der Täter muss dann eine neue bzw. zweite Ehe bzw. Lebenspartnerschaft eingehen.
Eine Ehe kann von zwei Personen verschiedenen oder gleichen Geschlechts auf Lebenszeit geschlossen werden (vgl. § 1353 BGB). Vor der Änderung im Oktober 2017 war die gleichgeschlechtliche Eheschließung nicht möglich. Deshalb bestand für gleichgeschlechtliche Paare die Möglichkeit der Begründung einer eingetragenen Lebenspartnerschaft (sog. Verpartnerung) nach dem Lebenspartnerschaftsgesetz (LPartG). Mit der Einführung der gleichgeschlechtlichen Ehe ist die Eintragung einer Lebenspartnerschaft nicht mehr möglich.
Verbot der Vielehe im Zivilrecht
In § 1306 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) wird das (zivilrechtliche) Verbot der Vielehe klargestellt. Dort heißt es:
Eine Ehe darf nicht geschlossen werden, wenn zwischen einer der Personen, die die Ehe miteinander eingehen wollen, und einer dritten Person eine Ehe oder eine Lebenspartnerschaft besteht.
Die (zweite) Ehe ist gleichwohl solange wirksam, bis sie von einem Familiengericht durch Urteil aufgehoben wird (§§ 1313, 1314 BGB). Das strafrechtliche Verbot schlägt also nicht ohne Weiteres auf die zivilrechtliche Wirksamkeit durch.
Eingetragene Lebenspartnerschaften
Mit der letzten Änderung des § 172 StGB macht sich seit dem 26.11.2015 auch derjeniger der „Doppelehe“ strafbar, der eine zweite eingetragene Lebenspartnerschaft oder Ehe neben einer bereits bestehenden eingetragenen Lebenspartnerschaft eingeht.
Aufgrund des strafrechtlichen Analogieverbots findet § 172 StGB keine Anwendung auf Taten, die vor der Reform begangen wurden.
Mit der Einführung der „Ehe für alle“ („Gesetz zur Einführung des Rechts auf Eheschließung für Personen gleichen Geschlechts“) sind nunmehr gleichgeschlechtliche Eheschließungen erlaubt. Lebenspartner können ihre eingetragene Lebenspartnerschaft seit dem 01.10.2017 auf Antrag in eine Ehe umwandeln lassen.
Bigamie im Ausland
In Deutschland und vielen weiteren Staaten ist die sog. „Einehe“/ „Monogamie“ ein gesellschaftlich fest verankertes Prinzip. In diesen Staaten ist die Ehe immer auch ausschließlich eine monogame Paarbeziehung, die keine weiteren Ehen zulässt.
Allerdings gilt das freilich nicht für die gesamte Welt. So existieren Staaten, in denen Doppel- oder gar Mehrehen rechtlich unproblematisch sind. Hier ist folgendermaßen zu differenzieren:
Wer in einem anderen Staat, in dem mehrere Ehen legal sind, eine weitere Ehe schließt und diese in Deutschland fortführt, begeht keine strafbare Bigamie. Die Begründung einer neuen Ehe in Deutschland ist jedoch weiterhin strafbar.
Vorsatz
Der Täter muss die Bigamie vorsätzlich begangen haben. Er muss diese also mit Wissen und Wollen verwirklicht haben. Hierbei ist ausreichend, dass der Täter den Straftatbestand billigend in Kauf genommen und zumindest für möglich gehalten hat (sog. Eventualvorsatz).
Die Strafbarkeit setzt demnach voraus, dass der (zuvor) nicht verheiratete Partner in Kenntnis der bereits bestehenden Ehe (erneut) geheiratet haben muss oder die bestehende Ehe zumindest in Kauf genommen hat.
Versuch
Der Versuch ist mangels gesetzlicher Verankerung nicht strafbar.
Vollendet und damit strafbar ist die Tat nach dem Abschluss der zweiten Ehe, also nach Beurkundung durch den Standesbeamten. Der Standesbeamte kann sich wiederum einer Beihilfe zu einer Bigamie schuldig machen, wenn er das Bestehen einer anderen Ehe kannte.
Strafantrag
Bei der Bigamie handelt es sich um ein sogenanntes Offizialdelikt. Das bedeutet, dass eine solche Straftat durch die Strafverfolgungsbehörde (Staatsanwaltschaft) bei Kenntniserlangung von Amts wegen verfolgt wird. Ein Antrag durch den Geschädigten oder dessen gesetzlichen Vertreter ist daher nicht erforderlich.
Strafe
Die Bigamie nach § 172 StGB wird mit einer Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit einer Geldstrafe bestraft.
Unterschied: Bigamie – Polygamie
Polygamie ist eine Form der (Viel-)Ehe, bei der mehr als zwei Personen miteinander verheiratet sind (sog. Vielehe). Eine Bigamie liegt hingegen vor, wenn eine zweite Ehe oder Lebenspartnerschaft geschlossen wird. In Deutschland ist demnach weder die Doppel-, noch die Vielehe erlaubt und nach § 172 StGB strafbar.
Wer hingegen mit mehreren Personen eine Beziehung führt, ohne mehrere Ehen zu schließen oder mehrere eingetragene Lebenspartnerschaften zu haben, macht sich nicht strafbar.
Unterschied: Polyamorie – Polygamie
Bei der Polyamorie liebt eine Person nicht nur eine andere Person, sondern mehrere gleichzeitig. Im Gegensatz zur Monogamie (eine Person liebt eine andere Person) führt eine Person mit mehreren Partnern eine Beziehung, wobei alle Beteiligten untereinander bekannt und damit einverstanden sind. Diese Form der Liebesbeziehung ist nicht strafbar.
Die Polygamie stellt dann sozusagen die Steigerungsform dar. Denn hier wird mit mehreren Partnern eine Ehe eingegangen (sog. Vielehe). Diese ist allerdings nach § 172 StGB strafbar.