Was ist „Diebstahl“?
Das Stehlen von Taschen oder das Einstecken von Lebensmitteln im Laden kann den Straftatbestand des Diebstahls verwirklichen. Dieser liegt vor, wenn der Täter vorsätzlich eine fremde bewegliche Sache dem Opfer mit Zueignungsabsicht wegnimmt. Dabei reicht schon eine geringe kriminelle Energie aus, um eine Strafe zu erhalten.
Wann ist „Diebstahl“ strafbar?
Der Straftatbestand des Diebstahls schützt das Eigentum des Opfers.
Der Grundtatbestand richtet sich nach § 242 Abs. 1 Strafgesetzbuch (StGB). Darauf aufbauend kann der Täter die Qualifikationen nach § 244 StGB und § 244a StGB verwirklichen. Diese können zu einem höheren Strafmaß führen. Zudem ist die Strafzumessungsvorschrift (Strafschärfung) nach § 243 StGB und die besonderen Strafverfolgungsvoraussetzungen nach §§ 247, 248a StGB zu beachten.
Um sich nach dem „einfachen“ Diebstahl gem. § 242 Abs. 1 StGB strafbar zu machen, müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein.
Tatobjekt: Fremde bewegliche Sache
Der Diebstahl kann nur an fremden beweglichen Sachen verübt werden. Unter einer Sache versteht das Gesetz jeden körperlichen Gegenstand, wie beispielsweise ein Auto, ein Fahrrad oder Kleidung. Nach § 90a BGB werden Tiere gesetzlich wie Sachen behandelt, sodass die Wegnahme eines Tieres ebenfalls den Straftatbestand des Diebstahls erfüllen kann. Keine Sachen sind hingegen lebende Menschen sowie lebende, menschliche Embryonen oder natürliche, verbundene Körperteile. Die Sacheigenschaft ist jedoch bei vorübergehend vom Körper getrennte Körperteilen sowie medizinischen Implantaten (z. B. Herzschrittmacher, Goldzähne, künstliches Hüftgelenk) umstritten. Illegal hergestellte oder erworbene Drogen können ein taugliches Tatobjekt sein.
Zudem muss die Sache beweglich sein. Das heißt sie muss tatsächlich (von einem zum anderen Ort) fortgeschafft werden können wie bei einem Fahrrad-Diebstahl. Folglich können beispielsweise Hauswände oder Mauern nicht Gegenstand eines Diebstahls sein. Es genügt jedoch, dass der Gegenstand erst durch die Tat transportierfähig gemacht wird. Das kann ein fest angebrachter Zaun sein, der durch den Diebstahl abmontiert wird und so fortgetragen werden kann.
Letztendlich muss die Sache auch fremd sein. Das ist sie, wenn sie nicht im Alleineigentum des Täters steht und nicht herrenlos ist. Der Täter ist nicht Alleineigentümer, wenn er weder Eigentümer noch Besitzer der Sache ist. Eigentümer ist er, wenn er die rechtliche Sachherrschaft hat und folglich das umfassende Recht, mit der Sache nach seinem Belieben zu verfahren (§ 903 BGB). Besitzer ist er hingegen, wenn er die tatsächliche Gewalt über die Sache hat.
Die Sache darf auch nicht herrenlos sein. Herrenlos ist sie, wenn sie von Natur aus keinen Eigentümer hat. Dazu zählen unter anderem wilde (in Freiheit lebenden) Tiere, freie Luft oder fließendes Wasser. Nach herrschender Meinung aber auch Leichen und Leichenteile. Verlorene und vergessene Sachen sind jedoch nicht herrenlos, da sie trotz dieser Umstände im Eigentum eines anderen stehen.
Tathandlung: Wegnahme
Der Täter muss die fremde bewegliche Sache dem Opfer weggenommen haben. Unter Wegnahme versteht man den Bruch fremden und die Begründung neuen, nicht notwendig tätereigenen Gewahrsams. Der Täter muss also allein und gegen bzw. ohne den Willen des Opfers die tatsächliche Herrschaft an der Sache begründet haben. Er muss die Sache also „in Besitz“ nehmen. Eine Wegnahme entfällt insbesondere bei einem Einverständnis des Gewahrsamsinhabers, welcher in der Regel der Eigentümer der Sache ist.
Erfolgt jedoch im Zuge der Wegnahme Gewalt oder Drohung, so kommt im Hinblick auf dessen Zeitpunkt ein Raub nach § 249 StGB oder ein räuberischer Diebstahl nach § 252 StGB in Betracht.
Vorsatz
Der Täter muss den Diebstahl vorsätzlich begangen haben. Er muss diesen also mit Wissen und Wollen des Straftatbestandes verwirklicht haben. Hierbei ist ausreichend, dass der Täter den Diebstahl billigend in Kauf genommen und zumindest für möglich gehalten hat (sog. Eventualvorsatz). Auch hinsichtlich der Qualifikationen muss der Täter vorsätzlich gehandelt haben.
Handelt der Täter jedoch nur fahrlässig, also lässt er „nur“ die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht, so liegt kein Diebstahl vor, da das Gesetz eine solche Tat nicht unter Strafe stellt.
Zudem muss der Täter mit sogenannter Zueignungsabsicht gehandelt haben. Er muss also in der Absicht gehandelt haben, sich oder einem Dritten die Sache rechtswidrig zuzueignen. Dabei muss der Täter absichtlich sich oder einem Dritten die Herrschaft über die Sache verschafft (sog. Aneignung) und die dauerhafte Enteignung des eigentlichen Eigentümers zumindest billigend in Kauf genommen haben. Zudem muss die Zueignung rechtswidrig erfolgen. Das ist sie, wenn der Täter keinen fälligen Anspruch auf die Sache hat.
Problematisch ist es, wenn der Täter nur denkt, dass er einen Anspruch auf die Sache hat.
Versuch
Auch der Versuch eines „einfachen“ Diebstahls steht gem. §§ 242 Abs. 2, 23 Abs. 1, 12 Abs. 2 StGB unter Strafe. Ein Versuch liegt bereits dann vor, wenn der Täter nach seiner Vorstellung von der Tat zur Verwirklichung des Tatbestandes unmittelbar angesetzt hat (§ 22 StGB). Hierfür muss der Täter die Schwelle zum „Jetzt-geht’s-los“ überschritten haben und es muss unmittelbar eine Rechtsgutverletzung bevorstehen. Der Täter muss also mit der Wegnahmehandlung begonnen haben. Zudem muss der Täter mit dem Entschluss zur Tat, also vorsätzlich gehandelt haben.
Zuweilen kann es problematisch sein, wenn der „einfache“ Diebstahl vollendet, die Regelbeispiele nach § 243 Abs. 1 StGB oder die Qualifikationen nach §§ 244, 244a StGB hingegen nur versucht sind.
Strafantrag
Bei dem Diebstahl nach § 242 StGB handelt es sich grundsätzlich um ein sog. Offizialdelikt. Das bedeutet, dass eine solche Straftat durch die Strafverfolgungsbehörde (Staatsanwaltschaft) bei Kenntniserlangung von Amts wegen verfolgt wird. Ein Antrag durch den Geschädigten oder dessen gesetzlichen Vertreter ist dabei nicht erforderlich.
Ist das Opfer (Eigentümer oder Gewahrsamsinhaber der Sache) jedoch ein Angehöriger (z. B. Ehegatten, Verlobte), der Vormund oder der Betreuer des Täters oder lebt das Opfer in häuslicher Gemeinschaft mit dem Täter, wie Eheleute oder eine Wohngemeinschaft, so wird die Tat nur auf Antrag des Opfers verfolgt (vgl. § 247 StGB).
Handelt es sich bei dem Tatobjekt um eine geringwertige Sache (Wert unter 50 Euro), so wird die Tat nur auf Antrag des Opfers verfolgt, es sei denn, dass die Strafverfolgungsbehörde (Staatsanwaltschaft) aufgrund besonderen öffentlichen Interesses eine Strafverfolgung von Amts wegen für geboten hält (vgl. § 248a StGB).
Strafe
Der „einfache“ Diebstahl gem. § 242 Abs. 1 StGB wird mit einer Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Eine Strafschärfung erfolgt hingegen nach § 243 Abs. 1 StGB. Dabei muss der Täter eines der in § 243 Abs. 1 StGB genannten „Regelbeispiele“ neben dem „einfachen“ Diebstahl verwirklichen. Es kann dann eine Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu zehn Jahren verhängt werden.
Abgrenzung: (Trick-)Diebstahl – (Sach-)Betrug
Zuweilen kann die Abgrenzung zwischen Diebstahl und Betrug problematisch sein. Das sind vor allem die Fälle, bei denen der Täter in einem Supermarkt Ware in anderer Ware versteckt (z. B. Lippenstift in einem Kasten Wasser), dann aber nur eine dieser Waren (z. B. den Kasten Wasser) bezahlt. Nach herrschender Ansicht, wird dann wegen eines Trickdiebstahls nach § 242 Abs. 1 StGB bestraft, da der Kassierer kein konkretes Bewusstsein über die gestohlene Sache hatte, welches eigentlich eine Voraussetzungen für einen Betrug nach § 263 StGB ist.
Rechtlich problematische Fälle
- das Einfüllen von Kraftstoff an Selbstbedienungstankstellen, ohne zu bezahlen
- der Einwurf von Falschgeld in Warenautomaten
- das Ausnutzung von technischen Fehlern eines Warenautomaten
- das Überlisten von Scannerkassen in Supermärkten, Baumärkten, etc.
- das Abheben von Geld an einem Geldautomaten mittels fremder Giro-/ Kreditkarte und dessen zugehöriger Pin
Abgrenzung: Diebstahl – Räuberischer Diebstahl
Die Abgrenzung eines Diebstahls gem. § 242 StGB von einem räuberischen Diebstahl gem. § 252 StGB kann schwer sein. Die Unterscheidung ist insbesondere im Hinblick auf den Strafrahmen entscheidend. Für die Abgrenzung dient auch hier die Tathandlung des Täters.
Bei einem Diebstahl wird eine Sache dem Opfer weggenommen. Diese Wegnahme erfolgt ohne Gewalt oder Drohung. Bei einem räuberischen Diebstahl wird die Sache zunächst ebenfalls ohne Gewalt oder Drohung weggenommen. Erst durch den Einsatz von Gewalt oder Drohung, damit der Täter die Beute behalten kann, liegt ein räuberischer Diebstahl vor. Entscheidend dabei ist, dass die Gewalteinwirkung oder Drohung zum Erhalt der Beute dient.
Diebstahl und Jugendstrafrecht
Ab 14 Jahren ist eine Strafe nach dem Jugendstrafrecht möglich. Die Differenzierung in Jugend- und Erwachsenenstrafrecht ist auf Grund des Alters und der Entwicklung des Jugendlichen erforderlich. Die Ausprägung des Jugendstrafrechts als Erziehungsstrafrecht, in dem nicht das Strafen, sondern die Erziehung des Jugendlichen im Vordergrund steht, bietet andere grundlegende Sanktionsmöglichkeit. Die Strafbarkeit von Taten richtet sich weiterhin nach dem Strafgesetzbuch (StGB), wobei die Strafen nach dem Jugendgerichtsgesetz (JGG) angepasst werden.
Das Jugendstrafrecht gilt für Jugendliche zwischen 14 und 18 Jahren. Wenn es die Gesamtwürdigung der Persönlichkeit des Täters zulässt, können auch Heranwachsende bis 21 Jahre nach dem Jugendstrafrecht bestraft werden. Dabei ist besonders maßgeblich, ob der Heranwachsende zu der Zeit der Tat nach seiner sittlichen und geistigen Entwicklung einem Jugendlichen gleichstand und ob die Tatumstände auf eine jugendtypische Tat hinweisen.
Begeht der Jugendliche einen Diebstahl im Sinne des § 242 StGB, so beträgt der Strafrahmen der Jugendstrafe sechs Monate bis zu fünf Jahre (§ 18 Abs. 1 S. 1 JGG). Das Höchstmaß der für Heranwachsende beträgt zehn Jahre (§ 105 Abs. 3 S. 1 JGG).
Wegen dem Vorrang des Erziehungsgedanken werden jedoch andere Sanktionsmittel vorrangig in Betracht gezogen. Es können statt der Jugendstrafe (Gefängnis) Erziehungsmaßregeln (z. B. Weisungen) oder Zuchtmittel (z. B. Verwarnung und Auflagen) verhängt werden.
Der Richter verhängt eine Jugendstrafe nur dann, wenn wegen der schädlichen Neigungen des Jugendlichen, die in der Tat hervorgetreten sind, Erziehungsmaßregeln oder Zuchtmittel zur Erziehung nicht ausreichen oder wenn wegen der Schwere der Schuld eine Strafe erforderlich ist (§ 17 Abs. 2 JGG). Die Jugendstrafe kann auch zur Bewährung ausgesetzt werden.