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Fahrlässige Tötung

Grundsätzlich steht im Strafrecht nur vorsätzliches Handeln (oder Unterlassen) unter Strafe. Allerdings kann ausnahmsweise auch fahrlässiges Handeln bestraft werden, soweit dies ausdrücklich durch das Gesetz verlangt wird (vgl. § 15 StGB). Der Straftatbestand der Fahrlässigen Tötung nach § 222 Strafgesetzbuch (StGB) stellt eine solche Ausnahme dar. Welche Voraussetzungen dafür erfüllt sein müssen und welche Strafe…

Strafrecht und Strafverteidigung
Rechtsanwalt Tommy Kujus klein Profil

Tommy Kujus
Tommy Kujus ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Strafrecht. Er ist Inhaber der Leipziger Kanzlei KUJUS Strafverteidigung, und bundesweit als Strafverteidiger tätig.

Themen auf dieser Seite

Was ist eine „fahrlässige Tötung“?

Eine fahrlässige Tötung liegt vor, wenn der Täter den Tod eines anderen Menschen fahrlässig („versehentlich“) tötet.

Wann ist eine „fahrlässige Tötung“ strafbar?

Der Straftatbestand schützt den Leib und das Leben des Opfers. Um sich nach § 222 StGB strafbar zu machen, müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein.

Tatobjekt: Anderer Mensch

Der Täter müsste einen anderen Menschen (also nicht sich selbst!) getötet haben. Der Tod eines Menschen tritt mit dem Hirntod ein.

Tathandlung: Tötung

Der Täter müsste das Opfer getötet haben. Dabei ist es völlig egal, auf welche Art und Weise der Tod eintritt.

Fahrlässige Tötung

Ein Paradebeispiel sind Verkehrsunfälle, bei denen eine Sorgfaltspflicht (etwa die Geschwindigkeitsbegrenzung) missachtet wurde und es zum Unfall kommt. Wird das Opfer verletzt, kann sich der Fahrer wegen einer fahrlässigen Körperverletzung strafbar gemacht haben. Stirbt das Unfallopfer, kommt eine fahrlässige Tötung in Betracht.

Kausalität

Um ein Ausufern zu vermeiden, wird bei derartigen Delikten das Erfordernis der Kausalität verlangt. Das bedeutet, dass die Sorgfaltspflichtverletzung auch kausal zum Tod eines anderen Menschen geführt haben muss. Was selbstverständlich klingt, kann im Einzelfall schwer abzugrenzen sein.

So stellt sich in vielen Konstellationen regelmäßig die Frage, ob es nicht auch ohne die vorgeworfene Sorgfaltspflichtverletzung zu dem Todesfall gekommen wäre. Bei diesem Fragenkomplex spielen rechtsmedizinische Gutachten oder Sachverständigengutachten bei Verkehrsunfällen eine entscheidende Rolle.

Fahrlässigkeit

Bei einer fahrlässigen Tötung will der Täter den Tod einer anderen Person gerade nicht herbeiführen. Dennoch wird hier auch ein vorsatzloses Verhalten als strafwürdig angesehen, wenn der Täter fahrlässig – das heißt, die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lassend – handelt.

Mit anderen Worten will der Täter bei einer fahrlässigen Tötung den Tod einer anderen Person zwar gerade nicht bewirken, führt diesen aber durch Missachtung einer ihm obliegenden Sorgfaltspflicht kausal herbei. Die Einhaltung der Sorgfaltspflicht muss für den Betroffenen erkennbar und möglich gewesen sein.

Fahrlässiges Handeln kann beispielsweise vorliegen bei:

  • Verstößen gegen die StVO
  • Planungsfehlern und Organisationsfehlern (z.B. Unglück bei der Love-Parade)
  • Offenes Herumliegenlassen von Waffen, Medikamenten, Giften oder anderen gefährlichen Gegenständen in Reichweite von Kindern
  • Missachtung von Sicherungspflichten
  • falsche Beaufsichtigung von Hunden und anderen Tieren
  • Tod nach Verbringungsgewahrsam durch die Polizei bei betrunkenen und desorientierten Personen

Versuch

Eine versuchte fahrlässige Tötung ist nicht möglich.

Strafantrag

Bei der fahrlässigen Tötung handelt es sich um ein sogenanntes Offizialdelikt. Das bedeutet, dass eine solche Straftat durch die Strafverfolgungsbehörde (Staatsanwaltschaft) bei Kenntniserlangung von Amts wegen verfolgt wird. Ein Antrag durch den Geschädigten oder dessen gesetzlichen Vertreter ist daher nicht erforderlich.

Strafe

Die fahrlässige Tötung nach § 222 StGB wird mit einer Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit einer Geldstrafe bestraft.

Beispiele aus der Praxis

Fahrlässige Tötung bei einem Verkehrsunfall

Recht häufig wird der Vorwurf einer fahrlässigen Tötung im Rahmen von Verkehrsunfällen erhoben. Fahrlässiges Handeln liegt bereits vor, wenn ein Verkehrsteilnehmer die erforderliche Sorgfalt außer auch gelassen hat. Wer also mangels Schulterblick beim Abbiegen oder Ausparken einen Fahrradfahrer oder ein anderes Auto übersieht und rammt, lässt die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer acht und handelt somit fahrlässig.

Gleiches gilt etwa:

  • bei der Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit
  • bei Fehlern bei Überholvorgängen
  • bei Unaufmerksamkeit durch das Fallenlassen von Zigaretten
  • beim Telefonieren am Steuer
  • bei zu geringem Seitenabstand oder zu geringem Abstand zum vorausfahrenden Fahrzeug
  • beim Fahren unter Alkoholeinfluss (oder unter Einfluss anderer berauschender Mittel)
  • beim Überfahren einer roten Ampel oder eines Zebrastreifens

Auch bei illegalen Autorennen kann es zu einer fahrlässigen Tötung kommen. Bei Unfällen im Rahmen von illegalen Straßenverkehrsrennen wurde im Rahmen eines „Raser-Falles“ aber jüngst sogar das Vorliegen eines Tötungsvorsatzes vom Bundesgerichtshof bestätigt!

Fahrlässige Tötung

Fahrlässige Tötung durch einen Arzt

Eine weitere Konstellation, bei der der Vorwurf der fahrlässigen Tötung häufig erhoben wird, sind medizinische Eingriffe oder Pflichtverletzungen in der Rettungsmedizin. Dies sind beispielsweise:

  • ärztliche Behandlungsfehler
  • Unterlassen einer Behandlung
  • nicht ausreichende personelle Besetzung (qualitativ oder quantitativ) eines Krankenhauses oder Pflegeheims
  • Organisationsfehler bei Rettungs-, bzw. Not- oder Bereitschaftsdiensten

Unterschied: Fahrlässige Tötung – Totschlag

Wie ist nun aber zwischen fahrlässiger Tötung und Totschlag, Körperverletzung mit Todesfolge oder gar Mord zu unterscheiden? Alle diese Delikte haben eines gemeinsam: Es ist ein Mensch in strafbewährter Weise durch die Handlung eines anderen zu Tode gekommen.

Wie dargelegt, geht es bei der fahrlässigen Tötung um die Tötung eines Menschen, ohne dass ein Vorsatz – also etwa Tötungsabsicht oder Mutwilligkeit – erkennbar wäre. Bei Totschlag ist hingegen ein Vorsatz des Täters zwingend erforderlich. Das bedeutet, der Täter will das Opfer töten oder nimmt den Tod zumindest billigend in Kauf. Bei Mord treten noch weitere Bedingungen hinzu. Letztlich bedarf es auch bei Körperverletzung mit Todesfolge einer Vorsatztat. Bei dieser Straftat muss sich der Vorsatz allerdings nur auf die Körperverletzung, nicht aber auf den Tod des Opfers beziehen.

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