Was ist eine „Falschaussage“?
Die falsche uneidliche Aussage (umgangssprachlich: Falschaussage) ist in § 153 Strafgesetzbuch (StGB) geregelt. Diese liegt vor, wenn der Täter vorsätzlich vor einer zuständigen Stelle falsch aussagt, ohne vereidet zu sein.
Wann ist eine „Falschaussage“ strafbar?
Der Straftatbestand schützt die inländische staatliche Rechtspflege, also die Anwendung und Durchsetzung des geltenden (Straf-)Rechts.
Um sich nach § 153 StGB strafbar zu machen, müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein.
Tatsubjekt: Zeuge bzw. Sachverständiger
Nur ein Zeuge oder ein Sachverständiger kann eine Falschaussage begehen. Dabei muss er die Aussage selbst gemacht haben. Ein Angeklagter im Strafprozess kann beispielsweise keine Falschaussage begehen.
Tathandlung: Falsch aussagen
Der Täter – ein Zeuge oder ein Sachverständiger – müsste falsch aussagen.
Eine Aussage ist jede sprachliche Wiedergabe von Tatsachen. Tatsachen sind konkrete Zustände oder Vorgänge aus der Gegenwart oder der Vergangenheit, die dem Beweis zugänglich sind. Es bedarf hierbei einer gesprochenen Schilderung, also einer mündlichen Aussage. Schriftliche Äußerungen sind nicht erfasst. Dabei ist ausreichend, dass die falsche Aussage getätigt wird. Es ist nicht erforderlich, dass diese auch geglaubt wird bzw. einen bestimmten Erfolg herbeiführt. Aussagen können der Bericht eines Vernommenen oder seine Antwort auf eine bestimmte Frage sein. Auch das Verschweigen von Umständen bzw. Tatsachen kann darunterfallen.
Die Aussage müsste sodann falsch sein. Das heißt, sie muss von der Wahrheit abweichen. Nach welchen Kriterien diese Falschheit bestimmt wird, ist umstritten. Wobei nach überwiegender Ansicht die objektive Wahrheit zugrunde gelegt werden soll. Das bedeutet, dass die Aussage falsch – also unwahr ist, wenn der Inhalt der Aussage mit der objektiven Sachlage nicht übereinstimmt. Dabei beschränkt sich die Wahrheitspflicht auf den Gegenstand der Vernehmung bzw. der Untersuchung.
Wer also behauptet, eine Katze gesehen zu haben, obwohl es sich tatsächlich um einen Hund handelte, sagt (objektiv) falsch aus. Somit handelt es sich um eine Falschaussage.
Ist die falsche Aussage aufgrund von Verfahrensfehlern im Strafprozess nicht verwertbar, so ist die Falschaussage trotz dessen strafbar.
Darüber hinaus darf der Zeuge oder der Sachverständiger bei seiner (falschen) Aussage, in Abgrenzung zum Meineid nach § 154 StGB, nicht vereidet worden sein. Er darf also keinen Eid abgelegt haben, bei dem er geschworen hat, die Wahrheit zu sagen (§ 64 StPO).
Tatsituation: Gericht bzw. Zuständige Stelle
Die Falschaussage müsste vor einem Gericht oder vor einer, zur eidlichen Vernehmung von Zeugen und Sachverständigen zuständigen Stelle, erfolgt sein. Dazu gehören beispielsweise Aussagen vor einem Rechtspfleger, einer Prüfungsstelle des Parlaments, einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss oder einem Notar.
Zuständige Stellen sind hingegen nicht die Polizei, die Staatsanwaltschaft oder ein privates Schiedsgericht.
Vorsatz
Der Täter muss die Falschaussage vorsätzlich begangen haben. Er muss diese also mit Wissen und Wollen verwirklicht haben – insbesondere muss er Kenntnis über die Unwahrheit seiner Aussage haben. Hierbei ist ausreichend, dass der Täter den Straftatbestand billigend in Kauf genommen und zumindest für möglich gehalten hat (sog. Eventualvorsatz).
Denkt der Täter, dass seine objektiv falsche Aussage wahr wäre, so kann er einem Irrtum nach § 16 StGB unterliegen, mit der Folge des Vorsatzausschlusses. Dementsprechend läge eine Strafbarkeit wegen einer Falschaussage nach § 153 StGB nicht vor. Eine „fahrlässige“, also „versehentliche“ Falschaussage gibt es nicht und ist folglich nicht strafbar.
Versuch
Der Versuch der Falschaussage ist nicht strafbar. Die Tat ist jedoch bereits vollendet, wenn im Hinblick auf den Vernehmungsgegenstand nichts mehr zu bekunden ist und kein Beteiligter mehr Fragen hat.
Strafantrag
Bei der Falschaussage handelt es sich um ein sogenanntes Offizialdelikt. Das bedeutet, dass eine solche Straftat durch die Strafverfolgungsbehörde (Staatsanwaltschaft) bei Kenntniserlangung von Amts wegen verfolgt wird. Ein Antrag ist daher nicht erforderlich.
Beispiele aus der Praxis
In unterschiedlichen Situationen ist eine Falschaussage strafbar – oder nicht. Hier erfahren Sie, wann eine Strafe drohen kann.
Gilt Schweigen als Aussage?
Auch das Verschweigen von Tatsachen kann den Vorwurf der strafbaren falschen Aussage begründen – zumindest soweit die Unvollständigkeit der Aussage nicht offenbart und diese somit als vollständig ausgegeben wird.
Falschaussage vor der Polizei?
Falschaussagen bei der Polizei sind per se nicht strafbar.
Denn nach den §§ 153 ff. StGB muss die Falschaussage vor einer „zur eidlichen Vernehmung zuständigen Stelle“ abgegeben werden. Die Polizei gehört nicht dazu.
Vor der Polizei kann man sich daher also nicht einer uneidlichen Falschaussage (oder anderer Aussagedelikte) strafbar machen.
Allerdings ist das kein Freibrief dafür, irgendwelche Behauptungen in den Raum zu stellen. Denn auch bei Aussagen bei der Polizei oder an anderer Stelle kommt etwa eine Strafbarkeit wegen Beleidigung, übler Nachrede, Verleumdung, falscher Verdächtigung oder dem Vortäuschen einer Straftat in Betracht.
Falschaussage vor Gericht
Die Falschaussage vor Gericht unterfällt der Strafbarkeit des § 153 StGB. Sie stellt den Regelfall der in der Praxis.
Falschaussage als Beschuldigter und Angeklagter
Wer selbst Beschuldigter oder Angeklagter in einem Strafprozess ist, kann sich der §§ 153 ff. StGB nicht strafbar machen.
Wer einer Straftat bezichtigt wird, kann nicht dazu gezwungen werden, an seiner eigenen Überführung mitzuwirken. Daher kann ein Beschuldigter, Angeschuldigter oder Angeklagter nach Belieben schweigen und lügen.
So darf in diesem Fall zwar mit Blick auf die §§ 153 ff. StGB gelogen werden, allerdings ist auch hier Vorsicht geboten. Bezichtigt man beispielsweise unberechtigt eine andere Person, kommt dann eine Strafbarkeit wegen einer falschen Verdächtigung gem § 164 StGB in Betracht.
Falschaussage als Zeuge
Der § 153 StGB betrifft nur Zeugen oder Sachverständige.
Der Zeuge ist stets verpflichtet, die Wahrheit zu sagen – selbst dann, wenn ihm ein Aussageverweigerungsrecht oder ein Zeugnisverweigerungsrechts zustünde, und er dennoch aussagt.
Sagt ein Zeuge (vor Gericht) falsch aus, macht er sich wegen einer falschen uneidlichen Aussage schuldigt.
Falschaussage im Zivilprozess
Parteiaussagen des Klägers oder des Beklagten im Zivilprozess fallen nicht unter die Aussagedelikte, solange diese nicht unter Eid erfolgen (sonst kommt ein Meineid nach § 154 StGB in Betracht) oder eine eidesstattliche Versicherung vorgelegt wird (dann kommt eine falsche eidesstattliche Versicherung nach § 156 StGB in Betracht).
Strafe
Die Falschaussage nach § 153 Abs. 1 StGB wird mit einer Freiheitstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft. Eine Geldstrafe ist nicht möglich.
Welche Strafe im Einzelfall droht, ist von vielen Faktoren abhängig. Maßgeblich ist beispielsweise, ob die falsche Aussage Auswirkungen auf den Ausgang des Hauptverfahrens hatte.
Das Gericht kann nach Ermessen die Strafe mildern, wenn der Täter die Falschaussage macht, um von einem Angehörigen oder von sich selbst die Gefahr abzuwenden, bestraft zu werden (§ 157 Abs. 1 StGB). Berichtigt der Täter hingegen rechtzeitig die falschen Angaben, so kann das Gerichte von der Strafe absehen oder sie zumindest mildern (§ 158 StGB).
Ist der Täter – ein Zeuge oder ein Sachverständiger – eidesunmündig, so kann das Gericht ebenfalls die Strafe mildern oder davon absehen, vgl. § 157 Abs. 2 StGB. Er ist insbesondere eidesunmündig, wenn er das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, vgl. § 60 StPO.