Was ist die „Körperverletzung“?
Die einfache Körperverletzung – umgangssprachlich auch „leichte Körperverletzung“ genannt – ist nur ein Delikt aus dem Bereich der gesamten Körperverletzungsdelikte. Diese liegt vor, wenn der Täter das Opfer vorsätzlich körperlich misshandelt oder an der Gesundheit schädigt.
Die Deliktsgruppe der Körperverletzungen fasst mehrere Strafnormen zusammen, die sich gegen die körperliche Unversehrtheit richten. Die einfache Körperverletzung ist daher zu unterscheiden von der:
- fahrlässigen Körperverletzung
- gefährlichen Körperverletzung
- schweren Körperverletzung
- Körperverletzung mit Todesfolge
- Körperverletzung im Amt
Diese Formen der Körperverletzung sind an besondere strafschärfende oder strafmildernde Umstände geknüpft – etwa der Verwendung von Waffen, der gemeinschaftlichen Begehung oder dem Eintritt von besonders schweren Verletzungen.
Wann ist die „Körperverletzung“ strafbar?
Der Straftatbestand schützt die körperliche Unversehrtheit und das körperliche Wohlbefinden des Opfers. Um sich nach § 223 Abs. 1 Strafgesetzbuch (StGB) strafbar zu machen, müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein.
Tathandlung: Körperliche Misshandlung bzw. Gesundheitsschädigung
Der Täter müsste das Opfer im Sinne des § 223 StGB körperlich misshandelt oder an der Gesundheit geschädigt haben.
Eine körperliche Misshandlung ist jede üble, unangemessene Behandlung, durch die das körperliche Wohlbefinden des Opfers nicht nur unerheblich beeinträchtigt wird. Das ist beispielsweise bei Ohrfeigen, Treten, Stoßen, Schlagen, Anrempeln oder Kratzen der Fall.
Das Opfer muss grundsätzlich keinen konkreten Schmerz empfinden. Allerdings liegt eine Körperverletzung in jedem Fall dann vor, wenn die Handlung des Täters Prellungen, Platzwunden, Schwellungen, Schürfungen und Schürfwunden, Schnitte oder Hämatome (sog. „blaue Flecke“) beim Opfer hervorruft. Nach der Rechtsprechung ist auch das Abschneiden von Haaren strafbar.
Eine „psychische Körperverletzung“ ist nach dem deutschen Recht nur dann unter Strafe gestellt, wenn sich die psychische Beeinträchtigung direkt auf das körperliche Wohlbefinden des Opfers auswirkt. Dies ist etwa beim Erbrechen oder dem Hervorrufen von dauernder Schlaflosigkeit und von Angstzuständen der Fall. Eine Körperverletzung kann auch durch Unterlassen begangen werden – etwa durch das Vorenthalten von Nahrung oder Getränken.
Unter einer Gesundheitsschädigung versteht man das Hervorrufen, Steigern oder Aufrechterhalten eines krankhaften – von dem Normalzustand abweichenden – Zustands körperlicher oder seelischer Art. Das liegt insbesondere bei dem Hervorrufen einer Bewusstlosigkeit, dem Verabreichen von Alkohol oder Betäubungsmitteln sowie der Übertragung von Krankheiten (z.B. HIV) vor.
Die Tatbestände der körperlichen Misshandlung und der Gesundheitsschädigung gehen oft ineinander über, sodass eine klare Trennung kaum vorgenommen werden kann, und im Einzelnen höchst umstritten ist.
Vorsatz
Der Täter muss die Körperverletzung vorsätzlich begangen haben. Er muss diese also mit Wissen und Wollen des Straftatbestandes verwirklicht haben. Hierbei ist ausreichend, dass der Täter den Straftatbestand billigend in Kauf genommen und zumindest für möglich gehalten hat (sog. Eventualvorsatz).
Handelt der Täter jedoch nur fahrlässig, also lässt er „nur“ die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht, so liegt eine fahrlässige Körperverletzung vor, die das Gesetz nach § 229 StGB unter Strafe stellt.
Einwilligung
Das Opfer kann in die Körperverletzung einwilligen, vgl. § 228 StGB. Diese Einwilligung führt dazu, dass sich der Täter nicht strafbar macht.
Die Einwilligung muss bei vollem Verständnis der Sachlage erfolgt und nicht erschlichen worden sein. Möglich sind Einwilligungen beispielsweise bei Eingriffen von Ärzten, beim Fußballspiel sowie anderen Sportarten (Boxen, Karate etc.), aber auch bei bestimmten Sexualpraktiken („Sado-Maso“).
Versuch
Der Versuch ist nach § 223 Abs. 2 StGB strafbar. Ein Versuch liegt bereits dann vor, wenn der Täter nach seiner Vorstellung von der Tat zur Verwirklichung des Tatbestandes unmittelbar angesetzt hat (§ 22 StGB). Hierfür muss der Täter die Schwelle zum „Jetzt-geht’s-los“ überschritten haben und es muss unmittelbar eine Rechtsgutsgefährdung bevorstehen. Zudem muss der Täter mit dem Entschluss zur Tat, also vorsätzlich gehandelt haben.
Dabei ist zu beachten, dass mit dem Eintritt des Verletzungserfolgs beim Opfer eine vollendete Straftat vorliegt; ein Versuch ist dann überschritten.
Strafantrag
Bei der Körperverletzung handelt es sich um ein sogenanntes relatives Antragsdelikt, vgl. § 230 Abs. 1 StGB. Das bedeutet, dass ein Antrag des Geschädigten bzw. des gesetzlichen Vertreters erfolgen muss oder die Strafverfolgungsbehörde (Staatsanwaltschaft) setzt sich über das Fehlen eines Antrages hinweg, wenn ein besonderes öffentliches Interesse an der Strafverfolgung besteht.
Beispiele aus der Praxis
Körperverletzung durch einen Arzt
Da eine ärztliche Behandlung immer mit dem Einwirken auf den Körper verbunden ist (Spritze, Operation, etc.), liegt hierin stets eine Körperverletzung vor.
Der Arzt macht sich allerdings nicht strafbar, da sein Verhalten von der Einwilligung des Patienten gedeckt ist. Er muss den Patienten jedoch über die Risiken eines Eingriffs aufklären.
Begeht der Arzt einen Fehler, wird schnell der Vorwurf der Körperverletzung erhoben. Der Fehler kann in der Diagnose, der Behandlung oder Dokumentation oder in dem Unterlassen der Behandlung liegen. Der Nachweis ist in der Praxis allerdings nur schwer zu führen.
Körperverletzung durch Lärm
Durch eine dauerhafte Belästigung durch Lärm kann eine Gesundheitsschädigung vorliegen. Dabei reicht allerdings das bloße Vorliegen des Lärms nicht aus. Vielmehr muss gerade hierdurch eine Gesundheitsbeeinträchtigung, also eine diagnostizierte Abweichung des körperlichen Normalzustandes, eintreten.
Körperverletzung durch einen Hund
Beißt ein Hund einen anderen Menschen, wird gegen den Halter des Hundes häufig ein Strafverfahren wegen einer (fahrlässigen) Körperverletzung eingeleitet.
Dem Hundehalter wird dabei vorgeworfen, die Aufsichtspflicht bzw. Sorgfaltspflicht verletzt zu haben. Darauf, ob Leinenpflicht bestand, kommt es nicht an.
Mögliche Konstellationen sind
- das Entreißen des Hundes von der Leine,
- das Wegrennen des Hundes,
- das Beißen durch einen unangeleinten Hund.
Möglich ist eine Strafbarkeit auch in Fällen, in denen der Halter seinen Hund auf eine andere Person hetzt.
Körperverletzung durch ein Kind
Rein tatbestandlich kann auch durch ein Kind eine Körperverletzung begangen werden. Denkbar ist, dass das Kind ein anderes Kind oder einen Erwachsenen im Streit schlägt und verletzt.
Zu beachten ist allerdings, dass das Kind nur strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden kann, wenn es strafmündig ist. Strafmündigkeit tritt erst ab 14 Jahren ein. Ist das Kind jünger, droht keine strafrechtliche Verfolgung.
Aus diesem Grund sind Verletzungshandlungen unter Kinder (z.B. zwischen zwei 12-Jährigen) strafrechtlich nicht zu ahnden.
Körperverletzung in der Schule
Insbesondere in der Schule kommt es zu Körperverletzungen – sowohl zwischen den Schülern untereinander als auch zwischen Schülern und Lehrern.
Auch hier ist für eine strafrechtliche Ahndung zunächst erforderlich, dass der Täter mindestens 14 Jahre alt ist. Ist er jünger, droht keine Verfolgung. Körperverletzungen unter Grundschulkindern sind entsprechend straffrei.
Kommt es zu (strafrechtlich relevanten) Körperverletzungen zwischen Schülern, bestehen vielerlei Ansätze für eine erfolgreiche Verteidigung, sodass das Verfahren eingestellt werden kann. Dies kommt insbesondere dann in Betracht, wenn eine Aussöhnung oder ein Klassengespräch stattgefunden hat.
Körperverletzung im Straßenverkehr
Die Teilnahme am Straßenverkehr ist immer mit Gefahren verbunden. Bei einem Verkehrsunfall folgt stets die Einleitung eines strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens gegenüber dem Unfallverursacher wegen einer fahrlässigen Körperverletzung.
Bei einer Verurteilung droht neben der Verhängung einer Geld- oder Freiheitsstrafe, auch die Verhängung eines Fahrverbots oder die Entziehung der Fahrerlaubnis.
Ebenso besteht die Gefahr, dass der Verletzte ein Schmerzensgeld geltend macht.
Körperverletzung und häusliche Gewalt
In Beziehungen, in der Familie oder in der Ehe kommt es bei Auseinandersetzungen teilweise zu häuslicher Gewalt und hierbei zu Körperverletzungshandlungen.
Neben einer Anzeigen wegen des Tatvorwurfs der Körperverletzung droht ein Hausverbot und die Verweisung aus der Wohnung sowie ein Verfahren nach dem Gewaltschutzgesetz und bei Kindern weitere familienrechtliche Konsequenzen.
Körperverletzung unter Alkoholeinfluss
Häufig werden Körperverletzungen unter Alkoholeinfluss begangen. Die alkoholische Enthemmung führt zu einer leichteren Reizbarkeit und zu einem erhöhten Aggressionspotential.
Der Einfluss von Alkohol ist selbstverständlich keine Rechtfertigung der Tat, kann jedoch strafmildernd berücksichtigt werden.
Im Falle einer extrem hohen Alkohol-Intoxikation kann die Frage der verminderten Schuldfähigkeit bzw. der Schuldunfähigkeit aufgeworfen werden. Hierfür ist ein Alkohol-Pegel von mindestens 2,0 Promille erforderlich.
Körperverletzung im Sport
Auch wenn viele Fußballspieler übertreiben und theatralisch zu Boden gehen, ist jedes Foul beim Fußball mit Schmerzen und ggf. Verletzungen – also einer Körperverletzung – verbunden.
Es ist anerkannt, dass jeder Sportteilnehmer in leichte Körperverletzungen eingewilligt hat. Der Sportler hat schlichtweg damit zu rechnen, dass Verletzungen im Kampf eintreten können.
Die Grenzen werden hier bei absichtlichen Verletzungen und grob unsportlichen Handlungen gezogen.
Körperverletzung beim Sex
Je nach den individuellen Vorlieben kann es beim Sex zu (Peitschen-)Schlägen oder zum Würgen und damit zu Schmerzen kommen. Auch dieses Verhalten ist eine Körperverletzung.
Eine strafrechtliche Ahndung scheidet aus, soweit die Beteiligten in die Sexual-Praktiken eingewilligt haben. Dies kann ausdrücklich, aber auch durch Gesten erfolgen.
Sobald ein Beteiligter aber zu verstehen gibt, nicht (mehr) mit der Zufügung von Schmerzen einverstanden zu sein, wird das Verhalten strafbar. Neben einer Körperverletzung kommt u.a. eine Strafbarkeit wegen einer sexuellen Nötigung und Vergewaltigung in Betracht.
Strafe
Die Körperverletzung wird mit einer Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit einer Geldstrafe bestraft.
Die konkrete Strafe hängt im Einzelfall von der Art der Tatbegehung, der Schwere und der Intensität der hervorgerufenen Verletzungen, aber auch vom Nachtatverhalten, also etwa einer Entschuldigung, einer Aussöhnung oder einer Schadenswiedergutmachung, ab. Darüber hinaus ist von Bedeutung, ob der Beschuldigte Ersttäter oder Wiederholungstäter ist, oder ob die Tat während laufender Bewährung begangen worden ist.
Von besonderer Bedeutung ist, welche Verletzungen beim Opfer eingetreten sind. Nicht sichtbare Verletzungen, leichte Hämatome (blaue Flecken) oder kleiner Kratzwunden werden milder geahndet als offene Wunden, Brüche oder Verletzungen, die nur langsam oder schlecht verheilen. Auch psychische Folgen sind von Bedeutung.
Unter Umständen kann auch eine Einstellung des Verfahrens erreicht werden. Diese hat den Vorteil, dass dann keine Eintragung im Führungszeugnis erfolgt. Eine Einstellung kann beispielsweise dadurch erreicht werden, dass eine Schadenswiedergutmachung mit dem Verletzten angestrebt wird (Täter-Opfer-Ausgleich).
Körperverletzung und Jugendstrafrecht
Ab 14 Jahren ist eine Strafe nach dem Jugendstrafrecht möglich. Die Differenzierung in Jugend- und Erwachsenenstrafrecht ist auf Grund des Alters und der Entwicklung des Jugendlichen erforderlich. Die Ausprägung des Jugendstrafrechts als Erziehungsstrafrecht, in dem nicht das Strafen, sondern die Erziehung des Jugendlichen im Vordergrund steht, bietet andere grundlegende Sanktionsmöglichkeit. Die Strafbarkeit von Taten richtet sich weiterhin nach dem Strafgesetzbuch (StGB), wobei die Strafen nach dem Jugendgerichtsgesetz (JGG) angepasst werden.
Das Jugendstrafrecht gilt für Jugendliche zwischen 14 und 18 Jahren. Wenn es die Gesamtwürdigung der Persönlichkeit des Täters zulässt, können auch Heranwachsende bis 21 Jahre nach dem Jugendstrafrecht bestraft werden. Dabei ist besonders maßgeblich, ob der Heranwachsende zu der Zeit der Tat nach seiner sittlichen und geistigen Entwicklung einem Jugendlichen gleichstand und ob die Tatumstände auf eine jugendtypische Tat hinweisen.
Begeht der Jugendliche eine Körperverletzung im Sinne des § 223 StGB, so beträgt der Strafrahmen der Jugendstrafe sechs Monate bis zu fünf Jahre (§ 18 Abs. 1 S. 1 JGG). Das Höchstmaß der für Heranwachsende beträgt zehn Jahre (§ 105 Abs. 3 S. 1 JGG).
Wegen dem Vorrang des Erziehungsgedanken werden jedoch andere Sanktionsmittel vorrangig in Betracht gezogen. Es können statt der Jugendstrafe (Gefängnis) Erziehungsmaßregeln (z. B. Weisungen) oder Zuchtmittel (z. B. Verwarnung und Auflagen) verhängt werden.
Der Richter verhängt eine Jugendstrafe nur dann, wenn wegen der schädlichen Neigungen des Jugendlichen, die in der Tat hervorgetreten sind, Erziehungsmaßregeln oder Zuchtmittel zur Erziehung nicht ausreichen oder wenn wegen der Schwere der Schuld eine Strafe erforderlich ist (§ 17 Abs. 2 JGG). Die Jugendstrafe kann auch zur Bewährung ausgesetzt werden.
Eintrag im Führungszeugnis und Vorstrafe
Ein Eintrag im Führungszeugnis findet bei einer Körperverletzung nur statt, wenn – bei einer Erstverurteilung – eine Strafe von mehr als 90 Tagessätzen bzw. drei Monaten Freiheitsstrafe ausgesprochen wird. Erfolgt eine Verurteilung, die unter diesen Grenzen liegt oder wird das Verfahren eingestellt, findet keine Eintragung statt. Das Führungszeugnis ist dann weiterhin frei.
Zu beachten ist, dass im erweiterten Führungszeugnis sowie im Bundeszentralregister jede Verurteilung eingetragen ist.
Wer einen Eintrag im Führungszeugnis hat, gilt umgangssprachlich als vorbestraft.
Schmerzensgeld
Wer einen anderen verletzt, sieht sich häufig Schmerzensgeldansprüchen des Verletzten ausgesetzt.
Die Höhe des Schmerzensgeldes ist von der Art und der Schwere der Verletzungen abhängig. Hier existiert eine umfangreiche Einzelfallrechtsprechung sowie diverse Schmerzensgeldtabellen.