Was ist ein „Raub“?
Ein Raub liegt vor, wenn der Täter vorsätzlich eine fremde bewegliche Sache mit Gewalt gegen eine Person oder unter Anwendung von Drohungen mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben wegnimmt. Dabei muss dieser die Absicht haben, diese Sache sich oder einem Dritten rechtswidrig zuzueignen. Diese Kombination aus Diebstahl (§ 242 StGB) und Nötigung (§ 240 StGB) steht gem. § 249 StGB unter Strafe.
Wann ist ein „Raub“ strafbar?
Der Straftatbestand des Raubes schützt das Eigentum und die persönliche Freiheit des Opfers. Der Grundtatbestand richtet sich nach § 249 Abs. 1 StGB. Darauf aufbauend kann der Täter die Qualifikationen nach § 250 Abs. 1 und Abs. 2 StGB verwirklichen oder den Erfolg des Todes nach § 251 StGB herbeiführen. Diese können jeweils zu einem höheren Strafmaß führen.
Um sich nach dem „einfachen“ Raub gem. § 249 Abs. 1 StGB strafbar zu machen, müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein.
Tatobjekt: Fremde bewegliche Sache
Der Raub kann nur an fremden beweglichen Sachen verübt werden. Unter einer Sache versteht das Gesetz jeden körperlichen Gegenstand, wie beispielsweise ein Auto oder Kleidung. Nach § 90a BGB werden Tiere gesetzlich wie Sachen behandelt, sodass die Wegnahme eines Tieres ebenfalls den Straftatbestand des Raubes erfüllen kann. Unabhängig hiervon ist der wirtschaftliche Wert der Sache. Es spielt also keine Rolle, ob es sich um eine wertvolle oder wertlose Sache handelt.
Zudem muss die Sache beweglich sein. Das heißt sie muss tatsächlich (von einem zum anderen Ort) fortgeschafft werden können. Folglich können beispielsweise Hauswände oder Mauern nicht Gegenstand eines Raubes sein.
Letztendlich muss die Sache auch fremd sein. Das ist sie, wenn sie nicht im Alleineigentum des Täters steht und nicht herrenlos ist. Der Täter ist nicht Alleineigentümer, wenn er weder Eigentümer noch Besitzer der Sache ist. Eigentümer ist er, wenn er die rechtliche Sachherrschaft hat und folglich das umfassende Recht, mit der Sache nach seinem Belieben zu verfahren (§ 903 BGB). Besitzer ist er hingegen, wenn er die tatsächliche Gewalt über die Sache hat.
Die Sache darf auch nicht herrenlos sein. Herrenlos ist sie, wenn sie von Natur aus keinen Eigentümer hat. Dazu zählen unter anderem wilde (in Freiheit lebenden) Tiere, freie Luft oder fließendes Wasser. Verlorene oder vergessene Sachen sind jedoch nicht herrenlos, da sie trotz dieser Umstände im Eigentum eines anderen stehen.
Tathandlung: Wegnahme
Der Täter muss die fremde bewegliche Sache dem Opfer weggenommen haben. Unter Wegnahme versteht man den Bruch fremden und die Begründung neuen, nicht notwendig tätereigenen Gewahrsams. Der Täter muss also allein und gegen bzw. ohne den Willen des Opfers die tatsächliche Herrschaft an der Sache begründet haben. Er muss die Sache also in Besitz nehmen. Eine Wegnahme entfällt insbesondere bei einem Einverständnis des Gewahrsamsinhabers, welcher in der Regel der Eigentümer der Sache ist.
Problematisch kann die Art und Weise des Gewahrsamswechsels sein. Dabei ist umstritten, ob der Wechsel durch einen äußeren Akt des Nehmens erfolgen muss oder ob es ausreicht, dass der Genötigte aus seiner Sicht den Verlust des Gewahrsams nicht verhindern kann, egal ob er oder der Täter den Akt vollzieht. Hierunter fallen also die Fälle, bei dem das Opfer selbst die Sache dem Täter übergibt („Geben“) oder der Täter sich die Sache selbst nimmt („Nehmen“).
Nach der überwiegend vertretenen Ansicht liegt eine Wegnahme vor, wenn der Täter nach dem äußeren Erscheinungsbild den Gewahrsam selbst vollzieht, also die Sache wegnimmt. Lässt sich der Täter die Sache jedoch vom Opfer geben, so liegt keine Wegnahme und folglich auch kein Raub vor. Allerdings kommt dann eine räuberische Erpressung nach §§ 253, 255 StGB in Betracht.
Nötigungsmittel: Gewalt oder Drohung
Die Wegnahme der fremden beweglichen Sache muss mit Gewalt gegen eine Person oder unter Anwendung von Drohungen mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben erfolgt sein. Unter Gewalt versteht man jede physische Einwirkung auf den Körper des Opfers (sog. Genötigter), sodass die Willensbildung des Opfers ganz ausgeschlossen wird oder sich das Opfer dem Willen des Täters unterwirft. Dabei muss sich die Einwirkung auf den Körper des Opfers, zum Beispiel durch Tritte bzw. Schläge, Betäubung oder Fesselungen auswirken. Diese Gewalteinwirkung muss jedoch nicht unerheblich sein.
Es reicht aus, wenn mehr physische Energie eingesetzt wird als eigentlich erforderlich ist. Psychisch vermittelter Zwang reicht hingegen nicht aus. Mittelbare Einwirkungen, wie das Wegreißen einer Handtasche, sind ebenfalls möglich, solange sich die Krafteinwirkung auf das Opfer niederschlägt. Erfolgt die Wegnahme jedoch nur aufgrund von List, Tücke, Schnelligkeit oder durch das Ausnutzen eines Überraschungsmoments, so fehlt die geforderte Personengewalt.
Die Gewalt muss sich gegen eine Person richten. Das kann jeder beliebige Mensch sein, dessen erwarteter Widerstand gebrochen werden soll. Das Gewaltopfer (Dritter) muss jedoch nicht identisch mit dem Raubopfer (Genötigter) sein. Es kann auch ein Dritter vor den Augen des Raubopfers gequält werden, damit der Willen des Raubopfers gebrochen wird. Eine Nähebeziehung, wie ein Verwandtschafts-, Freundschafts- oder Arbeitsverhältnis zwischen Raub- und Gewaltopfer muss dabei nicht bestehen.
Die Wegnahme kann jedoch auch unter Anwendung von Drohungen mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben erfolgen. Unter einer Drohung versteht man das Inaussichtstellen eines künftigen Übels, auf das der Drohende (Täter) Einfluss zu haben vorgibt. Eine Gefahr für Leib oder Leben ist zumindest jede nicht unerhebliche Beeinträchtigung des körperlichen Wohlbefindens des Opfers. Sie ist dabei gegenwärtig, wenn sie unmittelbar bevorsteht, gerade stattfindet oder noch andauert. Auch eine Dauergefahr, also ein andauernder Zustand, der jederzeit in eine Verletzung umschlagen kann, ist hierbei mit umfasst.
Bei der Drohung handelt es sich also um den Zwang durch psychische Einwirkungen, wie das Vorhalten einer Waffe. Erforderlich ist dabei, dass der Täter bei dem Opfer die Furcht vor dem bevorstehenden Übel erzeugt, wenn es nicht die vom Täter gewollte Handlung durchführt. Die Drohung kann dabei ausdrücklich durch schlüssige Handlungen oder in versteckter Form erfolgen. Das bloße Ausnutzen von Angst ist nicht ausreichend.
Vorausgesetzt wird immer, dass der Eintritt des Übels vom Willen des Täters abhängig erscheint. Ob der Täter die Verwirklichung tatsächlich realisieren will oder es überhaupt ernst meint, ist irrelevant. Ausreichend ist, dass das Opfer glaubt, dass der Täter zur Umsetzung des Übels bereit ist. Auch die Drohung muss nicht unbedingt gegen den Genötigten selbst erfolgen. Sie kann auch gegen einen Dritten (Bedrohten) gerichtet sein. Eine Nähebeziehung zwischen dem Genötigten und dem Bedrohten wird insoweit gefordert, dass der Genötigte sich für das Schicksal des Bedrohten verantwortlich fühlen muss. Das Verhältnis eines Bankangestellten zu seinem Kunden ist hierfür beispielsweise schon ausreichend.
Finalzusammenhang
Zusätzlich ist ein sogenannter Finalzusammenhang zwischen der Wegnahme und dem Nötigungsmittel (Gewalt oder Drohung) erforderlich. Dabei muss der Einsatz des Nötigungsmittels gerade zur Ermöglichung der Wegnahme erfolgt sein. Der Täter muss also die Gewalt oder Drohung anwenden, um die Sache wegnehmen zu können. Zudem muss ein zeitlich-räumlicher Zusammenhang bestehen.
Nutzt der Täter die zuvor geschaffene Gewaltwirkung für die Wegnahme nur aus oder ist die Nötigungshandlung (Gewalt oder Drohung) nur eine Begleiterscheinung der Wegnahme, so liegt kein Finalzusammenhang vor.
Umstritten sind die Fälle des sogenannten „Raubes durch Unterlassen“. Hierbei verübt der Täter Gewalt gegen das Opfer, meist in Form des Fesselns oder Einsperrens, jedoch nicht aus Gründen der anschließenden Wegnahme. Erst nach der Gewaltausübung fasst der Täter den Entschluss eine Sache dem Opfer wegzunehmen. Hierfür beendet er die Gewaltausübung nicht und sondern hält die Situation aufrecht, um so eine Sache wegnehmen zu können. Dieses Unterlassen der Gewaltbeendigung ist nach überwiegend herrschender Meinung ebenfalls strafbar, weil durch das Aufrechterhalten eines solchen rechtswidrigen Zustandes die Gewaltanwendung fortwirkt.
Vorsatz
Der Täter muss den Raub vorsätzlich begangen haben. Er muss diesen also mit Wissen und Wollen des Straftatbestandes verwirklicht haben. Hierbei ist ausreichend, dass der Täter den Raub billigend in Kauf genommen und zumindest für möglich gehalten hat (sog. Eventualvorsatz).
Handelt der Täter jedoch nur fahrlässig, also lässt er „nur“ die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht, so liegt kein Raub vor, da das Gesetz eine solche Tat nicht unter Strafe stellt.
Wie bereits oben dargestellt muss der Täter hinsichtlich einer Qualifikation nach § 250 StGB vorsätzlich und bezüglich der Herbeiführung des Todes nach § 251 StGB wenigstens leichtfertig gehandelt haben.
Zudem muss der Täter mit sogenannter Zueignungsabsicht gehandelt haben. Er muss also in der Absicht gehandelt haben, sich oder einem Dritten die Sache rechtswidrig zuzueignen. Dabei muss der Täter absichtlich sich oder einem Dritten die Herrschaft über die Sache verschafft (sog. Aneignung) und die dauerhafte Enteignung des eigentlichen Eigentümers zumindest billigend in Kauf genommen haben. Zudem muss die Zueignung rechtswidrig erfolgen. Das ist sie, wenn der Täter keinen fälligen Anspruch auf die Sache hat. Problematisch ist es, wenn der Täter nur denkt, dass er einen Anspruch auf die Sache hat.
Versuch
Auch der Versuch eines Raubes steht gem. §§ 249 Abs. 1, 23 Abs. 1, 12 Abs. 1 StGB unter Strafe. Ein Versuch liegt bereits dann vor, wenn der Täter nach seiner Vorstellung von der Tat zur Verwirklichung des Tatbestandes unmittelbar angesetzt hat (§ 22 StGB). Hierfür muss der Täter die Schwelle zum „Jetzt-geht’s-los“ überschritten haben und es muss unmittelbar eine Rechtsgutverletzung bevorstehen. Der Täter muss also mit der Nötigungshandlung begonnen haben. Zudem muss der Täter mit dem Entschluss zur Tat, also vorsätzlich, gehandelt haben.
Strafantrag
Bei dem Raub handelt es sich um ein sog. Offizialdelikt. Das bedeutet, dass eine solche Straftat durch die Strafverfolgungsbehörde (Staatsanwaltschaft) bei Kenntniserlangung von Amts wegen verfolgt wird. Ein Antrag durch den Geschädigten oder dessen gesetzlichen Vertreter ist daher nicht erforderlich.
Strafe
Der „einfache“ Raub gem. § 249 Abs. 1 StGB wird mit einer Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr bestraft. Eine Strafmilderung erfolgt hingegen bei minder schweren Fällen nach § 249 Abs. 2 StGB. Hiernach kann die Freiheitsstrafe sechs Monate bis zu fünf Jahren betragen.