Was ist „Sozialbetrug“?
Bei einem Sozialbetrug oder auch Sozialleistungsbetrug handelt es sich um den unberechtigten und strafbaren Bezug von Sozialleistungen. Dieser liegt vor, wenn eine Person (sog. Täter) bei der Beantragung vorsätzlich über die eigene Vermögenslage täuscht oder wenn der Täter bereits Sozialleistungen bezieht, aber Änderungen der eigenen Verhältnisse entgegen der Mitteilungspflicht nicht angibt. Zu den Sozialleistungen zählen etwa das Arbeitslosengeld 1 (ALG I), das Hartz IV (ALG II) oder das Wohngeld. Bei einem Sozialbetrug handelt es sich tatbestandlich um einen „normalen“ Betrug nach § 263 StGB.
Wann ist der „Sozialbetrug“ strafbar?
Des Sozialleistungsbetrugs macht sich strafbar, wer Sozialleistungen beantragt und über die eigenen Verhältnisse täuscht oder wer bereits Sozialleistungen bezieht, aber bestimmte Änderungen der eigenen Vermögens- und Einkommensverhältnisse entgegen der Mitteilungspflicht nicht angibt.
Sozialleistungen
Unter Sozialleistungen werden alle staatlichen Hilfsmittel zur Verbesserung der Lebensbedingungen erfasst. Das sind unter anderem Arbeitslosengeld I und II (Hartz IV), Wohngeld, Kindergeld und BAföG. Die zuständige Behörde, wie beispielsweise die Agentur für Arbeit, das Jobcenter oder das BAföG-Amt, ergibt sich aus der beantragten Leistung.
Täuschung über Tatsachen
Der Leistungsempfänger (Täter) kann über Tatsachen wie sein Einkommen oder Vermögen und seine Wohn- oder Familienverhältnisse täuschen. Dabei kann die Täuschung bei Erstbeantragung oder durch Unterlassen der Mitteilung bei Änderungen geschehen.
Üblicherweise werden zusätzliche Einkommen aus Schwarzarbeit, Sparbüchern oder Bausparverträgen in Form von Zinserträgen sowie Unterhaltszahlungen und Kindergeld verschwiegen. Darüber hinaus werden Sachwerte wie Kraftfahrzeuge oder wertvolle Gegenstände bzw. Schenkungen sowie Erbschaften nicht angegeben. Es werden zudem auch Falschangaben über den Wohnort oder die Höhe der Miete gemacht, die dann durch den Leistungsgebers bezahlt werden.
Wer falsche Tatsachen angibt oder Tatsachen verschweigt bzw. wichtige Änderungen nicht mitteilt, und damit gegen seine Mitteilungspflicht verstößt, läuft Gefahr, einen Sozialbetrug zu begehen. Hintergrund ist, dass Sozialleistungen vom Staat aufgrund einer bestehenden Hilfsbedürftigkeit ausgezahlt werden. Fällt die Hilfsbedürftigkeit weg, stehen dem Betroffenen auch keine staatlichen Leistungen zu.
Die gesetzliche Mitteilungspflicht ergibt sich aus § 60 SGB I. Dort ist normiert:
Wer Sozialleistungen beantragt oder erhält, hat
1. alle Tatsachen anzugeben, die für die Leistung erheblich sind, und auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers der Erteilung der erforderlichen Auskünfte durch Dritte zuzustimmen,
2. Änderungen in den Verhältnissen, die für die Leistung erheblich sind oder über die im Zusammenhang mit der Leistung Erklärungen abgegeben worden sind, unverzüglich mitzuteilen,
3. Beweismittel zu bezeichnen und auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers Beweisurkunden vorzulegen oder ihrer Vorlage zuzustimmen.
Welche Tatsachen und Umstände relevant sind, hängt von der jeweiligen Sozialleistung ab. In der Regel sind folgende Änderungen relevant:
- Änderungen im Vermögen durch Erbschaft, Kapitalerträge oder Schenkung
- Änderungen des Gesundheitszustandes
- Änderungen der Wohnungsgröße
- Aufnahme einer Arbeit oder einer Nebentätigkeit
- Untervermietung einer Wohnung
Bereits kleinste Änderungen der persönlichen Verhältnisse können zu einer Überzahlung und damit zu einer möglichen Strafbarkeit führen.
Behörden oftmals schnell im Bilde
Der Staat wendet jährlich rund 30 % des Bruttoinlandsprodukts für Sozialleistungen auf. Entsprechend groß ist das Interesse, Betrugsfällen auf die Schliche zu kommen. Die Behörden (insbesondere das Jobcenter, das BAföG-Amt und das Finanzamt) führen inzwischen untereinander routinemäßig Datenabgleiche durch. Auf diesem Wege werden unberechtigte Leistungen oder die Aufnahme einer nicht angezeigten Arbeit recht schnell aufgedeckt.
Um den Vorwurf des Sozialbetruges zu vermeiden, ist es daher grundsätzlich geboten jede Änderung schnellsten der zuständigen Behörde mitzuteilen.
Vorsatz
Der Täter muss den Sozialbetrug vorsätzlich, also mit Wissen und Wollen des Straftatbestandes verwirklicht haben. Hierbei ist ausreichend, dass der Täter den Betrug billigend in Kauf genommen und zumindest für möglich gehalten hat (sog. Eventualvorsatz).
Versuch
Auch der Versuch ist gem. § 263 Abs. 2 StGB strafbar. Ein Versuch liegt bereits dann vor, wenn der Täter nach seiner Vorstellung von der Tat zur Verwirklichung des Tatbestands unmittelbar angesetzt hat (§ 22 StGB). Hierfür muss der Täter die Schwelle zum „Jetzt-geht’s-los“ überschritten haben und es muss unmittelbar eine Rechtsgutverletzung bevorstehen. Zudem muss der Täter mit dem Entschluss zur Tat, also vorsätzlich gehandelt haben.
Strafe
In der Regel wird ein Verfahren eingeleitet, wenn der Verdacht eines Sozialbetruges besteht. Deshalb ist dringend ein Rechtsbeistand zu kontaktieren. Es droht hier nicht nur die Rückzahlung der erhaltenen Leistungen (Geld), sondern auch ein Strafverfahren mit der möglichen Folge einer Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder einer Geldstrafe.
Die konkrete Strafe ist zum einen von der Art und dem Umfang der Täuschung sowie der Höhe des entstandenen Schadens abhängig. Maßgeblich ist auch, ob der zu viel gezahlte Betrag zwischenzeitlich wieder zurückgezahlt worden ist, und ob es sich um einen Ersttäter oder um einen Wiederholungstäter handelt. Schließlich ist von Belang, über welchen Zeitraum die Leistungen zu Unrecht bezogen worden sind.
Zu beachten ist, dass die Grenze zur Gewerbemäßigkeit recht schnell erreicht ist, da es sich oftmals um wiederholte und Folge-Anträge handelt. Im Fall eines gewerbsmäßigen Sozialbetruges drohen Freiheitsstrafen von sechs Monaten bis zu fünfzehn Jahren.
Neben der strafrechtlichen Sanktionierung droht auch die Rückforderung von zuviel gezahlten Leistungen durch die Behörde.
Selbst wenn kein Sozialbetrug im Sinne des Strafgesetzbuches vorliegt, kann ein Verstoß gegen die Mitteilungspflicht eine Ordnungswidrigkeit darstellen. Diese wird gemäß § 63 Abs. 2 SGB II mit Geldbuße bis zu 5.000 Euro geahndet.
Im Gegensatz zum Steuerstrafverfahren führt die Selbstanzeige bei einem Sozialbetrug nicht zur Straffreiheit. Es wird dann (erst recht) ein Strafverfahren eingeleitet, wobei die Selbstanzeige strafmildernd Berücksichtigung findet.