Was ist „Strafvereitelung“?
Die Behinderung der Justiz, insbesondere im Hinblick auf die Anwendung und Durchsetzung des geltenden Rechts, kann dazu führen, dass der Täter eine sog. Strafvereitelung verwirklicht, die gem. § 258 StGB unter Strafe steht. Eine Strafvereitelung liegt vor, wenn der Täter ganz oder zum Teil verhindert, dass ein anderer wegen einer Straftat bestraft (Absatz 1) oder diese vollstreckt wird (Absatz 2).
Wann ist eine „Strafvereitelung“ strafbar?
Der Straftatbestand der Strafvereitelung schützt die inländische Strafrechtspflege, also die Anwendung und Durchsetzung des geltenden (Straf-)Rechts. Die Strafvereitelung kann durch zwei verschiedene Handlungsweisen des Täters herbeigeführt werden.
Verfolgungsvereitelung nach § 258 Abs. 1 StGB
Nach § 258 Abs. 1 StGB macht sich der Täter strafbar, wenn er die Bestrafung einer rechtswidrigen Tat eines anderen ganz oder zum Teil vereitelt. Durch seine Handlung muss er also verhindert haben, dass ein anderer wegen einer von ihm begangenen Straftat bestraft wird oder dass er Maßnahmen, wie Maßregeln zur Sicherung und Besserung, erhält.
Zunächst muss ein anderer als der Täter, der sog. „Vortäter“, eine rechtswidrige Straftat begangen haben. Eine Tat ist in der Regel rechtswidrig, wenn der objektive und subjektive Tatbestand dieser Straftat erfüllt ist (vgl. § 11 Abs. 1 Nr. 5 StGB). Als Vortat kommt jede Straftat wie die Körperverletzungsdelikte (§§ 223 ff. StGB) oder die Diebstahlsdelikte (§§ 242 ff. StGB) in Betracht. Demnach sind Ordnungswidrigkeiten nicht erfasst.
Sodann muss der Täter diese Vortat des anderen ganz oder zum Teil vereitelt haben. Unter Vereiteln wird jede Besserstellung der Strafverfolgung verstanden. Eine Teilvereitelung liegt dann vor, wenn die Strafe oder Maßnahme milder ausfällt als sie dem wahren Sachverhalt entspricht. Das ist beispielsweise dann der Fall, wenn wegen eines Vergehens statt eines Verbrechens bestraft wird (vgl. § 12 StGB). Der Täter hat hingegen die Strafverfolgung ganz vereitelt, wenn er die Bestrafung oder die Verhängung der Maßnahme endgültig unmöglich macht oder zumindest für eine geraume Zeit, in der Regel mindestens zwei Wochen, verzögert. Die Verzögerung kann beispielsweise durch das Beseitigen von Tatspuren, dem Hilfeleisten bei der Flucht oder dem Stellen einer Unterkunft für den Vortäter erfolgen.
Vollstreckungsvereitelung nach § 258 Abs. 2 StGB
Nach § 258 Abs. 2 StGB macht sich der Täter strafbar, wenn er die Vollstreckung einer rechtswidrigen Tat eines anderen ganz oder zum Teil vereitelt. Durch seine Handlung muss er also verhindert haben, dass die gegen einen anderen verhängte Strafe vollstreckt wird. Dabei erfasst die Vollstreckung die Durchsetzung rechtskräftiger Entscheidungen durch den Staat im Hinblick auf die Strafe des Vortäters.
Zunächst muss eine Strafe oder Maßnahme gegen einen anderen als den Täter, den sog. „Vortäter“, verhängt worden sein. Sodann muss der Täter die Vollstreckung dieser Strafe oder Maßnahme des Vortäters ganz oder zum Teil vereitelt haben. Dabei wird unter der Vereitelung jede Besserstellung des Vortäters im Hinblick auf das „Ob“ und das „Wann“ der Vollstreckung verstanden. Der Täter kann beispielsweise durch Irreführung einen Gnadenakt erschleichen, den Gefangenen (Vortäter) befreien oder ihn vor der Polizei verstecken.
Vorsatz
Der Täter muss die Strafvereitelung nach § 258 Abs. 1 bzw. Abs. 2 StGB absichtlich oder wissentlich begangen haben. Er muss also darauf abzielen oder als sichere Folge seines Handelns erkennen, dass die Bestrafung oder Vollstreckung des Vortäters verhindert bzw. verzögert wird. Hinsichtlich der Vortat des Vortäters reicht es aus, wenn der Täter diese billigend in Kauf genommen und zumindest für möglich gehalten hat (sog. Eventualvorsatz).
Handelt der Täter jedoch nur fahrlässig, also lässt er „nur“ die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht, so ist dies straflos, da das Gesetz eine solche Tat nicht unter Strafe stellt.
Versuch
Auch der Versuch einer Strafvereitelung steht gem. § 258 Abs. 4 StGB unter Strafe. Ein Versuch liegt bereits dann vor, wenn der Täter nach seiner Vorstellung von der Tat zur Verwirklichung des Tatbestandes unmittelbar angesetzt hat (§ 22 StGB). Hierfür muss der Täter die Schwelle zum „Jetzt-geht’s-los“ überschritten haben und es muss unmittelbar eine Rechtsgutverletzung bevorstehen. Der Täter muss also mit der Tathandlung begonnen haben. Zudem muss der Täter mit dem Entschluss zur Tat, also vorsätzlich gehandelt haben.
Strafantrag
Bei der Strafvereitelung handelt es sich um ein sog. Offizialdelikt. Das bedeutet, dass eine solche Straftat durch die Strafverfolgungsbehörde (Staatsanwaltschaft) bei Kenntniserlangung von Amts wegen verfolgt wird. Ein Antrag durch den Geschädigten oder dessen gesetzlichen Vertreter ist daher nicht erforderlich.
Strafe
Die Strafvereitelung gem. § 258 Abs. 1 bzw. Abs. 2 StGB wird mit einer Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit einer Geldstrafe bestraft.
Die Tat wird jedoch nicht bestraft, wenn der Täter durch die Tat zugleich sich selbst begünstigt (§ 258 Abs. 5 StGB) oder zugunsten eines Angehörigen handelt (§ 258 Abs. 6 StGB).
Wenn es sich jedoch um eine Strafvereitelung im Amt handelt, ist ein höheres Strafmaß zu erwarten.
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Problem: Zahlung einer Geldstrafe durch einen Dritten
Ist der Täter nicht in der Lage die Geldstrafe zu begleichen, so kann die Zahlung durch einen anderen (Dritten), insbesondere durch Schenkung oder Gewährung eines Darlehens, in Betracht kommen. Solche Zahlungen sind jedoch rechtlich problematisch, da eine Geldstrafe eine persönliche Buße für einen Täter darstellen soll. Folglich könnte sich der Dritte wegen einer Strafvereitelung nach § 258 StGB strafbar machen. Nach herrschender Ansicht bleibt dieser jedoch straffrei.