Was ist eine „Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes“?
Eine solche Tat liegt vor, wenn der Täter vorsätzlich vertrauliche Worte insbesondere aufnimmt, zugänglich macht oder gebraucht.
Wann ist eine „Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes“ strafbar?
Der Straftatbestand dient dem Schutz der Privatsphäre als Ausfluss des allgemeinen Persönlichkeitsrechts.
Um sich nach § 201 StGB strafbar zu machen, müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein.
Tatobjekt: Nichtöffentliches gesprochenes Wort
Gegenstand von § 201 StGB kann nur das gesprochene Wort sein. Darunter wird jede unmittelbare, akustisch wahrnehmbare Äußerung von Gedankeninhalten mittels lautbarer Zeichen verstanden. Vereinfacht ausgedrückt geht es um die Artikulation schutzwürdiger Gedankeninhalte. Daher fallen Äußerungen wie Gähnen, Stöhnen oder Seufzen nicht darunter, wohl aber das Singen.
Nicht-öffentlich ist eine Äußerung, wenn diese nicht für einen unbestimmten Personenkreis gedacht ist. Durchsagen im Supermarkt, Bahnhof oder Flughafen sind ebenso wie Äußerungen im Rundfunk oder bei YouTube öffentlich.
Tathandlung
Die Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes kann durch vier verschiedene Handlungsweisen des Täters herbeigeführt werden.
Dies umfasst:
- die Aufnahme des nicht-öffentlich gesprochenen Wortes (Abs. 1 Nr. 1)
- das Zugänglichmachen oder Gebrauchen einer solchen Aufnahme (Abs. 1 Nr. 2)
- das Abhören des nicht-öffentlich gesprochenen und nicht zur Kenntnis des Täters bestimmten Wortes (Abs. 2 S. 1 Nr. 1)
- das öffentliche Mitteilen eines nach Absatz 1 Nr. 1 aufgenommenen oder nach Absatz 2 Nr. 1 S. 1 abgehörten, nicht-öffentlich gesprochenen Wortes (Abs. 2 S. 1 Nr. 1)
Nach § 201 Abs. 1 Nr. 1 StGB ist die Aufnahme des nicht-öffentlich gesprochenen Wortes erforderlich. Eine Aufnahme ist das Festhalten auf einem Tonträger, der eine akustische Wiedergabe ermöglicht.
Eine weitere Begehungsweise ist das Zugänglichmachen oder Gebrauchen einer Aufnahme. Mit Gebrauchen ist dabei das Abspielen oder das Überspielen, also das Anfertigen von Kopien gemeint. Für ein Zugänglichmachen reicht es aus, wenn einem Dritten durch körperliche Übergabe der Aufnahme ein Gebrauch ermöglicht wird.
Nach § 201 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 StGB ist auch das Abhören des nicht-öffentlich gesprochenen und nicht zur Kenntnis des Täters bestimmten Wortes strafbar. Das Abhören im Sinne der Vorschrift kann unter Nutzung eines Abhörgerätes verwirklicht werden. Nicht von der Vorschrift umfasst sind ein einfaches Lauschen oder Zuhören. Unter Abhörgeräten werden wiederum technische Vorrichtungen verstanden, die das gesprochene Wort durch Verstärkung oder Übertragung unmittelbar wahrnehmbar machen.
Strafbar ist ferner das öffentliche Mitteilen eines nach Abs. 1 Nr. 1 aufgenommenen oder nach Abs. 2 S. 1 Nr. 2 abgehörten nicht öffentlichen Wortes. Dabei ist die Mitteilung öffentlich, wenn diese von einem nach Zahl und Individualität unbestimmten oder durch nähere Beziehungen nicht verbundenen Personenkreis unmittelbar zur Kenntnis genommen werden kann. Ein öffentliches Mitteilen läge daher zum Beispiel bei einem Blogeintrag oder einem im Internet eingestellten Video vor.
Bagatellklausel
In § 201 Abs. 2 S. 2 StGB ist eine sog. „Bagatellklausel“ formuliert. Danach ist die Tat nach Satz 1 Nr. 2 nur strafbar (also Zugänglichmachen oder Gebrauchen), wenn die öffentliche Mitteilung geeignet ist, berechtigte Interessen eines anderen zu beeinträchtigen.
Bei der Beeinträchtigung berechtigter Interessen ist es gleichgültig, um welche Interessen es sich handelt, sofern sie nur von der Rechtsordnung als schutzwürdig anerkannt sind und diesem jedenfalls nicht zuwiderlaufen. Der „andere“ kann sowohl der Sprechende sein, dessen Worte aufgenommen oder abgehört wurden, wie auch ein Dritter, über den gesprochen wurde.
Vorsatz
Der Täter muss die Verletzung vorsätzlich begangen haben. Er muss diese also mit Wissen und Wollen verwirklicht haben. Hierbei ist ausreichend, dass der Täter den Straftatbestand billigend in Kauf genommen und zumindest für möglich gehalten hat (sog. Eventualvorsatz).
Versuch
Nach § 201 Abs. 4 StGB ist der Versuch strafbar. Ein Versuch liegt bereits dann vor, wenn der Täter nach seiner Vorstellung von der Tat zur Verwirklichung des Tatbestandes unmittelbar angesetzt hat (§ 22 StGB). Hierfür muss der Täter die Schwelle zum „Jetzt-geht’s-los“ überschritten haben und es muss unmittelbar eine Rechtsgutsgefährdung bevorstehen. Zudem muss der Täter mit dem Entschluss zur Tat, also vorsätzlich gehandelt haben.
Strafantrag
Bei der Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes handelt es sich grundsätzlich um ein sogenanntes Offizialdelikt. Das bedeutet, dass eine solche Straftat durch die Strafverfolgungsbehörde (Staatsanwaltschaft) bei Kenntniserlangung von Amts wegen verfolgt wird. Ein Antrag durch den Geschädigten oder dessen gesetzlichen Vertreter ist daher nicht erforderlich.
In den Fällen des § 201 Abs. 1 und Abs. 2 StGB wird die Tat nur auf Antrag des Geschädigten bzw. dessen gesetzlichen Vertreters verfolgt (sog. absolutes Antragsdelikt).
Strafe
Die Straftat wird mit einer Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren geahndet. Bei Tatbegehung durch einen Amtsträger oder einer für den öffentlichen Dienst besonders verpflichteten Person, droht Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe.
Ein Strafantrag des Opfers bzw. dessen gesetzlicher Vertreter ist in den Fällen des § 201 Abs. 1 und Abs. 2 StGB wegen § 205 Abs. 1 StGB erforderlich.