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Verstümmelung weiblicher Genitalien

Aus Tradition werden in manchen Kulturen die äußeren Genitalien des weiblichen Geschlechts entfernt. In Deutschland ist diese Verstümmelung jedoch gem. § 226a StGB verboten. Welche Bedeutung diese Strafnorm hat, welcher Kritik diese ausgesetzt ist, und welche Strafen drohen, erfahren Sie in diesem Beitrag.

Strafrecht und Strafverteidigung
Rechtsanwalt Tommy Kujus klein Profil

Tommy Kujus
Tommy Kujus ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Strafrecht. Er ist Inhaber der Leipziger Kanzlei KUJUS Strafverteidigung, und bundesweit als Strafverteidiger tätig.

Themen auf dieser Seite

Was ist die „Verstümmelung weiblicher Genitalien“?

Eine solche Tat liegt vor, wenn der Täter dem weiblichen Opfer vorsätzlich dessen äußere Genitalien durch eine nicht unerhebliche körperliche mechanische Einwirkung nachteilig verändert.

Wann ist die „Verstümmelung weiblicher Genitalien“ strafbar?

Der Straftatbestand schützt die körperliche Unversehrtheit und die sexuelle Selbstbestimmung des Opfers.

Um sich nach § 226a StGB strafbar zu machen, müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein.

Tatsubjekt: Weibliche Person

Opfer einer solchen Tat können nur weibliche Personen sein. Eine Verstümmelung männlicher Genitalien unterfällt der Strafvorschrift aufgrund des Analogieverbotes nicht. Der Begriff der „weiblichen Person“ wurde bewusst gewählt, um sowohl Mädchen als auch Frauen mit einzubeziehen. Dabei werden Mädchen und Frauen im biologischen Sinn erfasst.

Verstümmelung weiblicher Genitalien

Tatobjekt: Äußere weibliche Genitalien

Die Verstümmelung kann nur an äußeren Genitalien einer weiblichen Person vollzogen werden. Umfasst sind davon die Klitoris und Klitorisvorhaut, der Scheidenvorhof, die kleinen Schamlippen und die großen Schamlippen. Die Eierstöcke, Eileiter und Gebärmutter sind als innere Genitalien nicht von der Strafvorschrift erfasst.

Neben den inneren Genitalien unterfallen auch die Brüste nicht der Vorschrift.

Tathandlung: Verstümmelung

Der Täter müsste das Opfer an dessen äußeren Genitalien verstümmelt haben. Unter einer Verstümmelung wird jede nicht nur unerhebliche nachteilige Veränderung des natürlichen Erscheinungsbildes der gesunden äußeren Genitalien verstanden, dass durch mechanische Einwirkungen mit der Folge einer Einbuße an Körpersubstanz erfolgt.

Eingriffe, die rein kosmetisch motiviert sind, sollen von der Strafvorschrift nicht erfasst sein. Erfolgt etwa das Piercen oder eine Schamlippenverkleinerung mit Einwilligung der Betroffenen, ist der Eingriff nicht strafbar.

Einwilligung

Ein medizinisch notwendiger Eingriff mit Einwilligung des Betroffenen ist nicht strafbar.

Eine Einwilligung in eine medizinisch nicht indizierte Genitalverstümmelung ist nicht möglich. Sie kann auch nicht durch eine Einwilligung der vertretungsberechtigten Eltern oder aus Gründen der Religion bzw. Tradition gerechtfertigt werden. Nur in Ausnahmefällen kann eine Einwilligung nach § 228 StGB und damit eine Straflosigkeit angenommen werden, wenn die Handlung nicht sittenwidrig ist, was wohl nur schwer angenommen werden kann.

Vorsatz

Der Täter muss die Verstümmelung vorsätzlich begangen haben. Er muss diese also mit Wissen und Wollen verwirklicht haben. Hierbei ist ausreichend, dass der Täter den Straftatbestand billigend in Kauf genommen und zumindest für möglich gehalten hat (sog. Eventualvorsatz).

Versuch

Der Versuch ist nach §§ 226a, 23 Abs. 1, 12 Abs. 1 StGB strafbar. Ein Versuch liegt bereits dann vor, wenn der Täter nach seiner Vorstellung von der Tat zur Verwirklichung des Tatbestandes unmittelbar angesetzt hat (§ 22 StGB). Hierfür muss der Täter die Schwelle zum „Jetzt-geht’s-los“ überschritten haben und es muss unmittelbar eine Rechtsgutverletzung bevorstehen. Zudem muss der Täter mit dem Entschluss zur Tat, also vorsätzlich gehandelt haben.

Verstümmelung weiblicher Genitalien

Strafantrag

Bei der Verstümmelung weiblicher Genitalien handelt es sich um ein sogenanntes Offizialdelikt. Das bedeutet, dass eine solche Straftat durch die Strafverfolgungsbehörde (Staatsanwaltschaft) bei Kenntniserlangung von Amts wegen verfolgt wird. Ein Antrag durch den Geschädigten oder dessen gesetzlichen Vertreter ist daher nicht erforderlich.

Strafe

Die Verstümmelung weiblicher Genitalien nach § 226a StGB wird mit einer Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr bestraft. Somit gilt nach § 38 StGB ein Höchstmaß von fünfzehn Jahren. Eine Geldstrafe ist nicht möglich.

In minder schweren Fällen, abhängig vom Einzelfall, droht eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren.

Bedeutung von § 226a StGB

Weltweit sollen zwischen 100 und 200 Millionen Frauen und Mädchen von solchen Genitalverstümmelungen betroffen sein. Die WHO geht von jährlich ca. 3 Millionen Genitalverstümmelungen bei Frauen und Mädchen weltweit aus. Für Deutschland wurde in der polizeilichen Kriminalstatistik 2017 kein einziger Fall aufgeführt.

Kritik an § 226a StGB

Die Vorschrift wird vielfach als lediglich „symbolische Gesetzgebung“ kritisiert. Diese Kritik wird damit begründet, dass die einschlägigen Taten zumeist außerhalb des Geltungsbereichs des Strafgesetzbuches, also im Ausland, begangen werden. Zudem wird angeführt, dass die Verstümmelung von weiblichen Genitalien auch ohne § 226a StGB eine einfache, gefährliche oder gar schwere Körperverletzung darstellt und entsprechend unter Strafe steht.

Zum Teil wird § 226a StGB auch als „stumpfes Schwert“ bezeichnet, welches aber immerhin auf das Thema aufmerksam macht. Allerdings ist es nicht Aufgabe des Strafrechts auf gesellschaftliche Themen hinzuweisen.

Letztlich wird auch eine Verfassungswidrigkeit aufgrund der Beschränkung der Vorschrift auf rein weibliche Genitalien und dem damit verbundenen Ausschluss männlicher Genitalien unterstellt. Für reichlich Diskussionen sorgte in diesem Zusammenhang die kurz vor Einführung von § 226a StGB erfolgte Legalisierung der Beschneidung des männlichen Kindes in § 1631d BGB.

Befürworter der Vorschrift halten mit dem Argument dagegen, dass es dem Gesetzgeber aufgrund der weitaus höheren Gefährdungslage der Genitalverstümmelung bei Mädchen und Frauen freigestanden habe, eine Norm ausschließlich für die Verletzung weiblicher Genitalien zu schaffen. Teilweise wird auf die schwerwiegenderen Komplikationen und Risiken bei der weiblichen im Vergleich zur männlichen Beschneidung verwiesen.

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