Filmen ist grundsätzlich erlaubt
Dabei ist das Filmen und Fotografieren auf Demonstrationen – und das schließt auch das Filmen von Polizisten mit ein – grundsätzlich erlaubt.
Es muss jedoch zwischen dem Filmen und Fotografieren einerseits und der Veröffentlichung dieser Aufnahmen andererseits unterschieden werden.
Das Veröffentlichen ist nur unter den Voraussetzungen der §§ 22, 23 Kunsturhebergesetz (KUrhG) gestattet. Danach ist eine Veröffentlichung bei Einwilligung der Betroffenen erlaubt. Liegt keine Einwilligung vor, ist die Veröffentlichung von – im Einzelfall schwer abzugrenzender – Bildnissen aus dem Bereich der Zeitgeschichte erlaubt. Die Aufnahme eines Polizeieinsatzes kann ein Bildnis aus dem Bereich der Zeitgeschichte darstellen. Nach § 23 Abs. 1 Nr. 3 KUrhG können aber auch Bilder von Teilnehmern einer Versammlung, eines Aufzügen oder ähnlichen Vorgängen veröffentlicht werden. Umfasst sind ferner Bildnisse auf den Personen lediglich Beiwerk sind. Polizisten bei einer Demonstration werden entweder als Teilnehmer oder als Beiwerk gelten.
Einschränkungen
Auch wenn das Filmen und Fotografieren von Polizisten zunächst grundsätzlich erlaubt ist, gelten einige Einschränkungen.
Hilflose Personen
Eine Einschränkung bilden etwa Bildaufnahmen, die die Hilflosigkeit einer anderen Person zur Schau stellen.
Dies tritt häufig bei Unfällen, Gewalttaten oder Betrunkenen auf (“Gaffer”). Unabhängig einer Veröffentlichung ist hier bereits die Aufnahme grundsätzlich verboten und kann eine Strafe gemäß § 201a Abs. 1 Nr. 2 StGB eine Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahre nach sich ziehen.
Vorsicht bei Tonaufnahmen
Kürzlich sorgte ein Urteil des Landgerichts München 1 für Aufsehen.
Bei einer Demonstration von Abtreibungsgegnern stellte sich eine Gegendemonstrantin immer wieder vor die Teilnehmer und spielte über eine tragbare Box laut Musik ab. Demonstrationsteilnehmer sollen sich durch dieses Verhalten eingeschüchtert gefühlt haben. Polizeibeamte forderten die Gegendemonstrantin daraufhin auf, die Musik leiser zu machen, und nahmen die Personalien der Frau auf.
Eine weitere Gegendemonstrantin filmte das Geschehen mit ihrem Smartphone aus kurzer Distanz. Dabei hielt sie das Telefon etwa einen halben Meter vor das Gesicht eines Beamten, kam Aufforderungen zum Einstellen des Filmens nicht nach und ließ Sätze fallen wie „Sie haben kein Recht dazu, weil die ganze Maßnahme illegal ist!“ und „Scheiß Straftäter in Uniform!“.
Für die filmende Demonstrantin endete die Aktion mit der Beschlagnahme des Mobiltelefons und einem Platzverweis. Die Polizisten stellten Strafantrag. Im erstinstanzlichen Verfahren gab es eine Verurteilung wegen der Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes (§ 201 StGB). Das Berufungsgericht verringerte zwar die Strafe, bestätigte aber das Urteil.
Strafrechtlich relevant waren in diesem Fall also letztlich nicht die Video, sondern die Tonaufnahmen. Denn § 201 Abs. 1 Nr. 1 StGB stellt die unbefugte Aufnahme des nichtöffentlich gesprochenen Wortes eines anderen auf einen Tonträger unter Strafe. Der Richter hielt fest, dass das Gespräch zwischen Polizei und einer von dieser überprüften Person „nicht öffentlich“ sei, egal wie viele Personen in der Nähe sind.
Wie das Urteil des Landgerichts München zeigt, können grundsätzlich erlaubte Videoaufnahmen auf Demos problematisch werden, wenn dabei zugleich Tonaufnahmen stattfinden. Dies zumindest dann, wenn auch nicht-öffentliche Äußerungen aufgenommen werden. Es droht eine Strafe nach § 201 StGB.
Filmen aus nächster Nähe
Das Filmen und Fotografieren aus nächster Nähe kann gleich in mehrfacher Hinsicht problematisch sein.
Zu beachten ist, dass bei Aufnahmen einer polizeilichen Maßnahme aus der Nähe, diese Maßnahme gegebenenfalls gestört wird. Die Polizei kann sich dann der Mittel zur Gefahrenabwehr, etwa einer Sicherstellung des Handys oder des Fotoapparates, bedienen.
Zugleich muss bei Aufnahmen von Demonstrationen der Charakter der Demonstration im Vordergrund stehen. Die Veröffentlichung von Portraitaufnahmen einzelner Polizisten sind daher in der Regel unzulässig.
Maßnahmen der Polizei
Nicht selten heißt es in solchen Situationen seitens der Polizei, dass nicht gefilmt werden darf. Gegebenenfalls werden die Personalien des Filmenden aufgenommen oder dieser zur Löschung der Aufnahme aufgefordert.
Teilweise wird das Handy oder die Kamera sichergestellt oder beschlagnahmt.
Aufnahme der Personalien
Die Polizei darf grundsätzlich Personenkontrollen durchführen, wenn gegen kontrollierte Person der Verdacht einer Straftat vorliegt oder diese Zeuge einer solchen ist.
Auch wenn die konkrete Gefahr besteht, dass Aufnahmen entgegen den Vorschriften des KUrhG veröffentlicht werden sollen, ist das Feststellen der Personalien zulässig.
Wann eine Gefahr vorliegt, war lange umstritten. Zunächst wurde angenommen, der Zweck von Aufnahmen, bei denen Polizisten aus der Nähe gefilmt werden, sei eben auch die spätere Veröffentlichung. Das Bundesverfassungsgericht hat indes mit Beschluss vom 24.07.2015 folgendes ausgeführt:
Fertigen Versammlungsteilnehmer, die von der Polizei gefilmt oder videografiert werden, ihrerseits Ton- und Bildaufnahmen von den eingesetzten Beamten an, kann aber nicht ohne nähere Begründung von einem zu erwartenden Verstoß gegen § 33 Abs. 1 KunstUrhG und damit von einer konkreten Gefahr für ein polizeiliches Schutzgut ausgegangen werden. Vielmehr ist hier zunächst zu prüfen, ob eine von § 33 Abs. 1 KunstUrhG sanktionierte Verbreitung oder öffentliche Zurschaustellung der angefertigten Aufnahmen tatsächlich zu erwarten ist oder ob es sich bei der Anfertigung der Aufnahmen lediglich um eine bloße Reaktion auf die polizeilicherseits gefertigten Bild- und Tonaufzeichnungen etwa zur Beweissicherung mit Blick auf etwaige Rechtsstreitigkeiten handelt.
Um die konkrete Gefahr eines Verstoßes gegen das KUrhG zu bejahen und damit Identitätskontrollen durchzuführen, reicht das lediglich Filmen von Polizeibeamten nicht aus. Erst recht dann nicht, wenn dies sichtlich aus Protest gegen Aufnahmen durch die Polizei erfolgt. Vielmehr müssen weitere Umstände hinzutreten, die eine Veröffentlichung erwarten lassen.
Aufforderung zur Löschung von Aufnahmen
Auch hinsichtlich der Aufforderung zur Löschung von bereits erstellten Aufnahmen bedarf es konkreter Anhaltspunkte, die die Veröffentlichung entgegen den Vorschriften des Kunsturhebergesetzes nahelegen.
Sicherstellung und Beschlagnahme
Wird durch das Filmen eine polizeiliche Maßnahme gestört, kann die Sicherstellung nach den Polizeigesetzen zulässig sein.
Beispielhaft kann das Verhalten der Demonstrantin im oben genannten Verfahren vor dem Landgericht München 1 herangezogen werden. Dort hatte die Polizei eine Personenkontrolle durchgeführt. Eine weitere Demonstrantin filmte die Maßnahme aus nächster Nähe und hielt dabei ihr Smartphone einem Beamten minutenlang einen halben Meter vor das Gesicht. Zudem nannte sie die Polizeibeamten unter anderem “Straftäter in Uniform” und kam mehreren Aufforderungen nicht nach, das Filmen der Maßnahme einzustellen.
In Abgrenzung hierzu wird bei einem Filmen in einigen Metern Abstand (Zoom verwenden!) nur schwer ein Einwirken auf eine polizeiliche Maßnahme anzunehmen sein.
Eine Beschlagnahme ist indessen bei benötigten Beweismitteln im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens möglich.
Zusammenfassung
Das Filmen von Polizisten auf Demonstrationen ist grundsätzlich erlaubt, wenn die polizeiliche Maßnahme dadurch nicht gestört wird.
Unzulässig ist jedoch die zugleich erfolgende (Ton-)Aufnahme nicht-öffentlicher Gespräche.
In Abgrenzung zum Filmen ist die Veröffentlichung der Bilder nicht immer legal. Liegt ein konkreter Verdacht vor, dass die Bilder illegal veröffentlicht werden, kann dies auch die Identitätsfeststellung oder Beschlagnahme der Kamera rechtfertigen.