Die Gefährdung des Straßenverkehrs nach § 315c des Strafgesetzbuches (StGB) ist ein Straftatbestand, der das Ziel hat, Leib, Leben und fremdes Eigentum von erheblichem Wert zu schützen. Ein solcher Vorwurf kann erhebliche strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen und wird von den Strafverfolgungsbehörden mit Nachdruck verfolgt. In diesem Artikel beleuchten wir die rechtlichen Grundlagen, typische Tatbestände und mögliche Verteidigungsstrategien, um Beschuldigten eine Orientierungshilfe zu bieten.
Was ist die „Gefährdung des Straßenverkehrs“?
Die Gefährdung des Straßenverkehrs liegt vor, wenn ein Fahrzeugführer vorsätzlich oder fahrlässig bestimmte Handlungen im Straßenverkehr vornimmt, die Leib, Leben oder fremdes Eigentum von erheblichem Wert gefährden. Dabei gilt es, diesen Straftatbestand von verkehrsfremden Eingriffen gemäß § 315b StGB abzugrenzen, bei denen der Täter nicht aktiv am Verkehr teilnimmt, sondern von außen auf den Straßenverkehr einwirkt.
Die geschützten Rechtsgüter
Der Straftatbestand schützt:
- Die Sicherheit des Straßenverkehrs
- Das Leben und die körperliche Unversehrtheit von Menschen
- Fremdes Eigentum von bedeutendem Wert (mindestens 750 EUR)
Der Gesetzgeber betrachtet den Straßenverkehr als ein besonders schützenswertes Gut, da hier täglich Millionen Menschen interagieren und schon kleine Fehler schwerwiegende Folgen haben können.
Voraussetzungen der Strafbarkeit nach § 315c StGB
Tathandlung gemäß § 315c Abs. 1 Nr. 1 StGB
Ein Fahrzeugführer macht sich strafbar, wenn er ein Fahrzeug führt, obwohl er aufgrund bestimmter Umstände nicht in der Lage ist, dies sicher zu tun. Diese Umstände sind:
- Konsum von Alkohol oder Drogen
- Absolute Fahruntüchtigkeit: Ab 1,1 Promille Blutalkoholkonzentration (BAK).
- Relative Fahruntüchtigkeit: Ab 0,3 Promille BAK in Verbindung mit auffälligem Fahrverhalten (z. B. Schlangenlinien).
- Drogenkonsum: Betrifft Substanzen wie Cannabis, Kokain, Heroin oder Amphetamine.
- Körperliche oder geistige Mängel
- Geistige Beeinträchtigungen wie psychische Erkrankungen.
- Körperliche Einschränkungen, z. B. Schwerhörigkeit, Fieber oder Übermüdung.
Hier ist zu beachten, dass die Schwelle für die Annahme einer Fahruntüchtigkeit von den Umständen abhängt. Besonders bei Unfällen oder auffälligem Verhalten wird die Fahreignung kritisch hinterfragt.
Tathandlung gemäß § 315c Abs. 1 Nr. 2 StGB
Ein Fahrzeugführer macht sich ebenfalls strafbar, wenn er grob verkehrswidrige und rücksichtslos begangene Verstöße begeht. Die sogenannten „sieben Todsünden“ sind:
- Falsches Überholen
- Nichtbeachtung der Vorfahrt
- Zu schnelles Fahren an unübersichtlichen Stellen
- Fahren auf der falschen Straßenseite
- Missachtung des Überholverbots
- Nichteinhaltung des Sicherheitsabstands
- Rechtswidriges Verhalten beim Einfahren in den Verkehr
Konkrete Gefährdung
Neben der Handlung muss auch eine konkrete Gefährdung vorliegen. Eine Gefahr ist dann gegeben, wenn es beinahe zu einem Schaden kommt und dessen Eintritt nur noch vom Zufall abhängt.
Beispiele für konkrete Gefährdungen sind:
- Ein Fußgänger muss zur Seite springen, um nicht von einem Auto erfasst zu werden.
- Ein Fahrradfahrer gerät ins Schlingern, weil ein Auto zu knapp überholt.
Strafmaß und mögliche Folgen
Das Strafmaß bei der Gefährdung des Straßenverkehrs hängt davon ab, ob die Tat vorsätzlich oder fahrlässig begangen wurde:
- Vorsatz: Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe.
- Fahrlässigkeit: Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder Geldstrafe.
Zusätzlich drohen:
- Führerscheinentzug: Häufig mit einer Sperrfrist für die Wiedererteilung von sechs Monaten bis zu mehreren Jahren.
- Punkte in Flensburg: Bei schwerwiegenden Verstößen werden bis zu drei Punkte eingetragen.
- Bußgelder: Besonders in Fällen der relativen Fahruntüchtigkeit oder bei Alkohol am Steuer.
Besondere Umstände bei Probezeit
Verkehrsgefährdungen in der Probezeit haben zusätzliche Konsequenzen. Neben einer Verlängerung der Probezeit um zwei Jahre müssen die Betroffenen häufig an einem Aufbauseminar teilnehmen. In schweren Fällen kann die Fahrerlaubnis auch sofort entzogen werden.
Verjährung der Gefährdung des Straßenverkehrs
Wie bei vielen Straftatbeständen gilt auch hier eine Verjährungsfrist, die von der Schwere des Vergehens abhängt. Für einfache Fälle beträgt die Verjährung drei Jahre. In schwerwiegenden Fällen, z. B. mit tödlichem Ausgang, kann die Verjährung auf bis zu 20 Jahre ansteigen.
Verjährung und Bußgelder
Während die strafrechtliche Verjährung mehrere Jahre beträgt, verjähren Bußgelder in der Regel nach sechs Monaten. Es ist wichtig, diese Fristen zu kennen, da sie Einfluss auf mögliche Rechtsmittel haben.
Verteidigungsstrategien bei Vorwürfen der Verkehrsgefährdung
- Anfechtung der Tatbestandsmerkmale: Ein erfahrener Strafverteidiger wird prüfen, ob tatsächlich eine konkrete Gefahr vorlag. Oftmals können Vorwürfe entkräftet werden, wenn der Tatbestand nur unzureichend erfüllt ist.
- Überprüfung von Gutachten: Insbesondere bei Alkohol- oder Drogentests kommt es nicht selten zu Fehlern bei der Durchführung oder Auswertung.
- Berufung auf fehlenden Vorsatz: Wenn der Vorsatz nicht zweifelsfrei nachgewiesen werden kann, wird häufig eine mildere Bestrafung möglich.
Ein weiterer wichtiger Ansatz ist, die Umstände der Tat darzulegen und eventuell mildernde Faktoren, wie Zeitdruck oder eine medizinische Notlage, zu argumentieren.
Fazit
Die Gefährdung des Straßenverkehrs ist ein komplexer Straftatbestand mit weitreichenden Konsequenzen. Von hohen Geldstrafen über Punkte in Flensburg bis hin zu mehrjährigen Freiheitsstrafen drohen empfindliche Sanktionen. Gerade deshalb ist es wichtig, frühzeitig einen spezialisierten Anwalt hinzuzuziehen, um eine optimale Verteidigungsstrategie zu entwickeln.
Häufig gestellte Fragen (FAQs)
Wann liegt eine Gefährdung des Straßenverkehrs vor?
Wenn durch grob verkehrswidriges Verhalten Leib, Leben oder Eigentum anderer konkret gefährdet wird.
Was ist die Strafe für eine Gefährdung des Straßenverkehrs?
Je nach Vorsatz oder Fahrlässigkeit drohen Geldstrafen oder Freiheitsstrafen von bis zu fünf Jahren.
Kann ich meinen Führerschein verlieren?
Ja, häufig ist ein Führerscheinentzug die Folge, insbesondere bei schweren Verstößen.
Wie lange dauert die Verjährung?
Die Verjährungsfrist beträgt in der Regel drei Jahre, in schweren Fällen auch länger.
Welche Rolle spielt die Blutalkoholkonzentration?
Ab 1,1 Promille gilt eine absolute Fahruntüchtigkeit; bei Werten ab 0,3 Promille ist eine relative Fahruntüchtigkeit möglich, wenn auffälliges Fahrverhalten hinzukommt.