Gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr

Demolierung von Ampeln, Luftablassen eines Autoreifens oder Laufen auf der Fahrbahn – bei all diesen Beispielen handelte es sich um einen „gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr“ gem. § 315b StGB. Welche weitere Handlungen noch darunter fallen können und welche Strafen drohen können – das erfahren Sie in diesem Beitrag.

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Bekannt aus

Tommy Kujus
Strafverteidiger

Aktualisiert am 13.01.2025

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Der § 315b StGB regelt den gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr. Dabei handelt es sich um eine Straftat, die bei vorsätzlichen oder fahrlässigen Handlungen greift, die die Sicherheit des Straßenverkehrs erheblich beeinträchtigen. Es geht um Eingriffe, die zu einer konkreten Gefährdung von Menschen oder Sachwerten führen. Anders als bei verkehrsinternen Verstößen (z. B. § 315c StGB) erfasst § 315b StGB in der Regel sogenannte verkehrsfremde Außeneingriffe. Doch es gibt Ausnahmen, wie den Einsatz von Fahrzeugen als „Waffe“.


Tatbestandsmerkmale des § 315b StGB

Was ist ein gefährlicher Eingriff?

Nach § 315b StGB liegt ein gefährlicher Eingriff vor, wenn jemand vorsätzlich oder fahrlässig in den Straßenverkehr eingreift und dadurch Leib, Leben oder fremde Sachen von bedeutendem Wert gefährdet. Dieser Tatbestand schützt:

  • die Sicherheit des Straßenverkehrs,
  • das Leben und die körperliche Unversehrtheit von Menschen,
  • sowie fremde Sachen von erheblichem Wert (mindestens 750 Euro).

Tathandlungen nach § 315b Abs. 1 StGB

Es gibt drei zentrale Handlungsformen, durch die ein gefährlicher Eingriff begangen werden kann:

Nr. 1: Zerstören, Beschädigen oder Beseitigen von Anlagen oder Fahrzeugen

  • Anlagen: Dazu zählen Ampeln, Verkehrsschilder, Brücken oder Straßenabsperrungen.
  • Fahrzeuge: Hierunter fallen alle Verkehrsmittel, wie Autos, Fahrräder, Motorräder, Züge oder Elektrorollstühle.
Beispiele:
  • Beschädigung von Verkehrsanlagen (z. B. durch Vandalismus wie das Zerkratzen von Ampeln).
  • Zerstörung eines Fahrzeugs (z. B. Durchtrennen der Bremsleitungen).
  • Beseitigung von Verkehrseinrichtungen (z. B. Entfernen eines Stoppschildes).

Nr. 2: Hindernisse bereiten

Ein Hindernis wird durch äußere Einwirkungen geschaffen, die den reibungslosen Verkehrsfluss gefährden.

Beispiele:
  • Platzieren von Straßensperren, Absperrungen oder Hindernissen auf der Fahrbahn.
  • Laufen auf der Autobahn oder absichtliches Verursachen eines Auffahrunfalls.
  • Spannen eines Drahtseils über die Fahrbahn.

Nr. 3: Andere gleichwertige Eingriffe

Dies umfasst ebenso gefährliche Eingriffe, die direkt auf den Straßenverkehr einwirken.

Beispiele:
  • Werfen von Steinen von einer Autobahnbrücke.
  • Abziehen des Zündschlüssels während der Fahrt.
  • Ins Lenkrad greifen oder Schubsen eines Radfahrers.


Besonderheiten: Die „Pervertierung“ von Fahrzeugen

Grundsätzlich erfasst § 315b StGB nur verkehrsfremde Außeneingriffe. Doch wenn ein Fahrzeug bewusst zweckwidrig eingesetzt wird, greift der sogenannte „Pervertierungsgrundsatz“.

Ein Fahrzeug wird dann nicht mehr als Fortbewegungsmittel, sondern als Werkzeug einer gefährlichen Handlung genutzt.

Beispiele:
  • Absichtliches Abbremsen, um einen Unfall zu provozieren.
  • Provozieren eines Auffahrunfalls durch plötzliches Spurwechseln.
  • Rammen anderer Fahrzeuge oder gezieltes Blockieren von Rettungswegen.

Konkrete Gefährdung und Sicherheitsbeeinträchtigung

Konkrete Gefährdung

Eine bloße Gefahr reicht nicht aus. Es muss eine konkrete Gefährdung vorliegen, bei der der Schaden unmittelbar bevorsteht und nur noch vom Zufall abhängt.

Beispiele:

  • Ein „Beinahe-Unfall“ durch Hindernisse auf der Fahrbahn.
  • Gefährdung von Fußgängern durch aggressives Fahren.

Beeinträchtigung der Verkehrssicherheit

Unter Straßenverkehr versteht man alle öffentlichen Wege, Straßen und Plätze, die der Nutzung durch eine Vielzahl von Verkehrsteilnehmern dienen. Wird dieser ungestört ablaufende Verkehr durch die Handlung gefährdet, liegt eine Beeinträchtigung der Verkehrssicherheit vor.


Verteidigungsstrategien bei § 315b StGB

Eventualvorsatz oder Fahrlässigkeit

Ein zentraler Ansatzpunkt ist die Klärung der subjektiven Seite: Handelte der Täter vorsätzlich oder fahrlässig? Fahrlässigkeit kann zu einer milderen Strafe führen.

Keine konkrete Gefährdung

Lässt sich nachweisen, dass keine konkrete Gefahr bestand, kann eine Strafbarkeit ausgeschlossen sein.

Beweismängel

Ungenauigkeiten in Zeugenaussagen oder bei der Tatbestandsaufnahme können die Verteidigung erheblich stärken.


Häufige Irrtümer und Missverständnisse

  • Nicht jede Blockade ist ein gefährlicher Eingriff: Beispielsweise ist das Halten in zweiter Reihe oft lediglich eine Ordnungswidrigkeit.
  • Unterschied zu § 315c StGB: Während § 315b StGB „verkehrsfremde“ Eingriffe erfasst, betrifft § 315c StGB Verstöße durch den Verkehrsteilnehmer selbst, wie das Fahren unter Alkoholeinfluss.


Fazit

Der Tatbestand des gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr ist komplex und erfordert eine genaue juristische Prüfung. Die Konsequenzen sind schwerwiegend, können aber durch eine kluge Verteidigungsstrategie abgemildert oder vermieden werden. Wer sich mit dem Vorwurf konfrontiert sieht, sollte schnellstmöglich einen spezialisierten Anwalt konsultieren, um die eigenen Rechte zu schützen.


FAQs

Haben Sie weitere spezifische Fragen oder brauchen Sie Hilfe in einem konkreten Fall? Die folgenden FAQs bieten erste Antworten:

1. Wann liegt ein gefährlicher Eingriff vor?
Wenn durch eine vorsätzliche oder fahrlässige Handlung die Sicherheit des Straßenverkehrs gefährdet wird.

2. Ist der Versuch strafbar?
Ja, auch der Versuch steht unter Strafe.

3. Welche Strafe droht bei einem Unfall mit Todesfolge?
Eine Freiheitsstrafe von bis zu zehn Jahren.

4. Kann die Fahrerlaubnis entzogen werden?
Ja, dies ist eine häufige Nebenfolge.

5. Was tun bei einem Vorwurf?
Schweigen Sie und suchen Sie umgehend rechtlichen Beistand.

Tabelle: mögliche Strafe

Tatbestand Strafe Nebenfolgen
§ 315b Abs. 1 StGB: gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis 5 Jahre a) Fahrverbot bis 6 Monate (§ 44 StGB) + 2 Punkteoder

b) Fahrerlaubnisentzug (§ 69 StGB) + 3 Punkte

§ 315b Abs. 2 StGB: versuchter gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis 5 Jahre a) Fahrverbot bis 6 Monate (§ 44 StGB) + 2 Punkteoder

b) Fahrerlaubnisentzug (§ 69 StGB) + 3 Punkte

§ 315b Abs. 3 StGB: minderschwerer Fall Freiheitsstrafe zwischen6 Monaten und 5 Jahren a) Fahrverbot bis 6 Monate (§ 44 StGB) + 2 Punkteoder

b) Fahrerlaubnisentzug (§ 69 StGB) + 3 Punkte

§ 315b Abs. 2 iVm § 315 Abs. 3 Nr. 1 lit. a, b StGB: gefährlicher Eingriff mit der Absicht, einen Unglücksfall herbeizuführen oder eine andere Straftat zu ermöglichen oder zu verdecken Freiheitsstrafe zwischen1 und 10 Jahren a) Fahrverbot bis 6 Monate (§ 44 StGB) + 2 Punkteoder

b) Fahrerlaubnisentzug (§ 69 StGB) + 3 Punkte

§ 315b Abs. 3 iVm § 315 Abs. 3 Nr. 2 StGB:gefährlicher Eingriff verursacht schwere Gesundheitsschädigung eines Menschen oder Gesundheitsschädigungen mehrerer Menschen Freiheitsstrafe zwischen1 und 10 Jahren a) Fahrverbot bis 6 Monate (§ 44 StGB) + 2 Punkteoder

b) Fahrerlaubnisentzug (§ 69 StGB) + 3 Punkte

§ 315b Abs. 4 StGB:… Gefahr fahrlässig verursacht Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis 3 Jahre a) Fahrverbot bis 6 Monate (§ 44 StGB) + 2 Punkteoder

b) Fahrerlaubnisentzug (§ 69 StGB) + 3 Punkte

§ 315b Abs. 5 StGB:… bei fahrlässiger Handlung Gefahr fahrlässig verursacht Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis 2 Jahre a) Fahrverbot bis 6 Monate (§ 44 StGB) + 2 Punkteoder

b) Fahrerlaubnisentzug (§ 69 StGB) + 3 Punkte

Über den Autor
Tommy Kujus ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Strafrecht. Er ist Inhaber der Leipziger Kanzlei KUJUS Strafverteidigung, und bundesweit als Strafverteidiger tätig.

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