Gefälschter Aufenthaltstitel – Urkundenfälschung nach § 267 StGB i.V.m. AufenthG
Was ist ein gefälschter Aufenthaltstitel?
Ein Aufenthaltstitel ist ein offizielles Dokument, das einer ausländischen Person erlaubt, sich in Deutschland aufzuhalten oder zu arbeiten. Er wird von der Ausländerbehörde ausgestellt und hat hohe Bedeutung im Ausländerrecht. Ein „gefälschter Aufenthaltstitel“ liegt vor, wenn ein solcher Titel manipuliert oder vollständig nachgemacht wurde, um einen legalen Aufenthalt vorzutäuschen.
Solche Fälschungen sind häufig sehr professionell hergestellt, teils mithilfe von Bildbearbeitungssoftware oder speziellen Online-Generatoren („Persobuilder“). Dabei reicht es für eine Strafbarkeit schon aus, wenn der Schein erweckt wird, das Dokument sei echt – selbst wenn es „nur“ eine ausgedruckte Kopie ist.
Wann liegt eine Urkundenfälschung vor?
Wer einen Aufenthaltstitel fälscht oder ein gefälschtes Dokument benutzt, macht sich wegen Urkundenfälschung nach § 267 Strafgesetzbuch (StGB) strafbar. Das gilt auch dann, wenn jemand das Dokument nicht selbst gefälscht hat, sondern es nur verwendet – zum Beispiel bei einer Kontoeröffnung, Bewerbung oder gegenüber Behörden.
Auch die bewusste Vorlage einer Kopie kann strafbar sein, wenn sie mit dem Anschein der Echtheit präsentiert wird. Die Grenze zwischen einfacher Nutzung und strafbarer Handlung wird meist dort überschritten, wo das Dokument dazu dient, im Rechtsverkehr Vertrauen zu erwecken und eine Berechtigung vorzutäuschen.
Erschleichen eines Aufenthaltstitels oder einer Duldung (§ 95 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG)
Neben der Fälschung ist auch das Erschleichen eines echten Aufenthaltstitels oder einer Duldung strafbar. Wer bei der Ausländerbehörde falsche oder unvollständige Angaben macht, um sich selbst oder jemand anderem einen Aufenthaltstitel zu verschaffen, begeht eine Straftat.

Das kann beispielsweise der Fall sein, wenn:
eine Scheinehe oder Partnerschaft nur zum Zweck des Aufenthalts eingegangen wird,
falsche Personalangaben gemacht werden,
ein befristetes Visum mit einem anderen als dem angegebenen Reisezweck beantragt wird (z. B. „Touristenvisum“, obwohl Erwerbstätigkeit geplant ist),
frühere Straftaten oder bestehende Aufenthalte in anderen Ländern verschwiegen werden.
Es spielt keine Rolle, ob der Aufenthaltstitel tatsächlich erteilt wurde – schon der Versuch ist strafbar. Auch wer sich nicht selbst bereichern will, sondern einer anderen Person hilft, kann sich strafbar machen. Die Angaben müssen geeignet sein, den Behörden die Ausstellung eines Aufenthaltstitels zu erleichtern. Dabei genügt schon eine abstrakte Gefahr.
Unerlaubter Aufenthalt ohne Aufenthaltstitel (§ 95 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG)
Strafbar macht sich auch, wer ohne gültigen Aufenthaltstitel im Bundesgebiet lebt, obwohl ein solcher erforderlich wäre. Das Gesetz spricht in diesen Fällen von unerlaubtem Aufenthalt. Diese Vorschrift betrifft vor allem drittstaatsangehörige Ausländer, die keinen Status nach dem Freizügigkeitsgesetz-EU haben.
Unerlaubt ist der Aufenthalt beispielsweise:
wenn ein Visum oder Aufenthaltstitel abgelaufen ist,
wenn ein solcher nie erteilt wurde und auch keine Duldung oder Aufenthaltsgestattung besteht,
wenn eine Person nach erfolgter Ausreise wieder einreist, ohne erneut ein Visum zu beantragen,
wenn eine Person zwar einen Aufenthaltstitel besitzt, dieser jedoch nicht für eine Erwerbstätigkeit gilt, die dennoch aufgenommen wurde.
Auch wer fälschlich davon ausgeht, noch über einen gültigen Status zu verfügen, muss mit strafrechtlichen Konsequenzen rechnen, sofern kein Anspruch auf eine Aufenthaltserlaubnis besteht.
Digitale Fälschungen und „Persobuilder“
In den letzten Jahren treten zunehmend Fälle auf, in denen Aufenthaltstitel digital gefälscht werden – oft mit sogenannten „Persobuildern“. Das sind Programme, mit denen man auf Basis echter Dokumente Fälschungen erstellen kann. Die Ausdrucke dieser Fälschungen werden dann z. B. im Rahmen eines Postident-Verfahrens oder bei Online-Kontoeröffnungen vorgelegt.
Der Bundesgerichtshof hat klargestellt, dass solche Ausdrucke keine Urkunden im strafrechtlichen Sinne sind, wenn sie nicht den Eindruck erwecken, ein echtes Dokument zu sein. Wird der Ausdruck jedoch so verwendet, dass er wie ein Original wirkt – z. B. mit der Aussage, er stamme direkt von einer Behörde – liegt eine Urkundenfälschung vor.
Beispiel aus der Praxis
Ein Mann nutzt ein manipuliertes PDF eines angeblich echten Aufenthaltstitels, um einen Mobilfunkvertrag abzuschließen. Das PDF hat er selbst mithilfe eines Online-Generators erstellt. Obwohl das Dokument nie existierte, verwendet er es so, als sei es ein echtes behördliches Dokument. Später kommt heraus, dass es sich um eine Fälschung handelt. Er wird nicht nur wegen Urkundenfälschung, sondern auch wegen Erschleichens eines Vertrags auf Grundlage eines falschen Dokuments verurteilt.
Welche Strafen drohen?
Urkundenfälschung (§ 267 StGB): Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren.
Gewerbsmäßige oder bandenmäßige Fälschung: Freiheitsstrafe zwischen sechs Monaten und zehn Jahren.
Erschleichen eines Aufenthaltstitels (§ 95 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG): Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe.
Unerlaubter Aufenthalt (§ 95 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG): ebenfalls Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe.
Selbst wenn das gefälschte oder erschlichene Dokument nicht mehr genutzt wird oder abgelaufen ist, bleibt die ursprüngliche Tat strafbar. Auch Folgehandlungen – etwa die Vorlage des erschlichenen Dokuments bei späteren Anträgen – können erneut strafbar sein.

Häufige Fragen zum gefälschten Aufenthaltstitel
Ist auch der bloße Besitz eines gefälschten Aufenthaltstitels strafbar?
Ja – wenn Sie wussten, dass der Titel gefälscht ist und ihn aufbewahren, um ihn möglicherweise zu nutzen, kann das bereits strafbar sein. Maßgeblich ist die Absicht, ihn im Rechtsverkehr einzusetzen.
Was passiert, wenn ich falsche Angaben gemacht habe, aber der Titel nicht erteilt wurde?
Auch das ist strafbar. Der Versuch, sich einen Aufenthaltstitel durch falsche Angaben zu verschaffen, reicht bereits aus. Es kommt nicht darauf an, ob die Behörde tatsächlich darauf hereingefallen ist.
Ich bin mit einem gültigen Visum eingereist, das aber nicht für Arbeit galt – habe ich mich strafbar gemacht?
Wenn Sie trotzdem gearbeitet haben, ja. Ein Visum nur zum Besuch oder Studium berechtigt nicht automatisch zur Erwerbstätigkeit. In dem Fall liegt ein unerlaubter Aufenthalt im Sinne des Aufenthaltsgesetzes vor.
Anzeige erhalten?
Wenn Ihnen der Vorwurf gemacht wird, einen gefälschten oder erschlichenen Aufenthaltstitel benutzt zu haben, oder Sie ohne gültigen Titel in Deutschland leben, kann das erhebliche strafrechtliche Folgen haben. Bereits einfache Handlungen wie das Vorlegen eines gefälschten Dokuments oder das Verschweigen relevanter Angaben bei der Ausländerbehörde reichen aus, um den Anfangsverdacht zu begründen.
Da es in diesen Verfahren oft um die Klärung komplexer Sachverhalte geht, empfiehlt es sich, frühzeitig rechtliche Beratung in Anspruch zu nehmen – etwa um Missverständnisse aufzuklären oder bestehende Aufenthaltstitel zu sichern.


