Haftprüfung

Was tun, wenn Sie in Untersuchungshaft sitzen? Die Haftprüfung bietet Ihnen die Möglichkeit, die Fortdauer der Haft anzufechten. Erfahren Sie jetzt alles über Ablauf, Fristen und Strategien für eine erfolgreiche Entlassung!

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Bekannt aus

Tommy Kujus
Strafverteidiger

Aktualisiert am 10.01.2025

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Was ist eine Haftprüfung?

Für viele Beschuldigte stellt die Untersuchungshaft eine extreme psychische Belastung dar. Die Isolation von Familie, Freunden und dem sozialen Umfeld sowie die Ungewissheit über die eigene Zukunft können zu schwerwiegenden emotionalen und mentalen Herausforderungen führen.

Die Haftprüfung ist ein rechtliches Verfahren, bei dem ein Gericht die Rechtmäßigkeit und Notwendigkeit einer angeordneten Untersuchungshaft überprüft. Ziel ist es festzustellen, ob die Haft fortgesetzt, ausgesetzt oder aufgehoben werden kann. Dieses Verfahren kann vom Beschuldigten oder seinem Verteidiger jederzeit während der Untersuchungshaft beantragt werden.

Die Haftprüfung ist in den §§ 117 ff. der Strafprozessordnung (StPO) geregelt. Diese Paragraphen definieren die Voraussetzungen, den Ablauf und die Fristen des Haftprüfungsverfahrens.

Was ist Untersuchungshaft

Untersuchungshaft dient dazu, die Durchführung eines Strafverfahrens zu sichern, insbesondere wenn Flucht-, Verdunkelungs- oder Wiederholungsgefahr besteht. Sie ist ein schwerwiegender Eingriff in die persönliche Freiheit und darf nur unter strengen gesetzlichen Voraussetzungen angeordnet werden. Die Untersuchungshaft ist damit keine Strafhaft, bei der ein rechtskräftiges Urteil vollstreckt wird.

Mehr zur Untersuchungshaft

Ziele und Bedeutung der Haftprüfung

Die Haftprüfung ermöglicht es dem Beschuldigten, die Fortdauer der Untersuchungshaft gerichtlich überprüfen zu lassen. Dies stellt sicher, dass die Haft nicht länger als notwendig andauert und die Rechte des Beschuldigten gewahrt bleiben. Durch die Haftprüfung kann erreicht werden, dass der Haftbefehl aufgehoben oder unter bestimmten Auflagen außer Vollzug gesetzt wird.

Der Ablauf der Haftprüfung

Nach Antragstellung auf Haftprüfung wird eine mündliche Verhandlung anberaumt, in der das Gericht die Haftgründe prüft. Der Beschuldigte und sein Verteidiger haben die Möglichkeit, Argumente vorzubringen und Beweise vorzulegen, die gegen die Fortdauer der Haft sprechen. Das Gericht entscheidet anschließend, ob der Haftbefehl aufrechterhalten, außer Vollzug gesetzt oder aufgehoben wird.

In den meisten Verfahren über eine Haftprüfung wird gegen die Annahme einer Fluchtgefahr argumentiert. Durch die Vorlage geeignetere Nachweise und Unterlagen – etwas der Bestätigung von Angehörigen, dass der Beschuldigte bei Ihnen wohnen kann – kann die Fluchtgefahr oftmals ausgeräumt werden.

Antrag auf Haftprüfung

Ein Antrag auf Haftprüfung kann jederzeit während der Untersuchungshaft beim Amtsgericht (Ermittlungsrichter) gestellt werden. Er ist an keine Frist gebunden. Allerdings ist zu beachten, dass nach einer mündlichen Haftprüfung, bei der Fortdauer der Haft angeordnet wird, eine erneute mündliche Verhandlung erst nach Ablauf von zwei Monaten und einer Haftdauer von mindestens drei Monaten möglich ist. Aus diesem Grund kann es ratsam sein, den Antrag auf Durchführung einer Haftprüfung (ggf. noch in der Verhandlung) zurückzunehmen, sodass der Antrag neu gestellt werden kann.

Wann muss der Termin zur Haftprüfung anberaumt werden?

Die mündliche Verhandlung zur Haftprüfung muss unverzüglich durchgeführt werden und darf ohne Zustimmung des Beschuldigten nicht später als zwei Wochen nach Antragseingang stattfinden. Die Entscheidung des Gerichts erfolgt in der Regel unmittelbar nach der Verhandlung oder innerhalb einer Woche.

Unterschied: Haftprüfung und Haftbeschwerde

Sowohl die Haftprüfung als auch die Haftbeschwerde sind Rechtsbehelfe gegen die Untersuchungshaft, unterscheiden sich jedoch in Verfahren und Zuständigkeit. Bei der Haftprüfung entscheidet das gleiche Gericht, das den Haftbefehl erlassen hat, in einer mündlichen Verhandlung über dessen Fortdauer. Die Haftbeschwerde hingegen richtet sich an das nächsthöhere Gericht und erfolgt ohne mündliche Verhandlung.

Mehr zur Haftbeschwerde

Erfolgsaussichten und mögliche Folgen

Die Erfolgsaussichten einer Haftprüfung hängen von verschiedenen Faktoren ab, darunter die Stärke des Tatverdachts, das Vorliegen von Haftgründen und die persönliche Situation des Beschuldigten. Eine sorgfältige Vorbereitung und die Präsentation entlastender Beweise können die Chancen auf eine Haftentlassung erhöhen.

Erfolgreiche Haftprüfung: Freilassung aus der Haft

Bei einer erfolgreichen Haftprüfung wird der Haftbefehl entweder aufgehoben oder außer Vollzug gesetzt. Im Falle der Aufhebung wird der Beschuldigte sofort freigelassen. Bei einer Außervollzugsetzung erfolgt die Freilassung unter bestimmten Auflagen um sicherzustellen, dass der Beschuldigte dem Verfahren weiterhin zur Verfügung steht.

Typische Auflagen sind:

  • Meldepflichten: Der Beschuldigte muss sich regelmäßig bei einer Polizeidienststelle melden.
  • Zustellungsvollmacht für den Verteidiger Der Beschuldigte erteilt seinem Verteidiger die Vollmacht zur Zustellung gerichtlicher Schreiben – wie Ladungen
  • Kautionszahlungen: Eine Geldsumme muss hinterlegt werden, die als Sicherheit dient.

Die Einhaltung dieser Auflagen ist entscheidend, da bei Verstößen der Haftbefehl erneut vollzogen werden kann.

Erfolglose Haftprüfung: Fortdauer der Haft

Wird der Antrag auf Haftprüfung abgelehnt, bleibt der Beschuldigte weiterhin in Untersuchungshaft. Der Beschuldigte kann gegen diese Entscheidung Haftbeschwerde einlegen. Zudem besteht die Möglichkeit, zu einem späteren Zeitpunkt erneut eine Haftprüfung zu beantragen. Das ist insbesondere dann sinnvoll, wenn sich die persönliche Sachlage geändert hat oder neue entlastende Beweise vorliegen.

Verteidigungsstrategien bei der Haftprüfung

Der Erfolg einer Haftprüfung hängt maßgeblich von der Argumentationsstrategie ab, die der Verteidiger entwickelt. Folgende Ansätze haben sich in der Praxis bewährt:

1. Entkräftung des Tatverdachts
Ein zentrales Ziel der Verteidigung ist es, den Tatverdacht zu schwächen oder zu entkräften. Dies kann durch die Präsentation entlastender Beweise, widersprüchlicher Zeugenaussagen oder alternativer Szenarien geschehen.

2. Widerlegung der Haftgründe
Haftgründe wie Flucht- oder Verdunkelungsgefahr müssen konkret und individuell begründet sein, lassen sich aber ebenso entkräften:

  • Fluchtgefahr: Kann entkräftet werden, wenn der Beschuldigte fest im sozialen Umfeld verankert ist, z. B. durch Familie, Beruf oder Eigentum.
  • Verdunkelungsgefahr: Kann ausgeschlossen werden, wenn alle relevanten Beweismittel bereits gesichert sind.

3. Vorschlag von Auflagen als Alternative zur Haft
Der Verteidiger kann dem Gericht Alternativen zur Untersuchungshaft vorschlagen, etwa:

  • Hinterlegung einer Sicherheitsleistung (Kaution).
  • Regelmäßige Meldepflichten bei der Polizei.
  • Abgabe des Reisepasses zur Verhinderung einer Flucht.

So kann ein Anwalt bei einer Haftprüfung helfen

Ein erfahrener Strafverteidiger ist für die Haftprüfung unverzichtbar. Seine Aufgaben umfassen:

  • Prüfung der Rechtslage: Analyse des Haftbefehls auf formelle und materielle Fehler.
  • Strategieentwicklung: Planung einer überzeugenden Argumentation, die die spezifischen Haftgründe angreift.
  • Vertretung vor Gericht: Professionelle Präsentation der Verteidigungsstrategie während der mündlichen Verhandlung.

Tipp: Wählen Sie einen spezialisierten Strafverteidiger bzw. Fachanwalt für Strafrcht, der mit den Abläufen und den entscheidenden Argumenten bei Haftprüfungen vertraut ist.

Häufige Fragen zur Haftprüfung

Kann eine Haftprüfung auch ohne Anwalt beantragt werden?

Ja, der Beschuldigte kann selbst einen Antrag stellen. Allerdings erhöht eine anwaltliche Vertretung die Erfolgsaussichten, da der Anwalt die juristischen Argumente gezielt vorbringen kann. Infolge der Inhaftierung ist dem Beschuldigten ohnehin ein Pflichtverteidiger beigeordnet.

Wie oft kann ich eine Haftprüfung beantragen?

Eine Haftprüfung kann in regelmäßigen Abständen beantragt werden. Nach einer mündlichen Haftprüfung ist jedoch eine erneute Verhandlung erst nach zwei Monaten möglich.

Was passiert, wenn neue Beweise auftauchen?

Wenn neue Beweise vorliegen, die den Tatverdacht entkräften oder Haftgründe ausschließen, sollte eine erneute Haftprüfung beantragt werden. Auch die Staatsanwaltschaft kann die Aufhebung oder Außervollzugsetzung eines Haftbefehls beantragen.

Ist die Haftprüfung immer erfolgreich?

Nicht jede Haftprüfung führt zur Freilassung. Die Erfolgsaussichten hängen von der individuellen Fallkonstellation und der Überzeugungskraft der Argumente ab.

Welche Unterschiede gibt es zwischen Haftprüfung und Haftbeschwerde?

Die Haftprüfung erfolgt beim gleichen Gericht, das den Haftbefehl erlassen hat, und beinhaltet oft eine mündliche Verhandlung. Die Haftbeschwerde wird beim nächsthöheren Gericht eingereicht und erfolgt in der Regel schriftlich.

Kann eine Haftprüfung beantragt werden, wenn eine Haftbeschwerde läuft?

Nein. Neben einem laufenden Haftprüfungsverfahren ist eine Haftbeschwerde unzulässig, § 117 Abs. 2 StPO.

Ist die Haftprüfung auch bei schweren Straftaten möglich?

Ja, auch bei schweren Straftaten wie Mord oder Raub ist eine Haftprüfung möglich. Allerdings sind die Anforderungen an die Argumentation hier besonders hoch.

Über den Autor
Tommy Kujus ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Strafrecht. Er ist Inhaber der Leipziger Kanzlei KUJUS Strafverteidigung, und bundesweit als Strafverteidiger tätig.

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