§ 184e StGB: kinder- jugendpornographische Darbietungen
Wenn in pornographischen Inhalten Kinder oder Jugendliche zu sehen sind, ist sowohl deren Verbreitung sowie deren Erwerb und Besitz gem. § 184b bzw. § 184c Strafgesetzbuch (StGB) strafbar. Zur Erweiterung des Anwendungsbereiches dieser Straftatbestände, die eigentlich nur für „Schriften“ gelten, wurde der § 184e StGB eingeführt.

Der Schutz von Kindern und Jugendlichen vor sexueller Ausbeutung ist ein zentrales Anliegen des deutschen Strafrechts. Neben den bekannten Verboten zur Verbreitung, dem Besitz und der Herstellung von kinderpornografischem Material umfasst das Strafgesetzbuch mit § 184e StGB auch die Strafbarkeit der Veranstaltung und des Besuchs kinder- oder jugendpornographischer Darbietungen.
Während sich § 184b StGB mit Kinderpornografie und § 184c StGB mit Jugendpornografie in gespeicherter Form (Bilder, Videos, Schriften) befassen, geht § 184e StGB einen Schritt weiter: Er stellt Live-Darbietungen unter Strafe, um auch Situationen zu erfassen, in denen Kinder oder Jugendliche in Echtzeit für sexuelle Zwecke dargestellt oder missbraucht werden.
Ein Ermittlungsverfahren nach § 184e StGB kann schwerwiegende strafrechtliche, berufliche und soziale Konsequenzen haben. Daher ist es essenziell, die gesetzlichen Vorgaben zu kennen und eine fundierte Verteidigungsstrategie zu entwickeln.
Rechtsgrundlage: § 184e StGB
Definition und Zweck der Norm
§ 184e StGB wurde eingeführt, um eine Strafbarkeitslücke zu schließen. Während der Besitz oder die Verbreitung von kinderpornografischen Inhalten bereits zuvor strafbar war, bestand eine Gesetzeslücke bei Live-Darbietungen, die nicht als „Schriften“ gemäß § 11 Abs. 3 StGB gelten.
Das Gesetz verfolgt das Ziel, Minderjährige vor der unfreiwilligen Konfrontation mit Pornografie zu schützen und alle Formen der kommerziellen oder nichtkommerziellen sexuellen Ausbeutung strafrechtlich zu ahnden.

Tatbestandsmerkmale
Täter
Straftäter nach § 184e StGB kann jede Person sein, die entweder:
- eine kinder- oder jugendpornographische Darbietung veranstaltet, oder
- eine solche Darbietung besucht.
Tatobjekt: Kinder- bzw. jugendpornographische Darbietungen
Kinderpornographische Inhalte (§ 184b StGB)
Kinderpornografische Inhalte betreffen Darstellungen von Personen unter 14 Jahren in sexualisierten Kontexten.
- Auch wenn eine Person älter aussieht, zählt sie als Kind, wenn sie tatsächlich unter 14 ist.
- „Scheinkinder“: Erwachsene oder Jugendliche, die jünger dargestellt werden, können ebenfalls unter den Straftatbestand fallen.
- Auch wenn die Darstellung aus dem Ausland stammt, gelten die deutschen Altersgrenzen.
Jugendpornographische Inhalte (§ 184c StGB)
- Jugendpornografie betrifft Darstellungen von Personen zwischen 14 und 18 Jahren in pornografischen Zusammenhängen.
- Maßgeblich ist das tatsächliche Alter der Person, nicht das Erscheinungsbild.
Darbietungen
Eine „Darbietung“ ist eine Live-Aufführung mit pornografischem Inhalt. Darunter fallen:
- Webcam-Liveübertragungen
- Theaterstücke mit sexualisierten Darstellungen
- Livebilder oder Streams mit expliziten Posen von Minderjährigen
Entscheidend ist, dass die Darbietung in Echtzeit erfolgt und noch keine Speicherung des Materials stattgefunden hat.
Tathandlung: Veranstalten oder Besuchen
Veranstalten einer kinder- oder jugendpornographischen Darbietung
Eine Person gilt als Veranstalter, wenn sie aktiv zur Organisation oder Durchführung beiträgt, zum Beispiel durch:
- Bereitstellung von Räumlichkeiten
- Planung oder technische Umsetzung
- Ermöglichung eines Live-Streams
Besuchen einer kinder- oder jugendpornographischen Darbietung
Bereits das bewusste Aufsuchen einer Veranstaltung ist strafbar. Es ist unerheblich, ob der Besucher nur zuschaut oder aktiv beteiligt ist.
Strafrahmen und Sanktionen
Die Strafen richten sich nach der Schwere des Delikts:
Veranstaltung kinder- und jugendpornographischer Darbietungen
- Kinderpornographische Darbietung (§ 184b StGB): Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren
- Jugendpornographische Darbietung (§ 184c StGB): Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe
Besuch kinder- und jugendpornographischer Darbietungen
- Kinderpornographische Darbietung (§ 184b StGB): Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu fünf Jahren
- Jugendpornographische Darbietung (§ 184c StGB): Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder Geldstrafe
Wichtig: Der Versuch ist nicht strafbar.
Verteidigungsstrategien im Ermittlungsverfahren
Bedeutung der frühzeitigen anwaltlichen Beratung
Schon bei einer Vorladung oder Hausdurchsuchung sollte der Beschuldigte keine Aussage ohne Anwalt machen. Häufig beruhen Ermittlungen auf unsicheren Indizien wie IP-Adressen oder anonymen Hinweisen.
Möglichkeiten der Verfahrenseinstellung
Eine Einstellung des Verfahrens ist möglich, wenn:
- kein Vorsatz nachweisbar ist
- die Beweislage unsicher ist
- ein geringer Schuldumfang vorliegt
Eine Einstellung gegen Geldauflage (§ 153a StPO) kann eine Alternative sein.
Auswirkungen eines Strafverfahrens
Berufliche Konsequenzen
- Berufsverbot für Tätigkeiten mit Kindern und Jugendlichen
- Disziplinarmaßnahmen oder Kündigung
- Eintrag ins Führungszeugnis
Persönliche und familiäre Folgen
- Soziale Ächtung und Isolation
- Spannungen im familiären Umfeld
- Einschaltung des Jugendamts bei eigenen Kindern

Präventive Maßnahmen und rechtliche Beratung
Sensibilisierung und Aufklärung
Viele Menschen sind sich nicht bewusst, dass bereits das Aufrufen von Live-Streams zu einer Strafbarkeit führen kann. Es ist wichtig, sich über die gesetzlichen Regelungen zu informieren.
Rolle des Strafverteidigers
Ein spezialisierter Strafverteidiger kann:
- die Beweislage prüfen
- voreilige Geständnisse verhindern
- die bestmögliche Verteidigungsstrategie entwickeln
FAQs
1. Was gilt als kinder- oder jugendpornographische Darbietung?
Eine Live-Vorführung mit sexualisierten Handlungen von oder an Kindern bzw. Jugendlichen.
2. Ist der Versuch strafbar?
Nein, der Versuch ist nach § 184e StGB nicht strafbar.
3. Muss der Täter eine sexuelle Motivation haben?
Nein, es reicht aus, dass der Täter die Veranstaltung oder den Besuch billigend in Kauf genommen hat (Eventualvorsatz).
4. Kann ein Verfahren ohne Gerichtsverhandlung enden?
Ja, unter bestimmten Voraussetzungen ist eine Einstellung oder ein Strafbefehl möglich.
5. Wird eine Verurteilung im Führungszeugnis vermerkt?
Ja, eine Verurteilung nach § 184e StGB erscheint im Führungszeugnis und kann berufliche Konsequenzen haben.
Fazit
Ein Vorwurf nach § 184e StGB ist äußerst ernst zu nehmen. Wer sich mit einem solchen Ermittlungsverfahren konfrontiert sieht, sollte sofort einen spezialisierten Strafverteidiger kontaktieren, um die bestmögliche Verteidigung aufzubauen und strafrechtliche Konsequenzen zu minimieren.