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Fahrlässige Körperverletzung

Schnell kann im beruflichen bzw. sportlichen Bereich, bei Verkehrsunfällen sowie bei der Arzt- oder Produkthaftung eine fahrlässige Körperverletzung nach § 229 Strafgesetzbuch (StGB) verwirklicht werden. Welche Voraussetzungen hierfür vorliegen müssen und welches Strafmaß droht, erfahren Sie im folgenden Beitrag.

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Über den Autor
Tommy Kujus ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Strafrecht. Er ist Inhaber der Leipziger Kanzlei KUJUS Strafverteidigung, und bundesweit als Strafverteidiger tätig.

Was ist die „fahrlässige Körperverletzung“?

Eine Körperverletzung kann nicht nur vorsätzlich (also mit Wissen und Wollen), sondern auch aus Fahrlässigkeit begangen werden. Diese Begehungsform ist nach § 229 StGB als fahrlässige Körperverletzung strafbar. Diese liegt vor, wenn der Täter eine Körperverletzung des Opfers herbeiführt, in dem er die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht gelassen hat.

Die fahrlässige Körperverletzung kommt insbesondere bei Verkehrsunfällen in Betracht, bei denen in aller Regel immer Verletzungen eintreten.

Wann ist die „fahrlässige Körperverletzung“ strafbar?

Der Straftatbestand schützt die körperliche Unversehrtheit und das körperliche Wohlbefinden des Opfers. Um sich nach § 229 StGB strafbar zu machen, müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein.

Tathandlung: Körperliche Misshandlung bzw. Gesundheitsschädigung

Wie bei jeder anderen Körperverletzung verlangt auch die fahrlässige Körperverletzung das Eintreten eines sog. „tatbestandlichen Erfolges“. Demnach muss der Täter im Sinne des § 223 StGB das Opfer körperlich misshandelt oder dessen Gesundheit geschädigt haben.

Fahrlässigkeit

Der Täter müsste bei der Ausführung seiner Handlung (objektiv und subjektiv) fahrlässig gehandelt haben.

Im Unterschied zur „normalen“ Körperverletzung fehlt es bei der fahrlässigen Körperverletzung am Vorsatz. Der Täter handelt also nicht willentlich und nicht wissentlich, er nimmt den Eintritt der Körperverletzung nicht einmal billigend in Kauf. Dennoch wird ein vorsatzloses Verhalten als strafwürdig angesehen, wenn der Täter fahrlässig handelt. Das heißt, er lässt „die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht“.

Der Täter muss hierzu objektiv gegen eine Sorgfaltspflicht verstoßen. Eine solche Sorgfaltspflicht kann sich etwa aus einer Geschwindigkeitsbegrenzung im Straßenverkehr, dem vorgeschriebenen Umgang mit Werkzeugen und Maschinen oder dem vorgeschriebenen Anleinen eines Hundes ergeben.

Der Pflichtverstoß muss zudem in eine Körperverletzung münden, die der Handelnde nach seinen subjektiven Kenntnissen vorhersehen und vermeiden konnte. Dem Beschuldigten wird bei einem fahrlässigen Delikt daher der Vorwurf gemacht, er hätte erkennen können und müssen, dass sein Handeln gefährlich ist, und er den Eintritt der Verletzungen hätte vermeiden können, wenn er sorgsamer gehandelt hätte. Es handelt sich umgangssprachlich bei der Fahrlässigkeit um ein „Versehen“.

Versuch

Der Versuch ist mangels gesetzlicher Verankerung nicht strafbar.

Strafantrag

Bei der fahrlässigen Körperverletzung handelt es sich um ein sogenanntes relatives Antragsdelikt, vgl. § 230 Abs. 1 StGB. Das bedeutet, dass ein Antrag des Geschädigten bzw. des gesetzlichen Vertreters erfolgen muss oder die Strafverfolgungsbehörde (Staatsanwaltschaft) setzt sich über das Fehlen eines Antrages hinweg, wenn ein besonderes öffentliches Interesse an der Strafverfolgung besteht.

Beispiele aus der Praxis

Fahrlässige Körperverletzung nach einem Verkehrsunfall

Die Teilnahme am Straßenverkehr ist immer mit Gefahren verbunden. Bei einem Verkehrsunfall mit Personenschaden folgt stets die Einleitung eines strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens gegenüber dem Unfallverursacher wegen einer fahrlässigen Körperverletzung. Denn bei einem Unfall im Straßenverkehr sind Verletzungen der Beteiligten nahezu unvermeidbar. Die Verletzungen reiche von „blauen Flecken“, über Verstauchungen, Prellungen und einem Schleudertrauma bis hin zu Brüchen und noch schwereren Folgen.

Dem Beschuldigten wird in diesen Fällen vorgeworfen, „unachtsam“ gefahren zu sein, und hierdurch die Verletzungen des Unfallgegners verursacht zu haben. Die erhobenen Vorwürfe können vielerlei Gründe haben – etwa:

  • Überfahren einer roten Ampel
  • Überhöhte Geschwindigkeit
  • Unvorsichtiges Abbiegen oder Überholen
  • Anfahren eines Radfahrers aus Unachtsamkeit
  • unachtsames Überfahren eines Zebrastreifens
  • Anfahren eines Kindes oder eines Erwachsenen

Bei einer Verurteilung droht neben der Verhängung einer Geld- oder Freiheitsstrafe auch die Verhängung eines Fahrverbots oder die Entziehung der Fahrerlaubnis. Ebenso besteht die Gefahr, dass der Verletzte ein Schmerzensgeld geltend macht. Kommt es zum Tod eines Beteiligten, kommt auch eine fahrlässige Tötung in Betracht.

Fahrlässige Körperverletzung nach einem Hundebiss

Wer von einem Hund gebissen wird, erhebt häufig gegen den Hundehalter den Vorwurf der fahrlässigen Körperverletzung. Dem Hundehalter müsste dabei der Vorwurf gemacht werden können, im Umgang mit seinem Hund unachtsam gewesen zu sein, und nicht die notwendige Sorgfalt an den Tag gelegt zu haben. Das Verhalten seines Hundes – also der Biss – müsste für ihn überdies vorhersehbar und vermeidbar gewesen sein. In diesem Bereich hat sich eine nahezu undurchsichtige Einzelfallrechtsprechung entwickelt. Die Gerichte haben aber hohe Hürden gesetzt, sodass Hundehaltern nur unter engen Voraussetzungen ein strafrechtlicher Vorwurf gemacht werden kann. Maßgeblich ist etwa

  • die Rasse des Hundes,
  • die Erfahrung des Hundebesitzers im Umgang mit dem Hund,
  • das Alter des Hundes,
  • das bisherige Verhalten des Hundes – insbesondere gegenüber Menschen,
  • ob der Hund angeleint oder nicht angeleint war.

Weitere Beispiele:

  • (medizinische) Behandlungsfehler
  • Unterlassen gebotener Handlungen bzw. Maßnahmen durch das Pflegepersonal
  • (Konstruktions-)Fehler bei Bauwerken
  • unzureichende Verwahrung von Waffen oder Arzneimitteln
  • Verstoß gegen Sicherungspflichten (insbesondere auf Baustellen)
  • Verstoß gegen Verkehrsvorschriften (Geschwindigkeitsüberschreitungen, zu wenig Abstand, Rotlichtverstöße, Nichtbeachtung der Vorfahrt)
  • Fehler bei dem Beaufsichtigen von Tieren
  • Fehler bei dem Bedienen von Maschinen

Strafe

Die fahrlässige Körperverletzung wird mit einer Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit einer Geldstrafe bestraft.

Die konkrete Strafe hängt im Einzelfall von den Tatumständen, der Schwere und der Intensität der eingetretenen Verletzungen, der Dauer der ärztlichen Behandlung, aber auch vom Nachtatverhalten, wie etwa einer Entschuldigung, einer Aussöhnung oder einer Schadenswiedergutmachung, ab.

Unter Umständen kann auch eine Einstellung des Verfahrens erreicht werden. Diese hat den Vorteil, dass dann keine Eintragung im Führungszeugnis erfolgt.

Gibt es eine (versuchte) fahrlässige gefährliche oder schwere Körperverletzung?

Oft wird gefragt, ob es eine fahrlässige gefährliche oder fahrlässige schwere Körperverletzung gibt.

Die Antwort lautet kurzum: Nein.

Sowohl die gefährliche als auch die schwere Körperverletzung sind Qualifikationen der (einfachen) Körperverletzung aus § 223 StGB. Voraussetzung ist damit, dass die einfache Körperverletzung vorsätzlich, also „mit Wissen und Wollen“, erfolgt.

Daher kennt das Gesetz auch keine fahrlässige Körperverletzung mit Todesfolge. Gleichwohl gibt es aber eine fahrlässige Tötung (§ 222 StGB) sowie eine Körperverletzung mit Todesfolge (§ 227 StGB).

Eine versuchte fahrlässige Körperverletzung existiert ebenso wenig.

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