Privatklage

Nicht jede Straftat wird von der Staatsanwaltschaft verfolgt – doch das bedeutet nicht, dass Sie als Geschädigter keine rechtlichen Möglichkeiten haben. Mit einer Privatklage können Sie bestimmte Delikte, wie Beleidigung oder Sachbeschädigung, eigenständig vor Gericht bringen. Doch welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein? Welche Kosten kommen auf Sie zu?

Privatklage

Nicht jede Straftat wird automatisch von der Staatsanwaltschaft verfolgt. Bei bestimmten Delikten, die als weniger schwerwiegend gelten, kann der Geschädigte selbst aktiv werden und eine Privatklage einreichen. Doch was bedeutet das konkret? Welche rechtlichen Voraussetzungen müssen erfüllt sein? Und welche finanziellen und prozessualen Risiken bestehen?

Dieser Artikel gibt Ihnen einen umfassenden Überblick über die Privatklage, ihre Vorteile, Nachteile und den genauen Ablauf.


Was ist eine Privatklage?

Definition und Abgrenzung zur öffentlichen Anklage

Die Privatklage ist ein besonderes Verfahren im deutschen Strafrecht, das es einer geschädigten Person ermöglicht, bestimmte Straftaten direkt vor Gericht zu bringen – ohne die Beteiligung der Staatsanwaltschaft.

Während die Staatsanwaltschaft normalerweise entscheidet, ob eine Anklage erhoben wird, bleibt dies im Privatklageverfahren allein dem Verletzten überlassen. Das bedeutet aber auch, dass der Privatkläger die gesamte Beweisführung übernehmen und sich um alle rechtlichen Schritte selbst kümmern muss.

Gesetzliche Grundlage in der Strafprozessordnung (StPO)

Die Privatklage ist in den §§ 374 bis 394 der Strafprozessordnung (StPO) geregelt. Diese Paragraphen enthalten unter anderem:

  • § 374 StPO: Auflistung der Delikte, die einer Privatklage unterliegen.
  • § 380 StPO: Vorschrift über den verpflichtenden Sühneversuch vor Einreichung der Klage.
  • § 383 StPO: Möglichkeit der Übernahme des Verfahrens durch die Staatsanwaltschaft.

Da eine Privatklage nur für bestimmte Straftaten zulässig ist, ist eine genaue Prüfung erforderlich, bevor man diesen Weg beschreitet.


Bei welchen Straftaten ist eine Privatklage möglich?

Nicht jede Straftat kann durch eine Privatklage verfolgt werden. Die StPO bestimmt klar, welche Delikte in den Privatklageweg fallen. Dazu gehören insbesondere:

  • Beleidigung (§ 185 StGB) – Zum Beispiel Schimpfwörter oder abwertende Äußerungen gegenüber einer Person.
  • Üble Nachrede (§ 186 StGB) – Falsche Tatsachenbehauptungen, die den Ruf einer Person schädigen.
  • Verleumdung (§ 187 StGB) – Bewusst falsche und ehrverletzende Behauptungen.
  • Hausfriedensbruch (§ 123 StGB) – Unerlaubtes Betreten von Wohnungen, Gebäuden oder Grundstücken.
  • Körperverletzung (§ 223 StGB) – Leichte Körperverletzungen ohne schwere gesundheitliche Folgen.
  • Sachbeschädigung (§ 303 StGB) – Vorsätzliche Beschädigung oder Zerstörung fremden Eigentums.
  • Verletzung des Briefgeheimnisses (§ 202 StGB) – Unbefugtes Öffnen oder Zurückhalten von Postsendungen.

Wichtig: Handelt es sich um schwerwiegendere Delikte oder solche mit besonderem öffentlichen Interesse, wird das Verfahren von der Staatsanwaltschaft übernommen.

Privatklage


Voraussetzungen für die Privatklage

Sühneversuch als Pflicht

Für viele der oben genannten Delikte ist vor der Klageerhebung ein Sühneversuch vorgeschrieben. Dieser erfolgt vor einer Schiedsstelle und soll eine außergerichtliche Einigung ermöglichen.

Ein Beispiel: Eine Nachbarin hat Sie mehrfach beleidigt. Bevor Sie eine Privatklage einreichen können, müssen Sie versuchen, den Streit durch eine Schlichtungsverhandlung beizulegen. Erst wenn dieser Versuch scheitert, ist eine Klage möglich.

Strafantrag innerhalb von drei Monaten

Für viele Privatklagedelikte ist zudem ein Strafantrag erforderlich. Dieser muss innerhalb von drei Monaten nach Kenntnis der Tat gestellt werden. Wird diese Frist versäumt, kann die Klage nicht mehr eingereicht werden.


Wie läuft ein Privatklageverfahren ab?

Der Ablauf des Privatklageverfahrens unterscheidet sich in mehreren Punkten von einem normalen Strafverfahren:

Einreichung der Klage

Die Klage wird beim zuständigen Amtsgericht schriftlich eingereicht und muss Folgendes enthalten:

  • Genaue Schilderung des Sachverhalts
  • Angabe von Beweismitteln und Zeugen
  • Nachweise über den erfolgten Sühneversuch (falls erforderlich)

Gerichtliche Prüfung und mögliche Abweisung

Das Gericht prüft anschließend, ob die Klage zulässig und begründet ist. Es kann die Klage abweisen, wenn:

  • Die Straftat nicht in den Bereich der Privatklagedelikte fällt.
  • Der Sühneversuch nicht ordnungsgemäß durchgeführt wurde.
  • Keine ausreichenden Beweise vorliegen.

Hauptverhandlung

Wenn die Klage zugelassen wird, kommt es zur Hauptverhandlung. Hier übernimmt der Privatkläger die Rolle der Staatsanwaltschaft und muss:

  • Beweise vorlegen
  • Zeugen benennen
  • Den Sachverhalt detailliert darlegen

Am Ende entscheidet das Gericht, ob der Angeklagte verurteilt oder freigesprochen wird.


Kosten und finanzielle Risiken einer Privatklage

Die finanziellen Aspekte sind ein wichtiger Punkt bei der Entscheidung für oder gegen eine Privatklage.

Wer trägt die Kosten?

Im Gegensatz zu einem öffentlichen Strafverfahren trägt hier zunächst der Privatkläger die gesamten Kosten, darunter:

  • Gerichtskosten
  • Anwaltsgebühren (falls ein Anwalt beauftragt wird)
  • Zeugen- und Sachverständigenkosten

Wird der Angeklagte verurteilt, kann das Gericht anordnen, dass er die Kosten übernimmt.

Prozesskostenhilfe als Option

Wenn der Privatkläger nicht über ausreichend finanzielle Mittel verfügt, kann er Prozesskostenhilfe beantragen. Diese deckt die Gerichtskosten und gegebenenfalls die eigenen Anwaltskosten, aber nicht die Kosten der Gegenseite.

Privatklage


Privatklage gegen Heranwachsende

Gegen Jugendliche unter 18 Jahren ist eine Privatklage grundsätzlich ausgeschlossen.

Bei Heranwachsenden (18 bis 20 Jahre) kann die Privatklage unter Umständen möglich sein, allerdings wird oft das Jugendstrafrecht angewendet, wodurch die Staatsanwaltschaft das Verfahren übernimmt.


Vor- und Nachteile der Privatklage

Vorteile

  • Möglichkeit der Strafverfolgung, wenn die Staatsanwaltschaft keine Anklage erhebt
  • Direkte Einflussnahme auf das Verfahren
  • Vermeidung eines zivilrechtlichen Prozesses bei ehrverletzenden Straftaten

Nachteile

  • Hohe Kosten und finanzielles Risiko für den Kläger
  • Hoher Aufwand durch eigenständige Beweisführung
  • Kein staatlicher Ermittlungsapparat zur Unterstützung

Fazit

Die Privatklage bietet eine Möglichkeit, bestimmte Delikte strafrechtlich zu verfolgen, wenn die Staatsanwaltschaft nicht aktiv wird. Allerdings sind die Kosten, Beweisführung und das prozessuale Risiko nicht zu unterschätzen. Eine juristische Beratung ist vor einer Klage dringend zu empfehlen.


Häufig gestellte Fragen (FAQs)

1. Wie lange dauert ein Privatklageverfahren?
Das Verfahren kann mehrere Monate bis Jahre dauern, abhängig von der Beweisaufnahme und gerichtlichen Kapazitäten.

2. Kann ich eine Privatklage ohne Anwalt führen?
Ja, aber es wird aufgrund der Komplexität des Verfahrens nicht empfohlen.

3. Was passiert, wenn der Angeklagte freigesprochen wird?
Der Privatkläger trägt dann alle Kosten des Verfahrens.