Schwerer Raub

Bei einem Raub ein Messer dabei gehabt oder das Opfer erheblich verletzt? Dann kann ein Fall des schweren Raubes nach § 250 StGB vorliegen. Welche Voraussetzungen hierfür erfüllt sein müssen und welcher Strafrahmen droht, erfahren Sie im folgenden Beitrag.

Schwerer Raub

Der Vorwurf des schweren Raubes zählt zu den gravierendsten Beschuldigungen im deutschen Strafrecht. Die strafrechtlichen Konsequenzen sind erheblich, die Ermittlungsmaßnahmen tiefgreifend, und die Strafandrohung beginnt bei drei bis fünf Jahren Freiheitsstrafe. Wer mit dem Vorwurf des § 250 StGB konfrontiert ist, steht oft von einem Tag auf den anderen im Fokus polizeilicher Maßnahmen – von Hausdurchsuchung über Festnahme bis hin zur Untersuchungshaft.

In diesem Artikel analysieren wir fundiert die rechtlichen Grundlagen, Qualifikationsmerkmale, die Bedeutung der subjektiven Tatseite sowie praxisrelevante Verteidigungsstrategien – stets aus Sicht des Beschuldigten.


Was ist ein schwerer Raub?

Gesetzliche Definition

§ 250 StGB definiert den schweren Raub als Qualifikationstatbestand zum Raub nach § 249 StGB. Dieser wiederum verlangt:

  • die Wegnahme einer fremden beweglichen Sache,
  • unter Gewalt gegen eine Person oder
  • durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben,
  • mit Zueignungsabsicht.

Der schwere Raub setzt auf diesen Grundtatbestand auf und verschärft ihn durch zusätzliche Merkmale wie Waffenmitführung, Einsatz von Tatmitteln oder besondere Tatausführungen (z. B. bandenmäßig).


Tatbestandsvoraussetzungen des § 250 StGB

§ 250 Abs. 1 StGB – Drei Jahre Mindeststrafe

Ein schwerer Raub liegt vor, wenn der Täter beim Raub eine der folgenden Handlungen begeht:

  • Waffe oder gefährliches Werkzeug bei sich führen (§ 250 Abs. 1 Nr. 1a)
    Bereits das Mitführen, also die unmittelbare Zugriffsmöglichkeit auf das Tatmittel, genügt. Es ist nicht notwendig, dass das Mittel eingesetzt wird.
  • Gefahr schwerer Gesundheitsschädigung für das Opfer (§ 250 Abs. 1 Nr. 1b)
    Die Raubhandlung muss objektiv geeignet sein, eine erhebliche Beeinträchtigung der Gesundheit herbeizuführen.
  • Gemeinschaftliche Begehung mit einem anderen (§ 250 Abs. 1 Nr. 1c)
    Die gemeinsame Tatausführung muss geplant und arbeitsteilig erfolgen. Bloße Anwesenheit reicht nicht aus.
  • Handeln als Mitglied einer Bande (§ 250 Abs. 1 Nr. 2)
    Eine Bande ist ein auf gewisse Dauer angelegter Zusammenschluss von mindestens drei Personen zur Begehung von Raub- oder Diebstahlsdelikten.

§ 250 Abs. 2 StGB – Fünf Jahre Mindeststrafe

Die besonders schwere Form des Raubes liegt vor bei:

  • Verwendung einer Waffe oder eines gefährlichen Werkzeugs (§ 250 Abs. 2 Nr. 1)
    Hier ist der aktive Einsatz des Mittels zur Durchsetzung des Raubes erforderlich.
  • Besonders schwere körperliche Misshandlung oder Lebensgefahr (§ 250 Abs. 2 Nr. 2)
    Die körperliche Integrität des Opfers muss in hohem Maße verletzt oder konkret gefährdet sein.
  • Bandenmäßige Begehung unter Einsatz von Waffen (§ 250 Abs. 2 Nr. 3)
    Hier kumulieren mehrere strafschärfende Elemente – Organisation und Tatmittelgebrauch.

Schwerer Raub

Subjektive Tatseite: Vorsatz und Zueignungsabsicht

Der Täter muss sämtliche objektive Tatmerkmale vorsätzlich erfüllen. Es genügt dabei der Eventualvorsatz – also das bewusste Inkaufnehmen der qualifizierenden Umstände. Darüber hinaus ist Zueignungsabsicht erforderlich: Der Täter muss sich die weggenommene Sache oder deren Wert aneignen und den Eigentümer dauerhaft enteignen wollen.


Versuch des schweren Raubes

Der Versuch eines schweren Raubes ist strafbar (§§ 22, 23, 250 StGB). Ein Versuch liegt bereits dann vor, wenn der Täter unmittelbar zur Tat ansetzt – beispielsweise durch das Betreten eines Geschäfts mit gezogener Waffe und entsprechender Drohung.

Die Strafzumessung im Versuch hängt von der Nähe zur Tatvollendung, dem Verhalten nach der Tat und dem Vorliegen mildernder Umstände ab.


Abgrenzung zu anderen Delikten

  • Erpressung (§ 253 StGB): Erfordert keinen Gewahrsamsbruch, sondern eine Vermögensverfügung des Opfers.
  • Raub mit Todesfolge (§ 251 StGB): Wenn das Opfer infolge der Tat verstirbt – Strafmaß: mindestens zehn Jahre oder lebenslang.
  • Räuberischer Diebstahl (§ 252 StGB): Gewalthandlung erfolgt erst nach vollendetem Diebstahl, um die Beute zu sichern.

Strafrahmen und Strafzumessung

Regelstrafrahmen

  • § 250 Abs. 1 StGB: Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren
  • § 250 Abs. 2 StGB: Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren

Milderung bei minder schwerem Fall

In besonders gelagerten Ausnahmefällen kann das Gericht gem. § 250 Abs. 3 StGB einen minder schweren Fall annehmen. Hier liegt der Strafrahmen bei einem bis zehn Jahren Freiheitsstrafe. Relevante Aspekte:


Strafprozessuale Besonderheiten

Ermittlungsverfahren

Bereits der bloße Verdacht auf schweren Raub rechtfertigt intensive Ermittlungsmaßnahmen:

  • Durchsuchung nach § 102 StPO
  • Telekommunikationsüberwachung (§ 100a StPO)
  • Untersuchungshaft (§ 112 StPO), insbesondere bei Fluchtgefahr oder Verdunkelungsgefahr

Verteidigerrechte

Ein Strafverteidiger kann frühzeitig Akteneinsicht beantragen (§ 147 StPO), Ermittlungsmaßnahmen prüfen lassen und eigene Beweisanträge einbringen – etwa zur Glaubwürdigkeit von Belastungszeugen oder zur Unverwertbarkeit rechtswidrig erlangter Beweise.


Verteidigungsstrategien im Verfahren

Aussageverweigerungsrecht nutzen

Ein zentrales Verteidigungsmittel ist das Recht zu schweigen. Aussagen ohne anwaltliche Beratung können irreparabel schaden und unnötig Beweise schaffen.

Qualifikation entkräften

  • Waffe nicht funktionstüchtig?
  • Werkzeug nicht objektiv gefährlich?
  • Keine Bande, sondern spontane Konstellation?
  • Kein Einsatz des Mittels zur Tat?

Bereits das Entfallen eines Qualifikationselements kann den Vorwurf auf einfachen Raub reduzieren – mit deutlich geringerem Strafmaß.

Angriffe auf Beweiswürdigung

  • Widersprüche in Zeugenaussagen
  • fehlende Videoaufzeichnungen
  • Gutachten zur Schuldfähigkeit
  • Zweifel an der Täterschaft (Aussage gegen Aussage)

Täter-Opfer-Ausgleich als Milderung

Ein Täter-Opfer-Ausgleich nach § 46a StGB kann im Rahmen der Strafzumessung mildernd berücksichtigt werden. Voraussetzung ist:

  • ehrliche Reue
  • Wiedergutmachung des Schadens (z. B. Schmerzensgeld)
  • aktive Kommunikation mit dem Opfer (ggf. durch Mediation)

Insbesondere bei Ersttätern ohne erhebliche Vorstrafen kann dies den Ausschlag für einen minder schweren Fall geben.


Schwerer Raub

Berufung und Revision – Möglichkeiten nach Verurteilung

Berufung (§ 312 StPO)

Ermöglicht eine neue Hauptverhandlung mit vollständiger Tatsachen- und Beweisaufnahme. Erfolgreich bei fehlerhafter Beweiswürdigung, neu aufgetauchten Zeugen oder ungenutzten Beweismöglichkeiten.

Revision (§ 333 StPO)

Prüft ausschließlich Rechtsfehler des Urteils. Erfolgreich bei:

  • Verfahrensverstößen (z. B. unterlassene Beweisanträge)
  • unzureichender Urteilsbegründung
  • fehlerhafter Rechtsanwendung

Fazit

Der Tatvorwurf des schweren Raubes wiegt schwer – nicht nur wegen des hohen Strafrahmens, sondern auch wegen der weitreichenden prozessualen Folgen. Bereits im Ermittlungsverfahren drohen Hausdurchsuchung, Untersuchungshaft und intensive Überwachungsmaßnahmen.

Nur eine frühzeitige, professionelle Strafverteidigung kann die Weichen für einen günstigen Verfahrensausgang stellen – sei es durch Entlastung, Strafmilderung oder prozessuale Fehler.


FAQ

Was ist der Unterschied zwischen einfachem und schwerem Raub?
Einfacher Raub liegt vor, wenn mit Gewalt oder Drohung eine Sache weggenommen wird (§ 249 StGB). Schwerer Raub (§ 250 StGB) erfordert zusätzliche erschwerende Umstände – etwa Waffe, gefährliches Werkzeug, Lebensgefahr oder bandenmäßige Ausführung.

Welche Strafe droht bei schwerem Raub?
Mindestens drei Jahre Freiheitsstrafe (§ 250 Abs. 1 StGB), in besonders schweren Fällen mindestens fünf Jahre (§ 250 Abs. 2 StGB). In minder schweren Fällen: ein bis zehn Jahre (§ 250 Abs. 3 StGB).

Ist ein Versuch strafbar?
Ja. Bereits das unmittelbare Ansetzen zur Tat – etwa mit gezogener Waffe – kann strafbar sein (§§ 22, 23, 250 StGB).

Kann ein Täter-Opfer-Ausgleich helfen?
Ja, er kann strafmildernd wirken, insbesondere bei geständigen und reuigen Tätern – häufig mit Anwendung eines minder schweren Falls.

Was kann ich gegen ein Urteil tun?
Gegen ein erstinstanzliches Urteil kann Berufung oder Revision eingelegt werden – je nachdem, ob Tatsachen oder Rechtsfehler angegriffen werden sollen.