Sexting – ein modernes Phänomen, das durch die Digitalisierung und sozialen Medien stark an Verbreitung gewonnen hat. Das Versenden von intimen Fotos oder Videos kann einvernehmlich geschehen, oft innerhalb eines Flirts oder einer Beziehung. Doch Sexting birgt erhebliche rechtliche Risiken: Ab wann ist das Verschicken von Nacktbildern strafbar? Was sagt das deutsche Strafgesetzbuch (StGB) dazu? Wie sieht die Situation bei Minderjährigen aus? Und welche Konsequenzen drohen bei Verbreitung ohne Zustimmung? In diesem Artikel klären wir detailliert alle rechtlichen Fragen und zeigen, wie Betroffene sich schützen können.
Was ist Sexting überhaupt?
Der Begriff „Sexting“ setzt sich aus den Wörtern „Sex“ und „Texting“ zusammen. Er beschreibt das Versenden eigener freizügiger Fotos oder Videos per Smartphone, E-Mail oder über Apps wie WhatsApp, Instagram oder Snapchat. Oft ist Sexting Bestandteil eines Flirts oder einer romantischen Beziehung.
Verbreitete Begriffe im Zusammenhang mit Sexting:
- Send Nudes: Aufforderung zur Zusendung von Nacktbildern.
- Dickpic: Unaufgefordert verschickte Penis-Bilder, vor allem von Männern.
Während es zwischen Erwachsenen oft einvernehmlich geschieht, führt Sexting bei Minderjährigen oder bei Verbreitung ohne Zustimmung schnell zu rechtlichen Problemen.
Erotik vs. Pornografie: Wo liegt die Grenze?
Nicht jedes Nacktbild oder jede freizügige Darstellung fällt unter Pornografie. Der Bundesgerichtshof (BGH) definiert Pornografie wie folgt:
„Sexuelle Vorgänge werden in grob aufdringlicher, anreißerischer Weise in den Vordergrund gerückt und dienen ausschließlich oder überwiegend dem lüsternen Interesse des Betrachters.“
Abgrenzung zur Erotik:
- Erlaubt:
- Ästhetische Darstellungen, wie ein tiefes Dekolleté, Bikini- oder Unterwäschefotos.
- Erotische Selfies oder ästhetische, kunstvolle Bilder.
- Pornografie:
- Bilder oder Videos, bei denen der Intimbereich (z.B. Penis oder Vagina) im Fokus steht.
- Darstellungen von Geschlechtsverkehr oderSelbstbefriedigung.
Wann sind Nacktbilder strafbar?
Nicht jedes Sexting ist strafbar, doch die Strafbarkeit hängt maßgeblich von zwei Faktoren ab:
- Alter der beteiligten Personen
- Inhalt der Fotos oder Videos
Kinderpornografie und Jugendpornografie: Eine klare gesetzliche Regelung
1. Kinderpornografie (§ 184b StGB)
Von Kinderpornografie spricht man, wenn die abgebildete Person unter 14 Jahren ist. Hierbei ist bereits das Herstellen, Besitzen oder Verbreiten solcher Bilder strafbar.
Beispiel:
Empfängt ein 16-Jähriger ein pornografisches Foto einer 13-Jährigen oder verbreitet es weiter, macht er sich strafbar – selbst dann, wenn die Zusendung einvernehmlich geschah.
- Strafen bei Kinderpornografie:
- Verbreitung: Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren
- Besitz: Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren
2. Jugendpornografie (§ 184c StGB)
Hierbei handelt es sich um Darstellungen von Jugendlichen zwischen 14 und 18 Jahren. Auch hier ist das Besitzen, Herstellen oder Verbreiten strafbar.
Beispiel:
Ein 17-Jähriger, der ein pornografisches Selfie einer 15-Jährigen empfängt, begeht grundsätzlich eine Straftat.
- Strafen bei Jugendpornografie:
- Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren
Jugendstrafrecht: Mildernde Regelungen für Minderjährige
Ist der Täter zwischen 14 und 21 Jahren, wird häufig das Jugendstrafrecht angewandt. Dieses ist milder als das Erwachsenenstrafrecht und bietet verschiedene Möglichkeiten zur Verfahrenseinstellung – vor allem dann, wenn es sich um eine einvernehmliche Beziehung zwischen den Beteiligten handelte.
- Beispielhafte Maßnahmen des Jugendstrafrechts:
- Erziehungsmaßnahmen oder Sozialstunden
- Einstellung des Verfahrens bei geringer Schuld
Einvernehmliches Sexting unter Jugendlichen: Wann ist es erlaubt?
Der Gesetzgeber hat erkannt, dass einvernehmliches Sexting unter Jugendlichen keine Strafbarkeit begründen sollte.
- § 184c Abs. 4 StGB:
Solange Bilder ausschließlich für private Zwecke erstellt und nicht verbreitet werden, bleibt das Verhalten straflos.
Achtung: Sobald die Fotos oder Videos weitergeleitet werden, entfällt diese Straflosigkeit.
Die Verbreitung ohne Zustimmung: Welche Konsequenzen drohen?
Ein zentraler Aspekt im Strafrecht ist die Frage, ob Nacktbilder mit oder ohne Zustimmung verbreitet wurden.
§ 201a StGB – Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs durch Bildaufnahmen
- Wer Bilder ohne Einwilligung des Abgebildeten verbreitet, macht sich strafbar.
- Strafen: Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren
Sexueller Missbrauch von Kindern (§ 176 Abs. 4 StGB)
Ein weiterer Straftatbestand kann greifen, wenn Erwachsene gezielt auf Kinder einwirken, um sie zur Herstellung von pornografischen Aufnahmen zu bewegen.
- Beispiel: Ein Erwachsener fordert über Chat oder WhatsApp ein Kind unter 14 Jahren auf, Nacktbilder zu senden.
- Strafen: Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren
Cybermobbing und Sextortion: Persönliche Risiken beim Sexting
Neben den strafrechtlichen Folgen entstehen für Betroffene oft massive persönliche Probleme:
- Cybermobbing: Werden intime Bilder ohne Zustimmung verbreitet, führt dies häufig zu sozialer Ausgrenzung, Spott und psychischem Leid.
- Sextortion: Täter nutzen Nacktbilder, um die betroffene Person zu erpressen – z.B. mit der Drohung, Bilder öffentlich zu machen.
Was tun bei Cybermobbing oder Sextortion?
- Nicht zahlen: Bei Erpressung keinesfalls nachgeben.
- Beweise sichern: Screenshots und Chatverläufe speichern.
- Anwalt kontaktieren: Sofort rechtliche Hilfe in Anspruch nehmen.
- Anzeige erstatten: Die Polizei einschalten.
Richtiges Verhalten bei einem Strafvorwurf
Wenn Ihnen oder Ihrem Kind vorgeworfen wird, pornografische Bilder verbreitet oder besessen zu haben, gilt:
- Keine Aussage bei der Polizei: Schweigen ist Ihr Recht und kann nicht negativ ausgelegt werden.
- Rechtsanwalt einschalten: Ein Strafverteidiger prüft den Fall und entwickelt die beste Verteidigungsstrategie.
- Beweise sichern: Chatverläufe oder Bilder speichern, um Zusammenhänge nachweisen zu können.
Fazit
Sexting mag harmlos beginnen, kann jedoch schnell zu strafrechtlichen Konsequenzen führen. Besonders bei Minderjährigen oder bei unkontrollierter Verbreitung von Nacktbildern greift das deutsche Strafrecht mit klaren Regelungen ein. Wer sich in einer schwierigen Situation befindet, sollte unbedingt professionelle Hilfe von einem erfahrenen Strafverteidiger in Anspruch nehmen.
FAQs zu Sexting und Strafbarkeit
1. Ist Sexting zwischen Erwachsenen erlaubt?
Ja, solange es einvernehmlich geschieht und keine Bilder ohne Zustimmung verbreitet werden.
2. Wann ist ein Nacktbild strafbar?
Wenn Minderjährige beteiligt sind oder die Bilder pornografische Inhalte zeigen.
3. Was droht bei Verbreitung von Kinderpornografie?
Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe.
4. Was tun, wenn intime Bilder ohne Einwilligung verbreitet wurden?
Sofort Anzeige erstatten, einen Anwalt kontaktieren und Beweise sichern.
5. Was ist der Unterschied zwischen Erotik und Pornografie?
Erotische Darstellungen betonen Ästhetik, während Pornografie das lüsterne Interesse in den Vordergrund rückt.