Sharenting: Rechtliche Grenzen beim Posten von Kinderfotos im Internet

Viele Eltern nutzen Plattformen wie Facebook, Instagram und Twitter, um (stolz) ihre Kinder und deren Erfahrungen zu präsentieren. Dieses sogenannte “Sharenting” macht es möglich, Erinnerungen und Erfahrungen zu teilen sowie soziale Bindungen zu stärken. Allerdings wirft es auch Fragen bezüglich der Privatsphäre und Sicherheit der Kinder auf.

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Bekannt aus

Tommy Kujus
Strafverteidiger

Aktualisiert am 08.12.2024

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„Sharenting“ ist ein Kunstwort aus „sharing“ (Teilen) und „parenting“ (Elternschaft). Es bezeichnet die Praxis, dass Eltern Inhalte über ihre Kinder online teilen – meist auf sozialen Netzwerken wie Facebook, Instagram oder YouTube. Solche Inhalte reichen von süßen Babybildern über Videos von Meilensteinen wie dem ersten Schritt bis hin zu Anekdoten aus dem Alltag.

Eltern nutzen Sharenting oft, um Freude und Stolz auszudrücken, mit Familie und Freunden in Kontakt zu bleiben oder Erziehungstipps auszutauschen. In manchen Fällen werden Kinder sogar in die Vermarktung von Produkten einbezogen, etwa auf YouTube-Kanälen oder Instagram-Profilen. Doch trotz der positiven Absichten gibt es ernstzunehmende Risiken und ethische Fragen.

Beispiele für Sharenting

 

Sharenting tritt in vielen Formen auf, von harmlosen Beiträgen bis hin zu problematischen Veröffentlichungen. Hier sind typische Beispiele:

  • Bild- und Videoposts von Kindern: Fotos von Geburtstagen, Schulabschlüssen oder Urlaubserlebnissen.
  • Meilensteine und Entwicklung: Beiträge über den ersten Zahn, das erste Wort oder andere Fortschritte.
  • Anekdoten und Geschichten: Lustige oder bewegende Erlebnisse aus dem Familienalltag.
  • Erziehungstipps: Eltern teilen Erfahrungen und suchen Rat zu Herausforderungen wie Schlafproblemen oder Trotzphasen.
  • Produktwerbung: Kinder werden für Werbezwecke in Szenen mit Spielzeug, Kleidung oder Kinderausstattung eingebunden.

Während solche Inhalte oft gut gemeint sind, stellen sie auch eine Verletzung der Privatsphäre der Kinder dar, wenn unüberlegt geteilt wird.

 

Die Gefahren von Sharenting

 

Sharenting ist nicht ohne Risiken – für die Kinder und auch für die Familien. Die Gefahren lassen sich in mehrere Kategorien einteilen:

 

Verletzung der Privatsphäre

 

Kinder haben ein Recht auf Privatsphäre, das durch Sharenting gefährdet wird. Eltern erschaffen durch ihre Posts oft eine digitale Identität ihrer Kinder, ohne deren Einwilligung. In der Zukunft könnten Kinder mit Scham, Mobbing oder beruflichen Nachteilen konfrontiert werden, wenn diese Inhalte öffentlich zugänglich bleiben.

 

Cyberkriminalität und Missbrauch

 

Kinderbilder können von Kriminellen heruntergeladen und missbraucht werden, etwa für Identitätsdiebstahl oder das Erstellen gefälschter Profile. Besondere Gefahr besteht bei Bildern, die zu viel über Wohnorte, Schulen oder Routinen verraten.

Zukünftige Konsequenzen

 

Was heute harmlos wirkt, könnte in der Zukunft problematisch sein. Arbeitgeber, Bildungseinrichtungen oder potenzielle Partner könnten durch alte Online-Beiträge ein verzerrtes Bild der Kinder gewinnen.

 

Psychologische Belastungen

 

Kinder könnten sich später entmündigt fühlen, wenn sie feststellen, dass ihr Leben von anderen öffentlich dokumentiert wurde. Dies kann das Selbstbild beeinträchtigen und das Vertrauen in die Eltern belasten.

 

Technologische Risiken

 

Mit dem Aufkommen von KI und Deepfake-Technologien könnten Kinderbilder manipuliert werden, um gefälschte Inhalte zu erstellen. Auch Plattform-Algorithmen können problematisch sein, da sie persönliche Inhalte für Werbezwecke verwenden.

Warum ist Sharenting trotzdem so verbreitet?

 

Sharenting ist oft ein Ausdruck von Stolz und Liebe. Viele Eltern teilen Bilder und Geschichten, um schöne Momente mit Familie und Freunden zu teilen, insbesondere wenn diese weit entfernt wohnen.

Ein weiterer Grund ist die soziale Akzeptanz: In einer Welt, in der das Teilen persönlicher Erlebnisse alltäglich geworden ist, hinterfragen viele Eltern nicht mehr, ob das auch für ihre Kinder gilt.

Rechtliche Rahmenbedingungen

 

Deutschland

 

In Deutschland haben Kinder ein Recht auf Privatsphäre, und Eltern sind verpflichtet, dieses zu schützen. Laut § 22 Kunsturhebergesetz (KUG) dürfen Fotos von Kindern nicht ohne Zustimmung veröffentlicht werden. Da minderjährige Kinder jedoch keine eigenständige Entscheidung treffen können, liegt die Verantwortung bei den Eltern. Problematisch wird es, wenn Eltern fahrlässig handeln oder sensible Inhalte teilen.

 

International

 

Andere Länder haben strengere Vorschriften. In Frankreich drohen Eltern hohe Geldstrafen, wenn die Privatsphäre ihrer Kinder verletzt wird. Solche Regelungen könnten auch in Deutschland Vorbildcharakter haben.

Ist Sharenting strafbar?

 

Grundsätzlich ist Sharenting nicht strafbar. Eine Ausnahme besteht, wenn durch das Teilen von Inhalten gegen Gesetze verstoßen wird – etwa bei der Verbreitung von Nacktbildern (§§ 184b, 184c StGB). Eltern sollten sich bewusst sein, dass selbst gut gemeinte Bilder rechtliche Folgen haben können, wenn sie nicht ausreichend geschützt sind.

Tipps für verantwortungsvolles Sharenting

 

Eltern können Sharenting sicherer und bewusster gestalten, indem sie folgende Tipps beachten:

  • Privatsphäre respektieren: Vermeiden Sie das Teilen sensibler Informationen wie Namen, Adressen oder täglicher Routinen.
  • Einschränkung der Sichtbarkeit: Nutzen Sie Privatsphäre-Einstellungen in sozialen Netzwerken, um Inhalte nur mit einer kleinen, vertrauenswürdigen Gruppe zu teilen.
  • Anonymität wahren: Teilen Sie Bilder ohne erkennbare Gesichter oder persönliche Details.
  • Zukunft denken: Überlegen Sie, wie sich ein Beitrag auf die Zukunft Ihres Kindes auswirken könnte.
  • Aufklärung: Sprechen Sie mit älteren Kindern darüber, welche Inhalte sie online haben möchten und welche nicht.
  • Sichere Plattformen nutzen: Verwenden Sie geschlossene Gruppen oder private Cloud-Dienste, um Bilder mit der Familie zu teilen.

Sharenting auf Plattformen wie YouTube

 

Besonders auf YouTube wird Sharenting häufig zur Vermarktung genutzt. Familienkanäle, in denen Kinder im Mittelpunkt stehen, generieren hohe Einnahmen durch Werbepartnerschaften. Doch die kommerzielle Nutzung von Kinderbildern ist ethisch umstritten und birgt besondere Risiken:

  • Überexposition: Kinder stehen dauerhaft im Rampenlicht, was ihre Privatsphäre massiv beeinträchtigt.
  • Monetarisierung: Die finanzielle Nutzung von Kinderbildern wirft moralische Fragen auf.

 

Wie könnte die Zukunft von Sharenting aussehen?

 

Mit der wachsenden Sensibilisierung für Datenschutzfragen wird Sharenting zunehmend kritisch hinterfragt. Es ist wahrscheinlich, dass gesetzliche Regelungen strenger werden und Plattformen mehr Tools anbieten, um die Privatsphäre zu schützen. Gleichzeitig wird erwartet, dass Technologien wie KI den Missbrauch von Bildern erschweren könnten.

Fazit: Bewusster Umgang ist entscheidend

 

Sharenting bietet Eltern die Möglichkeit, wichtige Momente zu teilen, birgt jedoch erhebliche Risiken. Eltern tragen die Verantwortung, die Privatsphäre und Sicherheit ihrer Kinder zu wahren. Durch einen bewussten Umgang mitsozialen Medien können sie das digitale Wohlbefinden ihrer Kinder schützen und gleichzeitig die schönen Seiten des Teilens genießen. Die wichtigste Frage bleibt: Möchten Sie, dass Ihr Kind selbst entscheiden kann, welche Spuren es im Netz hinterlässt?

FAQs

 

Was ist Sharenting?
Sharenting beschreibt das Teilen von Kinderbildern und Informationen durch Eltern auf sozialen Medien.

Welche Risiken birgt Sharenting?
Dazu zählen Datenschutzverletzungen, Missbrauch von Bildern, Cyberkriminalität und psychologische Auswirkungen.

Ist Sharenting strafbar?
Nein, aber es kann strafrechtlich relevant werden, wenn Inhalte gegen Gesetze verstoßen.

Wie kann man sicher Sharenting betreiben?
Indem man Privatsphäre-Einstellungen nutzt, sensible Informationen vermeidet und die Sichtbarkeit der Inhalte einschränkt.

Gibt es Alternativen zu Sharenting?
Ja, geschlossene Plattformen oder Cloud-Dienste bieten sichere Alternativen zum öffentlichen Teilen von Kinderbildern.

Über den Autor
Tommy Kujus ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Strafrecht. Er ist Inhaber der Leipziger Kanzlei KUJUS Strafverteidigung, und bundesweit als Strafverteidiger tätig.

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