Sexuelle Belästigung

Ob im Club, auf dem Heimweg oder gar am Arbeitsplatz – in vielen Situation kommt es zu sexueller Belästigung. Diese ist gem. § 184i StGB seit 2016 strafbar. Was genau darunter zu verstehen ist, welche Voraussetzungen erfüllt sein müssen und welche Strafen drohen können, erfahren Sie im folgenden Beitrag. 

Autor

Tommy Kujus

Aktualisiert am

30.10.2024

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Was ist eine „sexuelle Belästigung“?

Eine solche Tat liegt vor, wenn der Täter das Opfer gegen dessen Willen vorsätzlich körperlich berührt und hierdurch eine unangemessene, sexuell herabwürdigende Situation entstehen lässt.

Der § 184i StGB hat im Rahmen der Strafrechtsreform Ende 2016 Einzug in das Strafgesetzbuch gefunden. Mit der Vorschrift soll strafwürdiges Verhalten erfasst werden, welches noch nicht die Schwelle zu den eng gefassten Vorschriften wie etwa der sexuellen Nötigung überschreitet.

Wann ist eine „sexuelle Belästigung“ strafbar?

Der Straftatbestand schützt die sexuelle Selbstbestimmung des Opfers.

Um sich nach § 184i StGB strafbar zu machen, müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein.

Tatsubjekt: Jede Person

Opfer einer sexuellen Belästigung kann jeder sein.

Tathandlung: Körperliche Berührung

Der Täter müsste das Opfer in einer sexuell bestimmten Weise körperlich berührt haben. Die Vorschrift setzt also einen Körperkontakt sexueller Natur voraus.

Fehlt es schon an einer Berührung, kommt eine Strafbarkeit nach der Vorschrift nicht in Betracht ( sog. “verbale Belästigung”). Worte oder Gesten unterfallen daher nicht der Strafbarkeit nach § 184i StGB. Allerdings kann ein solches Verhalten den Tatbestand einer (sexuellen) Beleidigung nach § 185 StGB erfüllen. Hierunter können anzügliche Sprüche ebenso fallen wie obszöne Gesten.

Freilich ist nicht jede Berührung strafbar. Eine Berührung erfolgt in sexuell bestimmter Weise, soweit sie der sexuellen Motivation des Täters dient. Dabei wird auf den subjektiven Willen des Täters abgestellt.

Die Grenzen verlaufen fließend. Es sind eine Fülle von Fallgestaltungen denkbar. Eine Strafbarkeit kommt beispielsweise in Betracht bei:

  • Berühren von Brust und Po
  • Fassen zwischen die Beine
  • Küssen auf Hals oder Mund
  • „Begrapschen“ und „Antanzen“

Das Opfer einer sexuellen Belästigung muss sich zudem durch die Berührung belästigt fühlen. Belästigen bedeutet, dass das Opfer in seinem Empfinden nicht unerheblich beeinträchtigt ist. Das Hervorrufen von Belustigung oder Verwunderung ist nicht ausreichend.

Vorsatz

Der Täter muss die sexuelle Belästigung vorsätzlich begangen haben. Er muss diese also mit Wissen und Wollen verwirklicht haben. Hierbei ist ausreichend, dass der Täter den Straftatbestand billigend in Kauf genommen und zumindest für möglich gehalten hat (sog. Eventualvorsatz).

Versuch

Der Versuch der sexuellen Belästigung nach § 184i Abs. 1 StGB ist mangels gesetzlicher Verankerung nicht strafbar.

Strafantrag

Bei der sexuellen Belästigung handelt es sich um ein sogenanntes relatives Antragsdelikt, vgl. § 184i Abs. 3 StGB. Das bedeutet, dass ein Antrag des Geschädigten bzw. des gesetzlichen Vertreters erfolgen muss oder die Strafverfolgungsbehörde (Staatsanwaltschaft) setzt sich über das Fehlen eines Antrages hinweg, wenn ein besonderes öffentliches Interesse an der Strafverfolgung besteht.

Beispiele aus der Praxis

Folgende Fallgruppen der sexuellen Belästigung sind besonders praxisrelevant.

Sexuelle Belästigung aus Gruppen

Als Reaktion auf die „Kölner Silvesternacht“ wurde der § 184j StGB ins Gesetz aufgenommen. Danach macht sich strafbar, wer aus einer Gruppe heraus eine sexuelle Belästigung fördert.

Begeht ein Beteiligter der Gruppe eine Tat nach § 184i StGB, machen sich auch die weiteren Mitglieder der Gruppe strafbar, wenn die Gruppe eine Person zur Begehung der Tat drängt.

Diese Strafnorm weitet die Strafbarkeit ins nahezu Unermessliche aus, weshalb gerade dieser Tatbestand auf heftige Kritik gestoßen ist. Unter konsequenter Anwendung wären auch JunggeselleInnen-Abschiede strafbar.

Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz

Besonders häufig kommen sexuelle Belästigungen am Arbeitsplatz vor.

Angefangen bei „Altherrenwitzen“ und unangebrachten „Komplimenten“ über den „zufälligen“ Körperkontakt bis hin zu eindeutigen Gesten, Anspielungen und Berührungen. Die Fallgestaltungen der Belästigungen am Arbeitsplatz sind mannigfaltig.

Während bloße verbale Entgleisungen allenfalls nach § 185 StGB (Beleidigung) strafbar sein können, kommt bei jeglichem Körperkontakt eine Strafbarkeit wegen einer sexuellen Belästigung in Betracht.

Unabhängig von einer strafrechtlichen Relevanz drohen arbeitsrechtliche Konsequenzen – z.B. eine Abmahnung oder die fristlose Kündigung.

Sexuelle Belästigung in der Fahrschule

Das Berühren der Oberschenkel des Fahrschülers, der Griff an die Hand beim Schalten oder Lenken bzw. „unabsichtliche“ Berührungen…

Der Verdacht einer sexuellen Belästigung kommt bei Fahrlehrern häufig auf. Es steht zumeist die Aussage des Fahrschülers gegen die Aussage des Fahrlehrers.

Sexuelle Belästigung in der Schule

In der Schule oder in Sportvereinen kann es zu sexuellen Belästigungen kommen. Denkbar ist etwa der unnötige Körperkontakt im Rahmen des Unterrichts durch einen Lehrer.

Hier wird in aller Regel eine Strafbarkeit wegen eines sexuellen Missbrauchs Schutzbefohlener nach § 174 StGB vorliegen!

Sexuelle Belästigung in der Pflege

Sexuelle Übergriffe finden auch in der Pflege statt.

Möglich sind Übergriff der Pfleger gegenüber den Patienten. Aber auch Belästigungen der Patienten gegenüber ihren Pflegern sind bekannt geworden.

Strafe

Die sexuelle Belästigung nach § 184i Abs. 1 StGB wird mit einer Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit einer Geldstrafe bestraft. Eine dahingehende Strafe erfolgt jedoch nur dann, wenn die Tat nicht durch eine andere Vorschrift mit schwerer Strafe bedroht ist.

In besonders schweren Fällen droht eine Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren (vgl. § 184i Abs. 2 StGB). Eine Geldstrafe ist dann nicht möglich. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn die Tat von mehreren gemeinschaftlich begangen wird.

Die konkrete Strafe hängt von einer Fülle weiterer Faktoren ab. Gab es Vorverurteilungen? Wie schwer wiegt die Tat? Wie sah das Nachtatverhalten aus? Dies sind nur einige der Tatsachen, die sich auf die Strafe auswirken können.

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Über den Autor
Tommy Kujus ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Strafrecht. Er ist Inhaber der Leipziger Kanzlei KUJUS Strafverteidigung, und bundesweit als Strafverteidiger tätig.

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