Anklage

Wird Ihnen eine Anklageschrift zugestellt, markiert dies den Abschluss des Ermittlungsverfahrens. Die Staatsanwaltschaft erhebt die öffentliche Anklage bei Gericht, wenn ein sogenannter „hinreichender Tatverdacht“ besteht. Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass in einer Hauptverhandlung vor Gericht eine Verurteilung wahrscheinlicher ist als ein Freispruch.

Anklage

Die Anklage im Strafverfahren verstehen

Wenn die Staatsanwaltschaft eine Anklageschrift bei Gericht einreicht, markiert das eine entscheidende Wende im Strafverfahren. Für den Beschuldigten beginnt jetzt die Phase der gerichtlichen Auseinandersetzung – mit allen Risiken, aber auch mit Chancen.

Was ist eine Anklageschrift?

Die Anklageschrift ist ein zentrales Instrument der Strafverfolgung. Sie enthält den Tatvorwurf, eine Sachverhaltsdarstellung und die rechtliche Bewertung durch die Staatsanwaltschaft. Doch Vorsicht: Eine Anklageschrift ist keinesfalls eine Vorverurteilung. Vielmehr handelt es sich um die Behauptung der Staatsanwaltschaft, dass ein sogenannter „hinreichender Tatverdacht“ besteht.

Die gesetzliche Grundlage liefert § 170 Abs. 1 StPO:

„Bieten die Ermittlungen genügenden Anlass zur Erhebung der öffentlichen Klage, so erhebt die Staatsanwaltschaft sie durch Einreichung einer Anklageschrift bei dem zuständigen Gericht.“

Bedeutung des hinreichenden Tatverdachts

Der hinreichende Tatverdacht ist das rechtliche Minimum, das zur Erhebung der Anklage führen darf. Er liegt vor, wenn nach Abschluss der Ermittlungen eine Verurteilung wahrscheinlicher ist als ein Freispruch. Das Gericht muss diesen Verdacht prüfen, bevor es das Hauptverfahren eröffnet – also eine Art Vorprüfung durchführen.

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Wann erhebt die Staatsanwaltschaft Anklage?

Eine Anklage wird nur dann erhoben, wenn die Staatsanwaltschaft nicht auf andere Verfahrensbeendigungen zurückgreift – etwa eine Einstellung gemäß § 153 oder § 153a StPO oder einen Strafbefehl. Die Entscheidung zur Anklage ist somit stets auch eine bewusste Ablehnung solcher Alternativen.

Ablauf nach Erhalt der Anklageschrift

Ruhe bewahren – nicht vorschnell reagieren

Viele Beschuldigte verspüren nach Erhalt einer Anklageschrift den Drang, sich sofort zu rechtfertigen. Doch das ist gefährlich. In dieser Phase gilt: Schweigen ist Gold.

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Reaktionsfristen beachten

Nach Zustellung der Anklageschrift wird das Gericht in der Regel auffordern, innerhalb von 1 bis 2 Wochen Stellung zu nehmen oder Beweismittel zu benennen. Doch auch hier sollte keine voreilige Antwort erfolgen – jede Reaktion muss mit dem Verteidiger abgestimmt werden.

Wann kommt es zur Verhandlung?

Wird das Verfahren eröffnet, legt das Gericht einen Termin für die Hauptverhandlung fest. Die Zeitspanne bis dahin variiert je nach Gerichtsauslastung, Umfang der Anklage und Beteiligten. In der Regel vergehen mehrere Wochen bis Monate.

Rechte und Pflichten des Angeklagten

Schweigerecht

Als Angeklagter sind Sie nicht verpflichtet, sich zur Sache zu äußern. Sie haben das Recht zu schweigen – und sollten davon Gebrauch machen, bis ein Strafverteidiger die Akte geprüft hat.

Akteneinsicht

Ein entscheidendes Werkzeug der Verteidigung ist die Akteneinsicht, die nur über den Verteidiger möglich ist. Erst nach Einsicht in die Ermittlungsakte lässt sich die Verteidigungsstrategie fundiert aufbauen.

Rolle des Strafverteidigers im Anklagestadium

Ein erfahrener Strafverteidiger analysiert die Anklageschrift auf rechtliche und tatsächliche Schwächen. Häufig besteht die Möglichkeit, bereits im sogenannten Zwischenverfahren die Eröffnung des Hauptverfahrens zu verhindern – etwa durch einen Antrag auf Nichteröffnung.

Strategien zur Verfahrensbeendigung

Oft gelingt es durch geschicktes Agieren, die Einstellung des Verfahrens doch noch zu erreichen – auch nach Anklageerhebung. Dies setzt allerdings frühzeitige Verteidigung und aktiven Dialog mit Gericht oder Staatsanwaltschaft voraus.

Unterschiede zwischen Anklage und Strafbefehl

Ein Strafbefehl ist ein schriftliches Urteil ohne Hauptverhandlung. Im Gegensatz dazu stellt die Anklage keine Entscheidung dar, sondern lediglich eine Einleitung des gerichtlichen Verfahrens. Eine Verurteilung muss erst durch Beweisaufnahme im Prozess erfolgen.

Das Zwischenverfahren

Bevor es zur Hauptverhandlung kommt, prüft das Gericht im Zwischenverfahren, ob die Anklage zulässig ist. Dieses Verfahren dient der Filterung unzulässiger oder unzureichend begründeter Anklagen – ein wichtiger Ansatzpunkt für die Verteidigung.

Öffentlichkeitswirkung und berufliche Folgen

Eine Anklage kann – je nach Tatvorwurf – erhebliche Auswirkungen auf das berufliche und soziale Umfeld haben. Arbeitgeber, Medien oder Bekannte reagieren sensibel. Auch wenn noch keine Verurteilung vorliegt, kann bereits die öffentliche Hauptverhandlung belastend wirken.

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Pflichtverteidigung

Liegt ein Fall schwerer Kriminalität vor oder besteht ein gesetzlicher Fall der Pflichtverteidigung (z. B. bei Untersuchungshaft), so wird dem Angeklagten ein Verteidiger beigeordnet. Auch hier lohnt es sich, auf einen erfahrenen Strafverteidiger des Vertrauens zu bestehen.

Fazit: Eine Anklage ist kein Urteil – aber sie verlangt professionelle Reaktion

Die Zustellung einer Anklageschrift ist kein Grund zur Panik – aber ein klares Warnsignal. Sie zeigt: Die Staatsanwaltschaft ist von ihrer Sicht überzeugt. Doch das bedeutet nicht, dass eine Verurteilung bevorsteht.

Eine kluge, strategische Strafverteidigung kann das Blatt wenden – oft schon vor der ersten Verhandlung.


FAQs zur Anklageschrift

Was ist eine Anklageschrift im Strafrecht?
Die Anklageschrift ist das offizielle Dokument, mit dem die Staatsanwaltschaft ein Strafverfahren vor Gericht bringt. Sie enthält Tatvorwurf, rechtliche Bewertung und eine Begründung für den hinreichenden Tatverdacht.

Was bedeutet „hinreichender Tatverdacht“?
Das Gericht muss nach Prüfung der Akte davon ausgehen können, dass eine Verurteilung wahrscheinlicher ist als ein Freispruch – nur dann wird das Hauptverfahren eröffnet.

Was passiert nach Erhalt einer Anklageschrift?
Das Gericht prüft die Anklage im Zwischenverfahren. Der Angeklagte sollte keine Erklärungen abgeben und umgehend einen Strafverteidiger konsultieren.

Wie lange dauert es bis zur Hauptverhandlung?
Je nach Komplexität des Falls und Auslastung des Gerichts vergehen in der Regel mehrere Wochen bis Monate zwischen Anklage und Verhandlung.

Kann eine Anklage noch abgewendet werden?
Ja. Im Zwischenverfahren kann ein Antrag auf Nichteröffnung gestellt werden. Auch eine Einstellung nach § 153 oder § 153a StPO ist unter Umständen noch möglich.