Bankrott – § 283 StGB

Wenn eine Person zahlungsunfähig gegenüber den Gläubigern ist, ist das für beide Parteien ein großes Problem. Je nachdem, wie mit dieser Zahlungsunfähigkeit umgegangen wird oder diese herbeigeführt wurde, kann dabei auch der Strafbestand des „Bankrotts“ gem. § 283 StGB verwirklicht werden.

Inhalt

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer bei Überschuldung oder bei drohender oder eingetretener Zahlungsunfähigkeit

(2) Ebenso wird bestraft, wer durch eine der in Absatz 1 bezeichneten Handlungen seine Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit herbeiführt.

(3) Der Versuch ist strafbar.

(4) Wer in den Fällen wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(5) Wer in den Fällen wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(6) Die Tat ist nur dann strafbar, wenn der Täter seine Zahlungen eingestellt hat oder über sein Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet oder der Eröffnungsantrag mangels Masse abgewiesen worden ist.

Bankrott nach § 283 StGB

Wer in eine wirtschaftliche Notlage gerät, ist nicht automatisch strafbar. Doch wer in einer solchen Situation Vermögen beiseiteschafft, Buchführungsunterlagen vernichtet oder Gläubiger bewusst täuscht, kann sich wegen Bankrott strafbar machen. Der Straftatbestand soll Gläubiger schützen und eine ordnungsgemäße Abwicklung wirtschaftlicher Krisen sicherstellen. Gerade Selbstständige, Unternehmer oder Geschäftsführer geraten häufig ins Visier der Ermittlungsbehörden – oft auch dann, wenn ihnen die Tragweite ihres Handelns nicht bewusst war.

Was genau unter Bankrott zu verstehen ist, wann eine Strafbarkeit vorliegt und wie man sich im Ermittlungsverfahren richtig verhält, erfahren Sie in diesem Beitrag.


Wann macht man sich wegen Bankrotts strafbar?

Der § 283 StGB umfasst eine Vielzahl von Handlungen, die in wirtschaftlich kritischen Situationen strafbar sein können. Voraussetzung ist stets, dass sich der Betroffene in einer Krise befindet – sei es durch Zahlungsunfähigkeit, drohende Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung. Wer dann bestimmte Handlungen vornimmt, kann wegen Bankrotts belangt werden.


Typische Bankrotthandlungen

Das Gesetz nennt mehrere Varianten, die zu einer Strafbarkeit führen können. Dazu gehören insbesondere:

  • das Beiseiteschaffen oder Verheimlichen von Vermögenswerten,

  • das Eingehen von unangemessenen Verlustgeschäften,

  • das Fälschen, Vernichten oder Unterdrücken von Buchführungsunterlagen,

  • das Unterlassen der Buchführung bei Buchführungspflicht,

  • das Verschleppen eines Insolvenzantrags,

  • oder das Täuschen über Vermögensbestandteile.


Beispiel aus der Praxis

Ein Unternehmer erkennt, dass sein Betrieb wirtschaftlich nicht überlebensfähig ist. Anstatt rechtzeitig Insolvenz anzumelden, verkauft er das Firmenfahrzeug unter Wert an einen Verwandten, überträgt Bargeld auf ein Auslandskonto und vernichtet belastende Unterlagen. Wenige Wochen später wird das Insolvenzverfahren eröffnet – die Handlungen werden entdeckt. Es droht eine Anklage wegen Bankrott in mehreren Varianten.


Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein?

Eine Strafbarkeit setzt voraus:

  • eine wirtschaftliche Krise – etwa durch Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung,

  • eine konkrete Bankrotthandlung – wie das Verschleiern von Vermögen oder das Unterlassen der Buchführung,

  • und Vorsatz – also das bewusste Handeln in Kenntnis der wirtschaftlichen Lage.

Fahrlässiges Verhalten ist nach § 283 StGB nicht strafbar. Allerdings kann in bestimmten Fällen auch § 283b StGB (Verletzung der Buchführungspflicht) einschlägig sein, der bereits fahrlässiges Unterlassen unter Strafe stellt.


Welche Strafe droht?

Für Bankrott sieht das Gesetz eine Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe vor.
In besonders schweren Fällen – etwa bei umfangreichen Vermögensschäden, wiederholter Tat oder bandenmäßigem Vorgehen – droht sogar eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren (§ 283a StGB).


Besonders schwerer Fall des Bankrotts (§ 283a StGB)

Ein besonders schwerer Fall liegt vor, wenn bestimmte Umstände die Tat als besonders verwerflich erscheinen lassen. Das Gesetz nennt hierzu sogenannte Regelbeispiele, bei deren Vorliegen regelmäßig ein besonders schwerer Fall angenommen wird. Eine zwingende Annahme besteht aber nicht – das Gericht prüft stets den Einzelfall.

Typische Regelbeispiele

  • Gewerbsmäßige Begehung: Wer den Bankrott begeht, um sich wiederholt und dauerhaft eine Einnahmequelle zu verschaffen, etwa durch systematische Vermögensverschiebung oder wiederholte Insolvenzfälle.

  • Großer Umfang: Wenn durch die Tat erhebliche Vermögenswerte betroffen sind – etwa bei Schäden im sechsstelligen Bereich oder einer Vielzahl von Gläubigern.

  • Missbrauch der Organstellung: Wenn ein Geschäftsführer, Vorstand oder Prokurist seine besondere Vertrauensstellung ausnutzt, um Handlungen zu verschleiern oder zu ermöglichen.

  • Bandenmäßiges Vorgehen: Wenn mehrere Personen arbeitsteilig zusammenwirken, um wirtschaftliche Vorteile durch Bankrotthandlungen zu erzielen.

Strafandrohung

Der besonders schwere Fall des Bankrotts wird nach § 283a StGB mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren bestraft. Eine Geldstrafe ist hier nicht mehr möglich. Das bedeutet, dass selbst bei Ersttätern grundsätzlich eine Freiheitsstrafe verhängt wird – in der Praxis oft zur Bewährung, in gravierenden Fällen aber auch ohne.

Beispiel aus der Praxis

Ein Unternehmer verschiebt vor der absehbaren Insolvenz Vermögenswerte auf ausländische Konten, verkauft Maschinen an Angehörige unter Wert und vernichtet Belege. Es entsteht ein Schaden von über 500.000 Euro. Die Staatsanwaltschaft stuft den Fall als besonders schwer ein. Trotz Geständnis und Schadenswiedergutmachung wird eine Freiheitsstrafe von einem Jahr auf Bewährung verhängt.


Unterschied zu Insolvenzverschleppung

Der Straftatbestand der Insolvenzverschleppung (§ 15a InsO) betrifft nur bestimmte Personengruppen – nämlich Geschäftsführer und Vorstände juristischer Personen.
Bankrott (§ 283 StGB) kann hingegen auch natürliche Personen treffen – etwa Freiberufler, Einzelunternehmer oder Selbstständige.
Beide Tatbestände können nebeneinander stehen, müssen aber gesondert geprüft werden.
Beim besonders schweren Fall (§ 283a StGB) handelt es sich nicht um ein eigenständiges Delikt, sondern um eine Qualifikation des Grundtatbestands.


Verteidigung im Ermittlungsverfahren

Bankrottvorwürfe sind komplex und häufig von wirtschaftlichen Missverständnissen geprägt. Eine effektive Verteidigung setzt an mehreren Punkten an:

  • War tatsächlich eine wirtschaftliche Krise gegeben?

  • Gab es einen nachweisbaren Vorsatz?

  • Wurden die Handlungen wirklich zur Gläubigerbenachteiligung vorgenommen?

  • Liegt ein besonders schwerer Fall tatsächlich vor oder kann dieser entkräftet werden?

  • Gibt es plausible wirtschaftliche Gründe oder strafmildernde Umstände?

Oft lassen sich Verfahren bereits im Ermittlungsstadium durch gezielte Aufklärung und Kooperation mit den Behörden beenden – etwa durch Rückabwicklung, Schadensausgleich oder Nachweis fehlender Bereicherungsabsicht.


Rolle von Insolvenzverwaltern und Strafanzeigen

Viele Bankrottverfahren werden durch Hinweise von Insolvenzverwaltern oder Gläubigern ausgelöst. Diese sind verpflichtet, Unregelmäßigkeiten zu melden. Auch Finanzämter oder Sozialversicherungsträger erstatten regelmäßig Anzeige, wenn Zahlungsverpflichtungen ausbleiben oder Buchhaltungsunterlagen fehlen.


Abgrenzung zu weiteren Straftatbeständen

Gerade bei besonders schweren Fällen können weitere Tatbestände in Betracht kommen, etwa:

  • Untreue (§ 266 StGB),

  • Betrug (§ 263 StGB),

  • Steuerhinterziehung (§ 370 AO),

  • oder Insolvenzverschleppung (§ 15a InsO).

In komplexen Wirtschaftsstrafsachen ist die genaue Einordnung entscheidend für das Strafmaß und mögliche Nebenfolgen wie Berufsverbote oder Schadensersatzansprüche.


Anzeige erhalten?

Der Vorwurf des (besonders schweren) Bankrotts ist ernst – insbesondere für Selbstständige oder Geschäftsführer, die mit hohen Haftungsrisiken konfrontiert sind. Eine frühzeitige juristische Einschätzung kann helfen, Risiken einzugrenzen und unnötige Eskalationen zu vermeiden. Wer bereits Post von Polizei, Staatsanwaltschaft oder Insolvenzverwalter erhalten hat, sollte keine voreiligen Angaben machen, sondern professionelle Unterstützung suchen.


Häufige Fragen zum Bankrott nach § 283 und § 283a StGB

Was ist der Unterschied zwischen Bankrott und Insolvenzverschleppung?
Bankrott betrifft alle wirtschaftlich Tätigen – auch Einzelpersonen. Insolvenzverschleppung nur Organvertreter wie Geschäftsführer oder Vorstände.

Wann liegt ein besonders schwerer Fall vor?
Wenn mindestens eines der Regelbeispiele des § 283a StGB erfüllt ist – etwa gewerbsmäßiges Handeln, großer Schaden oder Missbrauch einer Vertrauensstellung.

Muss ein Insolvenzverfahren eröffnet sein, damit Bankrott vorliegt?
Nein – es reicht, wenn eine wirtschaftliche Krise bestand. Die Einleitung des Verfahrens ist nicht erforderlich.

Ist auch fahrlässiges Verhalten strafbar?
Nicht nach § 283 StGB – wohl aber nach § 283b StGB, wenn es um Buchführungspflichten geht.

Wie kann man sich verteidigen?
Durch Nachweis fehlender Gläubigerbenachteiligung, fehlenden Vorsatzes, wirtschaftlicher Notwendigkeit oder durch Entkräftung der Voraussetzungen eines besonders schweren Falls.

Was droht bei Verurteilung?

  • Nach § 283 StGB: Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren (oft mit Bewährung).

  • Nach § 283a StGB: Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren – in minder schweren Fällen mit Bewährung möglich.

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