Verstoß gegen das Berufsverbot
Ein Berufsverbot kann die berufliche Existenz zerstören und weitreichende Folgen für Betroffene haben. Doch wann wird es verhängt? Welche Berufe sind besonders gefährdet? Und welche Strafen drohen, wenn man trotz eines Verbots weiterarbeitet?

Ein Berufsverbot ist eine der härtesten Maßnahmen, die das Strafrecht kennt. Es greift tief in das grundgesetzlich geschützte Recht auf freie Berufsausübung ein. Wer ein solches Verbot missachtet, macht sich strafbar – mit teils gravierenden Folgen. § 145c Strafgesetzbuch (StGB) stellt diese Missachtung unter Strafe. Doch wann liegt ein Verstoß tatsächlich vor? Und wie kann man sich als Beschuldigter erfolgreich verteidigen?
Dieser Artikel bietet eine umfassende juristische Analyse für Betroffene, Rechtsanwälte und alle, die beruflich mit Strafrecht zu tun haben.
Was ist ein Berufsverbot?
Ein Berufsverbot ist eine gerichtliche Maßnahme, mit der jemandem die Ausübung eines bestimmten Berufs, Berufszweigs, Gewerbes oder Gewerbezweigs untersagt wird. Es kommt insbesondere dann zum Einsatz, wenn der Täter im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit Straftaten begangen hat und die Gefahr besteht, dass er dies erneut tut.
Gesetzliche Grundlage
Das Berufsverbot kann nach § 70 StGB als Nebenstrafe oder eigenständige Maßregel verhängt werden. Daneben gibt es die Möglichkeit eines vorläufigen Berufsverbots gemäß § 132a StPO bereits im Ermittlungsverfahren – z. B. bei Ärzten, Anwälten oder Erziehern.
Rechtsgrundlage für den Verstoß: § 145c StGB
§ 145c StGB – Verstoß gegen das Berufsverbot:
„Wer einen Beruf, einen Berufszweig, ein Gewerbe oder einen Gewerbezweig für sich oder einen anderen ausübt oder durch einen anderen für sich ausüben lässt, obwohl dies ihm oder dem anderen strafgerichtlich untersagt ist, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.“
Ziel der Norm ist es, die Durchsetzungskraft strafgerichtlicher Entscheidungen zu sichern und die Allgemeinheit vor gefährlichen Wiederholungstätern zu schützen.
Tatbestandsmerkmale im Detail

1. Objektive Voraussetzungen
Strafgerichtlich angeordnetes Berufsverbot
Erforderlich ist ein rechtskräftiges oder vorläufiges Berufsverbot, das auf § 70 StGB oder § 132a StPO basiert. Verwaltungsrechtliche oder berufsrechtliche Einschränkungen (z. B. Entzug der Approbation) genügen nicht.
Berufsausübung trotz Verbots
Der Täter muss einen Beruf, ein Gewerbe oder entsprechende Tätigkeiten ausüben – entweder persönlich, durch einen anderen oder für einen anderen. Bereits ein einmaliger Verstoß genügt.
2. Subjektiver Tatbestand – Vorsatz
Strafbar ist nur, wer vorsätzlich handelt. Der Täter muss also wissen oder zumindest billigend in Kauf nehmen, dass seine Tätigkeit unter das Berufsverbot fällt. Fahrlässigkeit genügt nicht.
Abgrenzung erlaubter und verbotener Tätigkeiten
Ein zentraler Punkt in der juristischen Praxis: Welche Tätigkeiten sind trotz Berufsverbot erlaubt?
Erlaubt sind:
- Tätigkeiten außerhalb des berufsbildtypischen Rahmens
- rein organisatorische, nicht beratende oder behandelnde Aufgaben
- gelegentliche private Gefälligkeiten ohne Honorar
Verboten sind:
- jede berufstypische Tätigkeit (z. B. Patientenbehandlung, Rechtsberatung)
- verdeckte Tätigkeit über Dritte oder Scheinanstellungen
- Beratungen mit Außenwirkung
Beispiel: Ein gesperrter Arzt, der weiterhin medizinisch berät oder behandelt – auch telefonisch – macht sich strafbar. Ein gesperrter Steuerberater, der Mandate in fremdem Namen bearbeitet, ebenso.
Unterschied zwischen Berufsverbot und Beschäftigungsverbot
Oftmals werden Berufsverbot und Beschäftigungsverbot verwechselt – dabei handelt es sich um zwei völlig unterschiedliche rechtliche Institute mit verschiedenen Zielrichtungen und Rechtsfolgen:
Merkmal | Berufsverbot | Beschäftigungsverbot |
---|---|---|
Rechtsgrundlage | Strafrecht (§ 70 StGB), § 132a StPO | Arbeitsrecht, Mutterschutzgesetz |
Zielsetzung | Schutz der Allgemeinheit vor Rückfalltaten | Schutz der betroffenen Person |
Verhängung durch | Strafgericht | Arzt, Arbeitgeber oder Behörde |
Dauer | Befristet (1–5 Jahre) oder lebenslang | Vorübergehend (z. B. bei Schwangerschaft, Krankheit) |
Anlass | Straftat mit Berufsbezug oder grobe Pflichtverletzung | Gesundheitsgefahren, Mutterschutz |
Beispiele | Verurteilte Ärzte, Anwälte, Lehrer, Polizisten | Schwangere Mitarbeiterinnen, gesundheitlich gefährdete Personen |
Die Unterscheidung ist insbesondere im Hinblick auf die Strafbarkeit nach § 145c StGB entscheidend: Nur das strafgerichtlich angeordnete Berufsverbot ist Grundlage für eine strafrechtliche Verfolgung bei Verstoß.
Strafrahmen und mögliche Sanktionen
Die Norm sieht eine Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe vor. In der Praxis entscheiden Gerichte abhängig von:
- der Dauer und Intensität des Verstoßes,
- Wiederholungscharakter,
- wirtschaftlichen Folgen für Dritte,
- Einsicht und Kooperation des Täters.
Zusätzliche Konsequenzen können sein:
- Eintrag ins Führungszeugnis
- Verlängerung des Berufsverbots
- Bewährungswiderruf bei Vorstrafen
Verfassungsrechtliche Grenzen: Art. 12 GG
Das Berufsverbot greift massiv in Art. 12 GG (Berufsfreiheit) ein. Daher gilt:
- Es muss ein besonders wichtiges Rechtsgut gefährdet sein.
- Das Berufsverbot muss geeignet, erforderlich und angemessen sein.
- Die konkrete Tätigkeit muss eine Gefahr für Rechtsgüter darstellen.
Daraus folgt: Wenn das Berufsverbot verfassungswidrig ist, entfällt auch die Strafbarkeit nach § 145c StGB. Dies kann Gegenstand einer Verteidigung sein.
Verteidigungsstrategien im Strafverfahren

1. Wirksamkeit des Berufsverbots prüfen
War das Verbot formal korrekt? Wurde es ordnungsgemäß zugestellt? Wurde die Rechtsmittelbelehrung beachtet?
2. Subjektiven Tatbestand angreifen
Wusste der Betroffene wirklich, dass er gegen das Berufsverbot verstößt? Oder handelt es sich um einen Grenzfall?
3. Tätigkeitsabgrenzung argumentieren
Lag tatsächlich eine berufsbildtypische Tätigkeit vor? Oder eine administrative, untergeordnete Rolle?
4. Prozessuale Optionen nutzen
- Einstellung nach § 153 StPO (bei geringer Schuld)
- Strafbefehlsabwehr und mündliche Hauptverhandlung
- Aufhebung oder Verkürzung des Berufsverbots beantragen
Gerichtliche Praxis und Rechtsprechung
Die Rechtsprechung bestätigt regelmäßig, dass bereits geringe Verstöße zur Strafbarkeit führen können.
Beispielhafte Urteile:
- LG Köln: Ein gesperrter Mediziner führte Online-Beratungen durch – verurteilt trotz fehlendem Patientenkontakt.
- AG München: Steuerberater führte Beratungen unter fremdem Namen – Verurteilung trotz formaler Anonymisierung.
Gerichte betonen stets: Entscheidend ist die tatsächliche Tätigkeit, nicht die Bezeichnung oder der äußere Anschein.
Praxistipps: So vermeiden Sie strafbare Verstöße
- Lassen Sie jede geplante Tätigkeit vorab anwaltlich prüfen.
- Seien Sie transparent gegenüber potenziellen Auftraggebern.
- Dokumentieren Sie Ihre Tätigkeitsbereiche genau.
- Vermeiden Sie jede Art von Berufsausübung, auch indirekt.
- Bei Ermittlungen: sofort einen Strafverteidiger einschalten.
FAQ – Häufig gestellte Fragen zum § 145c StGB
Was gilt als „Berufsausübung“?
Alle Tätigkeiten, die dem Berufsbild entsprechen – unabhängig von Bezeichnung, Dauer oder Bezahlung.
Was passiert bei einem einmaligen Verstoß?
Auch eine einmalige Tätigkeit kann strafbar sein. Die Gerichte prüfen streng.
Gibt es Ausnahmen?
Nur Tätigkeiten ohne Außenwirkung und ohne berufsbildtypischen Inhalt sind erlaubt.
Wie kann ich ein Berufsverbot aufheben?
Durch Antrag nach Ablauf der Sperrfrist, mit Nachweis der persönlichen Eignung.
Ist der Versuch strafbar?
Nein – § 145c StGB stellt nur vollendete Taten unter Strafe.
Fazit: Klare Grenzen – starke Verteidigung nötig
§ 145c StGB ist eine klar gefasste, aber weitreichende Norm. Sie schützt die Rechtsstaatlichkeit, kann jedoch bei unklarer Tätigkeit schnell zur Falle werden. Für Betroffene ist es essenziell, rechtzeitig zu reagieren und die eigene Position durch eine fundierte Verteidigungsstrategie zu stärken.
Unsere Kanzlei steht Ihnen hierbei als starker Partner zur Seite. Vereinbaren Sie ein vertrauliches Beratungsgespräch – bevor es zu spät ist.