Diebstahl mit Waffen

Schnell kann ein „einfacher“ Diebstahl zu einem Diebstahl mit Waffen werden, der ein höheres Strafmaß nach sich zieht. In diesem Betrag erfahren Sie, unter welchen Voraussetzungen eine solche Tat strafbar ist.

Diebstahl mit Waffen

Was versteht man unter „Diebstahl mit Waffen“?

„Diebstahl mit Waffen“ ist keine eigene Straftat im engeren Sinne, sondern eine sogenannte Qualifikation des einfachen Diebstahls nach § 242 StGB. Sie liegt dann vor, wenn ein Täter beim Diebstahl eine Waffe, ein gefährliches Werkzeug oder ein bestimmtes Mittel bei sich führt. Der Gesetzgeber stellt dieses Verhalten unter eine deutlich schärfere Strafandrohung, da das Mitführen solcher Gegenstände die Eskalationsgefahr enorm erhöht.

Ziel der Regelung ist nicht nur der Schutz des Eigentums, sondern auch der körperlichen Unversehrtheit Dritter – insbesondere von Opfern, Zeugen oder unbeteiligten Personen, die durch den Waffeneinsatz bedroht sein könnten.


Gesetzliche Grundlage: § 244 StGB im Überblick

Der Paragraf 244 StGB enthält mehrere strafschärfende Varianten des Diebstahls. Insbesondere § 244 Abs. 1 Nr. 1 enthält folgende Qualifikationen:

  • Nr. 1a: Der Täter führt eine Waffe oder ein gefährliches Werkzeug bei sich.

  • Nr. 1b: Der Täter führt ein Werkzeug oder Mittel mit sich, das geeignet ist, den Widerstand einer anderen Person durch Gewalt oder Drohung mit Gewalt zu überwinden.

Der Unterschied liegt vor allem im Verwendungszweck des mitgeführten Gegenstandes: Während Waffen und gefährliche Werkzeuge an sich schon durch ihre Gefährlichkeit genügen, müssen andere Mittel speziell zur Überwindung von Widerstand mitgeführt werden.


Der Unterschied zum einfachen Diebstahl

Beim einfachen Diebstahl nach § 242 StGB liegt das Strafmaß bei Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren. Der Qualifikationstatbestand des § 244 StGB hebt die Strafe auf mindestens sechs Monate bis zu zehn Jahre an. Diese Verschärfung entfällt nicht, wenn die Waffe gar nicht eingesetzt wurde – das bloße Mitführen reicht aus.


Voraussetzungen des § 244 Abs. 1 Nr. 1a StGB im Detail

Damit eine Strafbarkeit nach dieser Vorschrift vorliegt, müssen folgende Elemente erfüllt sein:

  1. Vollendeter oder versuchter Diebstahl gemäß § 242 StGB

  2. Der Täter oder ein Beteiligter führt während der Tat eine Waffe oder ein gefährliches Werkzeug bei sich

  3. Es liegt Vorsatz in Bezug auf alle Tatbestandsmerkmale vor

Beispiel: Eine Person stiehlt in einem Supermarkt ein Smartphone und trägt dabei ein Klappmesser im Rucksack. Auch wenn das Messer nicht gezückt wird, liegt ein Diebstahl mit Waffen vor – wenn der Täter um das Messer wusste und dieses während der Tat zugriffsbereit war.

Diebstahl mit Waffen


Was gilt als Waffe im Sinne des § 244 StGB?

Eine Waffe ist ein Gegenstand, der nach seiner Art und Bestimmung zur Verletzung von Menschen geeignet ist. Dazu zählen:

  • Scharfe Schusswaffen (einsatzbereit)

  • Gas- und Schreckschusswaffen, wenn sie funktionsfähig sind

  • Hieb- und Stichwaffen (z. B. Dolche, Macheten)

  • Auch nicht geladene Schusswaffen, wenn sie zur Drohung genutzt werden können

Wichtig: Eine Spielzeugpistole ist keine Waffe im engeren Sinne, kann aber ein gefährliches oder drohendes Mittel im Sinne der Nr. 1b darstellen.


Was ist ein gefährliches Werkzeug?

Ein gefährliches Werkzeug ist jeder Gegenstand, der nach seiner objektiven Beschaffenheit geeignet ist, erhebliche Verletzungen hervorzurufen. Das können Alltagsgegenstände sein, wie:

  • Schraubenzieher

  • Hammer

  • Baseballschläger

  • Metallstangen

  • zerbrochene Glasflaschen

  • Kampfhunde (!)

Hier kommt es stark auf den Verwendungskontext an. Ein Hammer im Werkzeugkasten des Bauarbeiters muss anders bewertet werden als ein Hammer in der Jackentasche beim Ladendiebstahl.


Was sind „sonstige Werkzeuge oder Mittel“? (§ 244 Abs. 1 Nr. 1b)

Diese Kategorie zielt auf Gegenstände, die nicht von Natur aus gefährlich sind, aber zur Überwindung von Widerstand verwendet werden können. Beispiele:

  • Klebeband (zum Fesseln)

  • Kabelstücke

  • Schlafmittel

  • Fesselmaterial

  • täuschend echt aussehende Spielzeugpistolen

  • ungeladene Waffen, die Drohpotenzial entfalten

Entscheidend ist, dass der Täter den Gegenstand mit der Absicht mitführt, ihn zur Einschüchterung oder Gewaltanwendung zu nutzen. Das subjektive Element spielt hier eine zentrale Rolle.


Das Merkmal „Bei sich führen“: Räumliche Verfügbarkeit genügt

„Bei sich führen“ bedeutet, dass der Täter den Gegenstand während der Tat jederzeit einsetzen kann. Eine unmittelbare Körpernähe ist nicht zwingend – es genügt, wenn der Gegenstand z. B. im Auto vor dem Haus oder in einer Umhängetasche liegt.

Beispiele:

  • Der Täter trägt ein Springmesser im Hosenbund: Tatbestand erfüllt

  • Die Waffe liegt im Handschuhfach, während der Täter im Supermarkt stiehlt: Tatbestand erfüllt

  • Die Waffe ist im Schließfach deponiert: Tatbestand nicht erfüllt


Tatvorsatz – Voraussetzung für die Strafbarkeit

Für die Qualifikation nach § 244 StGB ist Vorsatz notwendig. Der Täter muss:

  • von der Existenz des Gegenstandes wissen

  • die Möglichkeit seiner Verwendung billigend in Kauf nehmen

Dabei genügt der Eventualvorsatz – der Täter muss nicht gezielt mit der Waffe drohen oder sie einsetzen wollen, sondern es reicht, wenn er diese Möglichkeit für möglich hält und akzeptiert.


Berufswaffenträger – Ein juristisch heikler Sonderfall

Trägt ein Berufswaffenträger wie ein Polizist, Soldat oder Wachmann seine Dienstwaffe, während er einen Diebstahl begeht, kann § 244 StGB greifen. Allerdings ist hier besonders kritisch zu prüfen:

  • War sich der Täter bewusst, dass er bewaffnet war?

  • Hatte er die Absicht, die Waffe für den Diebstahl nutzbar zu machen?

  • War die Waffe nur „nebenbei“ vorhanden?

Die Verteidigung kann hier mit guten Erfolgsaussichten auf mangelnden Vorsatz plädieren – insbesondere, wenn die Tat spontan und nicht geplant war.


Der Versuch des Diebstahls mit Waffen (§ 244 Abs. 2 StGB)

Auch der versuchte Diebstahl mit Waffen ist strafbar – also wenn der Täter noch nicht erfolgreich eine fremde Sache weggenommen hat, aber bereits zur Tat ansetzt. Dafür muss er:

  • mit Diebstahlsvorsatz handeln

  • unmittelbar mit der Wegnahme beginnen („Jetzt geht’s los“)

  • eine Waffe oder ein Werkzeug dabei führen

Beispiel: Jemand schleicht mit einem Schraubenzieher in den Rucksack in ein Autohaus und greift nach der Kasse – ein klassischer Versuch.


Einordnung als Offizialdelikt: Ermittlungen ohne Strafantrag

Der Diebstahl mit Waffen ist ein sogenanntes Offizialdelikt – d. h. Polizei und Staatsanwaltschaft müssen ermitteln, sobald sie Kenntnis erlangen. Der Geschädigte muss keinen Strafantrag stellen. Auch ein nachträglicher Rückzug des Opfers hat keine strafmildernde Wirkung auf das Verfahren.


Strafrahmen und Konsequenzen für Beschuldigte

Die gesetzlichen Strafandrohungen sind deutlich härter als beim einfachen Diebstahl:

  • Freiheitsstrafe mindestens 6 Monate

  • Maximalstrafe: 10 Jahre Freiheitsstrafe

  • Keine Geldstrafe möglich

Minder schwerer Fall (§ 244 Abs. 3 StGB)

Das Gericht kann den Fall als minder schwer einstufen, wenn:

  • nur geringer Schaden entstanden ist

  • der Täter keine Vorstrafen hat

  • die Waffe nur „symbolisch“ mitgeführt wurde

Dann beträgt der Strafrahmen: 3 Monate bis 5 Jahre Freiheitsstrafe


Verteidigungsstrategien bei Diebstahl mit Waffen

Ein erfahrener Strafverteidiger prüft genau, ob die Voraussetzungen des § 244 StGB erfüllt sind – und nutzt dabei alle Möglichkeiten zur Strafmilderung oder Tatqualifikationsabwehr. Typische Ansätze:

  • Bestreiten des „Bei-sich-Führens“

  • Zweifel an der Einstufung als gefährliches Werkzeug

  • Kein Vorsatz erkennbar (z. B. bei Berufswaffenträgern)

  • Widerlegung der Qualifikationsabsicht bei sonstigen Mitteln

  • Berufung auf Notwehr, Notstand oder spontane Überreaktion

Gerade in Fällen mit hoher Strafandrohung ist eine frühzeitige anwaltliche Beratung entscheidend.

Diebstahl mit Waffen


Relevanz in der Praxis: Besonders häufig bei Einbruchdiebstahl

Die Qualifikation nach § 244 StGB spielt in der Strafjustiz eine große Rolle – vor allem in Kombination mit:

  • Einbruchdiebstahl (§ 243 StGB)

  • Bandendiebstahl

  • Raubähnlichen Konstellationen

Viele Täter führen Werkzeuge zur Tatbegehung mit – etwa zum Aufbrechen von Türen oder Fenstern. Wenn diese Werkzeuge zugleich als gefährliche gelten können, wird schnell die Schwelle zum § 244 überschritten.


Fazit: Hohe Risiken – aber auch Verteidigungschancen

Ein Diebstahl mit Waffen ist kein Bagatelldelikt, sondern eine ernsthafte Straftat mit hohem Strafmaß und deutlicher rechtlicher Komplexität. Viele Täter unterschätzen, dass bereits ein mitgeführter Alltagsgegenstand zur Qualifikation führen kann. Ebenso wird der Vorsatz oft vorschnell bejaht.

Gerade deshalb ist es wichtig, in einem Ermittlungs- oder Strafverfahren nicht voreilig Angaben zu machen – sondern sich frühzeitig mit einem spezialisierten Strafverteidiger zu beraten.


FAQs

Welche Alltagsgegenstände können als gefährliche Werkzeuge gelten?
Schraubenzieher, Hammer, schwere Taschenlampen oder Baseballschläger – je nachdem, wie sie eingesetzt werden oder eingesetzt werden könnten.

Ist eine nicht geladene Pistole auch eine Waffe?
Wenn sie funktionsfähig ist, ja. Wenn nicht, kann sie dennoch als Drohmittel gelten (§ 244 Abs. 1 Nr. 1b).

Was passiert, wenn ich nicht wusste, dass ich eine Waffe mitführe?
Fehlt der Vorsatz, entfällt die Strafbarkeit nach § 244 StGB – es bleibt ggf. beim einfachen Diebstahl.

Kann ich auch wegen versuchten Diebstahls mit Waffen verurteilt werden?
Ja, sobald Sie mit Tatentschluss handeln und zur Wegnahme ansetzen – unabhängig vom Erfolg.

Wie kann ein Strafverteidiger helfen?
Durch Prüfung des Tatbestands, Anzweiflung von Vorsatz oder gefährlichen Werkzeugen, Argumentation für einen minderschweren Fall oder Verfahrensfehler.