Falsche Angaben gegenüber der Ausländerbehörde – § 95 Abs. 2 AufenthG
Wer bei der Ausländerbehörde falsche oder unvollständige Angaben macht, um einen Aufenthaltstitel oder eine Duldung zu bekommen oder zu behalten, muss mit strafrechtlichen Konsequenzen rechnen. Das regelt § 95 Absatz 2 Nummer 2 des Aufenthaltsgesetzes. Die Vorschrift betrifft sowohl Ausländer als auch deutsche Staatsangehörige, wenn sie anderen helfen, sich durch Falschangaben einen Aufenthaltstitel zu erschleichen.
Wann macht man sich strafbar?
Eine Strafbarkeit liegt vor, wenn jemand der Ausländerbehörde absichtlich falsche oder unvollständige Informationen gibt – etwa zu seiner Identität, seinem Alter, seinen Vorstrafen oder seinen familiären Verhältnissen. Dabei ist es nicht nötig, dass der Aufenthaltstitel tatsächlich erteilt wird. Es genügt, dass die Angaben geeignet sind, die Entscheidung der Behörde zu beeinflussen.
Auch wer eine auf falschen Angaben beruhende Aufenthaltsurkunde später wissentlich verwendet, etwa bei einer Polizeikontrolle oder einer Antragstellung, kann sich strafbar machen. Entscheidend ist, dass durch die Nutzung der Urkunde andere – etwa Behörden oder Arbeitgeber – getäuscht werden sollen.
Was zählt als „falsche Angabe“?
Falsch ist jede Information, die nicht der Wahrheit entspricht. Unvollständig ist eine Angabe, wenn wichtige Tatsachen weggelassen werden, die für die Entscheidung der Behörde relevant sein könnten – zum Beispiel frühere Straftaten. Auch wer bei der Antragstellung einen falschen Aufenthaltszweck nennt oder den Besitz eines Reisepasses verschweigt, handelt möglicherweise strafbar.

Ein besonders häufiger Fall ist das Verschweigen von Vorstrafen. Wird der Antrag bewusst ohne diese Angaben gestellt, obwohl danach gefragt wurde, liegt regelmäßig eine Straftat vor – es sei denn, die Vorstrafe musste rechtlich gar nicht mehr angegeben werden, etwa weil sie gelöscht wurde oder aus dem Erziehungsregister stammt.
Ist auch das Verhalten Dritter strafbar?
Ja. Auch wer einer anderen Person hilft, durch Falschangaben eine Aufenthaltsgenehmigung zu erhalten, kann sich strafbar machen – entweder als Mittäter oder als Gehilfe. Das betrifft zum Beispiel Dolmetscher, Lebenspartner oder Freunde, die bewusst unzutreffende Angaben weitergeben oder dabei helfen, entsprechende Anträge zu formulieren.
Was gilt bei Scheinehen oder Scheinvaterschaften?
Bei Scheinehen, bei denen keine echte Lebensgemeinschaft gewollt ist, wird regelmäßig eine Straftat angenommen. Anders sieht es bei sogenannten Scheinvaterschaften aus: Hier ist umstritten, ob die Vaterschaftsanerkennung strafbar ist, wenn sie nur erfolgt, um der Mutter des Kindes ein Aufenthaltsrecht zu verschaffen. Viele Gerichte sehen darin keine Falschangabe, weil die Vaterschaft juristisch wirksam ist – selbst wenn keine familiäre Beziehung besteht.
Gilt das auch für Angaben im Ausland?
Nein. Strafbar ist nur, wer die Falschangaben innerhalb Deutschlands macht – also bei einer Ausländerbehörde oder Polizei im Inland. Wer etwa bei einer deutschen Botschaft im Ausland falsche Angaben macht, fällt nicht unter diese Vorschrift. Allerdings kann sich eine Strafbarkeit ergeben, wenn ein so erschlichener Aufenthaltstitel später bei einer deutschen Behörde genutzt wird.
Welche Strafen drohen?
Bei Verstößen gegen § 95 Abs. 2 AufenthG drohen Geldstrafen oder Freiheitsstrafen bis zu drei Jahren. In der Praxis hängt die Höhe der Strafe stark davon ab, ob der Täter Erfolg mit seiner Täuschung hatte, ob er bereits vorbestraft ist und ob er die Tat aus eigenem Antrieb oder mit fremder Hilfe begangen hat. Wenn die Angaben offensichtlich keinen Erfolg haben konnten, wirkt sich das strafmildernd aus. Auch spielt eine Rolle, ob die Behörde die fraglichen Informationen ohnehin kannte – etwa durch eine automatische Mitteilung aus dem Strafregister.

Was passiert mit erschlichenen Dokumenten?
Dokumente, die aufgrund falscher Angaben ausgestellt wurden – also Aufenthaltstitel oder Duldungen – können eingezogen werden. Das bedeutet, sie verlieren ihre Gültigkeit, und die Person darf sich nicht länger rechtmäßig in Deutschland aufhalten.
Häufige Fragen zu falschen Angaben gegenüber der Ausländerbehörde
Was passiert, wenn ich bei der Antragstellung eine Vorstrafe verschweige?
Wenn Sie bei einem Antrag bewusst eine Vorstrafe verschweigen, obwohl danach gefragt wurde, kann das eine Straftat nach § 95 Abs. 2 AufenthG darstellen. Das gilt auch dann, wenn die Behörde die Vorstrafe später ohnehin herausfindet – es kommt auf die falsche oder unvollständige Angabe an.
Ist es auch strafbar, wenn ich den Antrag nicht selbst ausgefüllt habe?
Ja, wenn Sie den Antrag unterschreiben, gelten die Angaben darin als von Ihnen gemacht. Auch wenn eine andere Person das Formular vorbereitet hat, haften Sie für falsche Inhalte – es sei denn, Sie haben sich nachweislich auf fachkundige Hilfe verlassen, etwa durch einen Anwalt, und alle Informationen korrekt weitergegeben.
Kann ich bestraft werden, wenn ich ein erschlichenes Visum bei der Einreise benutze?
Ja. Wer ein Visum oder einen Aufenthaltstitel, den er durch falsche Angaben erhalten hat, später bei Behörden oder Kontrollen vorzeigt, macht sich ebenfalls strafbar – selbst wenn die Falschangaben im Ausland gemacht wurden. Entscheidend ist der „Gebrauch“ der Urkunde in Deutschland zur Täuschung im Rechtsverkehr.
Anzeige erhalten?
Wenn Ihnen vorgeworfen wird, bei der Ausländerbehörde falsche oder unvollständige Angaben gemacht zu haben, handelt es sich um eine ernstzunehmende strafrechtliche Angelegenheit. Eine Verurteilung kann nicht nur Geld- oder Freiheitsstrafe zur Folge haben, sondern auch weitreichende Auswirkungen auf Ihren Aufenthaltsstatus. Es ist ratsam, in einer solchen Situation keine vorschnellen Erklärungen abzugeben und rechtzeitig professionelle Unterstützung in Anspruch zu nehmen.


