Missbrauch von Notrufen

Bei der Mathearbeit den Feueralarm ausgelöst, um einer schlechten Note zu entkommen? Aus Spaß die 110 angerufen und eine Notsituation vorgegeben? Als Streiche kann man diese Verhalten nicht werten, da es sich hierbei um eine Straftat gem. § 145 Strafgesetzbuch (StGB) handeln kann.

Der Missbrauch von Notrufen ist im Strafgesetzbuch ein klar definierter Straftatbestand. Neben den praktischen Konsequenzen wie Geldstrafen oder Haft drohen den Tätern auch erhebliche finanzielle Belastungen durch Einsatzkosten. Doch was genau sind die rechtlichen Tatbestandsmerkmale? Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit eine strafbare Handlung vorliegt? Dieser Artikel erläutert die rechtliche Grundlage und geht anhand konkreter Beispiele auf die wichtigsten Aspekte ein.


Die rechtlichen Grundlagen: § 145 StGB

Der Missbrauch von Notrufen ist in § 145 StGB geregelt. Dieser Paragraph umfasst zwei Hauptbereiche:

  1. Absatz 1: Das absichtliche oder wissentlich falsche Absetzen von Notrufen.
  2. Absatz 2: Die vorsätzliche Beeinträchtigung von Unfallverhütungs- oder Nothilfemitteln.

Ziel der Regelung ist es, die Funktionsfähigkeit von Notrufsystemen und Nothilfemitteln sicherzustellen.


Tatbestandsmerkmale von § 145 StGB

Damit der Straftatbestand erfüllt ist, müssen folgende Tatbestandsmerkmale vorliegen:

1. Tathandlung

  • Absetzen eines Notrufs ohne Notlage: Es reicht aus, dass eine Person Notrufnummern wie 110 oder 112 wählt und vorgibt, dass ein Notfall besteht, obwohl dies nicht der Fall ist.
  • Vortäuschen einer Notlage: Dies kann durch akustische oder optische Signale geschehen, wie das Betätigen von Feuermeldern oder Alarmanlagen.
  • Beeinträchtigung von Nothilfemitteln: Hierunter fällt das Zerstören, Manipulieren oder Entfernen von Notrufeinrichtungen, wie z. B. Nothämmern oder Feuermeldern.

Beispiele

  • Ein Mann meldet der Polizei einen fiktiven Überfall auf sein Geschäft, um die Versicherung zu betrügen.
  • Eine Jugendliche drückt absichtlich einen Feuermelder, um die Feuerwehr aus Spaß zu alarmieren.

2. Vorsatz

  • Der Täter muss vorsätzlich handeln. Er muss also wissen und wollen, dass durch seine Handlung ein Notruf ausgelöst oder ein Nothilfemittel beeinträchtigt wird.
  • Fahrlässigkeit (z. B. ein versehentlicher Notruf) ist nicht strafbar.

Beispiele

  • Strafbar: Ein Mann ruft absichtlich die Polizei und behauptet, dass in seiner Nachbarschaft eine Person mit einer Waffe gesehen wurde.
  • Nicht strafbar: Ein Kind drückt aus Neugier die Notruftaste auf dem Smartphone seiner Eltern, ohne die Folgen zu verstehen.

3. Erfolgseintritt

  • Es muss tatsächlich eine Reaktion durch Einsatzkräfte ausgelöst werden, wie das Ausrücken der Polizei oder Feuerwehr.
  • Eine versuchte Handlung (z. B. das Drücken eines Feuermelders ohne Auslösung eines Alarms) ist nicht strafbar.

Beispiel

Ein Schüler drückt absichtlich einen Feuermelder in der Schule, woraufhin die Feuerwehr ausrückt. Hier ist der Straftatbestand erfüllt, da eine Reaktion eingetreten ist.


4. Öffentliche Einrichtung

  • Die Handlung muss sich auf öffentliche Einrichtungen wie Polizei, Feuerwehr oder Rettungsdienste beziehen. Private Alarmanlagen oder Sicherheitsdienste fallen nicht unter § 145 StGB.

5. Kausalität

  • Die Handlung des Täters muss ursächlich für die Reaktion der Einsatzkräfte sein. Wenn beispielsweise ein Dritter den Alarm auslöst, ist der Täter nicht strafbar.

Konkrete Beispiele aus der Praxis

Falsche Notrufe

  • Bombendrohung im Bahnhof: Ein Mann ruft anonym bei der Polizei an und behauptet, es sei eine Bombe in einem Bahnhof deponiert. Die Polizei evakuiert das Gebäude und stellt später fest, dass keine Gefahr besteht. Der Täter wird zu einer Geldstrafe von 6.000 Euro und einer Übernahme der Einsatzkosten verurteilt.
  • Fiktiver Wohnungsbrand: Ein Anwohner ruft die Feuerwehr und meldet dichten Rauch aus einer Nachbarwohnung. Vor Ort stellt sich heraus, dass die Wohnung leer ist und der Rauch nicht existiert. Der Täter gibt später zu, die Feuerwehr aus Langeweile gerufen zu haben.

Beeinträchtigung von Nothilfemitteln

  • Manipulation eines Feuermelders: In einer Diskothek wird absichtlich ein Feuermelder abgedeckt, um einen falschen Alarm auszulösen. Die Feuerwehr rückt an, und der Täter wird zur Verantwortung gezogen.
  • Zerstörung eines Notfallknopfes: Ein Passant schlägt ohne Grund einen Notrufknopf an einer Straßenbahnhaltestelle ein, wodurch das System außer Betrieb gesetzt wird. Neben einer Geldstrafe wird der Täter für die Reparaturkosten haftbar gemacht.

Missbrauch von Notbremsen

  • Notbremsung in einem Zug: Ein Fahrgast betätigt ohne Grund die Notbremse eines Regionalzugs. Der Zug bleibt liegen, und es kommt zu erheblichen Verspätungen. Der Täter muss die Kosten für den Einsatz der Techniker und die Schäden durch den Betriebsstillstand zahlen.

Rechtliche Konsequenzen

Strafen

  • Missbrauch von Notrufen: Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe.
  • Beeinträchtigung von Nothilfemitteln: Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder Geldstrafe.

Strafverschärfende Umstände

  • Wiederholte Taten (Wiederholungstäter).
  • Missbrauch, der Großalarme oder hohe Kosten verursacht (z. B. Bombendrohungen).
  • Taten, die Personen in Gefahr bringen (z. B. absichtliches Blockieren von Nothilfeeinrichtungen).

Kostenübernahme

Neben der Strafe müssen Täter häufig für die Kosten der Einsätze aufkommen. Dies umfasst:

  • Feuerwehreinsätze: Die Kosten richten sich nach der Dauer und der eingesetzten Technik und betragen häufig mehrere tausend Euro.
  • Polizeieinsätze: Besonders bei Bombendrohungen können die Kosten für Spezialeinheiten oder Evakuierungen sehr hoch ausfallen.
  • Reparaturkosten: Wenn Nothilfemittel beschädigt wurden, muss der Täter für die Instandsetzung zahlen.


Fazit

Der Missbrauch von Notrufen ist ein klar definierter Straftatbestand mit ernsthaften Konsequenzen. Die Tatbestandsmerkmale, wie Vorsatz, öffentliche Einrichtung und Erfolgseintritt, stellen sicher, dass nur absichtliche Handlungen geahndet werden. Die zahlreichen Beispiele aus der Praxis verdeutlichen, dass solche Delikte nicht nur strafrechtliche Folgen haben, sondern auch erhebliche Kosten und gesellschaftliche Auswirkungen nach sich ziehen. Wer mit Notrufen spielt, riskiert hohe Strafen und sollte sich der Konsequenzen bewusst sein.


FAQs

1. Was passiert, wenn ich versehentlich den Notruf wähle?
Ein versehentlich gewählter Notruf ist nicht strafbar, solange er sofort gemeldet und aufgeklärt wird.

2. Können Kinder für den Missbrauch von Notrufen belangt werden?
Kinder unter 14 Jahren sind strafunmündig. Die Eltern können jedoch zivilrechtlich für entstandene Kosten haftbar gemacht werden.

3. Ist der Versuch strafbar?
Nein, der Versuch eines Missbrauchs ist nicht strafbar. Es muss tatsächlich eine Reaktion durch Einsatzkräfte ausgelöst werden.

4. Welche Kosten können entstehen?
Die Kosten variieren je nach Einsatz. Ein einfacher Feuerwehreinsatz kann bereits mehrere tausend Euro kosten, während ein Großeinsatz wie bei einer Bombendrohung leicht fünfstellige Summen erreicht.

5. Kann ein Verfahren eingestellt werden?
In Einzelfällen, insbesondere bei Ersttätern und geringfügigen Folgen, kann ein Verfahren gegen Zahlung einer Geldbuße oder unter Auflagen eingestellt werden.