Nebenklage
Opfer schwerer Straftaten müssen das Strafverfahren nicht passiv hinnehmen – mit der Nebenklage können sie aktiv daran teilnehmen und eigene Rechte geltend machen. Doch wer kann sich der Nebenklage anschließen? Welche Vorteile bietet sie? Und welche Kosten können entstehen?

Die Nebenklage spielt eine besondere Rolle im deutschen Strafprozess. Sie ermöglicht es bestimmten Opfern von Straftaten, sich aktiv am Verfahren zu beteiligen und eigene Rechte geltend zu machen. Doch welche Vorteile bietet die Nebenklage? Welche rechtlichen Grundlagen gelten? Welche Kosten können entstehen? Und lohnt sich die Nebenklage überhaupt?
In diesem umfassenden Ratgeber erfahren Sie alles, was Sie über die Nebenklage wissen müssen.
Was ist eine Nebenklage?
Die Nebenklage ist ein besonderes Verfahrensrecht im Strafprozess. Während die Staatsanwaltschaft grundsätzlich die Interessen der Allgemeinheit vertritt, gibt die Nebenklage dem Opfer einer Straftat die Möglichkeit, eigene Interessen gezielt einzubringen.
Statt nur als Zeuge aufzutreten, kann das Opfer aktiv am Verfahren teilnehmen. Es kann einen Anwalt beauftragen, Beweisanträge stellen, Fragen an Zeugen richten und sogar im Schlussplädoyer eine eigene Stellungnahme abgeben.
Die Nebenklage ermöglicht es Opfern schwerer Straftaten, Einfluss auf das Verfahren zu nehmen und ihr Bedürfnis nach Gerechtigkeit stärker zu vertreten.
Rechtliche Grundlagen der Nebenklage
Die Rolle der StPO bei der Nebenklage
Die rechtliche Grundlage für die Nebenklage findet sich in den §§ 395–402 Strafprozessordnung (StPO). Diese Paragraphen regeln:
- Wer sich der Nebenklage anschließen kann
- Welche Rechte ein Nebenkläger hat
- Welche Rolle ein Nebenklageanwalt spielt
- Welche Kosten entstehen und wer sie trägt
Unterschied zur Privatklage und zum Adhäsionsverfahren
Die Nebenklage unterscheidet sich von anderen Verfahren:
- Privatklage: Das Opfer führt den Prozess eigenständig, ohne Staatsanwaltschaft
- Adhäsionsverfahren: Das Opfer macht zivilrechtliche Ansprüche (Schmerzensgeld, Schadensersatz) direkt im Strafprozess geltend
Die Nebenklage ergänzt diese Verfahren, indem sie dem Opfer eine aktivere Rolle im Strafprozess gibt.
Wer kann sich der Nebenklage anschließen?
Voraussetzungen für die Nebenklage
Die Nebenklage steht nicht allen Opfern offen. Die § 395 StPO legt fest, dass sich Nebenkläger insbesondere in Fällen schwerer Straftaten anschließen dürfen. Dazu gehören:
- Delikte gegen das Leben: Versuchter Mord, Totschlag
- Körperverletzungsdelikte: Schwere Körperverletzung, Misshandlung von Schutzbefohlenen
- Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung: Vergewaltigung, sexueller Missbrauch
- Straftaten gegen die persönliche Freiheit: Geiselnahme, Menschenhandel, erpresserischer Menschenraub
Auch Angehörige von Getöteten können sich der Nebenklage anschließen.
Nebenklage im Jugendstrafverfahren
Im Jugendstrafrecht gilt grundsätzlich ein erzieherischer Ansatz. Dennoch können Opfer schwerer Straftaten auch hier als Nebenkläger auftreten. In diesen Fällen kann es sinnvoll sein, sich durch einen spezialisierten Anwalt beraten zu lassen.
Ablauf eines Strafverfahrens mit Nebenklage
Nebenklage im Ermittlungsverfahren
Schon während der Ermittlungen kann sich ein Opfer als Nebenkläger registrieren lassen. Dies hat den Vorteil, dass man frühzeitig Akteneinsicht erhält und aktiv Einfluss auf die Ermittlungen nehmen kann.
Ein Nebenkläger kann zum Beispiel:
- Beantragen, dass weitere Beweise gesichert werden
- Zeugen vorschlagen, die von der Polizei noch nicht vernommen wurden
- Auf Widersprüche in den Aussagen des Täters hinweisen
Nebenklage im Hauptverfahren
Im Hauptverfahren hat der Nebenkläger weitreichende Rechte. Er kann an der gesamten Gerichtsverhandlung teilnehmen und erhält dadurch einen vollständigen Einblick in die Beweisaufnahme.
Der Nebenkläger kann außerdem:
- Fragen an den Angeklagten oder an Zeugen stellen
- Eigene Anträge auf Beweiserhebung einbringen
- Im Schlussplädoyer eine eigene Stellungnahme abgeben
Nebenklage im Revisionsverfahren
Auch nach Abschluss des Hauptverfahrens bleibt eine Nebenklage unter Umständen relevant. Falls der Angeklagte in Revision geht, kann auch der Nebenkläger eine Revision einlegen, wenn er der Meinung ist, dass seine Interessen nicht ausreichend berücksichtigt wurden.
Allerdings ist die Revision kein „neues Verfahren“, sondern eine Überprüfung des Urteils auf Rechtsfehler.
Rechte und Pflichten der Nebenklagepartei
Akteneinsicht und Mitwirkungsrechte
Einer der größten Vorteile der Nebenklage ist die Akteneinsicht. Diese ermöglicht es dem Opfer, sich ein umfassendes Bild über die Beweislage zu machen und sich optimal auf den Prozess vorzubereiten.
Zudem hat der Nebenkläger das Recht:
- Beweisanträge zu stellen
- Fragen an Zeugen zu richten
- Ein eigenes Plädoyer zu halten
Anwaltliche Vertretung und Kosten
Ein Anwalt ist nicht zwingend erforderlich, wird aber dringend empfohlen. Besonders bei schweren Straftaten kann das Gericht dem Nebenkläger auf Staatskosten einen Anwalt beiordnen.
Kostenfestsetzung in der Nebenklage
Wer trägt die Kosten?
Grundsätzlich gilt: Wird der Angeklagte verurteilt, trägt er auch die Kosten der Nebenklage.
Falls der Angeklagte freigesprochen wird, kann es sein, dass der Nebenkläger seine Anwaltskosten selbst tragen muss – es sei denn, ihm wurde ein Anwalt auf Staatskosten beigeordnet.
Möglichkeiten der Prozesskostenhilfe
Opfer mit geringem Einkommen können Prozesskostenhilfe beantragen. Das bedeutet, dass der Staat die Kosten für den Anwalt übernimmt.
Schmerzensgeld und Schadensersatz über die Nebenklage
Nebenklage und Adhäsionsverfahren
Über die Nebenklage kann kein Schadensersatz oder Schmerzensgeld beantragt werden. Dafür gibt es das Adhäsionsverfahren, das parallel zur Nebenklage laufen kann.
Das Adhäsionsverfahren hat den Vorteil, dass das Opfer nicht zusätzlich vor ein Zivilgericht ziehen muss, um Schmerzensgeld zu fordern.
Strafbefehl und Nebenklage – Welche Möglichkeiten bestehen?
Ein Strafbefehl ist eine schriftliche Verurteilung ohne Hauptverhandlung. Da es keine mündliche Verhandlung gibt, ist eine Nebenklage beim Strafbefehl nicht möglich.
Falls das Opfer dennoch Einfluss nehmen möchte, kann es Einspruch gegen den Strafbefehl einlegen, um eine reguläre Gerichtsverhandlung zu erzwingen.
Welche Vorteile bietet die Nebenklage?
- Mehr Einfluss auf den Prozess: Das Opfer ist nicht nur Zeuge, sondern aktiver Teilnehmer
- Schnellere Akteneinsicht: Der Nebenkläger kann sich frühzeitig über den Ermittlungsstand informieren
- Emotionale Entlastung: Viele Opfer fühlen sich durch die Nebenklage stärker gehört und besser unterstützt
Lohnt sich eine Nebenklage?
Was bringt das für die Betroffenen?
Die Nebenklage ist besonders für Opfer schwerer Straftaten eine wertvolle Möglichkeit, aktiv am Verfahren mitzuwirken. Sie kann:
- Gerechtigkeit erlebbar machen
- Mehr Einfluss auf das Verfahren ermöglichen
- Psychologische Entlastung bieten
Alternativen zur Nebenklage
Falls sich eine Nebenklage nicht lohnt, kann das Opfer auch einfach als Zeuge auftreten oder Schadensersatz in einem separaten Zivilprozess geltend machen.
Fazit: Nebenklage als Instrument im Strafverfahren
Die Nebenklage ist ein starkes Instrument für Opfer schwerer Straftaten. Sie ermöglicht aktive Beteiligung, frühzeitige Akteneinsicht und ein eigenes Plädoyer. Wer sich unsicher ist, sollte sich anwaltlich beraten lassen.
FAQs zur Nebenklage
1. Welche Opfer dürfen eine Nebenklage einreichen?
Die Nebenklage ist für Opfer schwerer Straftaten möglich, darunter versuchter Mord, schwere Körperverletzung, Vergewaltigung und Menschenhandel. Auch Angehörige von Getöteten können eine Nebenklage erheben.
2. Kann ich als Nebenkläger den Strafprozess beeinflussen?
Ja, Nebenkläger haben das Recht, Beweisanträge zu stellen, Fragen an Zeugen zu richten und im Schlussplädoyer eine eigene Stellungnahme abzugeben.
3. Wie lange dauert eine Nebenklage?
Die Dauer hängt vom jeweiligen Strafverfahren ab. Bei komplexen Prozessen mit vielen Zeugen und Beweisen kann sich die Nebenklage über Monate oder sogar Jahre erstrecken.
4. Wer übernimmt die Kosten für die Nebenklage?
Wird der Angeklagte verurteilt, muss er die Kosten der Nebenklage tragen. Falls der Angeklagte freigesprochen wird, können Kosten für den Nebenkläger entstehen – es sei denn, ihm wurde Prozesskostenhilfe oder ein Anwalt auf Staatskosten bewilligt.
5. Lohnt sich die Nebenklage immer?
Die Nebenklage ist besonders für Opfer schwerer Straftaten sinnvoll, da sie Einfluss auf das Verfahren ermöglicht und emotionale Entlastung bietet. In einfacheren Fällen oder bei geringen Erfolgsaussichten kann eine Nebenklage jedoch verzichtbar sein.