Sportwettbetrug
Sportwettbetrug ist eine Form der Manipulation von Sportveranstaltungen, die darauf abzielt, durch illegale Wetten und Manipulationen finanziellen Gewinn zu erzielen. Diese besondere Form des Betruges ist in § 265c Strafgesetzbuch (StGB) geregelt. Welche Voraussetzungen dafür erfüllt sein müssen und welche Strafe droht, lesen Sie im folgenden Beitrag.

Der professionelle Sport ist längst zu einem globalen Milliardenmarkt geworden. Doch wo es um viel Geld geht – insbesondere im Zusammenhang mit Sportwetten – sind kriminelle Machenschaften nicht weit. Der Gesetzgeber hat auf diese Entwicklung reagiert und mit dem § 265c StGB einen eigenen Straftatbestand geschaffen: den Sportwettbetrug.
Dieser Artikel analysiert die strafrechtliche Konstruktion des Sportwettbetrugs, seine Voraussetzungen und Auslegungsfragen im Detail – und zeigt auf, mit welchen Verteidigungsstrategien ein erfahrener Strafverteidiger gegen unberechtigte Vorwürfe vorgeht.
Gesetzliche Grundlage: § 265c StGB im Überblick
Mit dem Gesetz zur „Strafbarkeit von Sportwettbetrug und der Manipulation berufssportlicher Wettbewerbe“ hat der Gesetzgeber 2017 einen speziellen Straftatbestand eingeführt, der sich gegen Spielmanipulationen im Zusammenhang mit öffentlichen Sportwetten richtet.
Vier Fallgruppen in § 265c StGB
Die Norm erfasst:
- Vorteilsannahme durch Sportler/Trainer (§ 265c Abs. 1)
- Vorteilsgewährung durch Dritte an Sportler/Trainer (§ 265c Abs. 2)
- Vorteilsannahme durch Schiedsrichter/Wertungsrichter (§ 265c Abs. 3)
- Vorteilsgewährung an diese Personengruppe (§ 265c Abs. 4)
Schutzgüter: Was schützt § 265c StGB?
§ 265c schützt zwei zentrale Werte:
- Das Vermögen derjenigen, die legal auf sportliche Ereignisse wetten
- Die Integrität des organisierten Sports – also den unmanipulierten, fairen Wettbewerb
Tatbestandsmerkmale – Eine juristische Detailanalyse
Tatobjekt: Der organisierte sportliche Wettbewerb
Erforderlich ist ein Wettbewerb, der nach einem Regelwerk eines anerkannten Sportverbands durchgeführt wird. Darunter fallen u. a. Fußball-Bundesligaspiele, ATP-Tennisturniere, Boxkämpfe oder Pferderennen mit Lizenzcharakter.
Nicht erfasst:
- Freizeitspiele ohne Vereinsbindung
- Private Sportveranstaltungen ohne Regelbindung

Tathandlungen: Nehmen, Fordern, Versprechen, Anbieten
Vorteilsnehmer:
- Fordern: aktives Verlangen eines Vorteils
- Sich-versprechen-lassen: passives Annehmen einer Zusage
- Annehmen: tatsächlicher Empfang des Vorteils
Vorteilsgeber:
- Anbieten: explizite oder konkludente Erklärung zur Vorteilsgewährung
- Versprechen: verbindliche Zusage
- Gewähren: tatsächliche Zuwendung
Diese Handlungen müssen kausal mit einer Spielmanipulation verknüpft sein.
Der „Vorteil“ im strafrechtlichen Sinne
Ein Vorteil ist jede Leistung – materieller oder immaterieller Art –, die die Lage des Empfängers objektiv verbessert und auf die kein rechtlicher Anspruch besteht.
Beispiele:
- Geldzahlungen
- Sachgeschenke
- Bevorzugte Behandlung
- Werbeverträge
- zukünftige Karrierechancen
Auch Vorteile zugunsten Dritter sind erfasst, wenn der Täter deren Erhalt zustimmt.
Die Manipulation: Beeinflussung zugunsten des Gegners
Die Tathandlung muss zugunsten des gegnerischen Teams oder Teilnehmers erfolgen. Das unterscheidet § 265c von § 265d StGB, wo Manipulationen im eigenen Interesse (z. B. Aufstieg, Klassenerhalt) bestraft werden.
Manipulationsformen:
- absichtliches Verfehlen von Torchancen
- taktisch falsche Aufstellung
- parteiische Schiedsrichterentscheidungen
- gezielte Fehler, Fouls oder rote Karten
Auch Zwischenstände, Spielzüge oder einzelne Wettkomponenten können betroffen sein – entscheidend ist die Wettrelevanz.
Öffentliche Sportwette
Die Manipulation muss sich auf eine öffentliche Sportwette beziehen, also eine Wette, die:
- der breiten Öffentlichkeit zugänglich ist
- regelmäßig von Wettanbietern, Onlineportalen oder Buchmachern durchgeführt wird
Private Wetten unter Freunden sind nicht umfasst.
Rechtswidriger Vermögensvorteil
Der angestrebte Vorteil muss auf rechtswidrige Weise durch die Spielmanipulation erzielt werden. Dabei steht die Täuschung über den wahren Spielverlauf im Mittelpunkt. Auch wenn der Täter nicht selbst wettet, genügt es, wenn Dritte auf Grundlage der Information wetten.
Subjektiver Tatbestand: Vorsatz erforderlich
Der Täter muss Vorsatz bezüglich aller objektiven Merkmale haben. Das bedeutet:
- Wissen um die Manipulation
- Wille zur Vorteilsannahme/-gewährung
- Kenntnis der Wettrelevanz
Bedingter Vorsatz reicht aus. Fahrlässigkeit ist nicht strafbar.
Strafbarkeit ohne tatsächliche Manipulation?
Ja – bereits die Unrechtsvereinbarung, also die Verabredung zur Manipulation gegen Vorteil, erfüllt den Tatbestand, wenn die übrigen Voraussetzungen vorliegen.
Beispiel: Ein Fußballspieler lässt sich Geld anbieten, um im nächsten Spiel eine rote Karte zu provozieren – auch wenn es nicht zur Durchführung kommt, liegt unter Umständen bereits eine vollendete Tat vor.
Kein Versuch, keine Strafbarkeit bei Fahrlässigkeit
Der Gesetzgeber hat den Versuch des Sportwettbetrugs nicht unter Strafe gestellt. Das ist bedeutsam, da viele Konstellationen im Versuchsstadium enden – z. B. wenn ein Bestechungsversuch scheitert.
Fahrlässigkeit (z. B. versehentliches Handeln, Naivität) ist ebenfalls nicht erfasst.
Strafmaß: Welche Sanktionen drohen?
§ 265c StGB sieht vor:
- Freiheitsstrafe bis zu 3 Jahren oder
- Geldstrafe
In besonders gravierenden Fällen – z. B. bei bandenmäßiger Begehung, hohem Schadensumfang oder massiver Beeinflussung internationaler Spiele – können weitere Strafbarkeiten nach §§ 263 (Betrug), 299 (Bestechung) oder 129 (kriminelle Vereinigung) hinzutreten.
Strafprozessuale Besonderheiten
Offizialdelikt
Die Strafverfolgung erfolgt von Amts wegen, sobald die Behörden Kenntnis erhalten. Ein Strafantrag ist nicht erforderlich.
Ermittlungsinstrumente
- Auswertung von Spielvideos und Taktikanalysen
- Überwachung von Telekommunikation (nach richterlicher Anordnung)
- Durchsuchungen, Beschlagnahme von Geräten und Unterlagen
- Zusammenarbeit mit internationalen Behörden und Sportverbänden
Beweislage oft schwierig
Sportwettbetrug basiert häufig auf Indizien:
- auffällige Spielverläufe
- unerklärliche Fehler
- ungewöhnliche Wettmuster (z. B. hohe Einsätze auf seltene Ereignisse)
- elektronische Kommunikation
Hier liegt der zentrale Angriffspunkt für die Verteidigung: Zweifel an der Beweiskraft streuen, Indizien entkräften, alternative Erklärungen liefern.
Verteidigungsstrategien im Detail
1. Bestreiten der Unrechtsvereinbarung
War der Vorteil wirklich Gegenleistung für eine Spielmanipulation – oder lediglich eine Gefälligkeit, ein Sponsoring, eine Prämie?
2. Keine Spielbeeinflussung
Konnte das Verhalten überhaupt das Spiel beeinflussen? War es nur ein Zufall? Gab es andere Gründe für die Leistung?
3. Kein Vorsatz
War dem Mandanten bewusst, dass sein Verhalten rechtlich relevant und strafbar ist? Oder fehlte jegliche Kenntnis von der Wettrelevanz?
4. Keine öffentliche Wette
Wurde tatsächlich auf das Spiel gewettet – und war die Wette öffentlich? Oder bestand nur eine hypothetische Absicht?
5. Unverwertbare Beweise
Ermittlungen, die ohne richterliche Anordnung geführt wurden, können angreifbar sein – etwa bei Verstößen gegen die §§ 100a ff. StPO.

Abgrenzung zu § 265d StGB
§ 265d StGB regelt die Manipulation sportlicher Wettbewerbe ohne Wettbezug – etwa zur Sicherung von Klassenerhalt oder zur sportlichen Bevorteilung.
Beide Normen können nebeneinander stehen, sofern ein doppelter Zweck verfolgt wird – z. B. Manipulation eines Spiels zur Rettung vor dem Abstieg und zur Gewinnmaximierung einer Sportwette.
Praxisbeispiele
- Ein Jockey verlangsamt absichtlich sein Pferd, nachdem er mit einem Bekannten eine Wette abgeschlossen hat.
- Ein Fußballtrainer stellt die B-Mannschaft auf, um eine bestimmte Toranzahl zu ermöglichen – abgesprochen mit einem Dritten.
- Ein Schiedsrichter erhält Geld, um Elfmeterentscheidungen zugunsten einer Mannschaft zu treffen.
- Ein Tennisspieler verliert bewusst einen Satz – Ziel: hohe Wettquote für Gegner-Sieg in drei Sätzen.
Fazit: Hochspezifisches Delikt mit vielen Angriffspunkten
Der Sportwettbetrug nach § 265c StGB ist juristisch komplex, aber auch streitanfällig. Die Vielzahl an Auslegungsfragen – von der Tatbestandsvoraussetzung „Wettbewerb“ über die Frage des Vorsatzes bis zur Beweiswürdigung – bietet erfahrenen Strafverteidigern zahlreiche Angriffspunkte.
Für Beschuldigte gilt: Schweigen ist Gold. Reden Sie nicht mit Polizei oder Verband – sprechen Sie zuerst mit Ihrem Verteidiger.
FAQs zum Sportwettbetrug
Ist Sportwettbetrug auch strafbar, wenn kein Geld geflossen ist?
Ja – schon das Fordern, Anbieten oder Sich-Versprechen-Lassen genügt. Es muss kein tatsächlicher Geldfluss stattfinden.
Was ist der Unterschied zu § 265d StGB?
§ 265c erfasst Manipulationen im Zusammenhang mit Sportwetten. § 265d stellt Manipulationen zur Förderung des eigenen Teams unter Strafe – ohne Wettbezug.
Welche Rolle spielt die Art der Wette?
Nur öffentliche Sportwetten sind tatbestandsrelevant – z. B. über Online-Plattformen oder Buchmacher. Private Wetten nicht.
Kann auch ein Zuschauer Täter sein?
Ja – jeder, der Vorteile anbietet, um eine Spielmanipulation zu erreichen, kann Täter sein.
Was soll ich tun, wenn ich eine Vorladung erhalte?
Nehmen Sie keine Aussage ohne Verteidiger vor. Kontaktieren Sie umgehend einen spezialisierten Strafverteidiger.