Störung der Religionsausübung – § 167 StGB

Was gilt als strafbare Störung eines Gottesdienstes? Welche Handlungen machen sich nach § 167 StGB strafbar – und wie können Sie sich als Beschuldigter effektiv verteidigen? Ob politischer Protest, provokante Aktion oder ein vermeintliches Missverständnis: Die Grenzen zwischen legitimer Meinungsäußerung und strafbarer Störung sind oft schmal. In unserem Beitrag erfahren Sie, welche rechtlichen Fallstricke lauern, welche Strafen drohen und welche Verteidigungsstrategien sinnvoll sind. Ideal für alle, die mit dem Vorwurf konfrontiert sind oder sich juristisch absichern wollen.

Inhalt

(1) Wer wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Dem Gottesdienst stehen entsprechende Feiern einer im Inland bestehenden Weltanschauungsvereinigung gleich.

Störung der Religionsausübung (§ 167 StGB)

In einer vielfältigen Gesellschaft ist es wichtig, dass religiöse Zeremonien und weltanschauliche Feiern ohne Störung stattfinden können. Der Gesetzgeber trägt diesem Anliegen mit § 167 StGB Rechnung. Die Vorschrift schützt religiöse Handlungen und Orte vor gezielten Beeinträchtigungen – nicht aus Gründen religiöser Überzeugung, sondern im Interesse des öffentlichen Friedens.

Was genau schützt § 167 StGB?

§ 167 StGB stellt zwei verschiedene Verhaltensweisen unter Strafe: Zum einen das grobe Stören eines laufenden Gottesdienstes oder einer vergleichbaren Feier, zum anderen beschimpfenden Unfug an einem Ort, der solchen Zwecken gewidmet ist. Ziel ist der Schutz des öffentlichen Friedens – nicht etwa religiöser Gefühle.

Gottesdienste und vergleichbare Feiern

Erfasst sind religiöse oder weltanschauliche Veranstaltungen, die tatsächlich begonnen haben. Dazu zählen beispielsweise Messen, Gebete, Taufen, Beichten, kirchliche Trauungen oder Beerdigungen. Auch entsprechende Feiern von Weltanschauungsgemeinschaften – etwa die Jugendweihe – sind geschützt. Nicht erforderlich ist, dass die Veranstaltung in einer Kirche oder einem Tempel stattfindet; entscheidend ist ihr religiöser oder weltanschaulicher Charakter.

Gottesdienstliche Orte

Zusätzlich schützt § 167 Abs. 1 Nr. 2 StGB bestimmte Orte – etwa Kirchen, Moscheen, Synagogen, Kapellen oder Betäume –, die dem Gottesdienst gewidmet sind. Der Schutz gilt unabhängig davon, ob dort zum Tatzeitpunkt eine Zeremonie stattfindet.

Was gilt als strafbare Handlung?

1. Grobe Störung eines Gottesdienstes

Wer eine laufende religiöse oder weltanschauliche Zeremonie in grober Weise stört, macht sich strafbar. Die Störung muss besonders empfindlich oder nachhaltig sein – etwa durch lautstarke Zwischenrufe, gezielte Protestaktionen, absichtliche Lärmerzeugung oder provozierendes Verhalten während einer Predigt. Eine bloße Unaufmerksamkeit oder ein kurzer Zwischenfall reichen nicht aus.

2. Beschimpfender Unfug an einem religiösen Ort

Auch außerhalb eines laufenden Gottesdienstes kann eine Handlung strafbar sein – nämlich dann, wenn sie an einem Ort religiöser Bedeutung in besonders verletzender Weise erfolgt. Erforderlich ist ein Verhalten, das grob ungehörig ist und die religiöse Bestimmung des Ortes missachtet. Beispiele sind sexuelle Handlungen in einer Kirche, das Beschmieren der Wände mit provokanten Symbolen oder obszöne Gesten auf dem Altar.

Voraussetzung: Vorsatz

Für eine Strafbarkeit reicht es nicht, unabsichtlich zu stören. Der Täter muss wissen, dass es sich um eine religiöse oder weltanschauliche Handlung handelt – und die Störung zumindest billigend in Kauf nehmen. In der Verteidigung kommt es daher häufig auf die Frage an, ob der religiöse Charakter der Handlung für den Betroffenen erkennbar war.

Welche Strafen drohen?

§ 167 StGB sieht eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren oder eine Geldstrafe vor. In der Praxis überwiegen Geldstrafen – vor allem bei einmaligen Vorfällen ohne politische Brisanz. Maßgeblich sind die Schwere der Störung, die Anzahl der Betroffenen, mögliche Vorstrafen und ob Reue gezeigt wird.

Versuch ist nicht strafbar

Der bloße Versuch, eine Störung herbeizuführen, ist nicht strafbar. Erst eine vollendete grobe Beeinträchtigung oder ein beschimpfender Unfug führt zur Strafbarkeit. Dennoch kann bereits eine angekündigte oder vorbereitete Aktion durch andere Vorschriften – etwa Hausfriedensbruch – geahndet werden.

Offizialdelikt

Die Strafverfolgung erfolgt von Amts wegen. Das bedeutet: Die Polizei oder Staatsanwaltschaft muss ermitteln, sobald sie Kenntnis von der Tat erhält. Ein Strafantrag der betroffenen Religionsgemeinschaft ist nicht erforderlich.

Abgrenzung zu anderen Vorschriften

§ 167 StGB grenzt sich von anderen Tatbeständen ab, kann aber mit ihnen zusammentreffen. Dazu zählen insbesondere:

§ 166 StGB – Beschimpfung religiöser Bekenntnisse: schützt religiöse Überzeugungen unabhängig vom Ort.

§ 123 StGB – Hausfriedensbruch: wenn jemand sich unbefugt Zutritt zu einem religiösen Gebäude verschafft.

§ 185 StGB – Beleidigung: wenn konkrete Personen gezielt verbal oder symbolisch herabgewürdigt werden.

Verteidigungsmöglichkeiten

In einem Strafverfahren wegen § 167 StGB kommt es entscheidend auf die Umstände an. Häufig lässt sich argumentieren, dass:

– keine grobe Störung vorlag, sondern allenfalls eine Bagatelle,
– der religiöse Charakter der Veranstaltung nicht erkennbar war,
– die Handlung durch Grundrechte (z. B. Meinungsfreiheit, Kunstfreiheit) gedeckt war,
– ein berechtigtes Anliegen (z. B. Notwehr oder Notstand) bestand.

Insbesondere bei satirischen, politischen oder künstlerischen Aktionen muss eine verfassungsrechtliche Abwägung erfolgen – nicht jede Provokation ist strafbar.

Häufige Fragen zur Störung der Religionsausübung

Ist jede Unterbrechung strafbar?

Nein. Nur eine grobe Störung, die den Ablauf empfindlich beeinträchtigt, erfüllt den Tatbestand.

Was zählt als „beschimpfender Unfug“?

Ein Verhalten, das grob ungehörig ist und in besonders verletzender Weise die Bedeutung des Ortes missachtet – etwa sexuelle Handlungen oder obszöne Gesten in einer Kirche.

Muss ich die religiösen Inhalte verstehen?

Nein. Es reicht, dass Sie wissen oder zumindest erkennen konnten, dass es sich um eine religiöse Handlung handelt – und dennoch stören.

Welche Rolle spielen politische Motive?

Ein politisches Anliegen schließt die Strafbarkeit nicht aus – kann aber im Rahmen der Grundrechte relevant werden, etwa bei satirischen Protestformen.

Wie kann ich mich verteidigen?

Durch den Nachweis fehlenden Vorsatzes, durch die Einordnung als Bagatelle oder durch eine verfassungsrechtliche Argumentation – etwa unter Berufung auf Meinungs- oder Kunstfreiheit.

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Ein Ermittlungsverfahren nach § 167 StGB sollte nicht auf die leichte Schulter genommen werden. Auch wenn der Tatvorwurf ungewöhnlich erscheinen mag, kann eine Verurteilung empfindliche Folgen haben. Frühzeitige rechtliche Beratung ist sinnvoll, um Ihre Perspektiven zu klären und mögliche Verteidigungsansätze zu entwickeln.

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