Bedrohung

„Ich bringe dich um!“, „Ich mach dich kalt“, „Ich polier‘ dir die Fresse“ – oft sind Streitigkeiten voller Emotionen und können schnell ausarten. Solche lebensnahen Situationen führen häufig zu Konflikten mit dem Gesetz. Sie können den Straftatbestand der Bedrohung nach § 241 Strafgesetzbuch (StGB) erfüllen. In diesem Beitrag erfahren Sie, welche Aussagen strafbar sind und welche Strafen drohen können.

Ein Streit eskaliert. Worte fallen, die vielleicht nicht so gemeint waren – aber die Grenze zur Strafbarkeit überschreiten. Die Aussage „Ich bring dich um!“ ist nicht nur ein emotionaler Ausbruch, sondern kann strafrechtlich verfolgt werden. § 241 Strafgesetzbuch (StGB) regelt die Bedrohung und schützt die persönliche Sicherheit und den Rechtsfrieden der Betroffenen. Der Straftatbestand hat in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen – nicht zuletzt durch die zunehmende Verlagerung von Kommunikation in den digitalen Raum.

Mit der Reform im Jahr 2021 durch das „Gesetz zur Bekämpfung des Rechtsextremismus und der Hasskriminalität“ wurde der Tatbestand der Bedrohung erweitert und verschärft. Öffentlich geäußerte Drohungen – insbesondere in sozialen Netzwerken – unterliegen seither einer höheren Strafandrohung. Das verdeutlicht: Bedrohungen sind nicht bloß belanglose Aussagen, sondern ein ernstzunehmendes strafrechtliches Risiko.

(1) Wer einen Menschen mit der Begehung einer gegen ihn oder eine ihm nahestehende Person gerichteten rechtswidrigen Tat gegen die sexuelle Selbstbestimmung, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit oder gegen eine Sache von bedeutendem Wert bedroht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Wer einen Menschen mit der Begehung eines gegen ihn oder eine ihm nahestehende Person gerichteten Verbrechens bedroht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(3) Ebenso wird bestraft, wer wider besseres Wissen einem Menschen vortäuscht, daß die Verwirklichung eines gegen ihn oder eine ihm nahestehende Person gerichteten Verbrechens bevorstehe.

(4) Wird die Tat öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten eines Inhalts (§ 11 Absatz 3) begangen, ist in den Fällen des Absatzes 1 auf Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder auf Geldstrafe und in den Fällen der Absätze 2 und 3 auf Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder auf Geldstrafe zu erkennen.

(5) Die für die angedrohte Tat geltenden Vorschriften über den Strafantrag sind entsprechend anzuwenden.

 

Tatbestand: Wann ist eine Bedrohung strafbar?

Die gesetzliche Grundlage

§ 241 Abs. 1 StGB lautet:

„Wer einen Menschen mit der Begehung eines gegen ihn oder eine ihm nahe stehende Person gerichteten Verbrechens bedroht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.“

Ein Verbrechen ist laut § 12 Abs. 1 StGB eine rechtswidrige Tat, die im Mindestmaß mit einer Freiheitsstrafe von einem Jahr oder mehr bedroht ist. Es reicht also nicht aus, eine „einfache“ rechtswidrige Handlung anzudrohen – die angedrohte Tat muss eine gewisse Schwere aufweisen.

Wer gilt als „nahestehende Person“?

Das Gesetz schützt nicht nur die unmittelbar bedrohte Person. Auch Angehörige – etwa Ehegatten, Kinder, Eltern oder Geschwister – sind einbezogen, sofern sie dem Opfer nahe stehen. Die Drohung „Ich tu deiner Tochter etwas an!“ ist also ebenso strafbar wie eine direkte Bedrohung gegenüber dem Opfer selbst.

Ernsthaftigkeit aus Sicht eines objektiven Beobachters

Ein zentrales Element: Ob eine Drohung vorliegt, beurteilt sich nicht nach dem subjektiven Empfinden des Opfers oder der tatsächlichen Absicht des Täters. Maßgeblich ist, ob ein objektiver Dritter die Äußerung als ernst gemeinte Drohung auffassen würde.

Das bedeutet: Auch wenn der Täter sagt, er habe „nur Spaß gemacht“, schützt ihn das nicht automatisch vor einer Strafverfolgung. Entscheidend ist der Gesamtkontext: Tonfall, Körpersprache, Situation und Vorgeschichte.

Typische Bedrohungsszenarien und ihre strafrechtliche Bewertung

„Ich mach dich fertig“ – verbale Eskalation im Affekt

Diese Aussage taucht häufig in Alltagskonflikten auf – etwa im Straßenverkehr, in Nachbarschaftsstreitigkeiten oder familiären Auseinandersetzungen. Sie ist nicht per se strafbar, kann aber – abhängig vom Kontext – eine Bedrohung darstellen. Droht die Aussage mit einer konkreten schweren Straftat oder wird sie durch weitere bedrohliche Umstände untermauert, wird sie strafrechtlich relevant.

„Ich hau dir auf die Fresse“ – Androhung körperlicher Gewalt

Solche Äußerungen können als Drohung mit einer Körperverletzung (§ 223 StGB) gewertet werden. Dies ist zwar kein Verbrechen, aber § 241 erfasst auch bestimmte andere schwere rechtswidrige Taten – etwa wenn eine Drohung mit einem erheblichen Schaden verbunden ist oder eine Eskalation naheliegt.

Morddrohung und schwerste Gewaltandrohungen

Die Aussage „Ich bring dich um!“ fällt klar unter den Tatbestand. Mord ist ein Verbrechen, das mit lebenslanger Freiheitsstrafe bedroht ist (§ 211 StGB). Entsprechende Drohungen führen in der Regel zu ernsthaften Ermittlungen, häufig verbunden mit Gefährderansprachen oder einstweiligen Schutzmaßnahmen.

Mit Waffe oder Messer drohen

Eine besondere Gefährdung geht von Aussagen aus wie „Ich hol mein Messer!“ oder „Ich knall dich ab!“. Selbst wenn keine Waffe vorhanden ist, genügt die Ankündigung für die Erfüllung des Straftatbestands – sofern der Eindruck erweckt wird, der Täter könne die Drohung tatsächlich umsetzen.

Indirekte Drohungen

Auch Umschreibungen wie „Du wirst schon sehen, was du davon hast“ oder „Ich kenne Leute, die sich um sowas kümmern“ können strafbar sein – wenn sie in der konkreten Situation als Androhung eines Verbrechens interpretiert werden können.

Anzeige erhalten? Kontakt zur Kanzlei

Strafrahmen und rechtliche Folgen

Einfache Bedrohung nach § 241 Abs. 1 StGB

Hier droht eine Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder eine Geldstrafe. In der Praxis werden bei Ersttätern häufig Geldstrafen verhängt, wenn keine weiteren erschwerenden Umstände vorliegen.

Öffentliche Bedrohung (§ 241 Abs. 4 StGB)

Wird die Drohung öffentlich ausgesprochen – etwa auf einer Demo, in einem Forum oder auf sozialen Netzwerken – steigt der Strafrahmen auf Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder Geldstrafe. Entscheidend ist, dass die Drohung für eine Vielzahl von Personen zugänglich gemacht wurde.

Beispiele für öffentliche Bedrohung

  • Kommentar unter einem Facebook-Post: „Den Typen schnappen wir uns noch.“

  • Instagram-Story mit namentlicher Nennung und Drohung.

  • Bedrohung in einem Livestream oder auf einer Demo mit Mikrofon.

Bedrohung im Internet: Neue Dimensionen des Delikts

Facebook, Instagram, Twitter und Co.

Die Digitalisierung hat dazu geführt, dass Bedrohungen heute häufig in schriftlicher oder audiovisueller Form verbreitet werden. Dabei gilt: Auch ein anonymer oder pseudonymer Account schützt den Täter nicht. Ermittlungsbehörden können über IP-Adressen, Provideranfragen und Bestandsdatenauskünfte die Identität herausfinden.

Zudem besteht eine besondere Beweislast gegen den Täter – denn einmal veröffentlichte Inhalte lassen sich speichern, archivieren oder durch Screenshots dokumentieren. Selbst das spätere Löschen eines Posts ändert nichts an der Strafbarkeit.

Bedrohung per E-Mail oder Messenger

Eine private Nachricht mit bedrohlichem Inhalt ist ebenso strafbar wie eine öffentliche. Häufig werden diese Fälle besonders ernst genommen, weil die Täter sich durch die Schriftform offenbar sicher fühlen – und die Drohung daher oft detaillierter oder konkreter ausformuliert ist.

Beispiele:

  • „Wenn du morgen nicht zahlst, brenne ich deinen Laden nieder.“

  • „Ich weiß, wo deine Kinder zur Schule gehen.“

Abgrenzung zu anderen Straftatbeständen

Unterschied zur Nötigung (§ 240 StGB)

Die Nötigung setzt eine Zwangssituation voraus: Das Opfer soll zu einem bestimmten Verhalten gedrängt werden. Die Bedrohung hingegen dient der Einschüchterung – ohne konkrete Handlungsaufforderung. Eine Drohung kann jedoch gleichzeitig eine Nötigung darstellen, wenn der Täter damit ein Ziel verfolgt.

Beispiel:

  • Nötigung: „Wenn du nicht kündigst, bring ich dich um.“

  • Bedrohung: „Ich bring dich um!“ (ohne Bedingung)

Kombination mit Beleidigung (§ 185 StGB)

In der Praxis tritt die Bedrohung oft gemeinsam mit Beleidigungen auf – etwa in aggressiven Nachrichten, Streitgesprächen oder öffentlichen Postings. Beide Delikte werden dann zusammengefasst und führen zu einer Gesamtstrafe.

Beispiel:
„Du dummes Schwein, ich bring dich um, wenn ich dich nochmal sehe!“ → Beleidigung + Bedrohung.

Strafverfolgung und Verfahren

Offizialdelikt: Kein Strafantrag nötig

Die Bedrohung ist ein sogenanntes Offizialdelikt. Das bedeutet: Die Staatsanwaltschaft muss von Amts wegen tätig werden, sobald sie Kenntnis vom Sachverhalt erhält – unabhängig davon, ob das Opfer Anzeige erstattet hat.

Auch Dritte – etwa Zeugen, Angehörige oder Lehrer – können einen Vorfall melden. Die Strafverfolgung erfolgt automatisch.

Ablauf eines Ermittlungsverfahrens

  1. Anzeige durch Opfer oder Dritte.

  2. Einleitung des Ermittlungsverfahrens.

  3. Vernehmung von Zeugen, Sicherung von Beweisen (z. B. Chatverläufe, Screenshots).

  4. Anhörung des Beschuldigten.

  5. Entscheidung: Einstellung, Strafbefehl oder Anklage.

Welche Rolle spielen Beweise?

Die Erfolgsaussichten eines Verfahrens hängen stark von der Beweislage ab. Schriftliche Drohungen, Tonaufnahmen oder Zeugen erhöhen die Wahrscheinlichkeit einer Verurteilung. Aussage gegen Aussage kann zu einer Verfahrenseinstellung führen – aber nicht zwangsläufig.

Sie haben weitere Fragen? Kontakt zur Kanzlei

Fazit: Bedrohung ist kein Bagatelldelikt

Der Straftatbestand der Bedrohung wird in der öffentlichen Wahrnehmung oft unterschätzt – gerade im digitalen Raum. Doch für die Strafverfolgungsbehörden ist klar: Wer andere ernsthaft mit Straftaten bedroht, muss mit rechtlichen Konsequenzen rechnen. Ob am Telefon, im Chat oder auf Facebook – die Grenze zur Strafbarkeit ist schnell überschritten.


FAQ: Häufige Fragen zur Bedrohung nach § 241 StGB

Ab wann ist eine Drohung strafbar?
Sobald eine schwere Straftat wie Mord, Raub oder schwere Körperverletzung glaubhaft angedroht wird – und ein objektiver Dritter die Aussage als ernst gemeint einschätzen würde.

Muss das Opfer Angst gehabt haben?
Nein. Es zählt allein, ob die Drohung aus Sicht eines neutralen Beobachters ernst zu nehmen war.

Was droht mir bei einer Anzeige wegen Bedrohung?
Im Regelfall eine Geldstrafe – bei schweren Fällen oder Wiederholungstätern kann es auch zur Freiheitsstrafe kommen. Öffentliche Drohungen werden härter bestraft.

Kann ich eine Anzeige zurückziehen?
Da es sich um ein Offizialdelikt handelt, liegt es im Ermessen der Staatsanwaltschaft, ob das Verfahren fortgeführt wird – auch gegen den Willen des Opfers.

Was gilt bei Drohungen im Internet?
Auch dort ist § 241 StGB anwendbar – bei öffentlicher Drohung sogar mit erhöhter Strafe. Screenshots und IP-Adressen reichen oft aus, um Täter zu identifizieren.