Was ist eine Revision im Strafrecht?
Die Revision im Strafrecht ist eines der wichtigsten und zugleich komplexesten Rechtsmittel, um ein rechtskräftiges Urteil auf Rechtsfehler überprüfen zu lassen. Sie stellt für viele Angeklagte die letzte Möglichkeit dar, sich gegen eine Verurteilung zu wehren. Im Gegensatz zur Berufung, bei der auch neue Tatsachen und Beweismittel geprüft werden, erfolgt bei der Revision keine erneute Beweisaufnahme. Das Urteil wird lediglich daraufhin untersucht, ob Verfahrensfehler oder eine fehlerhafte Rechtsanwendung vorliegen.
Die gesetzliche Grundlage der Revision findet sich in den §§ 333 ff. StPO.
Die Revision ist zulässig gegen:
- Urteile des Amtsgerichts (Strafrichter und Schöffengericht) – sog. “Sprungrevision”, da die Berufungsinstanz übersprungen wird.
- Urteile des Landgerichts – in erster Instanz oder in der Berufungsinstanz.
- Urteile des Oberlandesgerichts – in erster Instanz.
Auch im Jugendstrafrecht ist die Revision ein zulässiges Rechtsmittel.
Die Revision kann sowohl vom Angeklagten als auch von der Staatsanwaltschaft und in einigen Fällen auch von der Nebenklage eingelegt werden.
Über eine eingelegte Revision entscheidet das Oberlandesgericht (bei Revisionen gegen amtsgerichtliche Urteils) oder der Bundesgerichtshof (bei Revisionen gegen landgerichtliche Urteile).
Unterschied zwischen Berufung und Revision
Während die Berufung eine zweite Tatsacheninstanz darstellt, bei der neue Beweise und Zeugenaussagen berücksichtigt werden können, konzentriert sich die Revision rein auf die rechtliche Überprüfung des Urteils. Das Revisionsgericht prüft das Urteil allein anhand der schriftlichen Urteilsgründe und anhand der Hauptverhandlungsprotokolle.
Ein wichtiger Unterschied: Bei der Berufung kann das gesamte Verfahren inklusive Beweisaufnahme erneut durchgeführt werden. Die Revision hingegen überprüft nur, ob das Ausgangsgericht Rechtsvorschriften verletzt hat – z.B. Das Gesetz falsch ausgelegt hat oder Beweisanträge zu Unrecht übergangen hat.
Form und Frist der Revision
Form der Revision
Für eine zulässige Revision gelten strenge Form- und Fristenvoraussetzungen. Werden diese nicht eingehalten, ist die Revision allein deshalb unzulässig.
Die Revision muss schriftlich oder zu Protokoll der Geschäftsstelle eingelegt werden. Eine Revision per Telefon ist nicht möglich. Während die reine Revisionseinlegung noch problemlos durch den Angeklagten selbst erfolgen kann, kann die zwingend notwendige Revisionsbegründung ausschließlich von einem Rechtsanwalt abgegeben werden.
Muster einer Revision
An das
Amtsgericht Musterstadt
In dem Verfahren
Max Mustermann
Az. 1 Ds 234 Js 5678/24lege ich gegen das Urteil das Rechtsmittel der Revision ein.
Unterschrift
Frist der Revision
Die Revision muss binnen einer Woche nach Verkündung des Urteils eingelegt werden. Diese Frist kann nicht verlängert werden.
Die Revisionsbegründung muss binnen eines Monats nach Zustellung der schriftlichen Urteilsgründe eingereicht werden. Auch diese Frist kann nicht verlängert werden.
Revisionsbegründung
Binnen eines Monats nach Zustellung der Urteilsgründe muss die Revision ausführlich begründet werden. Die Revisionsbegründung kann nicht durch den Angeklagten selbst erfolgen, sondern muss von einem Rechtsanwalt ausgearbeitet und unterzeichnet werden – andernfalls ist die Revision unzulässig.
Für die Revisionsbegründung gelten strenge formale Anforderungen.
Die Begründung der Revision unterteilt sich in die Sachrüge und die Verfahrensrüge. Die Sachrüge rügt die Verletzung materiellen Rechts, also die falsche Auslegung eines gesetzlichen Tatbestandes. Die Verfahrensrüge rügt die Verletzung formellen Rechts, also die Missachtung der Strafprozessordnung. Häufiges Beispiel für einen Verfahrensfehler ist die rechtswidrige Ablehnung eines Beweisantrages.
Frist der Revision verpasst? Was jetzt?
Wird die Frist zur Einlegung der Revision oder die Frist zur Begründung der Revision versäumt, führt allein dies zur Unzulässigkeit der Revision. Das (angegriffene) Urteil wird rechtskräftig und vollstreckbar.
Es kann dann nur noch – in engen Grenzen und engen Ausnahmefällen – die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt werden. In diesen Fällen müsste nachgewiesen werden, dass die Frist schuldlos versäumt worden ist. Binnen einer Woche nach Erkennen, dass die Frist versäumt wurde, ist der Antrag auf Wiedereinsetzung zu stellen. Der Antrag muss begründet werden. Gleichzeitig ist die versäumte Handlung, also die Einlegung oder Begründung der Revision, nachzuholen. Aufgrund der schwerwiegenden Folgen, die ein falscher oder unzureichender Wiedereinsetzungsantrag zur Folge hat, sollte dieser nie ohne Unterstützung eines Strafverteidigers gestellt werden.
Mehr über die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand
Erfolgsaussichten der Revision im Strafrecht
Die Erfolgsaussichten einer Revision sind äußerst gering. Statistisch sind nur wenige Prozent aller eingelegten Revisionen erfolgreich. Aus diesem Grund hängen die Erfolgschancen einer Revision auch maßgeblich von der Qualität der Revisionsbegründung ab. Eine Allgemeine Unzufriedenheit mit dem Urteil genügt nicht – es müssen konkrete Rechtsfehler nachgewiesen werden. Das Gesetz unterscheidet zwischen absoluten und relativen Revisionsgründen.
Relative Revisionsgründe (§ 337 StPO) setzen voraus, dass eine Verletzung eines Gesetzes bzw. einer Gesetzesnorm vorliegt, und das Urteil auf dieser Rechtsverletzung beruht. Es ist also nicht ausreichend, dass überhaupt ein Rechtsfehler vorliegt. Vielmehr muss die falsche Gerichtsentscheidung explizit auf diesem Rechtsfehler beruhen. Ein möglicher Rechtsfehler kann z.B. eine unrichtige Beweiswürdigung, die falsche Auslegung eines Gesetzes oder die rechtswidrige Ablehnung eines Beweisantrages sein.
Liegen dagegen absolute Revisionsgründe (§ 338 StPO) vor, führen diese stets zur Aufhebung des Urteils. Ein absoluter Revisionsgrund ist z.B. gegeben, wenn ein befangener Richter mitgewirkt hat, das Gericht unzuständig war oder die Regeln über die Öffentlichkeit einer Hauptverhandlung missachtet worden sind.
Ablauf des Revisionsverfahrens
Wird die Revision form- und fristgerecht eingelegt und auch in zulässiger Weise begründet, wird das Verfahren an das zuständige Revisionsgericht abgegeben – Bei Revisionen gegen amtsgerichtliche Urteile und landgerichtliche Berufungsurteile entscheide das Oberlandesgericht; Bei Revision gegen erstinstanzliche Urteile des Landgerichts entscheidet der Bundesgerichtshof.
Revisionshauptverhandlung
Bei der Revision handelt es sich weitestgehend um ein schriftliches Verfahren. Nur selten findet eine Revisionshauptverhandlung statt. Und selbst in den seltenen Fällen einer Revisionshauptverhandlung vor dem Oberlandesgericht oder dem Bundesgerichtshof werden dort keine Fragen über den tatsächlichen Sachverhalt (“Wie hat sich etwas zugetragen”) oder über Aussagen von Zeugen (“Das hat der so nicht gesagt!”; “Das stimmt nicht!”) erörtert. In einer Revisionshauptverhandlung werden allein rechtliche und theoretische Fragen besprochen.
Entscheidung des Revisionsgerichts
Nach Prüfung der Revision durch das Revisionsgericht fällt dieses eine Entscheidung. Das Gericht kann die Revision bereits als unzulässig verwerfen, wenn Formvorschriften nicht eingehalten worden sind. Das Gericht kann die Revision auch (mit einem Zweizeiler) als unbegründet verwerfen, wenn kein Rechtsfehler vorliegt. Das Revisionsgericht kann das Urteil allerdings auch aufheben und an das Gericht der Vorinstanz zurückverweisen. Dort findet dann eine neue Hauptverhandlung statt.
In seltenen Fällen kann auch das Revisionsgericht “durchentscheiden”, und z.B. einen Freispruch aussprechen. Das kommt etwa dann in Betracht, wenn die Prüfung durch das Gericht ergeben hat, dass die vorgeworfene Handlung nicht strafbar ist.
Dauer des Revisionsverfahrens
Auch wenn die konkrete Dauer eines Revisionsverfahrens vom jeweiligen Einzelfall und nicht zuletzt von der Auslastung des Revisionsgerichts abhängig ist, dauert eine Revision in der Regel zwischen sechs Monaten und einem Jahr.
Revision abgelehnt: Wie geht es weiter?
Wenn die Revision abgelehnt wird, wird das Urteil rechtskräftig. Dies bedeutet, dass das Verfahren insgesamt abgeschlossen ist, und die festgesetzte Strafe vollstreckt wird.
Möglichkeiten nach Ablehnung der Revision sind:
- Verfassungsbeschwerde: Bei Verletzung von Grundrechten.
- Gnadengesuch: Antrag auf Milderung oder Aussetzung der Strafe.
Der Gesetzgeber geht allerdings grundsätzlich davon aus, dass der Instanzenzug nach einer abgelehnten Revision beendet ist, sodass sowohl eine erfolgreiche Verfassungsbeschwerde als auch ein erfolgreiches Gnadengesuch absolute Ausnahmeentscheidungen darstellen.
Haftantritt nach abgelehnter Revision
Wurde der Angeklagte zu einer Freiheitsstrafe ohne Bewährung verurteilt und wurde dieses Urteil infolge einer abgelehnten, nicht erfolgreichen Revision rechtskräftig, ist die Freiheitsstrafe in der zuständigen JVA zu vollstrecken. Der Verurteilte wird zeitnah über die Staatsanwaltschaft aufgefordert, die Strafe anzutreten. Der Zeitpunkt des Haftantritts wird von der Staatsanwaltschaft festgelegt. Es besteht die Möglichkeit, einen Antrag auf Vollstreckungsaufschub zu stellen.
Revision: Wie kann ein Anwalt helfen?
Sie wurden vom Amtsgericht oder Landgericht verurteilt, und wollen die Entscheidung anfechten und in Revision gehen?
Eine zulässige Revision ist nur mit einem Anwalt möglich. Aufgrund der Komplexität der Materie sollte ein Revisionsverfahren nur mit einem ausgewiesenen Anwalt für Strafrecht bzw. Strafverteidiger beschritten werden.
Wir prüfen mit Ihnen gemeinsam die Chancen, Möglichkeiten und Risiken einer Revision. Kontaktieren Sie uns – Rufen Sie uns an, oder schreiben Sie uns eine Nachricht. Wir melden uns kurzfristig bei Ihnen!