Beschwerde

Gegen Beschlüsse und Verfügungen eines Gerichts kann das Rechtsmittel der Beschwerde eingelegt werden. Was die Beschwerde ist, welche Voraussetzungen erfüllt sein müssen und welche Wirkungen sie hat, lesen Sie im folgenden Beitrag.

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Bekannt aus

Tommy Kujus
Strafverteidiger

Aktualisiert am 02.01.2025

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Was ist eine Beschwerde im Strafrecht?

Bei der Beschwerde (§§ 304 ff. StPO) handelt es sich um ein Rechtsmittel im Strafverfahren. Sie richtet sich gegen Beschlüsse und Verfügungen eines Gerichts – nicht jedoch gegen Urteile, da gegen diese nur die Berufung (§§ 312 ff. StPO) oder die Revision (§§ 333 ff. StPO) eingelegt werden kann.

Die Beschwerde kann von jedem eingelegt werden, der durch die Entscheidung in seinen Rechten beeinträchtigt ist – beispielsweise der Beschuldigte, der Strafverteidiger, der Nebenkläger oder die Staatsanwaltschaft, aber auch Zeugen und Sachverständige.

Die Beschwerde ist darauf gerichtet, den Beschluss oder die Verfügung eines Gerichts vom übergeordneten Gericht überprüfen zu lassen. Sie ist also im Hinblick auf den Regelungsumfang vergleichbar mit einer Berufung gegen Urteile.

Im Gegensatz zur Berufung oder Revision hat die Beschwerde keine aufschiebende Wirkung. Das bedeutet, das durch eine zulässig eingelegte Beschwerde die weitere Vollstreckung des (angegriffenen) Beschlusses bzw. der Verfügung nicht gehemmt wird – die angefochtene Entscheidung kann also trotz Beschwerde vollzogen werden (§ 307 Abs. 1 StPO). Eine Vollziehung erfolgt nur dann nicht, wenn die Hemmung ausdrücklich gesetzlich angeordnet ist oder der Vollzug der angefochtenen Entscheidung durch das Gericht ausgesetzt wird (§ 307 Abs. 2 StPO).

Arten der Beschwerde

Im Strafrecht gibt es die “einfache Beschwerde”, die “sofortige Beschwerde” und auch die “weitere Beschwerde”. Jede Beschwerde-Art hat ihren eigenen Anwendungsbereich.

Einfache Beschwerde

Die einfache Beschwerde gemäß § 304 StPO kann gegen gerichtliche Beschlüsse und Verfügungen eingelegt werden, sofern das Gesetz sie nicht ausdrücklich ausschließt. Sie ist nicht an eine Frist gebunden und kann jederzeit erhoben werden.

Sofortige Beschwerde

Die sofortige Beschwerde nach § 311 StPO ist in Fällen vorgesehen, in denen eine schnelle Entscheidung erforderlich ist. Sie muss innerhalb einer Woche nach Bekanntmachung der Entscheidung eingelegt werden.

Weitere Beschwerde

Die weitere Beschwerde gemäß § 310 StPO ist nur in bestimmten, gesetzlich geregelten Fällen zulässig, beispielsweise bei Entscheidungen über die Verhaftung oder einstweilige Unterbringung.

Form und Frist der Beschwerde

Die Einlegung einer zulässigen Beschwerde ist an die Form- und Fristvorschriften der Strafprozessordnung (StPO) gebunden.

Form der Beschwerde

Die Beschwerde muss schriftlich oder zu Protokoll der Geschäftsstelle beim Ausgangsgericht eingelegt werden (§ 306 Abs. 1 StPO).

Möglich ist daher die Einlegung per Post oder Fax ebenso wie die persönliche Vorsprache auf der Geschäftsstelle des Gerichts. Ein Telefonat genügt nicht.

Eine Begründung kann beigefügt werden, ist aber nicht zwingend erforderlich.

Frist der Beschwerde

Bei der einfachen Beschwerde nach § 304 StPO muss keine Frist eingehalten werden.

Im Gegensatz dazu erfordert die sofortige Beschwerde nach § 311 StPO eine Einlegung binnen einer Woche ab Bekanntgabe der angegriffenen Entscheidung. Wird diese schuldlos versäumt, kann nur noch die “Wiedereinsetzung in den vorigen Stand” beantragt werden.

Ablauf der Beschwerde

Der Ablauf einer Beschwerde sieht regelmäßig wie folgt aus:

Beschluss bzw. Verfügung: Das Gericht erlässt einen Beschluss oder eine Verfügung im Sinne des § 304 StPO, wobei der Beschwerdeführer hierdurch in seinen Rechten beeinträchtigt wird.

Einreichung der Beschwerde: Der Beschwerdeführer reicht die Beschwerde mündlich oder zu Protokoll bei der zuständigen Geschäftsstelle und gegebenenfalls innerhalb der vorgesehenen Frist ein.

Begründung der Beschwerde: Der Beschwerdeführer kann die Gründe für die Beschwerde darlegen.

Prüfung durch das Gericht: Das Gericht überprüft den Gegenstand der Beschwerde in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht selbst (“Abhilfeverfahren”)

Stellungnahme der Staatsanwaltschaft: In geeigneten Fällen hat die Staatsanwaltschaft das Recht, zu der Beschwerde Stellung zu nehmen, § 309 Abs. 1 StPO.

Abgabe an das Beschwerdegericht: Hilft das Ausgangsgericht der Beschwerde nicht ab, also hebt es den Beschluss nicht auf, so gibt es das Verfahren an das Beschwerdegericht ab – üblicherweise das Landgericht.

Entscheidung des Beschwerdegerichts: Das Gericht fällt eine Entscheidung über die Beschwerde (§ 309 StPO). Ist die Beschwerde begründet, so erlässt das Gericht gleichzeitig auch eine neue Entscheidung hinsichtlich des Streitgegenstandes (“Abhilfeverfahren”)

Beschwerde gegen Entscheidung: Gegen die Entscheidung des Gerichtes über die Beschwerde kann eine „weitere Beschwerde“ im Sinne des § 310 StPO eingereicht werden, wenn sie eine Verhaftung, eine einstweilige Unterbringung oder einen Vermögensarrest betrifft.

Praktische Beispiele einer Beschwerde

Da eine Beschwerde gegen alle nur denkbaren Beschlüsse eines Gerichts möglich ist, sind auch die Anwendungsfälle einer Beschwerde nahezu grenzenlos. Die häufigsten Beispiele einer Beschwerde sind die Haftbeschwerde, die Beschwerde gegen einen Durchsuchungsbeschluss, die Beschwerde gegen einen abgelehnten Terminsverlegungsantrag sowie die Beschwerde gegen die abgelehnte Beiordnung eines Pflichtverteidigers.

Haftbeschwerde gegen einen Haftbefehl

Ein Beschuldigter kann einen Haftbefehl nicht nur mit einer Haftprüfung sondern auch mit einer Haftbeschwerde angreifen. Bei der Haftbeschwerde wird vom übergeordneten Landgericht in einem schriftlichen Verfahren geprüft, ob die Voraussetzungen für einen Haftbefehl vorliegen – ob also insbesondere nach Aktenlage ein dringender Tatverdacht bejaht werden kann.

Beschwerde gegen einen Durchsuchungsbeschluss

Wird die Durchsuchung der Wohnung eines Beschuldigten angeordnet, kann dieser dagegen Beschwerde einlegen, um die Rechtmäßigkeit der Maßnahme überprüfen zu lassen.

Beschwerde gegen eine verweigerte Terminsverlegung

Wird ein Antrag auf Verlegung eines Hauptverhandlungstermins abgelehnt, kann hier ebenso – in engen Grenzen – Beschwerde eingelegt werden. Zwar hat das Gericht stets die Hoheit über die Terminierung von Hauptverhandlungen. Allerdings kommt es gar nicht so selten vor, dass berechtigte Anträge auf Verlegung eines Termins übergangen und zu Unrecht abgewiesen werden. Denn auch das Gericht hat bei einer Terminsbestimmung die Belange des Angeklagten und dessen Verteidigers zu berücksichtigen.

Beschwerde gegen eine abgelehnte Pflichtverteidigerbeiordnung

Schließlich kann gegen den gerichtlichen Beschluss, in dem die Beiordnung eines Verteidigers als Pflichtverteidiger abgelehnt wird, mit der Beschwerde angefochten werden. Häufig werden vom Amtsgericht die Voraussetzungen einer “notwendigen Verteidigung” zu eng ausgelegt.

Wie kann ein Anwalt bei einer Beschwerde helfen?

Die Einlegung einer Beschwerde erfährt im bereits laufenden Strafverfahren eine entscheidende Rolle. Während dieses Verfahrens steht der Verteidiger für Ihre Rechte ein, sodass er der Verteidigung entsprechend und im gebotenen Fall selbstständig eine Beschwerde einlegen wird.

Ein erfahrener Strafverteidiger kann die Erfolgsaussichten einer Beschwerde realistisch einschätzen und den Angeklagten während des gesamten Verfahrens kompetent vertreten. Er hilft dabei, die Beschwerde form- und fristgerecht einzulegen und eine überzeugende Begründung zu formulieren.

Über den Autor
Tommy Kujus ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Strafrecht. Er ist Inhaber der Leipziger Kanzlei KUJUS Strafverteidigung, und bundesweit als Strafverteidiger tätig.

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