Falsche Versicherung an Eides Statt
Schnell kann insbesondere das Lügen im Hinblick auf eine Versicherung an Eides Statt zu einer strafbaren Handlung werden. Welche Voraussetzungen dafür vorliegen müssen und welche Strafen drohen, erfahren Sie im folgenden Beitrag.

Die falsche Versicherung an Eides Statt gehört zu den sogenannten Aussagedelikten und kann fatale Konsequenzen nach sich ziehen. Was für viele wie ein formaler Akt erscheint, ist in Wahrheit eine hochbrisante Erklärung mit weitreichenden rechtlichen Folgen. In der Praxis kommt es häufig vor, dass Betroffene sich der Tragweite nicht bewusst sind – und sich dadurch einer Straftat schuldig machen. Dieser Beitrag beleuchtet die rechtlichen Grundlagen, zeigt typische Fallkonstellationen auf und erklärt, wie sich Angeklagte effektiv verteidigen können.
Was versteht man unter einer falschen Versicherung an Eides Statt?
Die falsche Versicherung an Eides Statt ist in § 156 StGB geregelt. Demnach macht sich strafbar, wer vor einer zur Abnahme befugten Behörde vorsätzlich falsche Angaben macht und deren Richtigkeit an Eides Statt versichert oder auf eine solche Versicherung Bezug nimmt. Es handelt sich nicht um einen klassischen Eid, sondern um eine schriftliche oder mündliche Erklärung mit vergleichbarer rechtlicher Wirkung.
Die Vorschrift dient dem Schutz der staatlichen Rechtspflege – falsche Versicherungen können Verfahren in eine falsche Richtung lenken und Gerichte sowie Behörden täuschen.
Warum gibt es die eidesstattliche Versicherung?
In vielen Verfahren ist eine schnelle und dennoch glaubhafte Beweiserhebung notwendig. Hier kommt die eidesstattliche Versicherung ins Spiel. Sie ermöglicht es, ohne formalen Eid glaubwürdige Aussagen zu treffen, die gerichtliche Entscheidungen maßgeblich beeinflussen können. Gerade in Vollstreckungsverfahren, beim Gewaltschutz, im Familien- oder Erbrecht hat sie praktische Bedeutung.
Strafbarkeit nach § 156 StGB – Voraussetzungen im Detail
Wer kann Täter sein?
Grundsätzlich ist jedermann tauglicher Täter. Entscheidend ist nur, dass die betreffende Person im jeweiligen Verfahren zur Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung berechtigt ist. Das sind beispielsweise:
-
Schuldner im Rahmen einer Zwangsvollstreckung
-
Parteien in einem Familienrechtsstreit
-
Zeugen in einem gerichtlichen Verfahren
-
Antragsteller in Erbschaftsangelegenheiten
Welche Handlungen sind strafbar?
Es gibt zwei Tatvarianten:
-
Die falsche Abgabe einer Versicherung an Eides Statt
-
Die falsche Aussage unter Berufung auf eine frühere Versicherung an Eides Statt
Beide Varianten setzen voraus, dass die Erklärung rechtlich zulässig ist und vor einer zuständigen Stelle erfolgt. Die Strafbarkeit entfällt, wenn die Behörde zur Abnahme der Versicherung nicht befugt war.
Vorsatz – das zentrale Element
Eine Strafbarkeit setzt Vorsatz voraus. Das bedeutet:
-
Der Täter muss wissen, dass seine Angaben falsch sind.
-
Er muss bewusst und willentlich handeln.
-
Auch der Eventualvorsatz reicht: Der Täter hält die Falschaussage für möglich und nimmt sie billigend in Kauf.
Fehlt der Vorsatz, kann gleichwohl eine fahrlässige Falschangabe vorliegen (§ 161 StGB).
Abgrenzung zu verwandten Straftatbeständen
§ 153 StGB – Falsche uneidliche Aussage
Hier geht es um Aussagen vor Gericht oder Untersuchungsausschüssen, ohne dass ein Eid abgelegt wird. Eine eidesstattliche Versicherung ist davon nicht erfasst.
§ 154 StGB – Meineid
Beim Meineid handelt es sich um eine vorsätzliche falsche Aussage unter Eid. Die Strafe ist deutlich härter: Mindestens ein Jahr Freiheitsstrafe. Im Gegensatz dazu ist die falsche Versicherung an Eides Statt kein echter Eid, sondern eine schriftliche/mündliche Erklärung mit vergleichbarem Gewicht.
Fahrlässige falsche Versicherung an Eides Statt (§ 161 StGB)
Nicht immer handelt jemand mit Vorsatz. In vielen Fällen liegt lediglich Fahrlässigkeit vor – etwa, weil Informationen vergessen, übersehen oder falsch verstanden wurden. Typisch ist dies bei:
-
Unvollständigen Angaben zur Vermögensauskunft
-
Verwechslung von Kontodaten oder Eigentumsverhältnissen
-
Komplexen Erb- oder Familiensituationen
Die Strafe fällt geringer aus:
-
Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr
-
oder Geldstrafe
Strafmaß nach § 156 StGB – Was droht wirklich?
Die falsche Versicherung an Eides Statt wird bestraft mit:
-
Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren
-
oder Geldstrafe
Das konkrete Strafmaß richtet sich nach:
-
Der Schwere des Vorwurfs
-
Den Folgen der Falschangabe (z. B. gerichtliche Entscheidung auf falscher Basis)
-
Der Motivation des Täters
-
Dem Verhalten nach der Tat (z. B. Berichtigung)
Milderung durch Berichtigung (§ 158 StGB)
Wer seine falschen Angaben rechtzeitig berichtigt, kann auf Strafmilderung hoffen. Die Voraussetzung ist, dass die Korrektur noch vor der gerichtlichen oder behördlichen Verwertung erfolgt. Wird die Berichtigung freiwillig und frühzeitig abgegeben, kann das Gericht sogar von Strafe absehen.
Praktische Beispiele aus der Verteidigungspraxis
Fall 1: Schuldner in der Vermögensauskunft
Ein Schuldner gibt eine eidesstattliche Versicherung über seine Vermögensverhältnisse ab. Dabei verschweigt er ein Depot im Ausland. Die Gläubigerin findet dies später heraus – Anzeige folgt. Der Strafverteidiger argumentiert, der Mandant habe geglaubt, nur inländische Konten angeben zu müssen. Ergebnis: Verfahren wird gegen Geldauflage eingestellt.
Fall 2: Streit um Sorgerecht
Eine Mutter gibt im Antrag auf einstweilige Verfügung an, der Vater habe das Kind geschlagen. Später stellt sich heraus: Die Aussage war erfunden. Der Vater stellt Strafanzeige wegen falscher Versicherung an Eides Statt. In der Verteidigung gelingt es, die emotionale Ausnahmesituation nachzuweisen – das Verfahren endet mit Verwarnung und Auflage.
Fall 3: Nachlassverfahren mit verschwiegenem Testament
Ein Erbe erklärt eidesstattlich, dass kein Testament existiert. Später wird ein gültiges Testament gefunden. Die Staatsanwaltschaft ermittelt. Die Verteidigung zeigt, dass der Erbe nur eine Kopie kannte, deren Echtheit fraglich war. Ergebnis: Einstellung wegen mangelnden Vorsatzes.
Häufige Fehlerquellen – und wie man sie vermeidet
-
Unwissenheit über rechtliche Pflichten: Viele Betroffene wissen nicht, dass eine eidesstattliche Versicherung strafrechtlich relevant ist.
-
Fehlende rechtliche Beratung: Wer ohne Anwalt handelt, riskiert Formfehler und Falschangaben.
-
Emotionale Belastung: Gerade in Familien- oder Erbsachen handeln viele Menschen unüberlegt.
Tipps für den Umgang mit Vorladungen und Ermittlungen
-
Keine Aussagen ohne anwaltliche Beratung!
-
Nicht in Erklärungsdruck geraten – Schweigerecht nutzen.
-
Rechtzeitig Verteidiger einschalten – am besten vor der ersten Vernehmung.
-
Keine falsche Rücknahme oder „Korrektur“ ohne Strategie – das kann die Lage verschlechtern.
Fazit: Präzise Aussagen können vor Haft schützen
Die falsche Versicherung an Eides Statt ist kein formaler Lapsus, sondern ein ernstzunehmender Straftatbestand. Für Betroffene kann eine unbedachte Erklärung zu erheblichen Konsequenzen führen – im schlimmsten Fall zu einer Freiheitsstrafe. Gleichzeitig bietet das Gesetz zahlreiche Ansatzpunkte für eine kluge und effektive Verteidigung. Entscheidend ist, dass frühzeitig reagiert und mit einem spezialisierten Strafverteidiger zusammengearbeitet wird.
FAQ – Häufig gestellte Fragen
Ist jede falsche Angabe automatisch strafbar?
Nein. Es muss Vorsatz vorliegen, und die Behörde muss zur Abnahme befugt gewesen sein.
Was ist, wenn ich fahrlässig falsche Angaben gemacht habe?
Dann greift § 161 StGB. Es droht eine mildere Strafe.
Hilft es, wenn ich die falsche Angabe berichtige?
Ja. Eine rechtzeitige Berichtigung kann zur Strafmilderung oder sogar Einstellung führen (§ 158 StGB).
Was passiert, wenn ich zur falschen Aussage gedrängt wurde?
Druck oder Drohungen können als mildernde Umstände berücksichtigt werden.
Wie sollte ich mich bei einer Vorladung verhalten?
Schweigen, keine Aussage ohne Anwalt, und umgehend einen Strafverteidiger einschalten.