Führungszeugnis und Jugendstrafrecht
Ein Fehltritt im jungen Alter kann weitreichende Folgen haben – doch nicht jede Strafe landet im Führungszeugnis. Das Jugendstrafrecht unterscheidet bewusst zwischen Erziehungsmaßnahmen, Zuchtmitteln und Jugendstrafen, um die Chancen auf Resozialisierung zu wahren. Doch welche Strafen werden tatsächlich eingetragen? Wie unterscheidet sich das Erziehungsregister vom Führungszeugnis?

Das Jugendstrafrecht unterscheidet sich grundlegend vom Strafrecht für Erwachsene. Es basiert auf dem Gedanken, dass Jugendliche und Heranwachsende sich noch in einer Entwicklungsphase befinden, in der sie Fehler machen und aus diesen lernen können. Der Fokus liegt auf Erziehung, Resozialisierung und Prävention, nicht auf Bestrafung.
Doch wie verhält es sich mit Eintragungen ins Führungszeugnis oder ins Erziehungsregister? Welche Strafen haben Auswirkungen auf die Zukunft eines Jugendlichen, und was sollte beachtet werden? Diese Fragen sind besonders für Jugendliche, ihre Eltern und deren rechtliche Vertreter von großer Bedeutung.
Was ist das Führungszeugnis?
Das Führungszeugnis, auch polizeiliches Führungszeugnis genannt, ist ein offizielles Dokument, das vom Bundesamt für Justiz ausgestellt wird. Es gibt Auskunft darüber, ob eine Person strafrechtlich in Erscheinung getreten ist. Es gibt unterschiedliche Arten von Führungszeugnissen, etwa für private Zwecke oder behördliche Anfragen, beispielsweise für eine Bewerbung im öffentlichen Dienst oder in Berufen, die besondere Vertrauenswürdigkeit erfordern.
Eintragungen im Führungszeugnis haben oft weitreichende Konsequenzen. Arbeitgeber können zum Beispiel Bewerber mit Vorstrafen ablehnen, insbesondere in Berufen, die mit Kindern, Jugendlichen oder finanziellen Angelegenheiten zu tun haben.
Unterschied zwischen Führungszeugnis und Erziehungsregister
Ein wichtiger Punkt ist die Unterscheidung zwischen dem Führungszeugnis und dem Erziehungsregister. Das Führungszeugnis enthält nur rechtskräftige Verurteilungen, die eine bestimmte Schwere erreichen. Das Erziehungsregister hingegen ist speziell für Jugendliche und Heranwachsende gedacht und listet alle Maßnahmen auf, die im Rahmen des Jugendstrafrechts verhängt wurden.
Einträge im Erziehungsregister sind für Außenstehende nicht sichtbar. Sie dienen ausschließlich Gerichten und Behörden und haben daher keine direkten Auswirkungen auf Bewerbungen oder das gesellschaftliche Ansehen der betroffenen Person.

Welche Strafen gegen Jugendliche werden im Führungszeugnis eingetragen?
Das Jugendgerichtsgesetz (JGG) sieht verschiedene Maßnahmen vor, die auf die individuellen Bedürfnisse und die Schwere der Tat abgestimmt sind. Hierbei wird zwischen Erziehungsmaßregeln, Zuchtmitteln und Jugendstrafen unterschieden. Doch welche dieser Maßnahmen werden ins Führungszeugnis aufgenommen?
Eintragungspflichtige Maßnahmen
- Jugendstrafe ohne Bewährung: Verurteilungen, die zu einer Freiheitsentziehung führen, werden in jedem Fall ins Führungszeugnis aufgenommen.
- Geldstrafen über 90 Tagessätze: Werden Tagessätze in dieser Höhe verhängt, erfolgt eine Eintragung ins Führungszeugnis.
- Freiheitsstrafen über drei Monate: Auch Freiheitsstrafen, die zur Bewährung ausgesetzt wurden, können unter bestimmten Umständen eingetragen werden.
Nicht eintragungspflichtige Maßnahmen
- Erziehungsmaßregeln: Dazu gehören Weisungen, Betreuungshilfen oder die Teilnahme an Anti-Gewalt-Trainings.
- Zuchtmittel: Verwarnungen, gemeinnützige Arbeit oder kurzzeitige Maßnahmen wie die Erbringung von Schadensersatz werden in der Regel nicht ins Führungszeugnis aufgenommen.
Besonders wichtig ist, dass Jugendliche durch geringe Vergehen nicht automatisch als „vorbestraft“ gelten. Dies schützt sie vor den langfristigen negativen Folgen kleinerer Fehltritte.
Das Erziehungsregister
Das Erziehungsregister ist eine Besonderheit des Jugendstrafrechts. Es dient dazu, alle Maßnahmen zu dokumentieren, die von Jugendgerichten verhängt wurden. Im Gegensatz zum Führungszeugnis hat es rein behördeninterne Funktionen. Arbeitgeber oder private Institutionen haben keinen Zugriff auf diese Einträge.
Was wird im Erziehungsregister erfasst?
- Alle Maßnahmen des Jugendstrafrechts: Von Erziehungsmaßregeln über Zuchtmittel bis hin zu Jugendstrafen.
- Eingestellte Verfahren: Auch wenn ein Verfahren nach § 45 JGG eingestellt wurde, wird dies im Erziehungsregister vermerkt.
Löschfristen im Erziehungsregister
Einträge im Erziehungsregister bleiben in der Regel bis zum 24. Lebensjahr gespeichert. Danach werden sie automatisch gelöscht, sofern keine neuen Straftaten begangen wurden.
Beispielhafte Eintragungsszenarien
Ein 17-jähriger Jugendlicher wird wegen Ladendiebstahls zu 20 Sozialstunden verurteilt. Diese Maßnahme wird ins Erziehungsregister eingetragen, jedoch nicht ins Führungszeugnis.
Ein anderer Fall: Ein 19-jähriger Heranwachsender begeht eine Körperverletzung und erhält eine Jugendstrafe von sechs Monaten auf Bewährung. Diese Strafe wird sowohl im Erziehungsregister als auch im Führungszeugnis eingetragen.
Ab wann gilt ein Jugendlicher als vorbestraft?
Der Begriff „vorbestraft“ wird oft missverstanden. Ein Jugendlicher gilt erst dann als vorbestraft, wenn eine Verurteilung ins Führungszeugnis aufgenommen wurde. Eintragungen im Erziehungsregister haben keine Bedeutung für die Frage, ob eine Person vorbestraft ist oder nicht.
Vorstrafe bedeutet in diesem Zusammenhang, dass eine schwerwiegende Verurteilung vorliegt, die beispielsweise bei Bewerbungen angegeben werden muss.
Löschung von Einträgen
Führungszeugnis
Einträge im Führungszeugnis werden nicht dauerhaft gespeichert. Je nach Schwere der Verurteilung gelten folgende Löschfristen:
- Jugendstrafen: In der Regel werden diese nach 3 Jahren gelöscht, wenn keine neuen Straftaten hinzukommen.
- Schwerwiegende Verurteilungen: Freiheitsstrafen, die länger als zwei Jahre andauern, bleiben länger im Führungszeugnis eingetragen.
Erziehungsregister
Im Erziehungsregister gilt eine längere Speicherfrist. Maßnahmen und Strafen bleiben dort bis zum 24. Lebensjahr sichtbar, unabhängig von ihrer Schwere.
Verfahren zur Löschung
Betroffene können unter bestimmten Voraussetzungen eine Löschung beantragen. Dabei sollte ein erfahrener Anwalt hinzugezogen werden, der sicherstellt, dass alle rechtlichen Anforderungen erfüllt sind.
Auswirkungen von Einträgen im Führungszeugnis
Einträge im Führungszeugnis können erhebliche Konsequenzen für die betroffene Person haben. Dies gilt insbesondere für Berufsgruppen, in denen ein einwandfreies Führungszeugnis Pflicht ist.
Beispiele für Berufe mit besonderen Anforderungen
- Pädagogische Berufe: Lehrer, Erzieher oder Sozialarbeiter.
- Sicherheitsrelevante Berufe: Polizei, Sicherheitsdienste oder das Militär.
- Vertrauensberufe: Bankkaufleute, Steuerberater oder Notare.
Doch auch außerhalb dieser Bereiche kann ein negativer Eintrag die Karrierechancen beeinträchtigen, vor allem in Bereichen, in denen Arbeitgeber auf ein makelloses Führungszeugnis achten.
Verteidigungsstrategien im Jugendstrafverfahren
Ein erfahrener Strafverteidiger kann entscheidend dazu beitragen, dass keine Eintragung ins Führungszeugnis erfolgt.
Beispiele für Verteidigungsstrategien
- Einstellung des Verfahrens: Verfahren können nach § 45 JGG eingestellt werden, wenn der Jugendliche Einsicht zeigt und Wiedergutmachung leistet.
- Milde Maßnahmen: Statt einer Jugendstrafe kann der Verteidiger auf Erziehungsmaßregeln oder Zuchtmittel hinarbeiten, die nicht ins Führungszeugnis aufgenommen werden.
Ein guter Verteidiger berücksichtigt die individuelle Lebenssituation des Jugendlichen und zeigt auf, wie sich negative Konsequenzen vermeiden lassen.

Praktische Beispiele und Szenarien
Szenario 1: Geringfügige Straftat
Ein 15-Jähriger begeht einen Ladendiebstahl. Das Gericht verurteilt ihn zu 30 Sozialstunden und einer Erziehungsmaßnahme. Diese Eintragung erscheint nur im Erziehungsregister und hat keine Auswirkungen auf das Führungszeugnis.
Szenario 2: Schwerwiegende Straftat
Ein 19-jähriger Heranwachsender wird wegen Körperverletzung zu einer Jugendstrafe von sechs Monaten verurteilt, die nicht zur Bewährung ausgesetzt wird. Diese Verurteilung wird ins Führungszeugnis aufgenommen.
Szenario 3: Wiederholte Verstöße
Ein Jugendlicher wird mehrfach straffällig. Selbst geringfügige Strafen können dann dazu führen, dass Maßnahmen ins Führungszeugnis aufgenommen werden, da die Gesamtbewertung eine Rolle spielt.
Fazit: Worauf Jugendliche achten sollten
Jugendliche sollten sich bewusst sein, dass jede Straftat Konsequenzen haben kann – auch wenn sie nicht immer direkt im Führungszeugnis sichtbar wird. Eine rechtzeitige Aufklärung und ein guter Rechtsbeistand können dabei helfen, langfristige Schäden für die berufliche und private Zukunft zu vermeiden. Das Jugendstrafrecht bietet zahlreiche Möglichkeiten, Fehler zu korrigieren, doch die richtige Unterstützung ist dabei entscheidend.
FAQs
1. Welche Strafen werden immer im Führungszeugnis erfasst?
Jugendstrafen ohne Bewährung oder Geldstrafen über 90 Tagessätze werden in jedem Fall ins Führungszeugnis eingetragen.
2. Was wird im Erziehungsregister erfasst?
Das Erziehungsregister erfasst alle Maßnahmen des Jugendstrafrechts, auch solche, die nicht im Führungszeugnis erscheinen.
3. Kann ein Eintrag im Führungszeugnis gelöscht werden?
Ja, Einträge im Führungszeugnis können nach Ablauf der gesetzlichen Fristen gelöscht werden, in der Regel nach drei Jahren.
4. Welche Rolle spielt der Strafverteidiger im Jugendstrafrecht?
Ein Strafverteidiger kann durch geschickte Verhandlungsführung und rechtliche Expertise dazu beitragen, dass Maßnahmen nicht ins Führungszeugnis aufgenommen werden.
5. Wie lange bleiben Einträge im Erziehungsregister gespeichert?
Einträge im Erziehungsregister werden in der Regel bis zum 24. Lebensjahr gespeichert.