Insolvenzverschleppung
Die Insolvenzverschleppung gehört zu den gravierendsten Straftaten im Wirtschaftsstrafrecht und kann Geschäftsführer, Einzelunternehmer und sogar leitende Angestellte teuer zu stehen kommen. Wer trotz Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung den Insolvenzantrag verspätet stellt, riskiert nicht nur hohe Geld- und Freiheitsstrafen, sondern auch eine persönliche Haftung mit seinem Privatvermögen.

Die Insolvenzverschleppung gehört zu den häufigsten Straftaten im Wirtschaftsstrafrecht. Besonders Geschäftsführer einer GmbH, aber auch Einzelunternehmer, können bei einer verspäteten Insolvenzanmeldung mit schwerwiegenden Konsequenzen konfrontiert werden. Neben hohen Geld- und Freiheitsstrafen drohen auch zivilrechtliche Regressansprüche und eine persönliche Haftung.
Doch ab wann spricht man von Insolvenzverschleppung? Welche Fristen gelten? Und welche Maßnahmen können Geschäftsführer und Unternehmer ergreifen, um sich vor strafrechtlichen Konsequenzen zu schützen? Dieser Artikel liefert Ihnen einen umfassenden Überblick über das Thema.
Was ist Insolvenzverschleppung?
Definition und rechtliche Grundlagen (§ 15a InsO)
Die Insolvenzverschleppung ist eine Straftat, die in § 15a Insolvenzordnung (InsO) geregelt ist. Demnach ist der Geschäftsführer einer juristischen Person – etwa einer GmbH oder AG – verpflichtet, spätestens innerhalb von drei Wochen nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung einen Insolvenzantrag zu stellen.
Wer diese Frist versäumt, macht sich strafbar. Ziel dieser Regelung ist es, Schäden für Gläubiger zu minimieren und eine geordnete Insolvenzabwicklung zu ermöglichen.
Wann ist ein Unternehmen zahlungsunfähig oder überschuldet?
Nach § 17 InsO liegt eine Zahlungsunfähigkeit vor, wenn das Unternehmen nicht mehr in der Lage ist, seine fälligen Zahlungsverpflichtungen zu erfüllen. Als überschuldet gilt ein Unternehmen nach § 19 InsO, wenn das Vermögen die bestehenden Verbindlichkeiten nicht mehr deckt und keine positive Fortführungsprognose besteht.
Welche Fristen müssen eingehalten werden?
Die gesetzliche Frist zur Insolvenzanmeldung beträgt maximal drei Wochen nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit. In dieser Zeit sollte geprüft werden, ob Sanierungsmaßnahmen oder eine außergerichtliche Einigung mit Gläubigern möglich sind. Wer diese Frist verstreichen lässt, riskiert eine Strafanzeige wegen Insolvenzverschleppung.

Wer ist von Insolvenzverschleppung betroffen?
Geschäftsführer einer GmbH – Besondere Haftungsrisiken
Geschäftsführer einer GmbH tragen die Hauptverantwortung für die wirtschaftliche Stabilität des Unternehmens. Sie müssen die finanzielle Lage fortlaufend prüfen und dürfen keine riskanten Zahlungen mehr leisten, sobald Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung festgestellt wird.
Ein Verstoß gegen diese Pflicht kann dazu führen, dass Geschäftsführer:
- persönlich für entstandene Schäden haften,
- mit einer Geld- oder Freiheitsstrafe belegt werden,
- mit einem Berufsverbot als Geschäftsführer bestraft werden.
Insolvenzverschleppung als Einzelunternehmer – Welche Konsequenzen drohen?
Im Gegensatz zur GmbH haftet ein Einzelunternehmer mit seinem gesamten Privatvermögen für betriebliche Schulden. Das bedeutet:
- Eine verspätete Insolvenzanmeldung kann zur vollständigen Privatinsolvenz führen.
- Gläubiger können auf das private Vermögen zugreifen.
- In Extremfällen kann es zu einer Zwangsvollstreckung kommen.
Können Privatpersonen Insolvenzverschleppung begehen?
Privatpersonen, die keine Geschäftsführer oder Unternehmer sind, unterliegen nicht den Regelungen zur Insolvenzverschleppung. Allerdings können sie im Rahmen eines Insolvenzverfahrens belangt werden, wenn sie beispielsweise durch unzulässige Vermögensverschiebungen versuchen, Gläubiger zu benachteiligen.
Strafen und rechtliche Konsequenzen
Welche Strafen drohen bei Insolvenzverschleppung?
Die Insolvenzverschleppung ist nach § 15a InsO eine Straftat und wird mit:
- einer Geldstrafe oder
- einer Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren geahndet.
In besonders schweren Fällen – etwa wenn hohe Schäden für Gläubiger entstehen – kann die Strafe auf bis zu fünf Jahre Freiheitsentzug erhöht werden.
Geschäftsführerhaftung: Persönliche Konsequenzen
Neben strafrechtlichen Sanktionen drohen zivilrechtliche Haftungsansprüche. Gläubiger, Insolvenzverwalter oder Finanzämter können gegen den Geschäftsführer persönlich vorgehen.
Mögliche Folgen:
- Haftung mit Privatvermögen: Wenn Geschäftsführer ihr Unternehmen trotz Insolvenz weiterführen, können sie privat haftbar gemacht werden.
- Berufsverbot: In schweren Fällen kann das Gericht ein Berufsverbot für die Tätigkeit als Geschäftsführer aussprechen.
- Schadenersatzklagen durch Gläubiger: Gläubiger haben das Recht, Schadensersatz zu fordern, wenn durch die Insolvenzverschleppung finanzielle Schäden entstanden sind.
Fahrlässige Insolvenzverschleppung – gibt es Unterschiede?
Vorsatz vs. Fahrlässigkeit – Wann wird es kritisch?
Eine vorsätzliche Insolvenzverschleppung liegt vor, wenn der Geschäftsführer bewusst und absichtlich den Insolvenzantrag hinauszögert, um beispielsweise Zeit zu gewinnen oder Gläubiger zu täuschen.
Eine fahrlässige Insolvenzverschleppung hingegen kann bereits vorliegen, wenn der Geschäftsführer aufgrund mangelnder Buchhaltungskenntnisse oder Unwissenheit nicht erkennt, dass sein Unternehmen insolvent ist.
Mildernde Umstände bei fahrlässiger Insolvenzverschleppung
Gerichte berücksichtigen bei der Strafzumessung:
- ob eine unklare Buchhaltung vorlag,
- ob der Geschäftsführer rechtzeitig Maßnahmen zur Sanierung eingeleitet hat,
- ob externe Berater hinzugezogen wurden.
In vielen Fällen führt fahrlässige Insolvenzverschleppung eher zu einer Geldstrafe anstatt einer Freiheitsstrafe.
Können Mitarbeiter haftbar gemacht werden?
Haftung von Prokuristen und leitenden Angestellten
Grundsätzlich liegt die Verantwortung für die Insolvenzverschleppung beim Geschäftsführer. Allerdings können auch Prokuristen oder leitende Angestellte belangt werden, wenn sie aktiv an der Insolvenzverschleppung mitgewirkt haben.
Schutzmaßnahmen für Mitarbeiter
Mitarbeiter können sich schützen, indem sie:
- schriftlich auf finanzielle Probleme hinweisen,
- keine illegalen Zahlungen leisten,
- sich im Zweifel rechtlich beraten lassen.
Wie kann man sich vor Insolvenzverschleppung schützen?
Frühwarnzeichen einer drohenden Insolvenz
- Zahlungsrückstände bei Lieferanten
- Mahnungen und Vollstreckungsbescheide
- Abgelehnte Kreditanträge
Rechtzeitige Maßnahmen zur Schadensbegrenzung
- Frühzeitige Konsultation eines Anwalts
- Erstellung eines Sanierungskonzepts
- Vergleichsverhandlungen mit Gläubigern

Beispiele aus der Praxis – Wie Insolvenzverschleppung abläuft
Fall 1: Insolvenzverschleppung bei einer GmbH
Ein Geschäftsführer erkennt finanzielle Probleme, hofft jedoch auf eine Verbesserung der Lage. Er stellt den Insolvenzantrag zu spät – Gläubiger verlieren mehrere hunderttausend Euro. Folge: Zwei Jahre Freiheitsstrafe auf Bewährung.
Fall 2: Einzelunternehmer in der Privatinsolvenz
Ein Einzelunternehmer ignoriert Mahnungen und versäumt die rechtzeitige Anmeldung. Da er mit seinem gesamten Vermögen haftet, verliert er Haus und Ersparnisse.
FAQ – Häufige Fragen zur Insolvenzverschleppung
Was ist Insolvenzverschleppung?
Das verspätete Stellen eines Insolvenzantrags trotz Zahlungsunfähigkeit.
Welche Strafen drohen?
Geldstrafen oder bis zu fünf Jahre Freiheitsstrafe.
Kann ein Geschäftsführer persönlich haften?
Ja, auch mit seinem Privatvermögen.
Wie kann ich Insolvenzverschleppung vermeiden?
Durch regelmäßige Buchhaltungsprüfungen und rechtzeitige Insolvenzanmeldung.
Gilt das auch für Einzelunternehmer?
Ja, auch Einzelunternehmer können Insolvenzverschleppung begehen.