Körperverletzung im Amt

Begeht ein Amtsträger eine Körperverletzung so kann unter Umständen eine Körperverletzung im Amt nach § 340 Strafgesetzbuch (StGB) vorliegen. Welche Voraussetzungen hierfür bestehen müssen und welcher hohe Strafrahmen droht, erfahren Sie im folgenden Beitrag.

Jetzt Anfrage stellen

Bekannt aus

Tommy Kujus
Strafverteidiger

Aktualisiert am 08.12.2024

Themen auf dieser Seite

Körperverletzung im Amt ist ein schwerwiegender Straftatbestand, der nach § 340 StGB geregelt ist. Diese besondere Form der Körperverletzung betrifft Amtsträger, die während der Ausübung ihrer dienstlichen Tätigkeit eine Körperverletzung begehen. Der Tatbestand zieht eine verschärfte Strafandrohung nach sich und dient nicht nur dem Schutz der körperlichen Unversehrtheit des Opfers, sondern auch der Integrität öffentlicher Institutionen.

In diesem Artikel werden alle relevanten Aspekte der Körperverletzung im Amt, einschließlich der rechtlichen Grundlagen, Praxisbeispiele und Verteidigungsstrategien, ausführlich erläutert.

Was ist die „Körperverletzung im Amt“?

 

Körperverletzung im Amt bezeichnet Handlungen, bei denen ein Amtsträger während oder im Zusammenhang mit seiner amtlichen Tätigkeit einen anderen Menschen verletzt. Entscheidend ist, dass die Tat im Missbrauch der Amtsgewalt erfolgt, wodurch das öffentliche Vertrauen in die Unparteilichkeit und Rechtmäßigkeit staatlichen Handelns erschüttert werden kann.

 

Abgrenzung zur „normalen“ Körperverletzung

 

Während eine Körperverletzung nach § 223 StGB auch von Privatpersonen begangen werden kann, setzt die Körperverletzung im Amt voraus, dass der Täter eine Amtsträgereigenschaft besitzt und die Tat in dienstlichem Zusammenhang steht.

 

Wer gilt als Amtsträger?

 

Der Begriff „Amtsträger“ ist in § 11 Abs. 1 Nr. 2 StGB definiert. Dazu zählen:

  • Beamte und Richter,
  • Personen, die in einem öffentlich-rechtlichen Amtsverhältnis stehen (z. B. Soldaten),
  • Angestellte, die in einer Behörde oder im öffentlichen Dienst Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnehmen.

Auch Lehrer, Polizisten, Notare und sogar Minister können Amtsträger sein. Entscheidend ist, dass der Täter in seiner Position hoheitliche Aufgaben wahrnimmt.

 

Voraussetzungen für die Strafbarkeit nach § 340 StGB

 

1. Tathandlung: Körperverletzung

 

Die Körperverletzung muss im Sinne von § 223 StGB vorliegen. Das bedeutet, dass der Täter das Opfer entweder körperlich misshandelt oder dessen Gesundheit vorsätzlich geschädigt hat. Beispiele sind Schläge, übermäßiger Druck durch Handschellen oder der Einsatz von Hilfsmitteln wie Schlagstöcken ohne rechtliche Grundlage.

 

2. Dienstausübung oder dienstlicher Zusammenhang

 

Die Körperverletzung muss im Rahmen der Dienstausübung oder in einem sachlichen Zusammenhang zum Dienst stehen. Hierbei unterscheidet man:

  • Während der Dienstausübung: Die Tat wird während der Arbeitszeit begangen.
  • Im Zusammenhang mit dem Dienst: Die Tat erfolgt außerhalb der Arbeitszeit, steht aber in direktem Bezug zur amtlichen Tätigkeit, etwa bei einer unbefugten Kontrolle außerhalb des Dienstes.

 

3. Vorsatz

 

Eine Strafbarkeit nach § 340 StGB erfordert Vorsatz. Der Täter muss die Tat wissentlich und willentlich oder zumindest billigend in Kauf genommen haben (Eventualvorsatz). Handelt der Täter nur fahrlässig, kommt eine Verurteilung wegen fahrlässiger Körperverletzung im Amt nach §§ 229, 340 Abs. 3 StGB in Betracht.

 

4. Einwilligung des Opfers

 

Das Opfer kann der Handlung zustimmen, was die Strafbarkeit ausschließt. Eine solche Einwilligung muss jedoch freiwillig und im vollen Bewusstsein der Sachlage erfolgen.

 

5. Versuch

 

Der Versuch einer Körperverletzung im Amt ist nach § 340 Abs. 2 StGB strafbar, sobald der Täter unmittelbar zur Verwirklichung der Tat ansetzt.

 

Rechtliche Grundlagen und Sanktionen

 

Gesetzliche Regelung

 

Die Körperverletzung im Amt wird in § 340 StGB geregelt und stellt eine Qualifikation zur normalen Körperverletzung dar. Zusätzlich verweist der Paragraf auf weitere Körperverletzungsdelikte wie:

  • Gefährliche Körperverletzung (§ 224 StGB),
  • Schwere Körperverletzung (§ 226 StGB),
  • Fahrlässige Körperverletzung (§ 229 StGB).

 

Strafen

 

Die Strafen sind abhängig von der Schwere der Tat:

  • Regelfall: Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe.
  • Minder schwerer Fall: Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe.
  • Gefährliche oder schwere Körperverletzung im Amt: Höhere Freiheitsstrafen, die sich nach den entsprechenden Regelungen der §§ 224–226 StGB richten.

 

Offizialdelikt

 

Die Körperverletzung im Amt ist ein Offizialdelikt. Das bedeutet, dass die Staatsanwaltschaft von Amts wegen ermittelt, sobald sie Kenntnis von der Tat erlangt. Ein Strafantrag des Geschädigten ist nicht erforderlich.

 

Typische Beispiele aus der Praxis

 

Polizeieinsätze

 

  • Exzessiver Einsatz von Gewalt: Ein Polizist wendet bei einer Festnahme unnötige Härte an, die zu Verletzungen führt.
  • Unrechtmäßige Anwendung von Hilfsmitteln: Der Einsatz von Pfefferspray oder Schlagstöcken ohne rechtliche Grundlage.

 

Blutentnahmen

 

Eine rechtswidrig durchgeführte Blutentnahme, etwa ohne richterliche Anordnung oder ohne Einwilligung des Betroffenen, kann als Körperverletzung im Amt bewertet werden.

 

Dienstliche Überschreitung

  • Ein Lehrer, der einen Schüler übermäßig körperlich bestraft.
  • Ein Soldat, der im Rahmen von Befehlen physische Übergriffe rechtfertigt.

 

Unterschiede zwischen Vorsatz und Fahrlässigkeit

 

Ein wesentlicher Aspekt bei der Strafbarkeit ist die Frage, ob die Handlung vorsätzlich oder fahrlässig begangen wurde:

  • Vorsatz: Der Täter weiß um die Rechtswidrigkeit und nimmt die Tat bewusst in Kauf.
  • Fahrlässigkeit: Der Täter handelt unvorsichtig oder unterlässt die nötige Sorgfalt, etwa durch unsachgemäße Handhabung von Hilfsmitteln.

Berufsrechtliche und disziplinarische Folgen

 

Neben den strafrechtlichen Konsequenzen drohen Amtsträgern häufig disziplinarische Maßnahmen, darunter:

  • Verweise oder Geldbußen,
  • Versetzung oder Entlassung aus dem öffentlichen Dienst,
  • Verlust der Pensionen bei Beamten.

Verteidigungsstrategien für Beschuldigte

 

Für Beschuldigte ist eine fundierte Verteidigungsstrategie entscheidend:

  1. Nachweis der Rechtmäßigkeit: Nachweisen, dass die Handlung durch Notwehr oder einen rechtfertigenden Notstand gedeckt war.
  2. Anfechtung von Beweisen: Zeugen oder Videoaufnahmen können entlastende Elemente bieten.
  3. Hervorhebung von Verfahrensfehlern: Bei unzureichender Beweissicherung kann ein Freispruch möglich sein.

 

Prävention: So vermeiden Amtsträger Vorwürfe

 

Amtsträger können sich durch klare und transparente Handlungen vor Vorwürfen schützen:

  • Regelmäßige Schulungen: Kenntnisse zu rechtlichen Grenzen und Einsatzmitteln sind unverzichtbar.
  • Dokumentation: Eine detaillierte Dokumentation von Einsätzen und Maßnahmen bietet Schutz vor falschen Vorwürfen.
  • Einhaltung von Vorschriften: Strikte Beachtung rechtlicher Vorgaben minimiert das Risiko.

Fazit

 

Die Körperverletzung im Amt ist ein sensibler und komplexer Bereich des Strafrechts. Für Beschuldigte ist die frühzeitige Einschaltung eines erfahrenen Strafverteidigers unerlässlich, um eine sachgerechte Verteidigung zu gewährleisten. Die genauen Umstände des Falles und die Motivation hinter der Tat spielen eine entscheidende Rolle bei der Strafzumessung.

FAQs

 

1. Was ist Körperverletzung im Amt?
Eine Körperverletzung, die ein Amtsträger während seiner Dienstausübung oder in einem dienstlichen Zusammenhang begeht.

2. Welche Strafen drohen bei § 340 StGB?
Die Strafen reichen von Geldstrafen bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe. Schwerere Taten können härter bestraft werden.

3. Ist fahrlässige Körperverletzung im Amt ebenfalls strafbar?
Ja, fahrlässige Körperverletzung wird nach § 229 StGB sanktioniert, jedoch mit milderen Strafen.

4. Was sind typische Beispiele?
Übergriffe bei Polizeieinsätzen, unrechtmäßige Blutentnahmen oder Misshandlungen durch Lehrer.

5. Wie kann ich mich verteidigen?
Eine fundierte Verteidigungsstrategie umfasst den Nachweis der Rechtmäßigkeit der Handlung sowie die Anfechtung von Beweisen.

Über den Autor
Tommy Kujus ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Strafrecht. Er ist Inhaber der Leipziger Kanzlei KUJUS Strafverteidigung, und bundesweit als Strafverteidiger tätig.

Wir helfen Ihnen

Senden Sie uns eine Nachricht

Zögern Sie nicht, mit uns Kontakt aufzunehmen - ob per Telefon, per E-Mail oder über unser Kontaktformular. Senden Sie uns eine unverbindliche Nachricht. Ihre Daten unterliegen der anwaltlichen Schweigepflicht. Es gelten die Hinweise zum Datenschutz.

Weitere interessante Beiträge

Erfahren Sie aus unserem Strafrechts-ABC Wissenswertes über das Strafrecht und das Strafverfahren.

Gefährliche Körperverletzung durch “Bengalos”?

Die Verwendung von Bengalos kann nicht nur faszinierende Lichteffekte erzeugen, sondern birgt auch ernsthafte Risiken. Insbesondere bei unsachgemäßem Gebrauch können…
Weiterlesen

Körperverletzung

Im Streit dem Partner eine Ohrfeige verpasst oder in der Bar in eine Schlägerei geraten? Dies sind nur zwei Beispiele…
Weiterlesen

Gefährliche Körperverletzung

Im Streit dem Partner mit einem Messer verletzt oder gemeinsam mit dem Kumpel eine Schlägerei in der Bar angezettelt? Dies…
Weiterlesen

Wir helfen Ihnen!

Senden Sie uns eine Nachricht. Wir antworten Ihnen kurzfristig. Ihre Daten unterliegen der anwaltlichen Schweigepflicht. Es gelten die Hinweise zum Datenschutz.