Sexueller Missbrauch von Jugendlichen

Der „sexueller Missbrauch von Jugendlichen“ ist gem. § 182 Strafgesetzbuch (StGB) strafbar. Dieser Strafbestand umfasst unterschiedliche Handlungen und Situationen. Welche Voraussetzungen erfüllt sein müssen und welche Strafen drohen können, erfahren Sie im folgenden Beitrag.

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Bekannt aus

Tommy Kujus
Strafverteidiger

Aktualisiert am 16.12.2024

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Der Vorwurf des sexuellen Missbrauchs von Jugendlichen gemäß § 182 Strafgesetzbuch (StGB) gehört zu den schwerwiegendsten Anschuldigungen im deutschen Recht. Neben hohen rechtlichen Strafen drohen auch erhebliche persönliche und gesellschaftliche Konsequenzen. Dieser Artikel bietet eine fundierte Übersicht über die rechtlichen Grundlagen, Tatbestandsmerkmale und mögliche Verteidigungsstrategien.


Was ist „sexueller Missbrauch von Jugendlichen“?

Sexueller Missbrauch von Jugendlichen liegt vor, wenn eine Person vorsätzlich sexuelle Handlungen an einem Jugendlichen (14 bis 17 Jahre alt) vornimmt und dabei:

  • eine Zwangslage ausnutzt (§ 182 Abs. 1 StGB),
  • sexuelle Handlungen gegen Entgelt erfolgen (§ 182 Abs. 2 StGB), oder
  • die fehlende Fähigkeit zur sexuellen Selbstbestimmung ausnutzt (§ 182 Abs. 3 StGB).

Diese Vorschrift zielt darauf ab, Jugendliche vor Ausbeutung und Übergriffen zu schützen, auch wenn sie dem Kontakt scheinbar freiwillig zugestimmt haben.


Tatobjekt: Jugendliche und Altersgrenzen

Ein „Jugendlicher“ im Sinne des § 182 StGB ist eine Person zwischen 14 und 18 Jahren.

Abgrenzung zu anderen Straftatbeständen:

  • Bei sexuellen Handlungen mit Personen unter 14 Jahren greift der härtere Tatbestand des sexuellen Missbrauchs von Kindern (§ 176 StGB), der mit Freiheitsstrafen von mindestens sechs Monaten bis zu zehn Jahren geahndet wird.
  • Sind beide Beteiligten über 18 Jahre alt, greift § 182 StGB nicht mehr.

 


Tatbestandsmerkmale nach § 182 StGB

1. Ausnutzen einer Zwangslage (§ 182 Abs. 1 StGB)

Eine Zwangslage liegt vor, wenn der Jugendliche sich in einer schwierigen persönlichen oder wirtschaftlichen Situation befindet, die der Täter ausnutzt. Beispiele:

  • Jugendliche, die von Zuhause weggelaufen sind,
  • finanziell abhängige Jugendliche, denen Unterkunft oder Geld im Gegenzug für sexuelle Handlungen angeboten wird.

Für solche Taten drohen Freiheitsstrafen bis zu fünf Jahren oder Geldstrafen.

2. Sexuelle Handlungen gegen Entgelt (§ 182 Abs. 2 StGB)

Strafbar ist, wenn ein Täter einer Person unter 18 Jahren sexuelle Handlungen im Austausch gegen Entgelt anbietet.

Was gilt als Entgelt?

  • Geldzahlungen, Geschenke oder Dienstleistungen,
  • Einladungen (z. B. ins Kino oder Restaurant),
  • Naturalleistungen wie Drogen, Alkohol oder Unterkunft.

Auch eine Täuschung über die versprochene Zahlung („Fake-Casting-Angebote“) erfüllt den Straftatbestand.

3. Ausnutzen fehlender sexueller Selbstbestimmung (§ 182 Abs. 3 StGB)

Dieser Tatbestand betrifft Jugendliche unter 16 Jahren. Der Täter ist in diesen Fällen über 21 Jahre alt und nutzt die mangelnde Reife des Jugendlichen aus, um sexuelle Handlungen vorzunehmen.

Fehlende sexuelle Selbstbestimmung wird insbesondere bei:

  • geistiger Behinderung,
  • Entwicklungsverzögerungen,
  • starkem Machtgefälle (z. B. durch das Alter oder eine soziale Stellung) angenommen.

Hier drohen Freiheitsstrafen bis zu drei Jahren oder Geldstrafen.


Definition sexueller Handlungen nach § 182 StGB

Nicht jede Berührung ist automatisch strafbar. Entscheidend ist, ob die Handlung objektiv einen sexuellen Bezug hat. Maßgeblich ist die Einschätzung eines unbeteiligten Dritten.

Beispiele sexueller Handlungen:

  • Geschlechtsverkehr (oral, vaginal, anal),
  • Berührungen von Brust, Penis oder Scheide,
  • intime Küsse mit sexuellem Kontext.

Strafrechtliche Besonderheiten

Vorsatz: Der Täter muss vorsätzlich handeln, das heißt, er muss wissen und wollen, dass seine Handlung den Tatbestand erfüllt. Auch Eventualvorsatz („Billigung der Tat“) reicht aus.

Versuch: Nach § 182 Abs. 4 StGB ist auch der Versuch strafbar. Der Versuch beginnt, sobald der Täter nach seiner Vorstellung unmittelbar ansetzt, die Tat zu verwirklichen.


Strafantrag und Anklage

  • Offizialdelikte: Taten nach § 182 Abs. 1 und 2 StGB werden von Amts wegen verfolgt, sobald die Behörden Kenntnis erlangen.
  • Relatives Antragsdelikt: Taten nach § 182 Abs. 3 StGB erfordern einen Strafantrag des Opfers oder seines gesetzlichen Vertreters. Ein solcher Antrag kann jedoch entfallen, wenn ein besonderes öffentliches Interesse an der Strafverfolgung besteht.

Strafen und Konsequenzen bei Verurteilung

Die Strafen nach § 182 StGB reichen von Geldstrafen bis zu Freiheitsstrafen:

  • Ausnutzen einer Zwangslage oder Handlungen gegen Entgelt: Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe.
  • Ausnutzen fehlender sexueller Selbstbestimmung: Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe.

Zusätzliche Konsequenzen:

  • Eintrag ins Führungszeugnis: Eine Verurteilung kann Ihre berufliche Zukunft beeinträchtigen, insbesondere in Berufen mit Kindern oder Jugendlichen.
  • Berufsverbote: Besonders in pädagogischen oder sozialen Berufen drohen langfristige Tätigkeitsverbote.
  • Soziale Stigmatisierung: Bereits der Vorwurf kann zu gesellschaftlicher Isolation führen.

Anwendbarkeit des Jugendstrafrechts

Bei Beschuldigten zwischen 14 und 18 Jahren wird das Jugendstrafrecht angewendet. Dies führt in der Regel zu milderen Sanktionen, wie:

  • Erziehungsmaßregeln,
  • Sozialstunden oder
  • Jugendstrafvollzug in speziellen Einrichtungen.

Heranwachsende zwischen 18 und 21 Jahren können je nach Reife ebenfalls nach Jugendstrafrecht verurteilt werden.


Verteidigungsstrategien für Beschuldigte

Ein erfahrener Strafverteidiger ist essenziell, um gegen die Vorwürfe vorzugehen. Folgende Schritte sollten Sie beachten:

Schweigerecht nutzen: Machen Sie keine Aussage ohne rechtlichen Beistand. Selbst vermeintlich harmlose Aussagen können später gegen Sie verwendet werden.

Beweissicherung: Sammeln Sie entlastende Beweise, wie z. B. Nachrichten, Dokumentationen oder Zeugen.

Umgang mit Vorladungen: Bei einer Vorladung zur Polizei oder Staatsanwaltschaft sollten Sie einen spezialisierten Anwalt einschalten und sich niemals ohne rechtlichen Beistand äußern.

Falschaussagen aufdecken: In vielen Fällen basieren Anschuldigungen auf widersprüchlichen Aussagen. Ein Anwalt kann diese aufdecken und für Ihre Entlastung nutzen.

 


Fazit: Was tun bei einer Anzeige wegen § 182 StGB?

Wer des sexuellen Missbrauchs von Jugendlichen beschuldigt wird, steht oft vor einer enormen emotionalen und rechtlichen Belastung. Ein durchdachtes Vorgehen und die Unterstützung eines spezialisierten Strafverteidigers sind der Schlüssel, um Ihre Rechte zu wahren und Ihre Unschuld zu beweisen.


FAQs

Wann ist sexueller Missbrauch von Jugendlichen strafbar?
Sexueller Missbrauch ist strafbar, wenn eine Zwangslage, eine fehlende sexuelle Selbstbestimmung oder Entgelt für sexuelle Handlungen ausgenutzt wird.

Welche Strafen drohen?
Je nach Tatbestand drohen Geldstrafen oder Freiheitsstrafen von bis zu fünf Jahren.

Was gilt als Entgelt?
Neben Geld fallen auch Geschenke, Einladungen oder andere geldwerte Vorteile unter den Begriff des Entgelts.

Kann der Versuch bestraft werden?
Ja, der Versuch des sexuellen Missbrauchs ist nach § 182 Abs. 4 StGB strafbar.

Wann wird Jugendstrafrecht angewendet?
Jugendstrafrecht gilt für Beschuldigte zwischen 14 und 18 Jahren. Bei Heranwachsenden (18–21 Jahre) kann es angewendet werden, wenn die Reifeentwicklung noch nicht abgeschlossen ist.

 

Tabelle: Wann ist Sex mit Minderjährigen strafbar?

Über den Autor
Tommy Kujus ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Strafrecht. Er ist Inhaber der Leipziger Kanzlei KUJUS Strafverteidigung, und bundesweit als Strafverteidiger tätig.

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