Menschenraub

Der Menschenraub nach § 234 Strafgesetzbuch (StGB) beschreibt das widerrechtliche Entführen oder Verschleppen einer Person, um sie an einen anderen Ort zu bringen oder ihrer Freiheit zu berauben. Die Motive für Menschenraub können vielfältig sein – von Lösegelderpressungen bis hin zu politischen oder ideologischen Motiven. Welche Voraussetzungen für diesen Straftatbestand erfüllt sein müssen und welche Strafe droht, lesen Sie im folgenden Beitrag.

Inhalt

(1) Wer sich einer anderen Person mit Gewalt, durch Drohung mit einem empfindlichen Übel oder durch List bemächtigt, um sie in hilfloser Lage auszusetzen oder dem Dienst in einer militärischen oder militärähnlichen Einrichtung im Ausland zuzuführen, wird mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren bestraft.

(2) In minder schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren.

Menschenraub nach § 234 StGB

Der Straftatbestand des Menschenraubs stellt eine besonders schwere Form der Freiheitsberaubung dar. § 234 StGB schützt nicht nur die körperliche Bewegungsfreiheit, sondern auch die Selbstbestimmung und Menschenwürde des Opfers. Strafbar macht sich, wer sich eines Menschen bemächtigt, um ihn in eine hilflose Lage zu versetzen oder ihn in eine militärische Einrichtung im Ausland zu bringen. Es handelt sich um ein Verbrechen mit erheblichem Strafmaß – und entsprechend gravierenden rechtlichen Folgen.

Wann liegt Menschenraub vor?

Ein Menschenraub setzt voraus, dass sich jemand eines anderen Menschen „bemächtigt“. Gemeint ist damit, dass der Täter Kontrolle über das Opfer erlangt – durch Gewalt, Drohung oder List. Das Opfer wird seiner Selbstbestimmung beraubt und unter die tatsächliche Herrschaft des Täters gestellt. Maßgeblich ist nicht die Dauer, sondern die Qualität der Kontrolle. Auch Kinder, Bewusstlose oder schlafende Personen können Opfer sein.

Voraussetzungen nach dem Gesetz

Nach § 234 StGB muss die Tat mehrere Elemente aufweisen:

1. Sich-Bemächtigen des Opfers

Der Täter muss eine tatsächliche Herrschaft über das Opfer ausüben – etwa durch Festhalten, Einsperren oder Entführen. Das Ziel: Das Opfer soll nicht mehr selbst über seinen Aufenthaltsort entscheiden können.

2. Einsatz bestimmter Mittel

Die Bemächtigung muss durch eines der folgenden Mittel erfolgen:

Gewalt: körperliche Einwirkung auf das Opfer;

Drohung mit empfindlichem Übel: etwa mit Verletzung, Verlust oder anderen einschneidenden Folgen;

List: z. B. durch Täuschung, falsche Versprechungen oder Vortäuschen von Hilfsbedürftigkeit.

3. Zielsetzung

Die Tat muss auf eines von zwei Zielen gerichtet sein:

Versetzung in eine hilflose Lage: Das Opfer soll in eine Situation gebracht werden, in der es sich selbst nicht mehr helfen kann – z. B. Aussetzen in abgelegener Umgebung oder Fesselung ohne Fluchtmöglichkeit;

Zuführung zu einer militärischen Einrichtung im Ausland: Gemeint sind nicht nur Armeen, sondern auch paramilitärische oder ähnliche Organisationen.

Strafrahmen und rechtliche Folgen

Menschenraub wird mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren bestraft. In minder schweren Fällen – etwa bei geringerer Dauer oder fehlender Gewaltanwendung – kann das Gericht Freiheitsstrafe zwischen sechs Monaten und fünf Jahren verhängen.

Beispiel aus der Praxis

Ein Jugendlicher täuscht einem gleichaltrigen Mitschüler vor, er wolle ihm ein Geheimversteck zeigen. In Wahrheit bringt er ihn unter einem Vorwand in ein leerstehendes Gebäude, sperrt ihn dort ein und entfernt sich. Ziel war es, den Mitschüler für eine Stunde „aus dem Verkehr“ zu ziehen. Trotz der kurzen Dauer erfüllt das Verhalten den Tatbestand des Menschenraubs, da der Mitschüler in eine hilflose Lage gebracht wurde – und der Täter ihn bewusst seiner Freiheit beraubt hat.

Unterschied zu anderen Straftatbeständen

Menschenraub unterscheidet sich von ähnlichen Delikten wie Freiheitsberaubung oder Geiselnahme:

Freiheitsberaubung (§ 239 StGB): Erfasst nur das Einsperren oder Festhalten – ohne die zusätzliche Zielsetzung des Menschenraubs.

Geiselnahme (§ 239b StGB): Setzt voraus, dass das Opfer als Druckmittel zur Erpressung Dritter verwendet wird.

Erpresserischer Menschenraub (§ 239a StGB): Zielt auf finanzielle Bereicherung – etwa durch Lösegeldforderungen.

Ist auch der Versuch strafbar?

Ja. Der Versuch ist nach § 23 StGB in Verbindung mit § 234 strafbar. Bereits das Ansetzen zur Tat – etwa das Anlocken oder das Greifen nach dem Opfer – genügt. Dies ist besonders relevant bei Situationen, in denen das Opfer noch entkommen konnte.

Typische Verteidigungsansätze

Fehlende Bemächtigung: Das Opfer hatte noch eigene Handlungsmöglichkeiten?

Keine hilflose Lage: Das Opfer konnte sich durch Flucht oder Kommunikation selbst helfen?

Kein zielgerichtetes Handeln: Es lag keine Absicht zur Zuführung oder Hilflosigkeit vor?

Gerade bei Jugendlichen oder Unerfahrenen spielen auch reife- und entwicklungsbedingte Umstände eine Rolle bei der strafrechtlichen Bewertung.

Häufige Fragen zum Menschenraub

Was bedeutet „hilflose Lage“?

Ein Zustand, in dem das Opfer sich selbst nicht schützen oder befreien kann – etwa bei Fesselung, Bewusstlosigkeit oder Aussetzen an einem entlegenen Ort.

Ist auch psychischer Druck ausreichend?

Ja – wenn das Opfer sich aufgrund einer Drohung nicht mehr frei bewegen kann, genügt das für den Tatbestand.

Muss das Opfer aktiv festgehalten werden?

Nein. Auch durch List oder Manipulation kann die Herrschaft über das Opfer erlangt werden – entscheidend ist die Kontrolle über die Person.

Anzeige wegen Menschenraub erhalten?

Eine Anzeige wegen Menschenraubs wiegt schwer – allein der Vorwurf führt oft zu Untersuchungshaft oder intensiven Ermittlungen. Doch nicht jede Freiheitsberaubung ist ein Menschenraub. Viel hängt vom Vorsatz, der konkreten Situation und den Zielsetzungen des Täters ab. Wer sich mit einem solchen Vorwurf konfrontiert sieht, sollte keine Aussagen ohne rechtliche Beratung machen und sich frühzeitig verteidigen lassen.

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