Freiheitsstrafe

Die schwerwiegendste Strafe, die das deutsche Strafrecht kennt, ist die Freiheitsstrafe. Doch was bedeutet das eigentlich? Wie lange kann die Freiheitsstrafe gehen? Und wann ist eine Aussetzung auf Bewährung möglich? Auf diese Fragen finden Sie im folgenden Beitrag die Antworten.

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Bekannt aus

Tommy Kujus
Strafverteidiger

Aktualisiert am 01.12.2024

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Was ist die Freiheitsstrafe?

Die Freiheitsstrafe bezeichnet die zwangsweise Unterbringung des Verurteilten in einer geschlossenen Einrichtung (Gefängnis). Sie ist in den §§ 38 und 39 des Strafgesetzbuches (StGB) gesetzlich geregelt. Die Freiheitsstrafe ist eine der schwersten Sanktionen im deutschen Strafrecht und kann entweder zeitlich begrenzt oder lebenslang verhängt werden. Eine besondere Bedeutung hat die Möglichkeit, die Freiheitsstrafe unter bestimmten Voraussetzungen zur Bewährung auszusetzen (§§ 56 ff. StGB).

Unterschied Freiheitsstrafe und Haftstrafe

Während der Begriff Freiheitsstrafe ein juristischer Fachausdruck ist, wird Haftstrafe häufig synonym verwendet. Der Unterschied liegt in der Definition: Die Freiheitsstrafe umfasst jede Form des Freiheitsentzugs, die durch ein Strafgericht verhängt wird. Haft hingegen beschreibt allgemein den Aufenthalt in einer geschlossenen Einrichtung, der auch aus anderen Gründen wie Untersuchungshaft oder Ordnungshaft erfolgen kann.

Primäre und sekundäre Freiheitsstrafe

  1. Primäre Freiheitsstrafe:
    Die primäre Freiheitsstrafe ist die „klassische“ Verurteilung zu einem Gefängnisaufenthalt. Sie kann entweder eine zeitige Freiheitsstrafe (zwischen einem Monat und 15 Jahren) oder eine lebenslange Freiheitsstrafe umfassen.
  2. Sekundäre Freiheitsstrafe:
    Die sekundäre Freiheitsstrafe, auch Ersatzfreiheitsstrafe genannt, tritt in Kraft, wenn eine verhängte Geldstrafe nicht bezahlt werden kann oder will. Hierbei entspricht ein Tagessatz der Geldstrafe einem Tag Freiheitsentzug.

Freiheitsstrafe auf Bewährung: Eine zweite Chance

Wird eine Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren verhängt, kann sie unter bestimmten Bedingungen zur Bewährung ausgesetzt werden (§§ 56 ff. StGB). Dies bedeutet, dass der Verurteilte die Strafe nicht in Haft absitzen muss, sofern er die vom Gericht festgelegten Auflagen und Weisungen erfüllt.

Voraussetzungen für die Bewährung:

  • Eine günstige Sozial- und Legalprognose (§ 56 Abs. 1 StGB).
  • Keine Vorstrafen oder besondere Umstände, die eine Haftstrafe erforderlich machen.
  • Bei Strafen zwischen sechs Monaten und zwei Jahren: Zusätzliche Berücksichtigung von besonderen Umständen (§ 56 Abs. 2 StGB).

Bewährungszeit und Auflagen:

Die Dauer der Bewährungszeit beträgt zwei bis fünf Jahre (§ 56a StGB). In dieser Zeit können gemeinnützige Arbeit, Geldzahlungen oder Weisungen wie die Teilnahme an bestimmten Programmen auferlegt werden.

Widerruf der Bewährung:

Verstößt der Verurteilte gegen die Auflagen, kann das Gericht die Bewährung widerrufen (§ 56f StGB). In diesem Fall wird die Freiheitsstrafe vollstreckt.

Arten von Freiheitsstrafen im Detail

  1. Zeitige Freiheitsstrafe:
    Eine Freiheitsstrafe mit einer Dauer von einem Monat bis zu 15 Jahren.
  2. Lebenslange Freiheitsstrafe:
    Wird für schwerwiegende Straftaten wie Mord verhängt und bedeutet im Grundsatz eine Inhaftierung auf Lebenszeit. Eine Entlassung ist frühestens nach 15 Jahren möglich, sofern keine besondere Schwere der Schuld festgestellt wurde (§ 57a StGB).
  3. Lebenslange Freiheitsstrafe und Sicherungsverwahrung:
    In besonders gefährlichen Fällen kann zusätzlich zur lebenslangen Haft eine Sicherungsverwahrung angeordnet werden, um die Allgemeinheit vor weiterhin gefährlichen Tätern zu schützen.

Bewährungsbeschluss und Aussetzung des Strafrests zur Bewährung

Bewährungsbeschluss:

Das Gericht legt die Dauer der Bewährungszeit sowie konkrete Auflagen und Weisungen fest (§§ 56a–56d StGB). Dabei wird häufig ein Bewährungshelfer zur Unterstützung und Kontrolle des Verurteilten bestellt.

Aussetzung des Strafrests:

Bei Freiheitsstrafen über zwei Jahren ist eine Bewährung zunächst ausgeschlossen. Jedoch kann der Strafrest unter folgenden Bedingungen ausgesetzt werden:

  • Nach Zweidrittel der verbüßten Haftstrafe (§ 57 Abs. 1 StGB).
  • Bei besonderer Eignung auch nach Halbstrafe (§ 57 Abs. 2 StGB).
  • Auch bei lebenslanger Freiheitsstrafe nach 15 Jahren, sofern keine besondere Schwere der Schuld vorliegt.

Möglichkeiten zur Strafminderung oder Alternativen

  1. Freiheitsstrafe in Geldstrafe umwandeln:
    Für kürzere Freiheitsstrafen von bis zu sechs Monaten kann das Gericht entscheiden, diese in eine Geldstrafe umzuwandeln, wenn die Umstände und die Person des Täters dies rechtfertigen (§ 47 StGB).
  2. Strafbefehl Freiheitsstrafe:
    Ein Strafbefehl ist ein vereinfachtes Verfahren, bei dem kleinere Straftaten mit einer Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr geahndet werden können. Häufig wird dabei die Strafe zur Bewährung ausgesetzt.

Die Auswirkungen einer Freiheitsstrafe

Eine Freiheitsstrafe hat weitreichende Konsequenzen für den Verurteilten:

  • Verlust der persönlichen Freiheit.
  • Stigmatisierung in der Gesellschaft.
  • Soziale und berufliche Nachteile.

Durch Resozialisierungsmaßnahmen und eine gründliche rechtliche Beratung können diese Folgen jedoch abgemildert werden.

Warum rechtliche Beratung wichtig ist

Ein erfahrener Strafverteidiger ist unerlässlich, um die Rechte des Angeklagten zu schützen. Er hilft dabei,

  • eine Freiheitsstrafe auf Bewährung zu erreichen,
  • Alternativen wie eine Geldstrafe zu prüfen,
  • Berufungen oder Revisionen einzulegen, und
  • im Falle von lebenslanger Haft eine frühzeitige Entlassung zu beantragen.

Die richtige Verteidigungsstrategie kann den Unterschied zwischen Haft und Freiheit ausmachen.

Unterschiede zwischen Freiheitsstrafe und anderen freiheitsentziehenden Maßnahmen

Die Freiheitsstrafe ist eine strafrechtliche Sanktion, die von einem Gericht verhängt wird, um Straftaten zu ahnden, den Täter zu resozialisieren und die Allgemeinheit zu schützen. Andere freiheitsentziehende Maßnahmen verfolgen jedoch andere Ziele und haben unterschiedliche rechtliche Grundlagen:

  • Untersuchungshaft dient der Sicherung des Strafverfahrens und wird nicht als Strafe, sondern als vorbeugende Maßnahme verhängt (§§ 112 ff. StPO).
  • Sicherungsverwahrung schützt die Allgemeinheit vor weiterhin gefährlichen Tätern und wird zusätzlich zur Freiheitsstrafe angeordnet (§§ 66 ff. StGB).
  • Jugendarrest und Jugendstrafe im Jugendstrafrecht (§§ 13 ff. JGG) zielen auf Erziehung und Resozialisierung ab.
  • Ersatzfreiheitsstrafe tritt ein, wenn eine Geldstrafe nicht bezahlt wird, und ist eine Durchsetzungsmaßnahme.
  • Ordnungshaft basiert auf zivilrechtlichen Vorschriften (§ 890 ZPO) und wird zur Durchsetzung gerichtlicher Entscheidungen verhängt.

Diese Maßnahmen unterscheiden sich durch ihre Zielsetzung und rechtliche Grundlage, was bei der rechtlichen Einordnung und Verteidigung entscheidend ist.

Vollzugsformen der Freiheitsstrafe

Die Freiheitsstrafe kann in verschiedenen Vollzugsformen vollstreckt werden, die je nach persönlicher Situation und Strafzweck variieren. Im geschlossenen Vollzug verbleiben die Inhaftierten unter strikter Überwachung innerhalb der Anstalt. Der offene Vollzug hingegen ermöglicht eine größere Bewegungsfreiheit, etwa für Arbeit oder Ausbildung außerhalb der Haftanstalt, und dient insbesondere der Resozialisierung. Vollzugslockerungen wie Ausgang oder Hafturlaub sind im geschlossenen und offenen Vollzug möglich, wenn sie zur Vorbereitung der Wiedereingliederung beitragen. Die Art des Vollzugs hängt von Faktoren wie der Schwere der Tat, dem Verhalten des Verurteilten und dessen Resozialisierungspotenzial ab.

Resozialisierung und Wiedereingliederung

Ein zentrales Ziel der Freiheitsstrafe ist die Resozialisierung, also die Wiedereingliederung des Täters in die Gesellschaft. Während des Strafvollzugs stehen Maßnahmen wie Berufsqualifizierung, Therapieangebote und soziale Unterstützung zur Verfügung, um die Chancen auf ein straffreies Leben nach der Haft zu erhöhen. Die Wiedereingliederung nach der Entlassung stellt jedoch oft eine Herausforderung dar, da ehemalige Strafgefangene mit Stigmatisierung, Arbeitsplatzverlust und instabilen sozialen Verhältnissen kämpfen. Eine frühzeitige Vorbereitung während der Haft und Nachbetreuung durch Sozialdienste oder Bewährungshelfer sind entscheidend, um Rückfälle zu vermeiden und die gesellschaftliche Integration zu fördern.

Fazit

Die Freiheitsstrafe ist ein zentraler Bestandteil des deutschen Strafrechts und umfasst unterschiedliche Formen, von der zeitigen bis zur lebenslangen Freiheitsstrafe. Neben der klassischen Haft gibt es vielfältige Möglichkeiten wie Bewährung oder die Umwandlung in Geldstrafen, die den Vollzug mildern können. Eine rechtzeitige juristische Unterstützung ist der Schlüssel, um die bestmögliche Lösung für den Angeklagten zu erzielen.

FAQs zur Freiheitsstrafe

1. Kann jede Freiheitsstrafe zur Bewährung ausgesetzt werden?
Nein, nur Strafen bis zu zwei Jahren können unter bestimmten Voraussetzungen zur Bewährung ausgesetzt werden.

2. Was ist der Unterschied zwischen Freiheitsstrafe und Ersatzfreiheitsstrafe?
Die Ersatzfreiheitsstrafe tritt ein, wenn eine Geldstrafe nicht bezahlt wird.

3. Kann eine lebenslange Freiheitsstrafe verkürzt werden?
Ja, nach 15 Jahren kann eine Entlassung geprüft werden, sofern keine besondere Schwere der Schuld vorliegt.

4. Wann wird eine Freiheitsstrafe in eine Geldstrafe umgewandelt?
Dies ist bei Strafen bis zu sechs Monaten möglich, wenn die Umstände des Täters dies rechtfertigen.

5. Was passiert bei einem Widerruf der Bewährung?
Der Verurteilte muss die restliche Freiheitsstrafe in einer Justizvollzugsanstalt verbüßen.

 

Über den Autor
Tommy Kujus ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Strafrecht. Er ist Inhaber der Leipziger Kanzlei KUJUS Strafverteidigung, und bundesweit als Strafverteidiger tätig.

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