Störung der Totenruhe

Die „Störung der Totenruhe“ gem. § 168 StGB befasst sich mit Handlungen an Leichen, die einen Tabubruch darstellen. Im folgenden Beitrag erfahren Sie, welche Handlungen und Situationen strafbar sein können und welche Strafen drohen können.

Inhalt

Störung der Totenruhe (§ 168 StGB)

Der Tod ist ein sensibles Thema – gerade in schwierigen familiären oder emotional belastenden Situationen. Umso mehr überrascht es, wenn man plötzlich mit dem Vorwurf konfrontiert wird, die sogenannte „Totenruhe“ gestört zu haben. Was verbirgt sich genau hinter diesem Straftatbestand? Und was bedeutet das für Betroffene?

Was ist unter „Störung der Totenruhe“ zu verstehen?

§ 168 des Strafgesetzbuchs schützt Verstorbene, ihre sterblichen Überreste und die Orte ihres Gedenkens. Der Gesetzgeber stellt sicher, dass mit Leichen und Totenstätten respektvoll umgegangen wird. Dabei geht es nicht um religiöse Vorschriften, sondern um den Schutz des allgemeinen Pietätsgefühls, der Würde des Menschen – auch über den Tod hinaus – sowie des Persönlichkeitsrechts Verstorbener.

Welche Handlungen sind strafbar?

Der Gesetzestext unterscheidet mehrere Fälle:

Zum einen ist es strafbar, eine Leiche oder Leichenteile unbefugt wegzunehmen. Dies betrifft beispielsweise Fälle, in denen jemand ohne Zustimmung Körperteile entwendet – etwa in medizinischen Kontexten, bei Kunstaktionen oder in Extremfällen aus persönlichem Motiv. Auch das unbefugte Entfernen von Asche aus einer Urne kann darunterfallen.

Zum anderen ist es strafbar, beschimpfenden Unfug an einem Leichnam zu verüben – etwa, wenn jemand eine Leiche öffentlich zur Schau stellt oder sie bewusst entwürdigt. Das gilt unabhängig davon, ob ein Angehöriger anwesend ist oder nicht.

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Auch Friedhöfe sind geschützt

Neben dem Umgang mit dem Körper Verstorbener schützt das Gesetz auch Aufbahrungs- und Beisetzungsstätten sowie öffentliche Totengedenkstätten. Wer also beispielsweise Gräber mutwillig zerstört, Gedenkstätten verunstaltet oder dort grob ungehörige Handlungen begeht, kann sich ebenfalls strafbar machen. Nicht jeder Schaden an einem Grab ist aber gleich eine Straftat – Voraussetzung ist eine erhebliche Beeinträchtigung oder Verachtung des Gedenkortes.

Wann liegt „beschimpfender Unfug“ vor?

Ein zentrales Merkmal des § 168 ist der „beschimpfende Unfug“. Gemeint sind grob ungehörige und respektlose Handlungen, die eine besondere Missachtung gegenüber dem Verstorbenen oder dem Gedenkort ausdrücken. Dazu zählen nicht nur physische Eingriffe, sondern auch entwürdigende Gesten oder öffentliche Beleidigungen. Entscheidend ist, ob das Verhalten als Ausdruck von Verachtung verstanden werden kann.


Wann macht man sich strafbar?

Eine Strafbarkeit setzt Vorsatz voraus. Wer aus Unwissenheit oder Versehen handelt, kann nicht bestraft werden. Ebenso ist eine Strafbarkeit ausgeschlossen, wenn eine berechtigte Einwilligung vorliegt – etwa die Zustimmung eines Angehörigen oder eine prämortale Verfügung des Verstorbenen. Allerdings: Die bloße Zustimmung des Verstorbenen genügt nicht immer. Vor allem bei Eingriffen, die auch das Pietätsgefühl der Allgemeinheit verletzen, kann trotzdem eine Strafbarkeit bestehen.

Welche Strafen drohen?

§ 168 StGB sieht Geldstrafen oder Freiheitsstrafen von bis zu zwei Jahren vor – in schweren Fällen auch mehr. Dabei spielt die Schwere der Tat, das Maß an Respektlosigkeit sowie etwaige Vorstrafen eine Rolle. Besonders drastisch fällt die Strafe aus, wenn die Handlung öffentlich erfolgt oder gezielt Aufmerksamkeit erregen soll.

Beispiel aus der Praxis

Ein Bestattungsunternehmen verkauft Zahngold aus eingeäscherten Leichen weiter – ohne Zustimmung der Angehörigen. Obwohl die Asche bereits von menschlichen Überresten getrennt ist, erkennt die Rechtsprechung hier eine Verletzung des postmortalen Persönlichkeitsrechts. In einem solchen Fall kann sich der Unternehmer wegen Störung der Totenruhe strafbar machen – auch wenn der Verstorbene anonym bestattet wurde.

Abgrenzung zu anderen Straftaten

In vielen Fällen überschneidet sich § 168 StGB mit anderen Vorschriften: Etwa mit dem Diebstahl (§ 242 StGB), Sachbeschädigung (§ 303 StGB), Hausfriedensbruch (§ 123 StGB) oder mit dem Verunglimpfen des Andenkens Verstorbener (§ 189 StGB). Je nach Einzelfall kann auch eine Tatmehrheit oder Tateinheit bestehen.

Welche Besonderheiten gelten bei Obduktionen und Organentnahmen?

Obduktionen dürfen nur unter engen gesetzlichen Voraussetzungen erfolgen – etwa nach dem Transplantationsgesetz oder mit richterlicher Anordnung. Wer Leichenteile ohne Zustimmung entnimmt, begeht in der Regel eine Straftat. Wichtig ist dabei die Unterscheidung: Angehörige haben meist das sogenannte Totenfürsorgerecht – aber nicht zwangsläufig Gewahrsam. Diese rechtliche Trennung ist oft entscheidend für die Frage der Strafbarkeit.

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Häufige Fragen zur Störung der Totenruhe

Ist eine bloße Grabverunstaltung strafbar?

Nur wenn es sich um eine erhebliche Beschädigung oder um beschimpfenden Unfug handelt – etwa durch Verachtung oder öffentliche Provokation. Reine Geschmacklosigkeiten oder kleine Schäden fallen in der Regel nicht unter § 168 StGB.

Kann ich für einen pietätlosen Scherz belangt werden?

Ja, wenn der Scherz in Form von beschimpfendem Unfug an einem Leichnam oder Grab erfolgt – etwa durch Fotos, Gesten oder Veröffentlichungen. Entscheidend ist, ob objektiv eine Verachtung zum Ausdruck kommt.

Was gilt für anonyme Gräber oder Massengräber?

Auch diese können unter den Schutz des Gesetzes fallen – etwa wenn sie als Beisetzungsstätte erkennbar sind. Ob ein individuelles Gedenken möglich ist, ist dabei nicht entscheidend.

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Ein Ermittlungsverfahren wegen Störung der Totenruhe kann belastend und emotional schwierig sein – gerade, wenn keine böse Absicht bestand. Trotzdem handelt es sich um eine ernstzunehmende Anschuldigung. Eine juristische Einschätzung hilft Ihnen dabei, Ihre Rechte zu verstehen und mögliche Verteidigungsansätze zu klären.

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