Ausübung der verbotenen Prostitution
Grundsätzlich ist die Ausübung von Prostitution in Deutschland legal. Unter gewissen Umständen ist diese jedoch strafbar und wird dementsprechend als „Ausübung der verbotenen Prostitution“ in § 184f Strafgesetzbuch (StGB) unter Strafe gestellt. Welche Voraussetzungen dafür erfüllt sein müssen und welche Strafen drohen können, erfahren Sie im folgenden Beitrag.

Prostitution ist in Deutschland zwar grundsätzlich legal – doch bei der konkreten Ausübung lauern zahlreiche rechtliche Fallstricke. Vor allem lokale Sperrbezirke und zeitliche Beschränkungen führen immer wieder dazu, dass Sexarbeiterinnen ungewollt mit dem Strafrecht in Konflikt geraten. Der § 184f StGB regelt die sogenannte Ausübung der verbotenen Prostitution und bedroht wiederholte Verstöße mit empfindlichen Strafen.
Was bedeutet „verbotene Prostitution“ genau? Wie sind Sperrbezirke und Sperrzeiten rechtlich geregelt? Welche Konsequenzen drohen? Und welche Verteidigungsansätze bestehen für Beschuldigte? In diesem Beitrag finden Sie fundierte Antworten und praktische Handlungsempfehlungen.
Rechtlicher Rahmen: Legalität mit Ausnahmen
Das Prostitutionsgesetz (ProstG)
Mit dem ProstG wurde im Jahr 2002 die Prostitution entkriminalisiert. Verträge zwischen Prostituierten und Freiern sind seitdem nicht mehr sittenwidrig, sondern zivilrechtlich einklagbar. Das Ziel war es, Sexarbeit in geregelte Bahnen zu lenken und die Rechte der Betroffenen zu stärken.
Das Prostituiertenschutzgesetz (ProstSchG)
Seit Juli 2017 gilt zusätzlich das ProstSchG. Es verpflichtet zur behördlichen Anmeldung der Tätigkeit, regelt Gesundheitsberatungen, führt Mindestanforderungen für Betriebe ein und soll den Schutz von Prostituierten verbessern. Gleichzeitig wurden aber auch Kontrollmöglichkeiten für Behörden ausgeweitet, was zu einem höheren Strafrisiko führen kann.
Lokale Einschränkungen trotz Legalität
Trotz der bundesrechtlichen Erlaubnis dürfen die Kommunen örtliche Verbote und zeitliche Beschränkungen für die Prostitution verhängen. Die Grundlage dafür liefern § 297 BauGB (Baugesetzbuch), § 15 GewO (Gewerbeordnung) und landesrechtliche Sperrgebietsverordnungen. Verstöße hiergegen können gravierende Folgen haben.
§ 184f StGB: Strafbarkeit bei beharrlicher Zuwiderhandlung
Tatbestand im Überblick
Laut § 184f StGB macht sich strafbar, wer gegen ein bestehendes Prostitutionsverbot wiederholt verstößt. Die Norm dient dem Schutz der öffentlichen Ordnung, des Stadtbildes und insbesondere des Jugendschutzes.
Es geht also nicht um Prostitution an sich, sondern um das wiederholte Ignorieren regionaler Verbote.
Tatbestandsmerkmale im Detail
1. Nachgehen der Prostitution
Erforderlich ist die Ausübung sexueller Handlungen gegen Entgelt. Dabei genügt bereits die Anbahnung oder Werbungim verbotenen Gebiet. Auch das Tragen von typischer „Berufskleidung“ oder das Verteilen von Visitenkarten kann als Beweisanzeichen gelten.
2. Verstoß gegen lokale Vorschriften
Die Verbote müssen auf einer Rechtsverordnung beruhen und ausreichend bekannt gemacht sein (z. B. durch öffentliche Aushänge oder Mitteilungen an Betroffene).
3. Beharrlichkeit
Zentrale Voraussetzung der Strafbarkeit ist, dass die Person beharrlich handelt – also mehrfach gegen das Verbot verstößt und dies trotz Kenntnis der Regelung tut. Mindestens zwei bis drei dokumentierte Verstöße sind regelmäßig notwendig. Eine Verwarnung oder Bußgeldbescheid kann als Warnfunktion ausreichen, um einen späteren Verstoß als „beharrlich“ einzustufen.
4. Vorsatz
Der Täter muss wissentlich oder zumindest billigend gegen das Verbot gehandelt haben. Auch hier reicht Eventualvorsatz: Wer die Möglichkeit erkennt, sich aber dennoch im Sperrbezirk aufhält, handelt vorsätzlich.
Sperrbezirke & Sperrzeiten: Was und wo ist verboten?
Was ist ein Sperrbezirk?
Sperrbezirke sind geografisch abgegrenzte Zonen, in denen Prostitution untersagt ist. Die genaue Definition obliegt den Bundesländern und Kommunen. Typischerweise werden sie eingerichtet in:
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Wohngebieten mit hoher Dichte
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Bereichen mit Schulen, Kitas oder Kirchen
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Fußgängerzonen und touristischen Hotspots
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Stadtzentren mit hoher Passantenfrequenz
Wie erfährt man von Sperrbezirken?
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Lokale Ordnungsämter oder Polizeibehörden führen Listen oder Karten
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Gewerbetreibende erhalten i. d. R. im Rahmen der Anmeldung entsprechende Hinweise
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Verstöße trotz fehlender Kenntnis können dennoch geahndet werden – Unwissenheit schützt nicht vor Strafe
Was sind Sperrzeiten?
Zeitliche Verbote ergänzen die geografischen Einschränkungen. Sie gelten z. B.:
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nachts zwischen 22:00 und 06:00 Uhr
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an Wochenenden oder Feiertagen
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in sensiblen Stadtteilen mit hoher Polizeipräsenz
Auch hier ist der Informationsstand der Betroffenen entscheidend für die Beurteilung des Vorsatzes.
Von der Ordnungswidrigkeit zur Straftat
Ein einmaliger Verstoß stellt in der Regel nur eine Ordnungswidrigkeit nach § 120 OWiG dar. Diese kann mit einem Bußgeld bis 5.000 Euro geahndet werden. Erst bei mehrfachen Verstößen mit Vorsatz greift die Strafvorschrift des § 184f StGB.
Sanktionen im Überblick
Verstoßart | Rechtsfolge | Maßnahme |
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Einzelfall, versehentlich | Ordnungswidrigkeit | Bußgeld (bis 5.000 €) |
Mehrfache, bewusste Verstöße | Straftat (§ 184f StGB) | Geldstrafe oder Freiheitsstrafe (bis 6 Monate) |
Gewerbeuntersagung möglich | Verwaltungsrechtliche Folge | Verlust der Erlaubnis |
Einziehung von Einnahmen | § 73 StGB | wirtschaftlicher Schaden |
Tipp: Eine frühzeitige rechtliche Beratung kann oft verhindern, dass aus einem einmaligen Fehler ein teures Strafverfahren wird.
Sonderfall: Online-Prostitution
Digitale Dienstleistungen wie Webcam-Sex, Telefonsex oder erotische Chats sind grundsätzlich erlaubt. Aber auch hier lauern Gefahren:
Wann wird Online-Prostitution strafbar?
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Wenn die Anbieterin sich beim Angebot nachweislich in einem Sperrbezirk befindet
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Wenn eine Ermittlungsmaßnahme den genauen Aufenthaltsort dokumentiert (z. B. per GPS, Chatprotokoll, IP-Adresse)
Beweisprobleme als Vorteil für die Verteidigung
Die Strafverfolgung steht vor der Herausforderung, zweifelsfrei nachzuweisen, dass die Tätigkeit aus einem verbotenen Gebiet erfolgte. Oft fehlen genaue Angaben, sodass im Zweifel für den Angeklagten entschieden werden muss.
Verteidigungsstrategien im Strafverfahren
Ein erfahrener Verteidiger prüft systematisch die Erfolgsaussichten – unter anderem anhand folgender Ansätze:
Keine ausreichende Beweise
Die Polizei muss nachweisen, dass die Tätigkeit tatsächlich vor Ort und bewusst ausgeübt wurde. Reine Verdachtsmomente genügen nicht.
Unkenntnis der Verbotslage
Wenn keine klaren Hinweise auf Sperrgebiete erteilt wurden und die Information nicht allgemein zugänglich war, kann der Vorsatz entfallen.
Einzelfall ohne Wiederholung
„Ich wurde zum ersten Mal kontrolliert.“ – ohne weitere Verstöße liegt kein beharrliches Verhalten vor, das eine Strafbarkeit rechtfertigt.
Verfahrensfehler
Wurden bei der Kontrolle keine rechtskonformen Maßnahmen getroffen (z. B. fehlende Belehrung, kein Durchsuchungsbeschluss), kann dies zur Verwertungsunfähigkeit von Beweismitteln führen.
Verhältnismäßigkeit
Gerade bei bagatellhaften Verstößen und fehlender Wiederholungsgefahr lässt sich über eine Einstellung gemäß § 153 oder § 170 Abs. 2 StPO verhandeln.
Beispiel aus der Praxis
Eine Frau wird nachts im Innenstadtbereich von Beamten kontrolliert. Sie trägt auffällige Kleidung und führt Kondome mit sich. Die Polizei nimmt dies als „Anbahnung“ wahr. Die Frau bestreitet, in diesem Moment zu arbeiten – sie habe sich nur mit einer Freundin getroffen. Es gibt weder Kundenkontakte noch eindeutige Werbung.
Der Verteidiger beantragt Akteneinsicht und stellt fest, dass keine weiteren Verstöße dokumentiert sind. Die Ermittlungen werden mangels hinreichenden Tatverdachts eingestellt.
Lektion: Wer schweigt, Akteneinsicht abwartet und professionell vertreten wird, kann viele Verfahren frühzeitig beenden.
Beratung bei Vorladung oder Strafanzeige
Wer eine polizeiliche Vorladung erhält, sollte Folgendes beachten:
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Keine Aussagen machen!
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Nicht zur Vernehmung erscheinen (es besteht keine Pflicht)
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Umgehend Strafverteidiger einschalten
Je früher juristische Expertise eingebunden wird, desto besser lassen sich Fehler vermeiden und günstige Weichenstellungen treffen.
Fazit: Klare Regeln – große Risiken
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Prostitution ist erlaubt, aber regional stark reglementiert.
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Wer gegen Sperrbezirke oder Sperrzeiten verstößt, riskiert Bußgelder oder Strafverfahren.
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Der Vorwurf „verbotene Prostitution“ setzt Wiederholung und Vorsatz voraus – beides ist angreifbar.
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Eine professionelle Verteidigung kann in vielen Fällen das Verfahren beenden oder mildern.
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Was ist ein Sperrbezirk?
Ein geografisch begrenzter Bereich, in dem Prostitution durch Rechtsverordnung verboten ist.
Macht ein einmaliger Verstoß mich strafbar?
Nein, ein Erstverstoß wird in der Regel als Ordnungswidrigkeit geahndet – nicht als Straftat.
Wie erfahre ich, ob ich mich in einem Sperrbezirk befinde?
Informationen gibt es bei Ordnungsämtern, auf kommunalen Websites oder im Rahmen der Anmeldung der Tätigkeit.
Wie hoch sind die Strafen bei mehrfachen Verstößen?
Bis zu sechs Monate Freiheitsstrafe oder Geldstrafen von bis zu 180 Tagessätzen.
Wann ist Online-Prostitution verboten?
Nur, wenn sie aus einem Sperrbezirk heraus erfolgt – der Nachweis ist aber schwierig.