Totschlag

Mord und Totschlag werden oftmals als Synonym verwendet oder gar verwechselt. Ebenso lässt sich vernehmen, es sei Mord, wenn die Tat „geplant“ ist. Zugleich hört man häufig Mord sei, wenn die Tat „absichtlich“ begangen wurde, und Totschlag läge bei einer Tötung im Affekt vor. Allerdings sind diese Ansichten falsch!

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Bekannt aus

Tommy Kujus
Strafverteidiger

Aktualisiert am 08.12.2024

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Ein Vorwurf des Totschlags nach § 212 StGB ist eine schwerwiegende Anschuldigung im deutschen Strafrecht. Für Betroffene stellt sich die Frage, was genau unter Totschlag zu verstehen ist, welche Konsequenzen drohen und wie eine angemessene Verteidigung aussehen kann. Dieser Artikel bietet eine umfassende Übersicht zu den juristischen Grundlagen, strafrechtlichen Folgen und den Möglichkeiten, sich effektiv zu verteidigen.

Was ist Totschlag?

Totschlag liegt vor, wenn ein Täter vorsätzlich einen anderen Menschen tötet, ohne dass Mordmerkmale wie Heimtücke oder niedrige Beweggründe vorliegen (§ 212 StGB). Anders ausgedrückt: Es handelt sich um eine vorsätzliche Tötung, die nicht als Mord qualifiziert wird.

Tatobjekt: Der Totschlag richtet sich gegen einen anderen Menschen – also nicht gegen den Täter selbst. Der Tod eines Menschen wird in der Rechtsprechung mit dem Hirntod definiert.

Tathandlung: Die Handlung muss zum Tod des Opfers führen. Es spielt keine Rolle, auf welche Weise dieser Tod eintritt, sei es durch einen Schlag, Messerstich oder eine andere Handlung.

Voraussetzungen für die Strafbarkeit

Damit ein Totschlag strafbar ist, müssen folgende Kriterien erfüllt sein:

1. Kausalität und objektive Zurechnung

Die Handlung des Täters muss kausal für den Tod des Opfers sein, das heißt, ohne die Handlung wäre der Tod nicht eingetreten. Zudem muss die Handlung objektiv zurechenbar sein, d. h., der Täter muss eine rechtlich missbilligte Gefahr geschaffen haben, die sich im tatbestandlichen Erfolg (Tod) realisiert hat.

2. Vorsatz

Der Täter muss vorsätzlich gehandelt haben. Vorsatz bedeutet, dass er den Tod des Opfers gewollt oder zumindest billigend in Kauf genommen hat (sogenannter Eventualvorsatz). Fehlt der Vorsatz, kann es sich um eine fahrlässige Tötung nach § 222 StGB handeln, die milder bestraft wird.

3. Versuch

Auch der Versuch eines Totschlags ist strafbar (§§ 212, 23 StGB). Ein Versuch liegt vor, wenn der Täter unmittelbar mit der Tat beginnt, etwa durch das Ansetzen eines Angriffs, der unmittelbar zum Tod führen soll.

Verjährung von Totschlag

Im Gegensatz zum Mord, der gemäß § 211 StGB unverjährbar ist, unterliegt der Totschlag einer Verjährungsfrist von 20 Jahren (§ 78 Abs. 3 Nr. 1 StGB). Das bedeutet, dass eine strafrechtliche Verfolgung nach Ablauf dieser Frist nicht mehr möglich ist. Die Verjährungsfrist beginnt mit der Beendigung der Tat, kann jedoch durch bestimmte Ereignisse, wie etwa die Eröffnung eines Ermittlungsverfahrens, unterbrochen werden.

Totschlag durch Unterlassen

Totschlag kann nicht nur durch aktives Handeln, sondern auch durch Unterlassen begangen werden (§ 13 StGB). Voraussetzung ist, dass der Täter eine sogenannte Garantenstellung innehatte, also rechtlich verpflichtet war, das Leben des Opfers zu schützen, beispielsweise als Arzt, Elternteil oder Betreuer. Kommt eine solche Person ihrer Pflicht nicht nach, obwohl sie den Tod hätte verhindern können, wird dies strafrechtlich als Totschlag durch Unterlassen bewertet.

Abgrenzung zu Mord und fahrlässiger Tötung

Die Abgrenzung von Totschlag und Mord erfolgt anhand der Mordmerkmale, die in § 211 StGB definiert sind. Zu diesen Merkmalen gehören z. B. Heimtücke, Habgier oder niedrige Beweggründe. Während Mord in der Regel lebenslange Freiheitsstrafe nach sich zieht, beträgt die Mindeststrafe bei Totschlag fünf Jahre.

Im Gegensatz dazu liegt bei der fahrlässigen Tötung (§ 222 StGB) keine vorsätzliche Handlung vor. Hier handelt der Täter nur unachtsam oder sorgfaltswidrig, was zu einem deutlich milderen Strafrahmen führt.

Abgrenzung zur Körperverletzung mit Todesfolge

Ein wesentlicher Unterschied zwischen Totschlag und Körperverletzung mit Todesfolge liegt in der Vorsatzform des Täters. Während Totschlag nach § 212 StGB einen vorsätzlichen Tatentschluss voraussetzt, handelt es sich bei der Körperverletzung mit Todesfolge nach § 227 StGB um eine vorsätzliche Körperverletzung, die unbeabsichtigt zum Tod des Opfers führt. Diese Abgrenzung ist nicht nur für die rechtliche Bewertung, sondern auch für das Strafmaß entscheidend: Bei Körperverletzung mit Todesfolge liegt der Strafrahmen niedriger, da der Täter nicht den Tod, sondern lediglich eine Körperverletzung beabsichtigt hatte.

Besonders schwerer Fall des Totschlags

Ein besonders schwerer Fall des Totschlags liegt vor, wenn die Tat Merkmale aufweist, die über die typische Schwere hinausgehen, beispielsweise eine außergewöhnlich brutale Begehungsweise oder niedrige Beweggründe, die jedoch nicht die Mordmerkmale erfüllen. In solchen Fällen kann der Täter mit lebenslanger Freiheitsstrafe belegt werden (§ 212 Abs. 2 StGB).

Minder schwerer Fall des Totschlags

Das Gesetz sieht die Möglichkeit eines minder schweren Falls des Totschlags vor, wenn besondere Umstände vorliegen, die eine Abweichung vom gewöhnlichen Strafrahmen rechtfertigen. Beispiele hierfür sind Handlungen im Affekt oder unter erheblichem psychischen Druck. In solchen Fällen kann das Gericht eine Freiheitsstrafe unterhalb der Mindeststrafe von fünf Jahren verhängen (§ 213 StGB).

Strafrahmen bei Totschlag

Der gesetzliche Strafrahmen für Totschlag beträgt mindestens fünf Jahre Freiheitsstrafe. In besonders schweren Fällen kann auch eine lebenslange Freiheitsstrafe verhängt werden (§ 212 Abs. 2 StGB). Minder schwere Fälle, wie etwa Affekthandlungen oder Handlungen in psychischen Ausnahmesituationen, ermöglichen eine Strafmilderung.

Jugendstrafrecht bei Totschlag

Für Jugendliche zwischen 14 und 18 Jahren sowie in bestimmten Fällen für Heranwachsende bis 21 Jahre gilt das Jugendstrafrecht (§ 105 JGG). Dieses legt besonderen Wert auf die Erziehung des Täters.

  • Strafrahmen für Jugendliche: Freiheitsstrafe zwischen sechs Monaten und zehn Jahren.
  • Für Heranwachsende: Ebenfalls bis zu zehn Jahre, wenn das Jugendstrafrecht Anwendung findet.

Das Jugendstrafrecht berücksichtigt die geistige und sittliche Reife des Täters sowie die Umstände der Tat.

Strafverfahren bei Totschlag

Ein Verfahren wegen Totschlags folgt festen Abläufen:

  1. Ermittlungen der Polizei und Staatsanwaltschaft: Diese umfassen Tatortanalysen, Zeugenaussagen und Gutachten.
  2. Anklage: Sobald genügend Beweise vorliegen, erhebt die Staatsanwaltschaft Anklage.
  3. Hauptverhandlung: Hier entscheidet das Gericht über die Schuldfrage und das Strafmaß.

Ein erfahrener Strafverteidiger ist in jeder Phase des Verfahrens unverzichtbar, um die Rechte des Angeklagten zu schützen und entlastende Beweise einzubringen.

Verteidigungsstrategien bei Totschlag

Jede Verteidigung hängt von den Umständen des Falls ab. Häufige Ansätze sind:

  • Nachweis fehlender Vorsatzes: Kann bewiesen werden, dass der Täter nicht vorsätzlich gehandelt hat, könnte dies zu einer Verurteilung wegen fahrlässiger Tötung führen.
  • Notwehr oder Notstand: Lag eine Bedrohung des Täters vor, die ihn zur Tat zwang?
  • Psychische Ausnahmezustände: Diese können eine Strafmilderung begründen.

Warum ein Strafverteidiger unverzichtbar ist

Ein Vorwurf des Totschlags kann nur mit kompetenter juristischer Unterstützung bewältigt werden. Ein Strafverteidiger übernimmt die Verteidigung in allen Phasen des Verfahrens. Seine Aufgaben umfassen:

  • Prüfung der Beweise auf Richtigkeit und Vollständigkeit.
  • Entwicklung einer Verteidigungsstrategie, die auf den individuellen Fall zugeschnitten ist.
  • Verhandlung mit der Staatsanwaltschaft und dem Gericht.

Ohne erfahrene Unterstützung besteht die Gefahr, dass entlastende Argumente übersehen werden.

Häufige Fehler im Strafverfahren

Ermittlungsverfahren sind anfällig für Fehler. Dazu gehören:

  • Unvollständige oder fehlerhafte Beweise.
  • Verstöße gegen die Rechte des Angeklagten.
  • Mangelhafte Sachverständigengutachten.

Ein guter Strafverteidiger erkennt diese Fehler und nutzt sie zu Gunsten des Angeklagten.

Fazit

Ein Vorwurf des Totschlags ist eine der schwerwiegendsten Herausforderungen im Strafrecht. Die Konsequenzen können lebensverändernd sein, doch mit der richtigen Verteidigungsstrategie und einem erfahrenen Strafverteidiger an der Seite gibt es Chancen, das Verfahren positiv zu beeinflussen.

FAQs

1. Was ist der Unterschied zwischen Totschlag und Mord?
Mord setzt besondere Merkmale wie Heimtücke oder Habgier voraus, während Totschlag „nur“ eine vorsätzliche Tötung ohne diese Merkmale darstellt.

2. Wie wird Totschlag bestraft?
Die Mindeststrafe beträgt fünf Jahre Freiheitsstrafe, in minder schweren Fällen kann eine geringere Strafe verhängt werden.

3. Ist der Versuch eines Totschlags strafbar?
Ja, der Versuch ist gemäß §§ 212, 23 StGB strafbar.

4. Was bedeutet objektive Zurechenbarkeit?
Der Täter muss eine Gefahr geschaffen haben, die sich im Tod des Opfers realisiert hat.

5. Warum ist ein Strafverteidiger bei Totschlag unverzichtbar?
Ein Strafverteidiger schützt die Rechte des Angeklagten, analysiert Beweise und entwickelt eine effektive Verteidigungsstrategie.

 

 

Über den Autor
Tommy Kujus ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Strafrecht. Er ist Inhaber der Leipziger Kanzlei KUJUS Strafverteidigung, und bundesweit als Strafverteidiger tätig.

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