Bildung krimineller Vereinigungen

Die Strafnorm der „Bildung krimineller Vereinigungen“ ist in vergangenen Zeiten von hoher Relevanz gewesen. Heute ist diese deutlich gesunken. Was jedoch unter diesen Strafbestand fällt, warum er in der Kritik steht und welche Strafen drohen können, erfahren Sie in diesem Beitrag.
Tommy Kujus
Tommy Kujus

Rechtsanwalt | Fachanwalt für Strafrecht

aktualisiert: 24.02.2023

Was ist die „Bildung krimineller Vereinigungen“? 

Die Bildung krimineller Vereinigungen steht in § 129 Strafgesetzbuch (StGB) unter Strafe. In der Zeit des Nationalsozialismus wurde dieser Strafbestand genutzt, um Oppositionelle und Systemgegner zu verfolgen. Nach Gründung der Bundesrepublik kamen Kommunisten und Gegner der Wiederaufrüstung ins Visier der Ermittler und schließlich bekam in den 70er Jahren die Rote-Armee-Fraktion (RAF) die Strafnorm zu spüren. Heute ist die Bedeutung der Norm gesunken.  

Der Straftatbestand der Bildung krimineller Vereinigungen stellt sowohl die Bildung und die Beteiligung an kriminellen Vereinigungen als auch die Unterstützung und das Werben für derartige Vereinigungen unter Strafe. 

Wann ist die „Bildung krimineller Vereinigungen“ strafbar? 

Der Straftatbestand schützt die öffentliche Sicherheit und Ordnung. Um sich nach § 129 StGB strafbar zu machen, müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein. 

Tatsituation: kriminelle Vereinigung 

Es müsste eine kriminelle Vereinigung vorliegen. Der Begriff der Vereinigung ist in Absatz 2 legal definiert. Eine Vereinigung ist somit „ein auf längere Dauer angelegter, organisierter Zusammenschluss von mehr als zwei Personen.“ 

Weitere Voraussetzung ist, dass der Einzelne seinen Willen dem Willen der Gruppe unterordnet und die Mitglieder der Gruppe ein gemeinsames Ziel verfolgen. Die Mitglieder müssen sich also untereinander als einheitlichen Verband ansehen. 

Diese Vereinigung müsste kriminell sein. Das ist sie, wenn sie darauf ausgerichtet ist, Straftaten zu begehen. Nicht erforderlich ist, dass es bereits zu Straftaten gekommen ist. Wo genau die Grenze zur terroristischen Vereinigung und damit zur Strafbarkeit wegen der „Bildung einer terroristischen Vereinigung“ nach § 129a StGB zu ziehen ist, ist umstritten und unklar. 

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Tathandlung: Gründen bzw. Beteiligen bzw. Unterstützen bzw. Werben 

Eine solche kriminelle Vereinigung müsste der Täter gegründet, unterstützt oder beworben bzw. sich als Mitglied beteiligt haben. Gründen erfasst die Neubildung oder die Umwandlung einer legalen zu einer kriminellen Vereinigung. Eine Unterstützung liegt vor, wenn ein Nichtmitglied die Ziele der Vereinigung fördert. Werben ist jede Maßnahme zur Gewinnung neuer Mitglieder oder Unterstützer. Eine Beteiligung liegt hingegen dann vor, wenn der Täter einvernehmlich am Verbandsleben teilnimmt. 

Kein Ausschluss 

Absatz 3 definiert Ausschlussgründe wonach die Tat nicht strafbar ist. Das gilt insbesondere für politische Parteien, die vom Bundesverfassungsgericht nicht für verfassungswidrig erklärt worden sind, sowie für Vereinigungen, bei denen die Begehung von Straftaten nur einen untergeordneten Zweck im Gesamtgefüge darstellt. Auch Vereinigungen, die verfassungswidrige Zwecke verfolgen, sind von der Strafnorm der Bildung krimineller Vereinigungen ausgeschlossen. 

Vorsatz 

Der Täter muss die Bildung krimineller Vereinigungen vorsätzlich begangen haben. Er muss diese also mit Wissen und Wollen verwirklicht haben. Hierbei ist ausreichend, dass der Täter den Straftatbestand billigend in Kauf genommen und zumindest für möglich gehalten hat (sog. Eventualvorsatz). 

Wirbt der Täter für die Vereinigung um Mitglieder oder Unterstützer, so muss er dabei in der Absicht eines Werbungserfolgs gehandelt haben – also mit zielgerichtetem Wollen.  

Bildung krimineller Vereinigungen

Versuch 

Es ist nur der Versuch des Gründens einer kriminellen Vereinigung nach §§ 129 Abs. 4 StGB strafbar. Ein Versuch liegt bereits dann vor, wenn der Täter nach seiner Vorstellung von der Tat zur Verwirklichung des Tatbestandes unmittelbar angesetzt hat (§ 22 StGB). Hierfür muss der Täter die Schwelle zum „Jetzt-geht’s-los“ überschritten haben und es muss unmittelbar eine Rechtsgutsgefährdung bevorstehen. Zudem muss der Täter mit dem Entschluss zur Tat, also vorsätzlich gehandelt haben. 

Strafantrag 

Bei der Bildung krimineller Vereinigungen handelt es sich um ein sogenanntes Offizialdelikt. Das bedeutet, dass eine solche Straftat durch die Strafverfolgungsbehörde (Staatsanwaltschaft) bei Kenntniserlangung von Amts wegen verfolgt wird. Ein Antrag ist daher nicht erforderlich. 

Strafe  

Die Bildung krimineller Vereinigungen nach § 129 Abs. 1 StGB wird mit einer Freiheitsstrafe bis zu drei bzw. fünf Jahren oder mit einer Geldstrafe bestraft. 

Bei einem besonders schweren Fall nach § 129 Abs. 5 StGB werden (ausschließlich) Freiheitsstrafen von sechs Monaten bis zu fünf Jahren bzw. bis zu zehn Jahren angedroht. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Beschuldigte zu den Anführern einer Vereinigung gehört oder besonders schwere Straftaten begangen werden. 

Daneben kann das Gericht im Falle einer tätigen Reue oder einer nur geringen Schuld von einer Bestrafung absehen oder die Strafe mildern, vgl. § 129 Abs. 6, Abs. 7 StGB. Eine tätige Reue liegt vor, wenn sich der Täter freiwillig und ernsthaft bemüht, dass die Vereinigung nicht mehr fortbesteht bzw. die gesetzten Ziele und Straftaten nicht mehr erreicht werden oder er sein Wissen rechtzeitig an eine Dienststelle weitergibt. 

Kritik 

Wie auch bei dem Straftatbestand der Bildung terroristischer Vereinigungen nach § 129a StGB wächst die Kritik an dieser Strafvorschrift. 

Hauptkritikpunkt ist, dass bereits der geringe Anfangsverdacht genügt, um den Ermittlungsbehörden weitreichende Befugnisse zur staatlichen Überwachung einzuräumen. Der § 129 StGB wird deshalb auch „Schnüffelparagraf“ genannt. Diesen Anfangsverdacht zu begründen, ist für die Polizei und die Staatsanwaltschaft nicht schwer. 

Häufige Fragen

Der Vorwurf wird damit begründet, dass die verabredeten Aktionen teilweise Straftaten darstellen. Dass diese Straftaten nun wiederholt stattfinden führt zu der Beschuldigung. Allerdings könnte hier die Ausnahme des § 129 Abs. 3 StGB eingreifen, da die Straftaten ja nur zum Zwecke des Klimaschutzes begangen werden.
Terroristische Vereinigungen begehen Straftaten, um bestimmte politische Ziele zu erreichen, bei einer kriminellen Vereinigung geht es in erster Linie um die Gewinnerzielungsabsicht. Allerdings ist es in der Praxis schwierig, die beiden Formen voneinander zu unterscheiden.
Nach der alten Fassung waren solche Organisationen mit hierarchischer Gruppendynamik von dem Tatbestand ausgeschlossen. Damals wurden lediglich Vereinigungen erfasst, die durch den gemeinsamen Gruppenwillen und nicht durch den Anführerwillen geprägt waren. Nach der Neufassung allerdings, werden auch solche Organisationen mit unter den § 129 StGB subsumiert.

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