Erpressung

Wird ein Mensch zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung gezwungen, so kann sich der Täter wegen einer Erpressung nach § 253 Strafgesetzbuch (StGB) strafbar machen. Welche Voraussetzungen dafür erfüllt sein müssen, wie sich die „einfache“ von der räuberischen Erpressung abgrenzt und welche Strafen drohen, lesen Sie im folgenden Beitrag.

Aktualisiert

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Über den AutorTommy Kujus ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Strafrecht. Er ist Inhaber der Leipziger Kanzlei KUJUS Strafverteidigung, und bundesweit als Strafverteidiger tätig.

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Was ist eine „Erpressung“?

Eine „einfache“ Erpressung liegt vor, wenn der Täter vorsätzlich mit Gewalt oder Drohung das Opfer zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung zwingt und dadurch einen Vermögensschaden herbeiführt.

Wann ist eine „Erpressung“ strafbar?

Der Straftatbestand schützt das Vermögen sowie die Willensentschließungs- und Willensbetätigungsfreiheit des Opfers.

Um sich nach § 253 StGB strafbar zu machen, müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein.

Tatobjekt: Mensch

Die Erpressung kann nur an Menschen verübt werden.

Tathandlung: Nötigen

Dieser Mensch (das Opfer) müsste durch den Täter genötigt werden. Unter Nötigen wird das Aufzwingen eines Verhaltens gegen den Willen des Opfers verstanden.

Nötigungsmittel: Gewalt oder Drohung

Für die „einfache“ Erpressung nach § 253 StGB muss das Aufzwingen (Nötigen) mittels Gewalt oder Drohung mit einem empfindlichen Übel erfolgt sein.

Unter Gewalt versteht man jede physische Einwirkung auf den Körper des Opfers, sodass die Willensbildung des Opfers ganz ausgeschlossen wird oder sich das Opfer dem Willen des Täters unterwirft. Ziel ist es, den durch das Opfer zu erwartenden oder geleisteten Widerstand zu überwinden. Damit das Opfer den Geldtresor öffnet, zerstört der Täter beispielsweise Einrichtungsgegenstände aus dessen Wohnung.

Unter einer Drohung versteht man das Inaussichtstellen eines künftigen Übels, auf das der Drohende (Täter) Einfluss zu haben vorgibt. Das Opfer kann beispielsweise unter der Androhung von Gewalt zur Herausgabe seiner Geldbörse gezwungen werden.

Erfolgt die Gewalt gegen eine Person oder die Drohung mit einer gegenwärtigen Gefahr für Leib oder Leben, so kann der Täter sich wegen einer räuberischen Erpressung nach §§ 253, 255 StGB strafbar machen. Die räuberische Erpressung wird gem. § 255 StGB gleich einem Raub nach § 249 StGB bestraft. Danach droht eine Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr.

Erpressung

Nötigungserfolg: Handeln, Dulden oder Unterlassen

Dieses Nötigen mittels Gewalt oder Drohung muss dann zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung des Opfers geführt haben.

Vermögensschaden

Letztendlich muss ein Schaden, also eine unfreiwillige Vermögenseinbuße, beim Opfer eingetreten sein. Dabei können der Genötigte (das Opfer) und der Geschädigte (der einen Vermögensschaden erlitten hat) unterschiedliche Personen sein. Eine Bestrafung wegen einer solchen Erpressung im 3-Personen-Verhältnis erfolgt dann nur, wenn der Genötigte und der Geschädigte in einem besonderen Näheverhältnis zueinanderstehen (sog. Dreieckserpressung).

Vorsatz

Der Täter muss die Erpressung vorsätzlich begangen haben. Er muss diese also mit Wissen und Wollen verwirklicht haben. Hierbei ist ausreichend, dass der Täter den Straftatbestand billigend in Kauf genommen und zumindest für möglich gehalten hat (sog. Eventualvorsatz).

Darüber hinaus muss der Täter mit sog. Bereicherungsabsicht gehandelt haben. Das liegt vor, wenn er in der Absicht handelt, sich oder einem Dritten einen Vermögensvorteil zu verschaffen.

Besonderheit: Verwerflichkeit, § 253 Abs. 2 StGB

Über die allgemeine Rechtswidrigkeit der Tat hinaus, fordert das Gesetz die besondere Verwerflichkeit der Tat nach § 253 Abs. 2 StGB. Diese sog. Verwerflichkeitsklausel besagt, dass „die Tat dann rechtswidrig ist, wenn die Anwendung der Gewalt oder die Drohung des Übels zu dem angestrebten Zweck als verwerflich anzusehen ist“. Verwerflichkeit liegt also dann vor, wenn die Tat sittlich auf tiefster Stufe steht und folglich moralisch in besonderem Maße zu missbilligen ist. Diese Missbilligung kann sich aufgrund des Mittel, des Zwecks oder der Zweck-Mittel-Relation ergeben.

Das Mittel ist verwerflich, wenn dessen Einsatz selbst schon einen Straftatbestand, wie eine  Körperverletzung  (§ 223 StGB) oder eine  Bedrohung  (§ 241 StGB), verwirklicht.

Der Zweck ist verwerflich, wenn der Täter vom Opfer eine strafbare Handlung oder ein Verhalten, auf das der Täter keinen Anspruch hat, verlangt.

Die Verwerflichkeit kann sich jedoch auch aus der Zweck-Mittel-Relation ergeben. Das liegt vor, wenn der Zweck und das Mittel für sich genommen nicht verwerflich sind, aber im Zusammenspiel als verwerflich anzusehen ist. Das ist beispielsweise dann der Fall, wenn der Täter zur Durchsetzung eines Anspruchs mit einer Strafanzeige droht.

Versuch

Der Versuch ist nach § 253 Abs. 3 StGB strafbar. Ein Versuch liegt bereits dann vor, wenn der Täter nach seiner Vorstellung von der Tat zur Verwirklichung des Tatbestandes unmittelbar angesetzt hat (§  22 StGB). Hierfür muss der Täter die Schwelle zum „Jetzt-geht’s-los“ überschritten haben und es muss unmittelbar eine Rechtsgutverletzung bevorstehen. Zudem muss der Täter mit dem Entschluss zur Tat, also vorsätzlich gehandelt haben.

Erpressung

Strafantrag

Bei der Erpressung handelt es sich um ein sogenanntes  Offizialdelikt. Das bedeutet, dass eine solche Straftat durch die Strafverfolgungsbehörde (Staatsanwaltschaft) bei Kenntniserlangung von Amts wegen verfolgt wird. Ein Antrag durch den Geschädigten oder dessen gesetzlichen Vertreter ist daher nicht erforderlich.

Strafe

Die Erpressung nach § 253 Abs. 1 StGB wird mit einer Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit einer Geldstrafe bestraft.

Eine Strafschärfung erfolgt hingegen nach § 253 Abs. 4 StGB. Dabei muss der Täter einen besonders schweren Fall verwirklichen. Es kann dann eine Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahre verhängt werden. Eine Geldstrafe ist nicht möglich. Ein besonders schwerer Fall liegt beispielsweise vor, wenn der Täter gewerbsmäßig handelt.

Von einer gewerbsmäßigen Begehungsweise spricht man, wenn sich der Täter durch eine fortgesetzte Begehung von erpresserischen Handlungen einen finanziellen Gewinn verschafft. Dieses Merkmal wird von der Staatsanwaltschaft häufig vorschnell angenommen, wenn sich mehrere Erpressungstaten über einen längeren Zeitraum erstrecken.

Abgrenzung: Erpressung – Räuberische Erpressung

Eine „einfache“ Erpressung nach § 253 StGB liegt vor, wenn der Täter das Opfer mittels Gewalt oder durch Drohung mit einem empfindlichen Übel nötigt. Bei einer räuberischen Erpressung nach §§ 253, 255 StGB erfolgt die Gewalt gegen eine Person oder die Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben.

Häufige Fragen

Welchen Arten von Erpressung gibt es?

In rechtlicher Hinsicht gibt es die “einfache” Erpressung nach § 253 StGB und die “räuberische Erpressung” nach § 255 StGB. Eine Erpressung kann dabei auf verschiedene Art und Weisen erfolgen. Es kann beispielsweise zu einer emotionalen bzw. seelischen Erpressung, einer digitalen Erpressung und einer Erpressung mit intimen bzw. sexuellen (Nackt-)Bildern und Videos (sog. “Sexortion”) kommen.

Ist eine emotionale bzw. seelische Erpressung strafbar?

Eine emotionale Erpressung (bzw. Manipulation) erfolgt meist in einem familiären bzw. partnerschaftlichen Kontext. Klassischerweise wird der Partner gezwungen, die Beziehung fortzuführen, da sonst bei einer Trennung der Entzug der Kinder droht. Solange eine Erpressung nicht einen Vermögensschäden zur Folge hat, ist sie nicht nach § 253 StGB strafbar. In Betracht kommt jedoch eine Strafbarkeit wegen Nötigung nach § 240 StGB.

Was ist der Unterschied zwischen einer Erpressung und einer Nötigung?

Eine Erpressung im Sinne des § 253 StGB muss einen Vermögensschaden und eine rechtswidrige Bereicherung zur Folge haben. Eine Nötigung im Sinne des § 240 StGB bedarf nicht eines solchen Vermögensschadens. Hier reicht es aus, dass das Opfer zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung genötigt wurde.

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