Freiheitsstrafe

Die schwerwiegendste Strafe, die das deutsche Strafrecht kennt, ist die Freiheitsstrafe. Doch was bedeutet das eigentlich? Wie lange kann die Freiheitsstrafe gehen? Und wann ist eine Aussetzung auf Bewährung möglich? Auf diese Fragen finden Sie im folgenden Beitrag die Antworten.
Inhalt

Was ist die „Freiheitsstrafe“?

Bei der Freiheitsstrafe handelt es sich  um die zwangsweise Unterbringung des Täters in einer geschlossenen Einrichtung (Gefängnis). Sie ist in den folgenden § 38 Strafgesetzbuch (StGB) und § 39 StGB gesetzlich verankert. Daneben spielt die Bewährung nach den §§ 56 ff. StGB eine praxisrelevante Rolle.

Primäre Freiheitsstrafe

Bei der primären Freiheitsstrafe handelt es sich um die „normale“ Verurteilung zu einem Gefängnisaufenthalt. Dabei kann entweder ein Zeitraum zwischen einem Monat und fünfzehn Jahren verhängt werden (zeitige Freiheitsstrafe) oder es gilt eine lebenslange Freiheitsstrafe mit einem Mindestmaß von fünfzehn Jahren.

Sekundäre Freiheitsstrafe

Die sekundäre Freiheitsstrafe, auch Ersatzfreiheitsstrafe genannt, erfolgt dann, wenn der Täter eine ihm auferlegte Geldstrafe nicht bezahlen kann oder will. Dann entspricht ein Tagessatz einem Tag Gefängnis.

Bewährung, §§ 56 ff. StGB

Beträgt die Verurteilung eine Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren, so kann diese auf Bewährung ausgesetzt werden. Unter einer Bewährung wird der Nichtantritt des Gefängnisaufenthalts unter Auflagen und Weisungen verstanden. Der Verurteilte braucht die Strafe also nicht antreten, er darf sich frei bewegen, muss aber Auflagen und Weisungen befolgen. Erfüllt er diese, so wird ihm die Strafe nach Ablauf der Frist erlassen. Dabei sind insbesondere die Schwere der Tat und das Verhalten des Täters entscheidend.

Strafaussetzung zur Bewährung

Die grundsätzliche Möglichkeit der Bewährung und dessen Zeitraum richtet sich maßgeblich nach der vom Gericht ausgesprochenen (Gesamt-) Strafe, vgl. § 58 Abs. 1 StGB. Dabei bezieht sich die Aussetzung auf die gesamte Dauer der erkannten Strafe, § 56 Abs. 4 S. 1 StGB.

Beläuft sich die Freiheitsstrafe auf unter sechs Monate, so führt eine günstige Sozialprognose zwingend zu einer Strafaussetzung, § 56 Abs. 1 StGB. Eine solche Sozialprognose liegt vor, wenn zu erwarten ist, dass die Verurteilung allein schon als Warnung ausreichend ist und der Verurteilte in Zukunft keine weiteren Straftaten begehen wird. Dabei sind insbesondere die Lebensverhältnisse, die Persönlichkeit und das Umfeld des Verurteilten ausschlaggebend, vgl. § 56 Abs. 1 S. 2 StGB.

Freiheitsstrafe

Bei einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu einem Jahr kann die Strafe zur Bewährung ausgesetzt werden, wenn neben einer günstigen Sozialprognose auch eine günstige Legalprognose vorliegt, § 56 Abs. 3 StGB. Eine Aussetzung kann danach dann erfolgen, wenn es die Verteidigung der Rechtordnung gebietet. Das liegt nicht vor, wenn eine Aussetzung zur Bewährung für das allgemeine Rechtsempfinden als unverständlich erscheint und das Vertrauen der Bevölkerung in das Rechtssystem dadurch erschüttert werden würde.

Hierfür erfolgt eine umfassende Abwägung der Gesamtumstände. Umstände die für eine Strafvollstreckung sprechen können sind vor allem das Vorliegen von Vorstrafen oder Wiederholungstaten, besondere Tatfolgen wie hohe Schäden oder eine hohe kriminelle Energie. Für eine Strafaussetzung zur Bewährung spricht eher die Geständigkeit des Verurteilten, die Hilfe zur Aufklärung oder Verhinderung einer Tat, keine Vorstrafen oder ein Täter-Opfer-Ausgleich (§ 46a StGB).

Wird die Freiheitsstrafe von mehr als einem Jahr, aber nicht mehr als zwei Jahren verhängt, kann sie zur Bewährung ausgesetzt werden, wenn neben einer günstigen Legalprognose auch nach der Gesamtwürdigung von der Tat und der Persönlichkeit des Verurteilten besondere Umstände vorliegen, vgl. § 56 Abs. 1, 2 StGB. Solche Umstände ergeben sich insbesondere aus dem Bemühen des Verurteilten, die Tat wieder gut zu machen.

Bewährungsbeschluss

Die Bewährung erfolgt durch einen Bewährungsbeschluss. Darin wird die Dauer der Bewährungszeit sowie eventuelle Auflagen, Weisungen oder eine Bewährungshilfe festgelegt.

Die Dauer der Bewährungszeit liegt zwischen zwei und fünf Jahren, § 56a Abs. 1 StGB. Sie beginnt grundsätzlich mit der Rechtskraft des Urteils. Daneben können Auflagen wie gemeinnützige Arbeit oder Geldleistungen an die Staatskasse bzw. einer gemeinnützigen Einrichtung verhängt werden, § 56b StGB. Zusätzlich können auch Weisungen angeordnet werden, § 56c StGB. Diese können insbesondere Anordnungen sein, die sich auf den Aufenthalt, die Ausbildung, den Beruf oder die Freizeit beziehen.

Zur Hilfe und Unterstützung, aber auch zur Kontrolle kann dem Verurteilten ein Bewährungshelfer zur Seite gestellt werden, § 56d StGB. Eine solche Maßnahme wird in der Regel immer dann getroffen, wenn eine Freiheitsstrafe von mehr als neun Monaten ausgesetzt wird und der Verurteilte noch nicht 27 Jahre alt ist.

Beendigung der Bewährungshilfe

Die Bewährungshilfe kann auf zweierlei Arten enden:

Einerseits kann das Gericht die Bewährung nach § 56f StGB widerrufen. Dieser Widerruf der Bewährung kann durch das Gericht erfolgen, wenn der Verurteilte während seiner Bewährungszeit weitere Straftaten begeht, gegen Auflagen oder Weisungen verstößt oder sich seinem Bewährungshelfer entzieht. Der Widerruf hat zur Folge, dass die Bewährung aufgehoben wird und der Verurteilte die restliche Zeit im Gefängnis absitzen muss.

Hält sich der Verurteilte jedoch in der Bewährungszeit an die Vorgaben des Gerichts, so wird die Strafe nach Ablauf der Bewährungszeit nach § 56g StGB erlassen, sog. Straferlass.

Freiheitsstrafe

Aussetzung des Strafrests zur Bewährung

Liegt die Gesamtstrafe des Verurteilten über einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren, so kann eine Strafaussetzung zur Bewährung nicht erfolgen. Allerdings kann nach einer teilweise verbüßten Haftstrafe der Strafrest zur Bewährung ausgesetzt werden.

Eine Aussetzung kann in den folgenden drei Situationen erfolgen, die jeweils im Ermessen des Gerichts stehen.

Nach der sog. Zweidrittelaussetzung nach § 57 Abs. 1 StGB kann der Strafrest zur Bewährung ausgesetzt werden, wenn der Verurteilte Zweidrittel seiner Strafe verbüßt hat. Diese Zweidrittel müssen mindestens zwei Monate entsprechen, der Verurteilte muss einwilligen und es müssen die Sicherheitsinteressen der Allgemeinheit gewahrt werden.

Bei einer sog. Halbstrafenaussetzung nach § 57 Abs. 2 StGB muss der Verurteilte neben den Voraussetzungen der Zweidrittelaussetzung, mindestens sechs Monate verbüßt haben. Zudem muss es sich um eine erstmalige Freiheitsstrafe von nicht mehr als zwei Jahre handeln oder die Gesamtwürdigung der Umstände muss ergeben, dass eine Strafaussetzung gerechtfertigt ist. Diese Rechtfertigung kann sich insbesondere aus der Persönlichkeit des Verurteilten und dessen Entwicklung ergeben.

Eine Aussetzung kann auch bei einer lebenslangen Freiheitsstrafe erfolgen, wenn der Verurteilte fünfzehn Jahre verbüßt hat, das Gericht keine besondere Schwere der Schuld festgestellt hat, das Sicherheitsinteresse der Bevölkerung berücksichtigt wird und der Verurteilte einwilligt.

Abgrenzung: Freiheitsstrafe – Haft

Die Freiheitsstrafe bestimmt grundsätzlich, wie lange der Verurteilte in einem Gefängnis untergebracht wird. Die Freiheitsstrafe kann allerdings auch zur Bewährung ausgesetzt werden, sodass eine Gefängnisunterbringung nicht erforderlich ist.

Unter dem Begriff der „Haft“ fallen verschiedene Arten – beispielsweise die Untersuchungshaft, Erzwingungshaft oder Ordnungshaft. Dabei erfassen all diese Arten die Unterbringung in einem Gefängnis – allerdings aus unterschiedlichen Gründen. Die „Haft“ stellt also ein Synonym im Hinblick auf die Freiheitsstrafe für den Aufenthalt in einem Gefängnis dar – nur die Gründe sind unterschiedlich.

Häufige Fragen

Bei der Freiheitsstrafe handelt es sich um die zwangsweise Unterbringung des Täters in einer geschlossenen Einrichtung (Gefängnis).

Grundsätzlich ist die lebenslange Freiheitsstrafe tatsächlich ein Leben lang. Jedoch besteht gemäß § 57a StGB die Möglichkeit nach frühestens 15 Jahren den Rest der Strafe zur Bewährung auszusetzen, wenn:

Abs. 1 Nr. 1: 15 Jahre der Strafe verbüßt sind,

Abs. 1 Nr. 2: nicht die besondere Schwere der Schuld des Verurteilten die weitere Vollstreckung gebietet UND

Abs. 1 Nr. 3: dies unter Berücksichtigung des Sicherheitsinteresses der Allgemeinheit verantwortet werden kann & die verurteilte Person einwilligt.

Die besondere Schwere der Schuld ist anzunehmen, wenn im Vergleich zu ähnlichen Taten ein wesentlich größeres Maß an Schuld vorliegt. Das “wesentlich größere Maß an Schuld” kann durch verschiedene Merkmale der Täterpersönlichkeit und von den Motiven der Tat abhängen.

Die (primäre) Freiheitsstrafe wird in zwei Gruppen eingeteilt – zeitige und lebenslange Freiheitsstrafe. Bei der zeitigen Freiheitsstrafe kann ein Zeitraum zwischen einem Monat und fünfzehn Jahren verhängt werden. Bei der lebenslangen Freiheitsstrafe wird mit einem Mindestmaß von fünfzehn Jahren bestraft.

Verhängt das Gericht eine Freiheitsstrafe auf Bewährung, so bestimmt das Gericht zunächst die Dauer der Freiheitsstrafe. Bewährung bedeutet dann, dass der Verurteilte nicht ins Gefängnis muss. Er erhält stattdessen für einen bestimmten Zeitraum (sog. Bewährungszeit) Auflagen und Weisungen. Erfüllt er diese, so wird ihm die auferlegte Freiheitsstrafe nach Ablauf der Bewährungszeit erlassen.

Beläuft sich die Freiheitsstrafe auf unter sechs Monate, so führt eine günstige Sozialprognose zwingend zu einer Strafaussetzung, § 56 Abs. 1 StGB. Eine solche Sozialprognose liegt vor, wenn zu erwarten ist, dass die Verurteilung allein schon als Warnung ausreichend ist und der Verurteilte in Zukunft keine weiteren Straftaten begehen wird. Dabei sind insbesondere die Lebensverhältnisse, die Persönlichkeit und das Umfeld des Verurteilten ausschlaggebend, vgl. § 56 Abs. 1 S. 2 StGB.

Die Bewährung kann zwischen zwei und fünf Jahren dauern (§ 56a StGB).

Der Verurteilte bekommt einen Bewährungshelfer (sog. Bewährungshilfe) zur Seite gestellt, wenn dies erforderlich ist, um ihn von weiteren Straftaten abzuhalten (§ 56d StGB). Dabei soll es nicht darum gehen, den Verurteilten schärfer zu bestrafen. Ziel ist es, dem Verurteilten zu helfen, ein eigenverantwortliches Leben ohne Straftaten zu führen. Es wird nur dann angeordnet, wenn weniger einschneidende Maßnahmen keinen Erfolg versprechen.

Für die Anordnung einer Bewährungshilfe sprechen:

  • ungünstige äußere Lebensbedingungen des Verurteilen (z. B. wohnungs- oder arbeitslos)
  • persönliche Probleme des Verurteilten (z. B. Alkohol- oder Drogenabhängigkeit, psychische Erkrankungen)
  • Wunsch des Verurteilten nach Bewährungshilfe

Unter besonderen Umständen besteht die Möglichkeit die Dauer der Bewährungszeit auf das gesetzliche Mindestmaß von zwei Jahren durch das Gericht verkürzen zu lassen (§ 56a Abs. 2 StGB). Hierfür kann ein Antrag auf Verkürzung der Bewährungszeit bei Gericht gestellt werden. Die Kanzlei KUJUS Strafverteidigung steht Ihnen hierbei gerne zur Seite.

 

Die Möglichkeit der Bewährung wird durch die Menschenwürde begründet. Sie gebietet es, dass jeder Inhaftierte zumindest die Möglichkeit erhält, wieder frei zu kommen.

Erzwingungshaft wird vom Gericht angeordnet, wenn ein verhängtes Bußgeld (bei einer Ordnungswidrigkeit) nicht bezahlt wird, vgl. § 96 OWiG, §§ 451 ff. StPO. Sie dienst als Beugemittel (sog. Beugehaft), um die Bezahlung der Geldbuße zu erzwingen. Die Dauer der Erzwingungshaft beträgt maximal sechs Wochen bzw. drei Monate. Die Erzwingungshaft kann jederzeit durch die Zahlung des fälligen Geldbetrags abgewendet oder beendet werden.

Wird eine verhängte Geldstrafe nicht gezahlt, so wird eine Ersatzfreiheitsstrafe angeordnet. Dabei entspricht ein Tagessatz einem Tag Gefängnis (§ 459e StPO).

Das Gericht kann nach Ende der Freiheitsstrafe in besonderen Fällen die Sicherungsverwahrung anordnen. Dies ist keine zusätzliche oder neue Strafe, sondern eine Präventivmaßnahme zum Schutze der Bevölkerung. Hierbei wird regelmäßig überprüft, ob weiterhin eine hohe Gefahr von dem Untergebrachten ausgeht.

Die Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe birgt neben der Verwahrung selbst auch viele familiäre und berufliche Probleme. Es stellen sich hier insbesondere arbeitsrechtliche Fragen. Was passiert mit meinem Arbeitsverhältnis? Wird mein Arbeitgeber über die Strafe informiert? Kann ich gekündigt werden? Die Beantwortung dieser Fragen hängt von vielen Faktoren ab – Was für eine Straftat liegt vor? Wie lange dauert die Haftstrafe? Ist die Freiheitsstrafe zur Bewährung ausgesetzt? Es hängt also hier stark vom Einzelfall ab. Ein (arbeitsrechtlicher) Rechtsbeistand wird daher dringend empfohlen.

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