Gefährdung der Entziehungskur

Der § 323b Strafgesetzbuch (StGB) stellt die Gefährdung der Entziehungskur unter Strafe, die auf die Sicherstellung und den Schutz von Personen abzielt, die sich in einer solchen Behandlung befinden. Ziel ist es, die Rehabilitationsmaßnahmen für suchtkranke Menschen zu sichern und vor möglichen Gefahren und Beeinträchtigungen zu schützen, die ihre Genesung gefährden könnten. Wer in diesem…

Autor

Tommy Kujus

Aktualisiert

Themen auf dieser Seite

    Das sagt das Gesetz: § 323b StGB

    Wer wissentlich einem anderen, der auf Grund behördlicher Anordnung oder ohne seine Einwilligung zu einer Entziehungskur in einer Anstalt untergebracht ist, ohne Erlaubnis des Anstaltsleiters oder seines Beauftragten alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel verschafft oder überläßt oder ihn zum Genuß solcher Mittel verleitet, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.

Was ist eine „Gefährdung der Entziehungskur“?

Eine solche Tat liegt vor, wenn der Täter wissentlich oder absichtlich einem anderen, der auf Grund behördlicher Anordnung oder ohne seine Einwilligung zu einer Entziehungskur in einer Anstalt untergebracht ist, alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel ohne Erlaubnis verschafft, überlässt oder ihn zum Genuss solcher Mittel verleitet.

Wann ist eine „Gefährdung der Entziehungskur“ strafbar?

Der Straftatbestand schützt staatlich angeordnete Entziehungskuren vor Störungen bzw. Beeinträchtigungen.

Um sich nach § 323b StGB strafbar zu machen, müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein.

Tatsubjekt: Jedermann

Täter kann jeder sein, einschließlich Mitarbeiter oder Untergebrachte der Einrichtung.

Gefährdung der Entziehungskur

Tatobjekt: ein in einer Entziehungskur Untergebrachter

Die Gefährdung einer Entziehungskur nach § 323b StGB kann nur an Personen verübt werden, die sich in einer Einrichtung zur Entziehungskur befinden, wobei der Hauptzweck dieser Unterbringung die Behandlung einer Suchterkrankung sein muss. Die Entziehungskur muss staatlich angeordnet worden sein. Zweck dieser Unterbringung muss die Therapierung einer Alkohol- oder Rauschmittelsucht sein.

Die Unterbringung in einer Entziehungskur (Entziehungsanstalt, psychiatrisches Krankenhaus, sonstige Kliniken) kann entweder auf einer behördlichen Anordnung basieren oder ohne die Einwilligung der betroffenen Person erfolgt sein. Behördliche Anordnungen umfassen insbesondere gerichtliche Anordnungen nach §§ 63, 64 StGB bzw. § 126a StPO sowie die von der Verwaltungsbehörde nach den jeweiligen landesrechtlichen Unterbringungsgesetzen genehmigte Unterbringung.

Eine Unterbringung ohne den Willen des Betroffenen liegt dann vor, wenn er sich gegen seinen Willen dort befindet.

Tathandlung: Verschaffen bzw. Überlassen bzw. Verleiten

Die Gefährdung der Entziehungskur kann durch drei verschiedene Handlungsweisen des Täters herbeigeführt werden. Der Täter macht sich strafbar, wenn er dem Untergebrachten (Opfer) alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel verschafft, überlässt oder ihn dazu verleitet, diese zu konsumieren.

Ein Verschaffen liegt vor, wenn der Täter dem Untergebrachten (Opfer) die tatsächliche Kontrolle über alkoholische Getränke oder andere berauschende Mittel ermöglicht. Dabei ist es nicht zwingend erforderlich, dass der Täter selbst das berauschende Mittel bereitstellt. Es ist ausreichend, wenn der Täter das Mittel dem Opfer vermittelt oder es auf dessen Anfrage hin beschafft. Der Genuss muss dabei ermöglicht werden; eine tatsächliche Einnahme durch das Opfer ist nicht erforderlich.

Ein Überlassen liegt vor, wenn der Täter bereits die alkoholischen oder berauschenden Mittel in Besitz hat und diese dann dem Opfer zur Verfügung stellt. Auch hier ist ausreichend, dass der Genuss ermöglicht wird; eine tatsächliche Einnahme durch das Opfer ist nicht erforderlich.

Ein Verleiten liegt hingegen vor, wenn der Täter auf das Opfer einwirkt und dadurch den Konsum verursacht. Wie er auf das Opfer einwirkt, ist dabei unerheblich.

Alkoholische Getränke sind insbesondere Bier, Schnaps oder Wein; berauschende Mittel sind beispielsweise Drogen oder Medikamente. Es ist dabei unerheblich, worauf sich der Grund der Entziehungskur stützt. Der Täter macht sich auch dann strafbar, wenn er dem Opfer beispielsweise Drogen verschafft, dieser aber wegen einer Alkoholsucht untergebracht ist.

Die Tat ist dann nicht strafbar, wenn eine vorherige Erlaubnis des Anstaltsleiters oder einer von ihm beauftragten Person vorliegt.

Gefährdung der Entziehungskur

Vorsatz

Der Täter muss die Gefährdung einer Entziehungskur vorsätzlich begangen haben. Dabei muss er absichtlich oder mit sicherem Wissen gehandelt haben. Es ist nicht ausreichend, wenn der Täter den Straftatbestand billigend in Kauf genommen und zumindest für möglich gehalten hat (sog. Eventualvorsatz).

Handelt der Täter nur fahrlässig, also lässt er „nur“ die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht, so liegt keine Gefährdung vor, da das Gesetz eine solche Tat nicht unter Strafe stellt.

Versuch

Der Versuch ist mangels gesetzlicher Verankerung nicht strafbar.

Strafantrag

Bei der Gefährdung der Entziehungskur handelt es sich um ein sogenanntes Offizialdelikt. Das bedeutet, dass eine solche Straftat durch die Strafverfolgungsbehörde (Staatsanwaltschaft) bei Kenntniserlangung von Amts wegen verfolgt wird. Ein Antrag durch den Geschädigten oder dessen gesetzlichen Vertreter ist daher nicht erforderlich.

Strafe

Die Gefährdung einer Entziehungskur nach § 323b StGB wird mit einer Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit einer Geldstrafe bestraft.

Häufige Fragen

  • Macht man sich als Suchtpatient strafbar, wenn man sich selbst ein berauschendes Mittel verschafft?

    Ein Patient, der sich in einer behördlich angeordneten Entziehungskur befindet, wird nicht nach § 323b StGB strafrechtlich verfolgt, wenn er sich selbst berauschende Substanzen zur Befriedigung seiner Sucht beschafft. Allerdings können andere Sanktionen drohen. Diese richten sich dann insbesondere nach dem Maßregelrecht (§ 64 StGB) oder dem Betäubungsmittelgesetz (BtMG).

  • Macht man sich strafbar, wenn man zwar Rauschmittel beschafft oder überlässt, der Patient aber davor darum gebeten hat?

    Grundsätzlich liegt die Verantwortung für den Konsum von Rauschmitteln bei der betreffenden Person. Jedoch berücksichtigt der Tatbestand der Gefährdung einer Entziehungskur ausdrücklich die Tatsache, dass der Suchtpatient aufgrund seiner Sucht oft eine Gefahr für andere darstellt und nicht in der Lage ist, vollständig eigenverantwortlich Entscheidungen zu treffen. Daher bleibt die Handlung strafbar, selbst wenn der Patient darum bittet, ihm Rauschmittel zu beschaffen oder zu überlassen.

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